Der Islam ist auch nicht erkenntnisfeindlicher als es das
Christentum war.
Freilich ist er das. Der Koran ist für Mohammedaner das endverbindlich letzte Wort ihres Gottes „Allah“ zur allumfassenden Regelung sämtlicher diesseitiger Lebensumstände. Jegliche neu gewonnene Erkenntnis ist insofern überflüssig, denn wäre sie wichtig, hätte sie bereits im Koran gestanden. Verkörpert wird diese Haltung schon vom Kalifen Umar ibn al-Chattab, der nach der Eroberung Alexandrias 642 die Vernichtung der dortigen Bibliothek befohlen haben soll: „Bücher, deren Inhalt mit dem Koran übereinstimmen, werden nicht benötigt, diejenigen, die dem Koran widersprechen, werden nicht gewünscht. Zerstört sie also.“
Man sollte sich schon fragen, wo wir heute sein könnten, wenn
uns die katholische Kirche nicht ein paar Jahrhunderte
zurückgeworfen hätte.
Nun ja, zurückgeworfen worauf? Die christliche Kirche konnte
sich in Europa nur deswegen etablieren, weil es dort im
Gefolge der Völkerwanderung schon längst keine polytheistische
römische Zivilisation mehr gab.
Was hat das mit der vorsätzlichen Verhinderung von Forschung
und der Unterdrückung des Wissens von Seiten der katholischen
Kirche zu tun? Oder wie war das mit Kepler? Giordano Bruno?
Galilei?
Der springende Punkt ist, dass nirgends in der neutestamentlichen Überlieferung Erkenntnisgewinn verboten ist, er wird im Gegenteil geradezu gefordert. Zwar primär spirituell, aber eben auch über das Wesen der irdischen Welt. Nicht ganz zufällig gilt der den Tieren zugewandte Franz von Assisi den katholischen Gläubigen als einer ihrer größten Heiligen.
Die (zeitweilige) Verfolgung neuer Ideen über den Aufbau der Welt hat nichts mit dem Christentum zu tun, sondern sehr viel mit der Angst der amtskirchlichen Würdenträger vor neuen Ideen (Protestantismus!) und eigenem Autoritätsverlust.
Da bin ich auch sicher. Die Idee, dass sich die humanistischen
Werte nach denen wir heute leben ausgerechnet auf eine
faschistische Ideologie wie dem Christentum zurückführen
lassen ist natürlich lächerlich. Vermutlich wären wir ohne
Religion schon vor ein paar hundert Jahren bei den
Menschenrechten und der Demokratie angekommen.
Du bist in einem grundsätzlichen Irrtum
1.über den Ideologiebegriff und
2. über das Wesen des Faschismus
gefangen:
- Eine Ideologie beschreibt die Welt nicht von der Realität ausgehend, sondern von einer bestimmten utopischen Vorstellung ausgehend. Deswegen gibt es auch keine konservative Ideologie, weil Konservative (im Gegensatz zu Sozis, Ökofundamentalisten, Mohammedanern, Nazis und Neoliberalen) durchweg Realisten sind, da sie nämlich gedanklich ausschließlich in der Welt der von ihnen durch Beobachtung erkannten Gegebenheiten leben - und nicht in Utopia.
So ist sich das Christentum - und mit ihm seine Gläubigen - durchaus darüber im klaren, dass der Mensch fehlerhaft ist, zügellos, egoistisch, fern vom göttlichen Ideal. Und jeder Christ weiß, dass es darum einer täglichen Anstrengung im Glauben bedarf, damit der Mensch nicht des Menschen Wolf werde und die Zivilisation nicht zusammenbreche.
Daher ist das Christentum auch keine Ideologie. Es lebt vielmehr bewusst mit dem, was nun einmal unabänderlich ist.
Im Islam dagegen genügt es, sich idealerweise mit ein paar Ungläubigen in die Luft zu sprengen, um ins Paradies einzuziehen. (Das ist auch der einzige sichere Weg, ansonsten ist der Islam nämlich eine prädestinative Religion - „inschallah“.) Darüber hinaus hat er einen sehr diesseitigen Alleinherrschaftsanspruch, alle weltlichen Dinge regelnd. Wo der Islam herrscht, braucht es darum idealerweise keinen irdischen Herrscher, keinen Staat und keinen Richter mehr.
Das macht ihn zu einer Ideologie. Und Mohammedaner rechtsstaats- und demokratieunfähig. Oder kennst du eine moslemische rechtsstaatliche Demokratie?
- Faschismus fehlt in der obigen (abschließenden) Aufzählung von Ideologien, da er gar keine Ideologie ist, sondern eine Methode, nämlich eine der gewaltsamen Durchsetzung eigener ideologischer Ziele gegen Andersdenkende - und als Methode findet man ihn bei Kommunisten so gut wie bei Nationalsozialisten, bei Atomkraftgegnern wie bei Linksautonomen, bei Moscheepredigern wie bei Pinochets und Francos Wirtschaftsliberalismus. Faschismus ist bei jeglicher vorherrschenden Ideologie die zwangsläufige Endstufe, da die Realität nun mal nichts mit Utopia zu tun hat und der Mensch, wie er tatsächlich ist, nichts mit dem Menschenbild der Ideologen. Also wird an ihm herumerzogen, bis er zerbricht und die Realität wird propagandistisch uminterpretiert, bis sie passt.
Erst die zunehmende Überwindung der Religion in Europa hat den
extremen Anstieg im Lebensstandard in Europa und die Welt in
der wir leben möglich gemacht. Nicht umsonst sind
Lebensstandard und Religiosität weltweit umgekehrt
proportional zueinander (interessanterweise mit der Ausnahme
Polens).
Die zunehmende Entchristlichung Europas geht zum einen einher
- mit einem zunehmenden Verlust an christlich tradierten Vorstellungen von „gut und richtig und moralisch“, die in den allgemeingesellschaftlichen Wertekanon übergegangen sind und diesen Wohlstand geschaffen haben, und zum anderen
- mit einer zunehmenden Überflutung durch außereuropäische Sozialfälle.
Man darf daher gespannt sein, wie es in Europa in den nächsten Jahren weiter geht mit dem „extremen Anstieg des Lebenstandards“. Wir werden aber Ideologen wie dich finden, die uns erklären, dass alles in Butter ist und wir Eigentümer des Kontinents das auszuhalten haben, und zwar freudig.
s.