Erfolg der Nazarener-Sekte?

Hallo,
weil es unlängst im Forum hochkam:

Mich würde mal interessieren, warum aus nicht-christlicher Sicht die „Sekte der Nazarener“ so unglaublich erfolgreich war und selbst nach fast 2000 Jahren noch hunderte Millionen Anhänger besitzt.

Zu Zeiten der Apostelgeschichte waren die Anhänger Jesu nichts weiter als eine Sekte, die man nicht einmal sonderlich gesellschaftsförderlich ansah:

Apg24:5
Wir haben diesen Mann gefunden schädlich, und der Aufruhr erregt allen Juden auf dem ganzen Erdboden, und einen vornehmsten der Sekte der Nazarener
Apg28:14
Doch wollen wir von dir hören, was du hältst; denn von dieser Sekte ist uns kund, daß ihr wird an allen Enden widersprochen.

Weder im Judentum noch im römischen Reich hatte sie wirklich wichtigen Einfluss zu Lebzeiten Jesu, auch danach war keine große Akzeptanz gegeben.

Argumente, die ich schon gehört habe:

  • „Jesus war nur einer von vielen Propheten der damaligen Zeit“
    Soweit wie die Fakten dem entsprechen, haben wir Simon Magus und Apollonius auf dem Tisch: aber warum ist am heutigen Tag die Sekte der Simoni oder die Sekte der Apollonii nicht mit mehreren Millionen Anhängern präsent?

  • „Jesus hatte verglichen mit den Propheten seiner Zeit wenig Anhänger“
    Ja, dann sollte man doch annehmen, dass das Potential der anderen Gruppen größer war: warum hat es bei den Nazarenern geklappt aber bei keiner der anderen Gruppen?

  • „Jesus hat sich nur auf’s Judentum konzentriert“
    Warum sind dann mehr als mehr als 90% seiner Anhänger heute keine Juden? Wären hier Parallelen möglich, könnte ich fragen, warum nicht große Teile der westlichen Welt heutzutage den Idealen von Stalin folgen?

  • „Alles nur wegen Konstantin“
    Der Kult um die meisten anderen Propheten war schon weit weniger als 200 Jahre nach deren Ableben ziemlich abgeflaut, doch die Nazarener wuchsen munter weiter: Warum hat die Nazarener-Sekte mit ihren einst 12 Anhängern überhaupt 200 Jahre überlebt?

  • „Die Leute damals waren leichtgläubig“
    Laut Apg. gab es duchaus intellektuelle Diskussionen, Paulus behauptete sich sogar auf dem Forum von Athen. Ob man das glaubt oder nicht sei dahingestellt. Unabhängig davon:
    War die Leichtgläubigkeit gegenüber der Lehre der Nazarener höher als die Leichtgläubigkeit gegenüber irgendeiner anderen Lehre? Sollte man nicht erwarten, dass Sekten, die mehr und besser ausgebildete Intellektuelle in ihren Reihen zählten, mehr Erfolg hätten haben sollen?

  • „Die Jesuslehre war nur ein Mischmasch aus anderen Elementen“
    Konnten das nicht Andere genauso machen? Gibt es irgend etwas, was die Jesuslehre so einmalig machte, dass daraus ein unnachahmliches Erfolgskonzept wurde?

  • „Heutzutage gibt es Sekten, die schon nach wenigen Jahren tausendmal so viele Anhänger haben“
    Genau. Und die meisten von ihnen bleiben gesellschaftliche Randgruppen, bis sie verschwinden.
    Heutzutage weiß man mehr über Psychologie und Soziologie als damals, Techniken wie Marketing, Suggestion und NLP sind in den letzten Jahren massiv ausgereift worden - und trotzdem kann wohl keine einzige dieser Gruppen darauf hoffen, dass in ihrem Namen Weltreiche entstehen, sich hunderte Millionenzu ihrem Anführer bekennen oder dergleichen: Warum?

Viele Fragen auf einmal.
Aus christlicher Sicht ist die Antwort sehr einfach: „Weil Jesus Gottes Sohn ist“ - aber wie sehen die Anderen das?

Gruß,
Michael

Hallo!

Du willst wissen, WARUM Millionen Gläubige an Jesus Christus glauben, und erwartest die Antwort von denen, die nicht an ihn glauben? Wäre es nicht einfacher und naheliegender, du würdest die Gläubigen selber fragen? Die müssen doch wissen, warum.

Grüße

Andreas

Hi Andreas

Wäre es nicht einfacher und naheliegender, du würdest
die Gläubigen selber fragen? Die müssen doch wissen, warum.

Einfacher vielleicht und naheliegender vielleicht auch noch, aber nicht unbedingt schlüssiger.
Selbst wenn wir mal die Dialektik außen vor lassen und uns ganz einfach vorstellen, du möchtest wissen, warum OPEL pleite ging. Fragst du dann nur die Leute, die bei OPEL angestellt sind/waren?
Aber auch wenn OPEL nicht pleite wäre: Fast jeder OPE-Verkäufer sagt, OPEL sei das beste Auto. So wie fast jeder MERCEDES-Verkäufer sagt, dass MERCEDES das beste Auto ist.
Gruß,
Branden

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Beweislastumkehr

Du willst wissen, WARUM Millionen Gläubige an Jesus Christus glauben,

Nein, ich will wissen, warum die ganzen Argumente, warum das Christentum eigentlich schon von vorne herein zum Scheitern verurteilt sind, bis heute herangezogen werden, obwohl sie historisch widerlegt sind.

und erwartest die Antwort von denen, die nicht an ihn glauben?

Weil jemand, der eine Hypothese aufstellt, diese beweisen muss, insbesondere wenn die Tatsachen dem widersprechen.

Wäre es nicht einfacher und naheliegender, du würdest die Gläubigen selber fragen? Die müssen doch wissen, warum.

Wissen sie doch auch: Es ist egal, was die „eigentlich sein sollte“ denn Jesus ist Gottes Sohn und für Gott ist nichts unmöglich.

Aber ich will ja nur für konkrete Aussagen, die nicht von Christen getätigt werden, eine sinnvolle Begründung, warum diesen Aussagen im Kontext überhaupt Wert beizumessen ist.

Normalerweise sind es die Gläubigen, welche gerne die Beweislast umkehren und den Atheisten zwingen möchten zu beweisen, warum er nicht an Gott glaubt.
Aber was ich hier beobachtet habe ist eine nicht-christliche Aussage „Jesus war unbedeutend“, die eindeutig der historischen Entwicklung widerspricht und Du bittest mich jetzt, die Christen zu fragen, warum das so ist?

Ein Christ muss nicht erklären, dass seine Religion mit mehreren hundert Millionen Anhängern nicht von vorne herein zum Scheitern verurteilt war und überhaupt nicht funktionieren kann.

Ein Nicht-Christ muss jedoch erklären, warum er behauptet, dass dies so sei, wenn es dann wider seiner Behauptung nicht eingetreten ist.

Gruß,
Michael

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Schmarren
Hallo Mike

Nein, ich will wissen, warum die ganzen Argumente, warum das
Christentum eigentlich schon von vorne herein zum Scheitern
verurteilt sind, bis heute herangezogen werden, obwohl sie
historisch widerlegt sind.

hilf mir mal auf die Sprünge - welche Argumente sollen das denn sein? Entweder verstehst Du nicht, worum es bei einer historisch-kritischen Analyse geht oder Du spielst hier ein billiges Spiel mit Sockenpuppen.

Gruß,
Ralf

Immer noch das Standardwerk zum Thema:

Ramsay MacMullen
Christianizing the Roman Empire
(A. D. 100-400)
Yale University Press 1986
ISBN: 0300036426 Buch anschauen

Gruß,
Ralf

hilf mir mal auf die Sprünge - welche Argumente sollen das denn sein?

Primär das Argument, dass Jesus nichts Besonderes war.

Entweder verstehst Du nicht, worum es bei einer historisch-kritischen Analyse geht

Das muss es wohl sein. Ich verstehe wirklich nicht, warum man bei einer „historisch-kritischen Analyse“ Dinge behauptet, die definitiv nicht den Tatsachen entsprechen.

Wenn Du schon historisch-kritisch sein möchtest, dann nimmst Du die Hypothesen, welche von Historisch-kritischen Leuten aufgestellt wurden und beweist sie.
Aber sie in den Raum zu werfen mit einem „Das ist so darum ist das so und das ist so weil es historisch-kritisch ist und wenn Du das nicht verstehst bist Du selbst dumm“ ist, wie Du sagst, Schmarren!

Ich möchte doch einfach nur die Antworten, warum, wenn all diese Aussagen (aus der Themenstellung) doch tatsächlich zutreffen, es historisch anders gewachsen ist als zu erwarten - oder kann man die nicht liefern ohne sich auf Unterste-Schubladen-Polemik zurückzuziehen?

Gruß,
Michael

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Unterste Schublade ist schlicht Deine Behauptung, die genannten Argumente sollten belegen, dass „das Christentum eigentlich schon von vorne herein zum Scheitern verurteilt“ war. Damit unterstellst du eine These, die überhaupt nicht aufgestellt wird, um sie mit großer Geste zu widerlegen. Das ist Eristik auf niedrigstem Niveau.

Hallo Tychiades,

und irgendjemand hatte irgendwo suggeriert oder behauptet (und natürlich keinesfalls Anwesende und schon gar nicht im Reli-Brett w-w-w), das Christentum habe sich nur dank Gewaltakten an die Macht gemausert und dort gehalten. Und nein, ich weigere mich, diese Quellen zu nennen.

Womit natürlich wiedermal die Hexen-, Ketzer- und Kreuzzugsdebatte lanciert ist, von dem Verschwindenlassen alter Bücher noch zu schweigen - oder gibt einmal jemand ausser den fanatischen Missionaren von meinem unbescheidenen Schlag zu, dass diese Aktionen, wenn auch in Teilen existent, so doch nicht für die Verbreitung des christlichen Glaubens die absoluten, einmaligen und einzigen Essentialia seien…

Gruss
Mike

Hallo Mike,

und irgendjemand hatte irgendwo suggeriert oder behauptet (und
natürlich keinesfalls Anwesende und schon gar nicht im
Reli-Brett w-w-w), das Christentum habe sich nur dank
Gewaltakten an die Macht gemausert und dort gehalten. Und
nein, ich weigere mich, diese Quellen zu nennen.

also wenn Du dermaßen vornehm zurückhaltend bist, hättest Du dir diese Bemerkung vielleicht besser ganz verkniffen. Diese Aussage von mir:

Erfolgreich war lediglich die Religion, die sich auf ihn berief -
weil sie für viele Menschen eine akzeptable Antwort auf ihre
religiösen Bedürfnisse darstellte und darstellt. Und nicht zuletzt
auch deswegen, weil die offiziellen Vertreter dieser Religion
errungene Machtpositionen skrupellos ausnutzten, um jegliche
Konkurrenz auszuschalten

kannst Du ja wohl nicht gemeint haben - wenn man da „nur dank Gewaltakten“ herausliest, muss man schon eine sehr selektive Wahrnehmung haben.

Womit natürlich wiedermal die Hexen-, Ketzer- und
Kreuzzugsdebatte lanciert ist,

Nein - in unserem Zusammenhang geht es eher darum, wie die christliche Kirche den Pakt mit Konstantin und seinen Nachfogern ausnutzte, um binnen weniger Jahrzehnte von einer (allerdings gut organisierten) religiösen Minderheit - 312 ca. 10% der Bevölkerung des Imperiums - zur herrschenden Staatsreligion zu werden. „Herrschend“ im wahrsten Sinn des Wortes. Von besonderer Bedeutung ist hier der innerkirchliche Wandel in Bezug auf religiöse Toleranz. Die „Hexen-, Ketzer- und Kreuzzugsdebatte“ gehört in den zeitlich deutlich späteren Kontext des Machterhalts, nicht des Aufstiegs zur Macht.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Hallo Tychiades,

Du fühlst Dich verdächtig betroffen, indes gestehe ich Dir gerne zu, dass Deine wichtigste Aussage ist:

weil sie für viele Menschen eine akzeptable Antwort auf ihre
religiösen Bedürfnisse darstellte und darstellt

Diese Aussage ist hier weiter zu vertiefen.

Warum stellt sie für welche Menschen eine akzeptable Antwort auf ihre religiösen Bedürfnisse (was ist das genau) dar bzw. warum hat sie sie dargestellt (und tut es da oder dort wiederum nicht).

Nehmen wir mal (zum Grundgebot hinzu, welches mit etwas anderer Gewichtung ja auch im Judentum anzutreffen ist) die drei evangelischen Räte (Armut, Keuschheit, Gehorsam), die Auferstehungs- bzw. allgemeine Hoffnungsbotschaft und den Missionsauftrag heran.

Könnte es z. B. sein, dass gerade der evangelische Rat des Gehorsams das Christentum als Ohnmachtsreligion erscheinen lässt statt als Macht- und Gewaltapparat (wie es leider ab und zu dargestellt wird?)

Könnte es sein, dass der Rat der Keuschheit, weil es eben nur ein Rat ist und nicht ein Befehl, als Kompromiss zur physischen Gemeinschaft verschiedener Geschlechter, Altersgruppen und sozialer Schichten taugt

Könnte es sein, dass der Rat zur Armut oder zur Demut den Allzumächtigen in- und ausserhalb der Kirche den Stachel des Reichtums wegzunehmen geeignet ist

Könnte es sein, dass Religiosität letztlich das Verlangen der Menschen nach Hoffnung, Vertrauenswürdigkeit und Grundgemeinschaft widerspiegelt oder gar ausmacht

Was hältst Du schliesslich von der Notwendigkeit einer gemeinsamen Sprache nicht nur einzelner Wörter, sondern gewisser Werte soviel in Kürze zu möglichen tatsächlichen Gründen, selbstverständlich nur im Ansatz

Gruss
Mike

Hallo Michael,

Aus christlicher Sicht ist die Antwort sehr einfach: „Weil
Jesus Gottes Sohn ist“

nein, dies wäre auch kein Argument aus christlicher Sicht

  • aber wie sehen die Anderen das?

Die Botschaft Jesu ist mit ihrer Einfachheit (im Wesentlichen)
nahe am Menschen und ihre Akzeptanz kommt aus dem geringen Widerspruch
zur Befindlichkeit des Menschen für Gerechtigkeit.
Außerdem ist die Befreiung von unverständlichen und unnötigen
Reglements und Geboten und Vorschriften (z.Bsp. gegenüber 100ten
Geboten und Verboten im Judentum)welche zum „Heil“ führen sollten
der entscheidende Weg um das Wesentliche zu erkennen.
Die tätige Nächstenliebe wird in den Mittelpunkt gestellt und an ihr
die Liebe zu Gott gemessen. Dadurch allein wird der Mensch
gerechtfertigt(nach dem NT) soweit er seinen Anteil an seinem Heil
bewirken kann.
Dieser Grundsatz hat sich nicht verändert, trotz Wirren und
Verirrungen von Christen oder auch der religiösen Führung oder der
Belastung der Botschaft mit manchen unwesentlichen Vorschriften.
Gruß VIKTOR

Hallo

Wenn dich das doch so sehr beschäftigt solltest du dich aber auch mal mit den anderen Religionen zu der Zeit beschäftigen, denn dann würdest du auch deine Antwort finden. Aber zuvor erst mal was anderes. Das Christentum ist ja eigentlich eine Jüdische Gruppierung gewesen, die Apostel hatten sich ja mal getroffen und es ging darum ob auch nicht Juden Christen werden können, hätten sie mit nein geantwortet so wäre diese Religion nie so groß geworden. Desweiteren hatte diese Religion was das die anderen so nicht hatten, sie versprachen den Menschen ein Leben nach dem Tod, das ist etwas was natürlich einer der Hauptfaktoren war, und man sagte den Menschen das Jesus bald widerkommen würde das Jüngste Gericht. Was das für eine Anziehungskraft hat könnten wir ja Jesus mal fragen, soweit ich weiß hat das auch Johannes der Täufer auch verkündet, hat selbst den Jesus wohl imponiert das er sich hat Taufen lassen hat.

Aber es gibt noch ein Faktor und zwar das diese Religion später mit
Gewalt Missioniert würde. Na ja wenn du das als Errungenschaft siehst bitte, sei stolz drauf. Aber dennoch zeigt es kein bissen das diese Religion Wahr ist.

Gruss Hicham Bekouri

Weil jemand, der eine Hypothese aufstellt, diese beweisen
muss, insbesondere wenn die Tatsachen dem widersprechen.

Dann beweis dein Gott, den die Religion behauptet was das sie selbst nicht beweisen kann. Beweis den Menschen die dran glauben nach denn Tot gehe es weiter wo und wie die Hölle oder Paradies so aussieht. Aber bleiben wir mal bei der Sache, wer ist denn der Jenige der alles ignoriert oder ignorieren will was gegen sein glauben spricht.

Hi,

ich denke die rasche Ausbreitung des Christentums dürfte auf äußeren Bedingungen, die das Römische Reich bot, beruhen:

  • sprachliche Homogenität
  • keine pol. Grenzen
  • lebhafter Reise und Handelsverkehr
  • gute Infrastruktur
  • schneller Briefwechsel
  • relative religiöse Tolleranz
    An den Grenzen des Reiches machte die AUsbreitung dann oft halt.

Zudem gab es innere Faktoren:

  • Moralität und Eschatologie treffen den Zeitgeist
  • starke soziale Führsorge in den Gemeinden wirkt anziehend
  • Relativierung sozialer Schranken innerhalb der Gemeinde

LG

Hallo,

ich denke die rasche Ausbreitung des Christentums dürfte auf
äußeren Bedingungen, die das Römische Reich bot, beruhen:

  • sprachliche Homogenität
  • keine pol. Grenzen
  • lebhafter Reise und Handelsverkehr
  • gute Infrastruktur
  • schneller Briefwechsel
  • relative religiöse Tolleranz

auch wenn Du Theologie studierst und sowas irgendwo reingezogen
hast, ist es trotzdem falsch.
Die Frage „Warum gerade das Christentum …?“ hat doch mit
vorstehendem nichts zu tun weil dies „Vorteile“ auch andere Religionen
betrifft.

Zudem gab es innere Faktoren:

Nur innere Faktoren.
Eine (neue) Religion muß eine außergewöhnliche Akzeptanz bewirken
wenn sie sich so stark gegen bestehende religionspezifische
Strukturen durchsetzen will,auch noch gegen Widerstand und Verfolgung.

  • Moralität und Eschatologie treffen den Zeitgeist
  • starke soziale Führsorge in den Gemeinden wirkt anziehend
  • Relativierung sozialer Schranken innerhalb der Gemeinde

Ja und nein.
Was Du da aufführst, reicht einfach nicht.
Auch das Judentum hat zumindest den 1.Punkt vorzuweisen gehabt.
Die „Fürsorge“ ging bei den Christen weit über „Gemeinden“ hinaus.
Auch der 3.Punkt ist nur bedingt richtig und entspräche eher dem
Programm einer politischen Partei.
Es ist schlicht und einfach eben die Einfachheit und Klarheit der
christl.Botschaft welche nahe am Menschen ist und so Akzeptanz
letztendlich bewirkt.Und es ist eine Botschaft,welche sich an alle
Menschen richtet, nicht nur an ein „auserwähltes Volk“ oder
bestimmte bevorzugte Klassen.
Und - nicht zu unterschätzen - sie hat auch von Ängsten befreit
welche Menschen begleitet hat welche sich in ihren Religionen
um die Gunst vieler Götter (einschl. des röm Kaisers) bemühen mußten.
(s.auch meinen Beitrag weiter unten)
Gruß VIKTOR

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Die psychologische Macht des Christentums
Hi Mike.

Mich würde mal interessieren, warum aus nicht-christlicher
Sicht die „Sekte der Nazarener“ so unglaublich erfolgreich war
und selbst nach fast 2000 Jahren noch hunderte Millionen
Anhänger besitzt.

Zwei Gründe:

Macht- und Gewaltstrategien trugen äußerlich zur Expansion bei. Hier ging das Christentum absolut imperialistisch vor. Der Klerus brauchte die militärische Macht des Staates für seine Verbreitung und ging mit dieser eine jahrtausendewährende, wie geölt funkionierende Symbiose ein.

Die einzigartige psychologische Macht, die das Christentum aufgrund seiner theologischen Struktur hat, ist der „innerliche“ Faktor, der ebenfalls die Expansion förderte. Der psychoanalytisch relevante Kern dieser Struktur umfasst die beiden Aspekte des Vaterkomplexes und des Schuldgefühls (die natürlich zusammengehören).

Das Grundschema läuft darauf hinaus: der unerfüllbare moralische Anspruch des Christentums erzeugt Hass auf die omnipotente Vaterfigur „Gott“, dieser Hass wird aus Angst total verdrängt und richtet sich auf Ersatzobjekte, nämlich die innerchristlichen Sünder und die nicht-christlichen Heiden.

Das Christentum hat es wie keine andere geistige Institution verstanden, in seiner Klientel Schuldgefühle zu produzieren. Als Symbollfigur eignet sich „Christus“ ganz vorzüglich. Absolute Unterwerfung unter die Macht des Vaters und Auf-sich-Nehmen der absoluten Schuld („aller Menschen“) - das ist der ultimative Vaterkomplex.

Woraus sich die psychologische Macht des Christentums im wesentlich erklärt.

Als Anregung, sich damit zu befassen, zitiere ich einige Passagen aus einem Buch von Prof. Dr. Gerhard Vinnai.

http://psydok.sulb.uni-saarland.de/volltexte/2006/57…

„Der Einfluß der Religion entspringt, in einem psychoanalytischen Interpretationshorizont, nicht einer irgendwie gearteten transzendenten Macht, sondern der Macht von Unbewußtem unter bestimmten gesellschaftlichen Verhältnissen. Die Jesusfigur erlangt als Äußerung von kulturell erzeugten unbewußten Phantasien, Konflikten, Triebregungen oder Gefühlen ihre Bedeutung (…) Man kann die Jesusfigur, in einer religionskritischen psychoanalytischen Perspektive, als ein Symptom verstehen, dessen unbewußte Wurzeln die sozialpsychologischen Geheimnisse dieser Kultur enthalten. Jesus symbolisiert auf verschlüsselte Art eine geheime psychologische Wahrheit des Abendlandes, die es zu enthüllen gilt.“ (Seite 7)

„In der christlichen Religion spielt die Schuld eine zentrale Rolle. „Und vergib uns unsere Schuld, wie wir vergeben unsern Schuldigern“, (Matthäus 6, 12) heißt es im Vaterunser. Jesus opfert sich, um die Schuld von den Menschen zu nehmen. (…) Da die göttlichen Gebote von sterblichen Menschen kaum einzuhalten sind, zumal sie von Jesus im Neuen Testament nochmals verschärft werden, ist ein ernsthafter christlicher Glaube im überkommenen biblischen Sinn
notwendig mit massiven Schuldgefühlen verknüpft. Die Psychoanalyse hat aufgedeckt, daß sich hinter Schuldgefühlen der Haß gegen die Autorität verbirgt: Die ausgeprägten Schuldgefühle von Christen haben etwas mit dem Haß gegen Gott zu tun.“ (Seite 64)

„Die Kreuzigung kann als symbolische Kastration interpretiert werden, die den
sinnlichen Leib und seine Begierden untergehen läßt und damit der Sexualität ihre Macht
raubt. Jesus opfert seinen Leib, um seinem allmächtigen Vater zu gehorchen, dem seine Liebe
gilt. Er opfert seinen menschlichen Leib, seine menschlichen Begierden, um mit seinem
göttlichen Vater eins zu werden. Diese Konstellation zeigt eine deutliche Verwandtschaft mit
dem, was den Ausgang der normalen ödipalen Konfliktkonstellation auszeichnet. Mit dem
Ende des Ödipuskomplexes unterwirft sich der Sohn dem Vater, eine Unterwerfung, die
dieser mit Hilfe der Kastrationsdrohung durchsetzt.“ (Seite 61)

„Im Christentum wird die Transformation des Hasses auf Gott in Schuldgefühle, die Selbsthaß
bedeuten, durch theologische Konstruktionen abgestützt. Sie können helfen, fatale psychische
Prozesse zu rationalisieren. Gott wird als Aggressionsobjekt theologisch entlastet, indem das
Böse, das in der Welt ist, den Sünden zugerechnet wird, die die Menschen begangen haben
und begehen.“ (Seite 66)

Gruß

Horst

Danke

Die Frage „Warum gerade das Christentum …?“ hat doch mit vorstehendem nichts zu tun weil dies „Vorteile“ auch andere Religionen betrifft.

Genau, und gerade die anderen zu dieser Zeit sprießenden Religionen hatten es schon zu Lebzeiten ihres Anführers geschafft, genau diese Vorteile besser einzubringen als das Christentum.
All das erklärt nicht mal ansatzweise, warum nicht z.B. heutzutage die westlich-zivilisierte Welt sich nicht zu Apollonius oder Simon Magus bekennt, sondern zu Jesus.

Zudem gab es innere Faktoren:

Nur innere Faktoren.
Eine (neue) Religion muß eine außergewöhnliche Akzeptanz bewirken

Hatte das Christentum ja eigentlich weniger.
Laut dem, was die Bibel beschreibt sah es sogar so aus, als ob mit dem Tod Jesu Schicht im Schacht sei: Überhaupt nur, weil dann „der Auferstandene“ gesehen wurde, war das Christentum nicht sofort zuende (zumindest erscheint es mir so bei der Darstellung aus Apg.)
Was genau hat sich denn innerlich durch dieses Ereignis so verändert, dass man plötzlich die Gegenwart des Anführers nicht mehr brauchte und trotzdem so ein immenses Momentum aufbauen konnte?

Oder stimmt das alles gar nicht so exakt, und das Christentum hatte unabhängig von der Gegenwart Jesu schon immer dieses Momentum - warum dann nur diese Gruppe und keine andere?

  • Moralität und Eschatologie treffen den Zeitgeist
  • starke soziale Führsorge in den Gemeinden wirkt anziehend
  • Relativierung sozialer Schranken innerhalb der Gemeinde

Ja und nein.
Was Du da aufführst, reicht einfach nicht.

Im Übrigen galt Ähnliches doch höchstwahrscheinlich für andere religiöse Gruppierungen zumindest in ähnlichem Maße.

Auch der 3.Punkt ist nur bedingt richtig und entspräche eher dem Programm einer politischen Partei.

Das war damals tatsächlich eher eine politische Einstellung als eine religiöse Haltung, den unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen ähnliche Rechte zuzusprechen.
Dennoch müßte man doch davon ausgehen, dass dies privilegiertere Menschen eher dazu motivieren sollte, diese Gruppe zu meiden als ihr beizutreten.
Laut der paulinischen Briefe waren jedoch schon damals auch sozial Höhergestellte im Christentum. Einfach Rebellen - oder hatten die Gründe?

Es ist schlicht und einfach eben die Einfachheit und Klarheit der christl.Botschaft

Hat aber zu Jesu Lebzeiten wenige beeindruckt: Warum dann nachher?

welche nahe am Menschen ist und so Akzeptanz letztendlich bewirkt.

War dies bei zeitgenössischen Propheten anders?
Wenn ja, warum gab es diese Akzeptanz zu seiner Lebzeit nicht, aber plötzlich danach?

Und es ist eine Botschaft,welche sich an alle Menschen richtet, nicht nur an ein „auserwähltes Volk“ oder bestimmte bevorzugte Klassen.

Eigentlich ist es in der Natur des Menschen, „besonders“ sein zu wollen. Sämtliche Versuche, völlige Gleichheit zu schaffen, scheitern doch über Kurz oder Lang.

Und - nicht zu unterschätzen - sie hat auch von Ängsten befreit welche Menschen begleitet hat welche sich in ihren Religionen um die Gunst vieler Götter (einschl. des röm Kaisers) bemühen mußten.

Das Bemühen um die Gunst des Kaisers gab aber das Christentum nicht auf: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers“ ist ja wohl eine klare Aussage.
Dass der Kaiser nicht zu verehren sei, sagte man damals nicht. Nur, dass er nicht Gott gleichgestellt ist.

Auf der einen Seite hast Du die Befreiung von spirituellen Ängsten, auf der anderen die vollkommen reale Angst vor der Lebens-Bedrohung durch wütende Priester und die Anhänger der anderen Religionen:
warum konnte das Christentum ohne lebenden Anführer so viel „von Angst befreien“, dass die Leute diese Bedrohung in Kauf nahmen - wenn Selbiges bei den anderen Religionen nicht funktionierte?

Gruß,
Michael

Am Thema vorbei?

Macht- und Gewaltstrategien trugen äußerlich zur Expansion bei. Hier ging das Christentum absolut imperialistisch vor.

Mit 12 Leuten, deren best-ausgebildetster ein Fischer war? Oder der Zöllner? Die bauten ein Imperium mit totem Anführer auf?

Der Klerus brauchte die militärische Macht des Staates für seine Verbreitung und ging mit dieser eine jahrtausendewährende, wie geölt funkionierende Symbiose ein.

Den „Klerus“ gab es so um die 40 nach Christi nicht.
Warum hat er sich überhaupt entwickelt, warum ist das kleine Pflänzchen des Christentums nicht verblüht, lange bevor es militärische Macht hatte?

Die einzigartige psychologische Macht, die das Christentum aufgrund seiner theologischen Struktur hat, ist der „innerliche“ Faktor, der ebenfalls die Expansion förderte.

Woher weißt Du, dass die so einzigartig war? Wir wissen sehr wenig über die anderen Religiönchen jener Zeit, noch weniger über ihre Lehren. Können wir ausschließen, dass Andere ebenfalls diese Dinge lehrten?

Das Grundschema läuft darauf hinaus: der unerfüllbare moralische Anspruch des Christentums erzeugt Hass auf die omnipotente Vaterfigur „Gott“, dieser Hass wird aus Angst total verdrängt und richtet sich auf Ersatzobjekte, nämlich die innerchristlichen Sünder und die nicht-christlichen Heiden.

Unabhängig vom Wahrheitsgehalt dieser Aussage, den ich anzweifeln würde, könnte ich doch ernsthaft fragen, ob dies nicht die bereits etablierten Religionen nicht ähnlich handhabten?

Das Christentum hat es wie keine andere geistige Institution verstanden, in seiner Klientel Schuldgefühle zu produzieren.

Gibt’s dafür Belege?

Als Symbollfigur eignet sich „Christus“ ganz vorzüglich.

Warum? Ich dachte, der sei nicht wirklich bedeutender als jeder andere Prophet seiner Zeit auch. Warum eignet sich Christus als Symbolfigur besser als z.B. Apollonius?

Absolute Unterwerfung unter die Macht des Vaters und Auf-sich-Nehmen der absoluten Schuld („aller Menschen“) - das ist der ultimative Vaterkomplex.

Daraus entnehme ich, dass der Erfolg des Christentums hauptsächlich auf den ganzen Psychokeramikern beruht, die jemanden mit noch größerem Sprung in der Schüssel suchten?

Woraus sich die psychologische Macht des Christentums im wesentlich erklärt.

Also reduzieren wir das Christentum auf Leute, die eigentlich nur Komplexe haben? Wie kann sowas denn langfristig erfolgreich sein?

Die Jesusfigur erlangt als Äußerung von kulturell erzeugten unbewußten Phantasien, Konflikten, Triebregungen oder Gefühlen ihre Bedeutung (…)

Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass dies nur für Jesus und für keinen anderen Prediger seiner Zeit galt!

Man kann die Jesusfigur, in einer religionskritischen psychoanalytischen Perspektive, als ein Symptom verstehen, dessen unbewußte Wurzeln die sozialpsychologischen Geheimnisse dieser Kultur enthalten.

Dann verstehe ich nicht, warum sich das über die Kultur des Judentums, hinein in die römische und griechische Kultur ausbreiten konnte?

„In der christlichen Religion spielt die Schuld eine zentrale Rolle.

Und das war bei keinem anderen Prediger so?

Die Psychoanalyse hat aufgedeckt, daß sich hinter Schuldgefühlen der Haß gegen die Autorität verbirgt: Die ausgeprägten Schuldgefühle von Christen haben etwas mit dem Haß gegen Gott zu tun.“ (Seite 64)

Also jetzt unterstellen wir einfach mal, dass das Christentum von vorne herein nur deswegen funktioniert, weil sämtliche Christen einen Schuldkomplex haben. Interessant. Hat der Autor zuviel von irgendwas geraucht, oder ist er Gott, oder warum kann er so eine Aussage treffen, zwecks von Milliarden Menschen über Jahrtausende hinweg?

„Die Kreuzigung kann als symbolische Kastration interpretiert werden, die den sinnlichen Leib und seine Begierden untergehen läßt und damit der Sexualität ihre Macht raubt.

Hat der Autor auch irgendwelche Belege für seine wilden Hypothesen, die mehr darauf hindeuten dass er selbst irgendwie gestört zu sein scheint?
Die sexuelle Unterdrückung im Christentum ist erst Jahrhunderte nach dem Tod Jesu zum kirchlichen Machtinstrumentarium geworden!

Warum sollte ich diesem Autor mehr Glauben schenken als der Bibel?

Gruß,
Michael

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Du denkst zu kausal :wink:
Hi

Mit 12 Leuten, deren best-ausgebildetster ein Fischer war?
Oder der Zöllner? Die bauten ein Imperium mit totem Anführer
auf?

Nein, das Imperium wurde erst später, namentlich von Leuten wie Paulus, aufgebaut.

Warum hat er sich überhaupt entwickelt, warum ist das kleine
Pflänzchen des Christentums nicht verblüht, lange bevor es
militärische Macht hatte?

Vermutlich weil es eine starke Kern-Botschaft hat, nämlich die der spontan und aus Liebe wirkenden Handlung, die natürlich einen Fortschritt gegenüber den zwanghaften Ritualen (am Sabbat keinem Verletzten helfen ,weil ja Sabbat ist) darstellt.

Wir wissen sehr
wenig über die anderen Religiönchen jener Zeit, noch weniger
über ihre Lehren. Können wir ausschließen, dass Andere
ebenfalls diese Dinge lehrten?

Es blieben halt selektiv einige übrig, die seitdem zu den gro0ßen Weltreligionen gehören.
Dann ist doch in anderen Branchen nicht viel anders. Es gab viele Sänger und Songwriter 1961 in New York, aber Bob Dylan wurde berühmt und hielt sich.
Ich glaube daher, dass dein Ansatz einfach zu kompliziert ist - er vernachlässigt auch das Zusammenspiel der Zufälle.
Warum wird jemand berühmt und ein anderer nicht? Das hängt nicht nur von seinem Können ab, sondern von vielen anderen Begebenheiten.
Gruß,
Branden