Hallo Andreas,
danke für Deine Antwort.
da gehst Du aber m.E. von einer unbewiesenen Behauptung aus.
Schon Heraklit meinte 500 v.Vhr. „alles fließt“ oder auch „man
steigt nie zweimal in den gleichen Fluss“ und meinte damit,
dass es NICHTS gibt, was unverändert bleibt. Insbesondere der
Mensch steht in ständiger Wechselwirkung zu seiner Umwelt.
Schon dadurch dass Du diese Zeilen liest, hast Du dich ein
wenig verändert.
Das ist wieder eine sehr geeignete Betrachtung, um auf eine Logikfalle einzugehen, aus der man aber dann nicht heraus kommt, wenn man „ich“ von vornherein als etwas Veränderliches postuliert, dies gleichzeitig aber mit der Beobachtbarkeit von Veränderungen begründet.
Natürlich kann ich beobachten, daß und was sich an den äußeren Umständen verändert, ebenso kann ich beobachten, wie ich meine Eigenschaften, meine Denkweise und mein Verhalten verändere. Und das, wie Du richtig sagst, aufgrund der Wechselwirkungen mit den Gegebenheiten der Umwelt.
Was dabei aber immer gleich bleibt, bin ich!
In zwanzig Jahren werde ich selbstverständlich ganz etwas anderes bedenken und tun als heute, aber der, der das anders bedenkt und tut, werde noch immer ich sein, völlig unabhängig davon, wie dann mein Körper aussehen wird.
Wenn Du dieses Faktum in Bezug zu Dir selber setzt, dann gibt es keine andere Möglichkeit, als es als Faktum zur Kenntnis nehmen zu müssen, findest Du nicht?
Womit sich die einzig relevante Frage zwingend stellt: was bin ich? Verbunden mit der sachlichen Feststellung: wieso scheint dann diese Frage offensichtlich noch immer nicht beantwortet zu sein? Oder ist sie es vielleicht ohnehin schon?
Insoweit, dass es sich bei „ICH“ nur um einen Begriff handelt,
sind wir uns einig, aber das Problem ist, dass kein reeller
Bezug vorhanden ist. Wenn Du sagst „Ich Will…“, was ist
dann dieses „Ich“ was da will?
Eben. Du bist ja jetzt selber aus völlig logisch denkenden Gründen genau dort angelangt.
Dein Körper? Dein Gehirn?
Diese bekannten Erklärungsversuche (aus den Theorien) können deshalb nicht stimmen, weil es sich dabei um nachweislich sich verändernde Aspekte handelt. Daher kann „ich“ nur etwas sein, was zwar temporär mit diesen körperlichen Gegebenheiten in Verbindung steht, aber nicht ursächlich daraus hervor gehen kann.
(gehört der Körper dann also nicht zu „Ich“?) Körper + Gehirn
(wie berücksichtigst Du, dass der Willen aber doch
offensichtlich im Gehirn entsteht?).
Wie eben gesagt, diese Theorie kann so nicht stimmen.
Gehirn+Körper+ Umwelt
(dies würde ein Ökologe so sehen, dann wäre in letzter
Konsequenz das ganze Universum „ICH“)
Sensationelle Logik. Weil wir derzeit aber noch bei der grundsätzlichen Begriffsproblematik stecken und diese noch zu große Schwierigkeiten macht, wirst Du mir verzeihen, daß ich darauf derzeit noch nicht eingehen kann.
Einige östliche Philosophien weisen auf dieses Fehlen einer
Realität hinter solchen Begriffen hin. Im Zen wird z.b.
folgende Geschichte erzählt:
Ein Schüler kommt zu dem Zen-Meister Bodhidharma:
"My mind has no peace as yet. I beg you, Master, please pacify
my mind!
„Bring you mind here and I will pacify it for you,“ replied
Bodhidharma.
(Sinngemäß: „Mein Geist hat noch keinen Frieden gefunden.
Meister, ich bitte euch, befriede meinen Geist“. „Bring deinen
Geist her zu mir und ich will ihn für Dich befrieden.“)
Worauf der fragende Schüler nichts zu sagen wußte 
Vereinfacht vergleichbar ist diese Situation mit einem Schüler, der noch nicht Mathematik kennt und einen Mathematiker fragt, wie denn Integralrechnen geht.
Der Mathematiker wird ihm eine vergleichbar weiter führende Antwort gegeben haben. Im Prinzip: natürlich kann ich dir das erklären, aber vorher mußt du selber etwas tun und das, was du dafür tun mußt, bringe ich dir gerne bei.
Und irgend wann hat dann auch der Schüler Integralrechnen gekonnt, ist dabei aber noch immer er („ich“, auf sich selber bezogen) gewesen.
Die Dinge sind im Grunde nicht so kompliziert, sie scheinen nur zu mühsam bzw. kompliziert zu sein. Was man auch zu akzeptieren hat.
Danke nochmals,
Grüße
Gert
P.s.: Wenn ich gesagt habe, ich könnte „ich“ nicht erklären, heißt das nicht, daß ich es nicht wüßte. Erklären sollen das die, die das auch können.