Eltern von Krankheit erzählen?

Hallo DribbelX,

Ich kann mir schwer vorstellen, dass ein Kind nicht zu „Mami auf den Arm“ will.

Ganz sicher nicht grundsätzlich, situativ aber durchaus. Ich selbst mochte als Kind viel lieber hören, wie tapfer ich war oder die anerkennenden Blicke meiner Spielfreunde sehen, wenn ich - im Gegensatz zu meiner Schwester - nicht rumheulte, wenn ich eine aufs Auge gekriegt hatte oder vom Baum gefallen war.

Das hat nicht bedeutet, dass ich mir in anderen Situationen nicht Trost, Schutz und Rat gesucht hätte - allerdings deutlich seltener als meine Geschwister. Meine Große war mir - ebenfalls im Unterschied zu ihren Geschwistern - in diesem Verhalten sehr ähnlich.

Schöne Grüße,
Jule

Hallo Anja,

es geht doch nicht ums „Stolz sein“. „Stolz“ war vermutlich so ziemlich das letzte Gefühl, was ich in dieser Situation hatte. Es geht schlicht und ergreifend darum, dass Menschen unterschiedlich mit bestimmten Dingen umgehen. Und ich finde es ziemlich merkwürdig, dass hier viele Kathleen und ihrem Mann nicht zugestehen können, auf ihre Art mit seiner Krankheit umzugehen.

Schöne Grüße,
Jule

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hi

der Mann von der UP ist vllt gar nicht totkrank, es wird ein
Tumor entfernt. Das alleine ist noch kein Weltungergang.

Und was hat das damit zu tun, daß sich dieser Teilthread in eine allgemeine Richtung, ob ein Todkranker seine engsten Angehörigen informieren soll oder nicht, entwickelt hat?

Es ist doch immer so, daß emotionelle Threads nicht punktgenau beim UP bleiben.

Gruß
Edith

Hi,

so langsam bin ich echt fassungslos…

Vielleicht sollten die Angehörigen nur weniger selbstsüchtig
sein?

Das könnte man auch über den Todkranken sagen.

Und Du meinst nicht, ein mit dem Tod ringender Mensch hat in dieser Situation jedes Recht dazu?

Schließlich stirbt der und hat es dann hinter sich,

Das Zurückbleiben ist natürlich ein deutlich schwereres Los als das Sterben.
Du meinst den Satz wirklich ernst, oder?

während
sich die Angehörigen vielleicht noch jahrelang die Frage
stellen müssen, warum der Kranke nichts gesagt hat.

Warum scheinen manche Angehörige nicht in der Lage zu sein, einem Menschen sein eigenes Leben zu lassen und sich ihm trotzdem nahe zu fühlen?
Würde man als Angehöriger schlicht akzeptieren, daß es auch in der eigenen Familie Menschen mit anderen Auffassungen als die eigene gibt und daß dies kein Hindernis für Nähe und Zuneigung ist, bräuchte man sich diese Fragen nicht zu stellen.

Man muß im Leben immer wieder loslassen können: Ob die eigenen Kinder flügge werden, eine Liebesbeziehung zerbricht oder ein naher Anghöriger stirbt, immer ist es die selbe Frage: wie kann ich mit solchen Brüchen umgehen? Versinke ich im Vergangenen oder wende ich mich der Zukunft zu?
Und wenn ein naher Angehöriger für seine letzte Lebensspanne Entscheidungen trifft, die ich nicht nachvollziehen kann, so muß ich allein diese Tatsache akzeptieren. Es ist schließlich sein Leben…

Für einen Menschen, der mit dem Tod ringt, muss es
Wichtigeres geben dürfen, als das Seelenheil seiner
Angehörigen.

Du meinst also, daß diesem Menschen Egoismus zusteht, den
Überlebenden aber nicht?

Eindeutig Ja!

Warum einem Sterbenden soviel sinnlose Energie abverlangen?
Die Lebenden haben doch ausreichend Zeit, ihren eigenen Weg zu
finden.

Und ausreichend Zeit zu überlegen, was schiefgelaufen ist,
weil der Todkranke es nicht für nicht hielt, etwas zu sagen.

Sie sollten sich vor allem fragen, warum sie das eigene Empfinden in ihre Angehörigen projezieren und nicht akzeptieren können, daß auch Nahestehende einige Dinge anders sehen.

Stefan

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hi

Das könnte man auch über den Todkranken sagen.

Und Du meinst nicht, ein mit dem Tod ringender Mensch hat in dieser Situation jedes Recht dazu?

Nein, ich finde nicht, daß man durch die Aussicht bald zu sterben alles rechtfertigen kann.

Das Zurückbleiben ist natürlich ein deutlich schwereres Los als das Sterben. Du meinst den Satz wirklich ernst, oder?

Wenn ich z.B. in Medien über Selbstmorde lesen, bedauere ich die Angehörigen mehr als den Selbstmörder.
Also ja, ich meine Aussage also durchaus ernst, auch wenn es im UP nicht um einen Selbstmord geht.

Angehöriger schlicht akzeptieren, daß es auch in der eigenen Familie Menschen mit anderen Auffassungen als die eigene gibt und daß dies kein Hindernis für Nähe und Zuneigung ist, bräuchte man sich diese Fragen nicht zu stellen.

Du sagst es, diese Diskussion bräuchte man eigentlich gar nicht führen, wenn es in den Familien ein mehr an Miteinander gäbe.

Eindeutig Ja!

Ich sehe es nicht so, daß man mit dem nahende Tod alles rechtfertigen kann, aber das Leben wäre ja auch langweilig, wenn es nur eine Meinung für alle gäbe.

Gruß
Edith

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Hallo!

Bei funktionierende zwischenmenschliche Beziehungen sollten
sich Menschen aber vielleicht nicht ausschließlich danach
richten, was ihren eigenen Bedürfnissen entspricht.

In Deinem Posting zuvor hast Du mit demn Bedürfnissen der Angehörigen argumentiert. Gilt da aber nicht auch, daß sich die Angehörigen sich nicht ausschließlich danach richten sollten, was ihren eigenen Bedürfnissen entspricht?

Gruß,
Max

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Die Entscheidung
Hallo zusammen,

da unten wurde ja heftig diskutiert! :smile:

Ich halte mich da raus, da ich zu sehr unseren spezifischen Fall im Kopf habe.

Hätte mein Schwiegervater keinen Schlaganfall gehabt, hätte mein Mann seinen Eltern natürlich direkt von seiner Erkrankung erzählt. Dazu belastet es ihn viel zu sehr, ihnen jetzt etwas zu verschweigen.

Er hat sich die Entscheidung wahrlich nicht einfach gemacht. Nachdem wir gestern noch erfahren haben, dass die Radiologen der Uni-Klinik auf dem MRT noch eine „Raumforderung“ im unteren Lungenbereich festgestellt haben (das morgige CT wird mehr Klarheit bringen) und daher höchstwahrscheinlich eine zweite OP ansteht, war mein Mann drauf und dran und wollte eine Tagestour (insgesamt 6 Stunden Autofahrt) zu seinen Eltern machen, um es ihnen persönlich zu sagen.

Sein Bruder, der in derselben Stadt wie die Eltern lebt, meinte aber auch, dass diese Info die Herrschaften überforderte.

Kurz und gut: Ich werde die Eltern nach der OP am Dienstag (wo die Niere und der Tumor entfernt wird) anrufen. Zu diesem Zeitpunkt wird sich mein Schwager und meine Schwägerin bei meinen Schwiegereltern aufhalten, um nach dem Gespräch das Schlimmste abzufedern und ihnen näher erklären zu können (falls Bedarf besteht), warum wir die OP abgewartet haben.

Wir hatten zwar gehofft, dass wir ihnen dann die Botschaft überbringen können: „Alles raus, alles gut!“, aber jetzt stellt es sich ja leider anders dar.

Jetzt stellt sich der eine oder andere sicherlich die Frage: „Warum erzählt Ihr es denn nicht gleich? So werden die Eltern doch nur ein paar Tage ver-/geschont“?

In diesem Fall geht es um den Schutz meines Mannes. Wenn er vor der ersten OP eine „zusammenbrechende“ Mutter am Telefon hat, zieht es zu viel Kraft (und seine Mutter ist schon sonst ein Mensch, der sehr viel Energie abzweigt).

Mein Mann ist im Ganzen immer noch gut drauf (ist eben noch nach HH gefahren, um die Kollegen über alles zu informieren, geht heute Abend noch mit Freunden Essen, meinte gestern zu meiner Freundin: „Ich habe gerade ein intensives Gespräch mit meinem Tumor geführt und ihm das Mietverhältnis mit sofortiger Wirkung gekündigt“! etc.).

Es hört sich hart an: Aber ein nur heulendes Etwas kann mein Mann vor der ersten OP (und eigentlich auch sonst) nicht gebrauchen - und davor möchte ich ihn auch schützen.

Es ist und bleibt ein schwieriges Thema!

Danke für Eure Beiträge!

Viele Grüße

Kathleen

Hi Kathleen,

Kurz und gut: Ich werde die Eltern nach der OP am Dienstag (wo
die Niere und der Tumor entfernt wird) anrufen. Zu diesem
Zeitpunkt wird sich mein Schwager und meine Schwägerin bei
meinen Schwiegereltern aufhalten, um nach dem Gespräch das
Schlimmste abzufedern und ihnen näher erklären zu können
(falls Bedarf besteht), warum wir die OP abgewartet haben.

Das ist doch ein prima Kompromiss!

Ich wünsche Euch alles Gute!

Anja