Erbschaft einer „Ruine“

Liebe Experten!

Irgendwann in den nächsten Jahren werde ich voraussichtlich das Haus meines Vaters erben. Er ist jetzt 91 Jahre alt, versorgt sich noch selbst, spricht jetzt aber auch schon Dinge an, die mal nach seinem Tod passieren sollen.

Vorabinfos:
Das Haus ist über 100 Jahre alt, Fachwerk mit Behang an der Front. Es gibt ein Hinterhaus, das mit dem vorderen Haus verbunden ist, außerdem 9 Garagen und noch ein kleineres Gebäude sowie ein großer Garten. Das Grundstück hat über 2000 qm und liegt in einer Kleinstadt in Südniedersachsen, in der nicht mehr allzuviel los ist, an einer befahrenen Straße, nah am Stadtkern, aber nicht im Grünen.

Das Vorderhaus hat 3 Wohnungen, die EG-Wohnung hat ca. 170 qm, die im 1.Stock 100qm, die Dachwohnung entsprechend weniger (vielleicht 70qm).

Mein Vater wohnt in der EG-Wohnung, er repariert die gröbsten Dinge, insgesamt ist aber nie etwas Größeres gemacht worden, außer vor 20 Jahren eine neue Heizung. Insgesamt also erforderlich Renovierungsstau und vermutlich auch Sanierungsbedarf (insbesondere im Hinblick auf Fenster und Dämmung).
Die Wohnungen sind nicht mehr vermietet, von den 9 Garagen sind z.Zt. 7 vermietet.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich dieses Haus (mit meinen beiden Schwestern) wirklich erben will. Ich vermute es wird nur ein großer Kostenfaktor sein und nicht einmal bewohnbar, wenn ich in den nächsten 10 Jahren in Rente gehe.

Hier meine Fragen:

Wie kann ich herausfinden, was mir bezüglich dieses Hauses bevorsteht?

  • Kosten, bspw. Grundsteuer und Gebäuderversicherungen, fallen ja auch an, wenn keiner von uns dieses Haus bewohnen will.
  • Was passiert eigentlich, wenn man das Haus einfach so „stehenließe“?
  • Wäre es sinnvoller, es zu verkaufen, solange mein Vater noch lebt? (Er hat wohl ohnehin vor, irgendwann in meine Stadt zu ziehen)
  • Was mache ich dem Sechstel des Hauses, dass mir bereits gehört? (Meine Mutter hat das Haus hälftig an meinen Vater und uns drei Töchter vererbt).
  • Soll ich einen Baugutachter heranziehen? Einen Makler? Einen Rechtsanwalt?

Ich wäre sehr dankbar, wenn mir hier jemand Tipps gibt, wie ich das am besten angehe, meine Lage besser einzuschätzen und die richtige Entscheidungen zu treffen.

Ich habe soviel geschrieben, damit man sich ein Bild machen kann, aber vielleicht hab ich auch wichtige Details vergessen, dann bitte nachfragen.

Vielen Dank im Voraus für eure Hilfe!

Gruß, Diva

Ich vermisse die Option „Nach dem Tod des Vaters verkaufen“. Wäre mE das naheliegendste.

Würde ich schon sagen. Ihr habt sicher keine Einschätzung über den aktuellen Wert von Haus und Grundstück. Ein örtlicher Makler wird die Preise vor Ort kennen die nach Lage und Zustand realistisch sind und ob es am Markt dort Kaufinteressenten gäbe.
Ein Gutachter, also ein Baufachmann wie Architekt wäre nützlich wenn man den baulichen Zustand und die ausstehenden Reparaturen usw. abschätzen will.
Beides zusammen, Zeitwert und zu erwartende Instandhaltungskosten werden dann für Euch eine Empfehlung geben, ob man verkauft wie es ist oder ob man es selbst nutzen will (auch zur Vermietung) und es erst herrichten möchte.
Wäre auch abzuklären ob das Haus möglicherweise als Baudenkmal eingestuft ist.

Das euch Kindern bereits ein Teil des Hauses gehört ist schön, spielt aber nur bei der Erbst eine Rolle,sollte wider Erwarten der Wert so hoch sein, dass die hohen Freibeträge für Kindern nicht ausreichen und man Steuer zählen müsste. Was man schon hat,kann man ja nicht erben und muss dafür auch nichts zahlen.

Bei Verkauf jetzt oder nach dem Tod des Vaters ? Alle müssen zustimmen und sich einig sein, das bleibt gleich.
Haus einfach so stehen lassen und dem Verfall preisgeben ? Ganz raus aus der Verantwortung (Verkehrssicherung usw.) ist man nicht und einige Kosten laufen weiter. Auch muss man mind. die Haftpflicht-Versicherung weiter laufen lassen (für Fremdschäden). Halte ich für keine Option.

MfG
duck313

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Wobei ich als erstes mit den Miteigentümern, vor allem mit dem Vater klären würde, ob das „Jetzt verkaufen und Vati zieht in die Stadt“ wirklich eine realistische Option ist. Leute sagen viel, wenn der Tag lang ist. Und mit 91 nochmal einenBaum verpflanzen ist auch nicht ohne …

Denn wenn der Vater am Ende 96 wird und noch fünf Jahre dort leben bleibt, dann sind die Gutachten von heute nur noch Makukatur.

Gruß,
Max

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Rechtlich gesehen könnte das Niedersächsische Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum interessant für dich sein, das ich leider nicht verlinken kann, das aber im Internet leicht zu finden ist. Abgesehen davon schreibst du ja selbst, dass laufend Kosten anfallen. Außerdem entgeht dir ohne Verkauf oder Vermietung Geld.

Wenn er auszieht, mag das sinnvoll sein. Solange er dort wohnt und auch wohnen bleiben möchte, ist ein Verkauf, selbst bei Vereinbarung eines Wohnrechts, doch irgendwie weniger schön als das Wohnen in der eigenen Immobilie. Finde ich zumindest.

Rein rechtlich gesehen kannst du diesen Anteil natürlich verkaufen, wenn du einen Käufer findest. Normalerweise suchen Interessenten aber keine (bei Immobilien außerhalb des Wohnungseigentumsrechts immer nur ideellen) Anteile. Anders natürlich, wenn andere Miteigentümer an deinen Anteilen Interesse zeigen. Ansonsten steht es dir in deiner Eigenschaft als Miteigentümerin jederzeit frei, die Immobilie per Teilungsversteigerung abzustoßen. Und im Fall einer Erbschaft bist du ohnehin Teil einer Gemeinschaft (nämlich der Erbengemeinschaft), deren Sinn es ist, sich auseinanderzusetzen.

Vielleicht solltest du einmal beim örtlichen Haus & Grund vorsprechen.

Eins noch:

Man erbt immer alles (inklusive Verbindlichkeiten, ausgenommen höchstpersönliche Rechtspositionen) oder gar nichts.

Hi!
Tja, ich vermute, dass da erstmal enorme Kosten entstehen würden für das Entrümpeln des Ganzen.

Und dann weiß ich nicht, ob sich überhaupt ein Käufer fände. Bis dahin würden ja dann vermutlich eben doch Kosten anfallen…

Aber ja, dann wären wir das los. Sofern meine Schwestern dem Verkauf zustimmen….

Danke und Gruß
Diva

Hi!
Danke für deine Einschätzung.

Ich halte es für aussichtslos, irgendetwas zu vermieten.
Die Wohnungen stehen seit Jahren leer, da dürfte enorm viel zu renovieren sein.
Meine Zwillingsschwester wohnt 120 km entfernt, hat 2 Kinder, einen Job und kein Geld. Meine jüngere Schwester lebt in Australien, hat den Kontakt zur Familie vor 21 Jahren abgebrochen und wird sich nicht kümmern.
Ich wohne 500 km weit weg, bin chronisch krank und kann meine Ferien nicht mit Renovieren verbringen, dafür kann ich handwerklich zuwenig.
Ich hätte auch nicht das Geld, um das in irgendwelche Renovierungen zu investieren.
Ein Baudenkmal ist das Haus definitiv nicht.

Klar sagen hier alle Verkauf: Aber wer soll dieses Riesenhaus kaufen? In einer Stadt, wo niemand mehr wohnen will. Das Haus liegt nicht mal im Grünen. Das Einzige, was es hat, ist Platz.

Ich werde das wohl bald mal bei meinem Vater ansprechen, dass wir es vielleicht schon zu seinen Lebzeiten verkaufen.

Danke dir!
Diva

Ich hab vor Kurzem mit seiner Cousine gesprochen und ihr gegenüber hat er erwähnt, dass er - wenn er nicht mehr alleine kann - zu mir nach Koblenz ziehen möchte. Das hatte ich mir auch schon überlegt, weil ich weiß, dass er diese Stadt liebt.
Insofern wäre das ein Punkt, der den baldigen Verkauf vielleicht vereinfachen könnte.

Meine Schwester in Australien involviert sich nicht mehr, meine Zwillingsschwester wird sicher einsehen, dass uns eine Ruine nur Ärger bringt, wenn wir sie erben.

Liebe Grüße

vs.

Ich werde das wohl bald mal bei meinem Vater ansprechen, dass wir es vielleicht schon zu seinen Lebzeiten verkaufen.

Hm … das Haus ist unverkäuflich, deswegen willst du es verkaufen?

Und wenn ihr das Haus jetzt verkauft, entrümpelt es sich von alleine?

Beste Grüße,
Max

Hi und danke für deine Antwort.

Einiges schätzt du aber wohl nicht treffend ein:
Die Wohnungen in dem Haus sind momentan nicht vermietbar. In der Stadt stehen viele Wohnungen frei und hier herrscht solch ein Renovierungsstau, dass erst Geld investiert werden müsste - was ich nicht habe. Und von meinem Wohnort aus kann ich mich nicht darum kümmern.

Mein Vater wird sich, wenn er in meine Stadt zieht, kein Eigentum leisten können. Er wird aber sicher zur Miete wohnen können, da sehe ich kein Problem.

Ich habe nicht daran gedacht, mein Sechstel-Anteil zu verkaufen, wer sollte das kaufen wollen?

Und zu guter Letzt: Ich will nicht nur das Haus nicht miterben, ich werde eher das ganze Erbe ausschlagen, als diese Ruine mitbesitzen zu wollen.
Klar, ein Sechstel gehört mir bereits, aber das reicht mir dann auch.
Ansonsten gibt es nix zu erben, mein Vater hat schon klar gesagt, dass das bisschen Geld, dass er gespart hat (schätze mal so zwischen 20.000 und 50.000 €) hauptsächlich an meine beiden Schwestern geht, weil ich ja soviel verdiene als Lehrerin. Dafür soll ich ab demnächst alle Kosten übernehmen, die vom Haus anfallen, weil ja kaum noch was vermietet wird.

Und genau deshalb gibt es gar nicht viel zu erben - und das, was es da zu erben gäbe sieht für mich nach einer großen Kostenfalle aus.

Selbst wenn sich ein Käufer fände, wird es wohl nicht viel Geld einbringen - und darauf kann ich gern verzichten, käme dann meinen Schwestern zugute. Ist doch okay.

Haus und Grund ist ne gute Idee!!!
Danke dafür!

Diva

Vergisst du da nicht etwas? So circa 16,7 Prozent?

2000m² Grund haben ja auch was. Bei uns gibt es ein Industriellen-Pärchen, was jedes verfügbare Fachwerkhaus im Dorf kauft und kernsaniert - fachwerktypisch, handwerklich hochwertig denkmalsgerecht. Das geht aber mehr so in Richtung Hobby für große Brieftaschen.

Die unterschiedlichen Interessen und Einschätzungen innerhalb der Familie sind blöd. Du müsstest mal vorsichtig prüfen, wie denn die Schwestern und dein Vater einer unabhängigen Baubegutachtung und Bewertung gegenüber eingestellt sind.
Einfach mal um Klarheit zu schaffen, damit alle über dieselben Fakten verfügen.

Einen Makler würde ich niemals befragen, damit würdest du die anderen auch zu sehr in die Richtung „Verkauf“ drücken.

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Hast Du Dir schon mal über die Möglichkeit eine Schenkung an die Gemeinde oder den Staat Gedanken gemacht?
Oder die Erbschaft zu verweigern, wenn die das Anwesen auch nicht haben wollen?

Ich bin immer noch froh, dass wir unser Haus ohne Makler gefunden haben, weil sich die Verkäuferin damals auch bewusst dafür entschieden hat, ohne Makler zu verkaufen. Fast hätten wir die 3-5zeilige (genau weiß ich es nicht mehr) Anzeige im Käseblatt übersehen.:sweat_smile: Hoch leben die Vorurteile, aber außer dicke Autos hatten die Makler, mit denen wir zu tun hatten (und ein paar waren es schon!), nichts vorzuweisen. Besonders bemüht waren sie auch nicht, aber die Hand hätten sie gern aufgehalten.

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Das hatte sie doch geschrieben:

„… wenn Ihr erbt“, das ist das Eine.
Das Andere ist, dass Euch ein Teil der „Ruine“ schon gehört. Die habt Ihr irgendwann geerbt, dieser Teil gehört Euch schon. Das müsst Ihr in Sachen „Erbschaft“ und „nicht haben wollen“ bedenken.

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Ich fasse mich kurz: verkaufen geht immer. Es ist eine Frage des Preises und im allerschlimmsten Falle bemisst der sich wie folgt:
Grundstückswert-Abrisskosten

Bei 2000 Quadratmeter Grundstück sollte da immer noch ein sechsstelliger Betrag übrig bleiben.

Gruß
C.

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Vergisst du da nicht etwas? So circa 16,7 Prozent?

Sie ist bereits Miteigentümerin des Hauses. Weshalb der Satz

ich werde eher das ganze Erbe ausschlagen, als diese Ruine mitbesitzen zu wollen.

völlig sinnlos ist.

Gruß,
Max

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Auf den Punkt gebracht.

Völlig richtig und deshalb habe ich ja auch den Begriff der Schenkung noch mit eingebracht. Im Prinzip müsste es eine Mischung aus Schenkung und Erbschaftsausschlagung sein.
Anderseits würde ich erst dann ernsthaft an den Gedanken herantreten, wenn tatsächlich abgeklärt ist, dass absolut nichts herauszuholen ist, Wie @C_Punkt schon schreibt:

Hallo,

auch ich halte es für notwendig, sich ein fachkundiges Urteil über den Zustand und mögliche Optionen des Hauses einzuholen. Dabei sollte auch die Option „Abrisskosten“ eine Rolle spielen.
Auch gehört nicht nur die Bewertung der Bausubstanz durch einen Bausachverständigen (mit Erfahrung bei Altbauten), sondern auch die Klärung der Rahmenbedingungen wie zB geltender Bebauungsplan, evtl. bestehender Schutz (als Einzelbauwerk oder evtl. als Ensemble), Entwicklungspläne der Gemeinde etc.

Wenn nach Deinen Angaben etliche Immobilien im Ort leerstehen, kann es durchaus sein, daß dies nur ein Teilsegment des örtlichen Wohnungsmarktes betrifft. Auch in Kommunen mit hohem Leerstand zB bei EFHs kann sehr wohl ein Bedarf für Geschoßwohnungsbau mit Mietwohnungen notwendig sein. Und deswegen könnte durchaus Nachfrage bestehen von der Kommune und/oder BAuträgern nach Grundstücken, auf denen Geschoßwohnungsbau oder andere Formen verdichteten Bauens möglich sind - haben sich doch sehr viele Kommunen planerisch sehr eingeengt durch die Ausweisung von Baugebieten für den „klassischen“ Eigenheimbau.

&tschüß
Wolfgang

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