Extraabgabe auf Paketversand

Hallo,

wenn Einzelhändler Läden in innerstädtischen Fußgängerzonen mieten wo die Mieten extrem teuer sind und sie das auf die Preise aufschlagen müssen - wieso wundern sie sich dann, dass die Kunden lieber online bestellen oder in Läden außerhalb der Innenstädte einkaufen, wo man dazu noch leichter parken kann?

Dass man nicht nur im Internet mit Warenhandel verdienen kann zeigt z. B. eine niederländische Warenhauskette die mit günstigen Produkten in kleinen Filialen (weit außerhalb der Fußgängerzonen gelegen) immer weiter in andere EU-Länder expandiert.

Wieso will die Politik nun mit Strafabgaben für den Onlineversand das völlig veraltete und wirtschaftlich unsinnige Geschäftsmodell der Innenstadtläden retten?

Gruß
Desperado

will sie das überhaupt?
oder nur einnahmen generieren, um den immens zunehmenden ausgaben etwas entgegen zu setzen?

pasquino

Na, wer wird denn unseren Politikern Lügen unterstellen? :slight_smile:

Hallo,

Du solltest vielleicht etwas genauer fragen „wieso wollen die 2 Mitglieder der CDU/CSU Bundestagsfraktion, der stellvertretende Vorsitzende Andreas Jung und der kommunalpolitische Sprecher Christian Haase“.

Diese zwei beiden Heinis sind noch nicht die gesamte Politik.

Hier mal ein Link zum Bericht in der Presse:

weil:

Jung und Haase begründen die angeregte Abgabe, für die sie keine konkreten Zahlen nennen, mit der „Schieflage gegenüber dem stationären Einzelhandel“, die dadurch beseitigt werden könne. Die Händler mit den Ladengeschäften in den Straßen trügen schon heute mit ihren Steuern erheblich zum Gemeindehaushalt bei. Das eingenommene Geld wollen die beiden CDU-Politiker „in vollem Umfang zur Stärkung eines vielfältigen Einzelhandels in lebendigen Innenstädten“ einsetzen.

Ist Dir noch nicht aufgefallen, dass das festhalten am Gestrigen, am Bekannten, am Gewohnten eine typische deutsche Haltung ist. Dieses Forum ist ein guter Spiegel für diesen Erkenntnisgewinn: seien es die automatisierten Kassen, die Kassiererinnen einsparen, sei es der vermeintlich grüne Strom, der der armen, hochsubventionierten Atomkraft den Garaus macht, sei es die batteriegetriebene Elektrombilität, die den armen Verbrennungsmotor den Garaus macht, mit dem wir 100 Jahre lang gut Geld verdient haben, sei es die grüne Erneuerung der Gesellschaft, die von heute jungen Menschen gefordert wird, sei es der Verlust des Deutschen Königshauses, sei es die Ansiedlung Teslas bei Berlin, der Abriss des Palastes der Republik, um eine Schlossatrappe zu errichten, sei es das Festhaltenwollen am Innenstadtflughafen Tegel … (ich könnte sicher noch Hunderte Beispiele aufzählen)

Immer wenn sich etwas ändert, finden sich Einzelpersonen und Gruppen, die den Status Quo erhalten wollen. Das würde aus meiner Sicht in letzter Konsequenz aber bedeuten, dass wir noch heute in der Savanne von Afrika leben würden.

Dass der Handelsverband Deutschland (HDE) das für Unsinn hält, spricht Bände. Statt dessen fordert er, dass es stärkere Kontrollen geben solle, damit auch Produkte aus Fernost sich an Vorgaben der Produktsicherheit und an Steuervorgaben halten würden.

Aus dieser Stellungnahme lässt sich ein zweiter Grund für diese Forderung erkennen: Politiker sind aus meiner Sicht maximal durchschnittlich intelligente Menschen. Sie sind auch nicht besonders arbeitswillig. Anders kann ich mir nicht erklären, warum sie so oft nur die scheinbar einfachen Wege gehen, statt die nach rationaler Überlegung oft gesellschaftlich besseren. (Natürlich bin ich mir bewusst, dass das eine starke Vereinfachung ist und von mir ganz viel, ganz ungerecht über einen Kamm geschoren wird.) Nur all zu oft ist die Tagespolitik dadurch gekennzeichnet, dass sich Egomanen mit neuen Vorschlägen hervor tun, anstatt sich für die Durchsetzung der geltenden Regeln einzusetzen. Letzteres macht aus meiner Sicht viel mehr Arbeit und verschafft einem keinen Platz in einer Presse-Meldung.

Grüße
Pierre

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Warum fällt mir bei „neuen“ Ideen immer wieder das hier ein:
Hanlon’s Razor – Wikipedia

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Hallo Pierre,

ich würde gar nicht von neu versus alt sprechen. Das Versandhaus Quelle gab es schon vor fast 100 Jahren… es hat im Prinzip nichts anderes gemacht als die heutigen Versandhändler - eben mit Katalogen anstatt über das Internet.

Es gab auch schon immer Geschäfte (wie Discounter), die eben einen Standort außerhalb der teueren Lagen gewählt haben, sich dazu Kosten für Fachverkäufer, aufwendige Deko usw. gespart haben und deshalb günstige Preise bieten konnten.

Dass sich hochpreisige Läden in Innenstädten halten können ist m. E. nur darauf zurückzuführen, dass viele Kunden nicht sehr ökonomisch denken. Dass sich das langsam ändert und Konsumenten auf das Preis-Leistungs-Verhältnis achten ist für mich ein gutes Zeichen. Andere Bereiche wie Autohäuser mit riesigen Showrooms und unzähligen Verkäufern im Anzug werden hoffentlich auch bald der Vergangenheit angehören.

Arbeitskräfte werden in wichtigen Bereichen wie der Pflege gebraucht - nicht als Verkäufer um Kunden ein Produkt aufzuschwatzen.

Passt.

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Ich glaube, Quelle und Otto (Quelle ist übrigens nur noch ein Name im Besitz von Otto Wiki) sind die „Feinde“, auf die der Vorschlag primär abzielt. Man dürfte eher Amazon und Ebay im Auge haben, die ja gefühlt alles verkaufen bzw. eine Plattform für Verkäufer darstellen.

Dass es viele erfolgreiche Sparten-Online in Deutschland gibt, die aus einem Einzelhandelsgeschäft hervor gegangen sind und derzeit eine recht gute Melange aus beidem betreiben, scheint untergegangen zu sein.

Aber selbst da hat man doch Proteste gehört. Mit dem Gelände vor der Kleinstadt für Discounter für Lebensmittel, Schuhe, Getränke und Klamotten sterben die Innenstädte.

Aus meiner Beobachtung schauen zu viele Menschen nur auf den Preis und nicht auf ein umfassendes Verhältnis von Preis und (aller) Leistung(en).

Aber manchmal ist es auch einfach die Verfügbarkeit. Letzte Woche wollte ich Spielzeug kaufen (elektronische Luxus-Geräte, die mir mein Leben spaßiger machen). Ich habe einen ganzen Abend damit verbracht, einen Händler in Berlin zu finden, der diese Produkte am Lager hat, um sie in den nächsten Tagen zu erwerben. Letzten Endes habe ich beim Amerikaner bestellt, weil nur hier ein Erwerb noch in diesem Jahr möglich ist. Vor Jahren wurde mir schon mal von irgendjemandem der Satz an den Kopf geknallt „wie viele Deo-Marken brauchst Du denn im Angebot eines Discounters?!“ Damals gibt es um die Konzentration des Marktes auf 3 Drogerien und 5 Lebensmittelhändler. Keiner von denen hat mein Lieblingsdeo im Programm. Solche Ketten treffen ihre Einkaufsentscheidungen unter Umständen nicht nur mit Blick auf ein möglichst umfangreiches und abwechslungsreiches Angebot, sondern nur oft genug mit Blick auf die Marge. Da fallen auch schon mal Riesen wie Mars aus dem Angebot.

Tesla geht ja schon diesen Weg: Kauf im Internet, Übergabe in einer großen Lagerhalle. Aber noch ist für offenbar genügend Menschen der Autokauf ein Erlebnis, dass eine entsprechende Atmosphäre braucht.

Dieser Satz ist recht populistisch, kann zu Diskussionen führen („Du kannst eine Verkäuferin nicht eben schnell zur Pflegerin umschulen“), aber ich stimme Dir zu. Die Geschichte der Menschheit zeigt, dass es viele, viele Berufe gibt, die heute praktisch ausgestorben sind. Mein Urgroßvater war „Former“. Wer weiß heute noch, was seine Arbeitsaufgabe war? Wie viele Stellmacher gibt es heute noch? Müller war einstmals der häufigste Beruf, anders lässt sich kaum die Häufigkeit des Namens erklären - wer kennt aber heute noch jemanden mit diesem Beruf persönlich? Ich mache an der Stelle mit den Beispielen Schluss. Jeder dürfte verstanden haben, was ich meine.

Grüße
Pierre

in großstädten findet brutalste gentrifizierung statt, diese kunden müssen nicht ökonomisch denken. alles alteingesessene wird ausradiert.

in kleineren orten -wir sind vor einer woche ca. 100km quer übers land gefahren - bauen supermärkte wie rewe oder edeka am ortsrand auf der grünen wiese ihren markt (und häufig noch eine drogerie dazu), die kleinen geschäfte im ortskern machen alle dicht. die wenigen landgasthäuser und wirtsstuben jetzt auch, dafür ist die politik verantwortlich.

pasquino

um das mal aufzunehmen: 70-80% der pflege findet zuhause statt. dieses personal kostet nicht einmal was. da kommt auch kein handelspersonal zum zug.

Der häufigste Beruf war Bauer. Der war so häufig, daß es meistens nicht reichte, jemanden als Bauer zu bezeichnen um ihn eindeutig zu identifizieren. Bauern gab es mehrere am Ort. Es hätte also nichts genutzt zu sagen: Das Ding gehört dem Bauern, oder ich bin der Sohn des Bauern etc. Beim Müller war das möglich, denn da gab es nur einen im Ort.

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Da hast Du natürlich Recht. Danke für die Korrektur und Ergänzung.

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Ich lebe auf dem Land und kann nur für meinen und die Orte in der Umgebung sprechen. Für Ortsfremde mag es so aussehen, als hätten in meiner Heimatstadt die Supermärkte auf der grünen Wiese neu gebaut - ok, das letztere haben sie zum Teil. Aber warum? Weil es in der Innenstadt einfach keine Möglichkeiten zur Expansion gibt oder die Gebäude dermaßen renovierungsbedürftig sind, dass ein Abriss sinnvoller wäre. Das, was früher eine Supermarktkette nutzte, ist jetzt ein Tapetengeschäft, das auch platzmäßig an die Grenzen kommt. Dazu ist der kaum vorhandene Nahverkehr in der Nähe des Bahnhofs besser, als in der Innenstadt…
Die beschriebene Bahnhofsnähe war vorher eine Industriebrache, nicht weit von der Innenstadt entfernt, aber halt nicht ‚die‘ Innenstadt.

Der größte Supermarket am Ort ist übrigens seit immer (also soweit ich mich erinnere, das sind fast 40 Jahre) außerhalb des Ortes in einer ehemaligen Handtuchfabrik. Seit der großen Renovierung sieht der aus, wie neu gebaut.

Das sehe ich zwiegespalten. Kleine, inhabergeführte Geschäfte, die sich auch für ihre Kunden interessieren, haben hier seit Jahren Bestand und auch einen festen Kundenstamm. Die ‚Hamma nich, bestelln wa auch nich‘ Fraktion hingegen hält sich nicht lange. Ich kaufe gerne z. B. Schuhe vor Ort, wenn ich aber in meiner Schuhgröße genau 1 Paar vorfinde, habe ich ein Problem. Wenn mir dann noch gesagt wird, dass 41 1/2 für eine Frau zu groß sind und man ganz bestimmt keine Pumps auf Verdacht bestellt, was soll ich machen?
Meinen Sportschuhhändler hingegen brauche ich nur anzurufen, der kennt meinen Namen, das bevorzugte Modell und hat das 2 Tage später da.

Und ich habe meist eh keinen Nerv, ein bis zwei Stunden in die nächste größere Stadt zu fahren, meist mit Stau, und dort auf Verdacht an den immer gleichen Ladenketten vorbeizulaufen.

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Äh, nö. Dafür sind die verantwortlich, die die Läden bauen und die, die darin einkaufen. Niemand sonst.

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Und sowas wie Stadtentwicklung, Gewerbeförderung, Flächennutzungspläne, Baugenehmigungen machen die auch.

Moin,

Der hätte dir aber vorher erklären können, wie viele Ladezyklen die Akkus moderner E-Scooter haben und was man sonst noch beachten sollte.

-Luno

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Nö.

„Hochpreisig“ sind auch die Geschäfte, wo man Schuhe kaufen kann, die sich länger als drei Monate (bis der nächste „Trend“ befohlen ist) tragen lassen, die, in denen man Küchenausstattung bekommt, die viele Jahre lang das tut, was man von ihr erwartet, Matratzen, die nicht bloß auf dem Foto hübsch aussehen und mit schönen „Bewertungen“ garniert sind, sondern ihrer Funktion gerecht werden, und Handwerksbedarf, der seinem Zweck näher kommt als der Pofel aus dem „Baumarkt“ oder von irgendwelchen Online-Schwindlern incl. Jeff Bezos (jetzt einige Beispiele, es gibt noch viel mehr). Ökonomisches Denken würde die Verbraucher mehrheitlich genau in diese Geschäfte führen. So groß ist bei denen der Anteil nämlich nicht, der dem billigsten Krempel nachrennt, weil er dem (ökonomisch begründbaren) Grundsatz „Liquidität geht vor Renabilität“ folgt - in der Regel hätten die Billigheimer durchaus auch die Mittel für „rentablen“ Konsum, und ihr Konsumverhalten ist bloß unökonomischem, irrationalem Verhalten geschuldet.

Wenn allerdings einmal die Hauptachse einer Innenstadt nur noch mit dem Verbrennen schöner Marken von Esprit über Douglas bis Boah-Ey und Endkrass XXXXXXL Megalaifschdailschdor beheizt wird und keinen kompetenten Fachhandel mehr beherbergt, dauert es nicht lange, bis Deichmann da ist.

Und ein paar Jahre oder im besten Fall Jahrzehnte später macht halt der Letzte das Licht aus.

Übrigens: Dazu, dass

gehören immer zwei - auch ein Doller, der das mit sich machen lässt. Wo solche Verkäufer am Werk sind, gehe ich ganz schlicht nicht rein, es ist besser für beide Seiten. Ich erinnere mich mit Vergnügen an Schmidt Electronic in Mainz, wo man schon mal gefragt wurde, was man denn eigentlich mit dem Material machen möchte, und dann erstmal erklärt kriegte, dass sich nur ein Vollidiot so eine Konstruktion ausdenken könnte usw. - und dann nahm Günter Schmidt immer noch ein bissi weiter maulend eine Leiter und holte ganz hinten links oben das Teil aus dem Regal, das man haben wollte. Ungefähr das Gegenteil von „Aufschwatzen“, aber in seiner Funktion war (und ist vermutlich auch noch unter jetziger Leitung) das Geschäft einfach viel besser als Conrad.

Moral: Alles über einen Kamm führt selten zu was anderem als Allgemeinplätzen.

Schöne Grüße

MM

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OK, fangen wir an:
a) LEH mit Drogeriemarkt „auf der grünen Wiese“
b) kleine Geschäfte machen zu
c) Landgasthäuser und Wirtsstuben machen zu

Fangen wir mit c) an: was hat die Politik damit zu tun, wenn die Leute nicht mehr da essen gehen, wo die letzten acht Generationen essen gingen? Nichts. Es liegt daran, daß die Menschen etwas anderes essen wollen oder sich Lieferdienste Marktanteile erkämpfen. Es ist Sache der Anbieter, sich der Nachfrage anzupassen oder sie zu lenken. Die Politik kann nichts dafür.

b)
Daß Ernas Nähladen, Simones Klamotten für Übergrößen oder Willis Werkzeugladen sich nicht mehr halten, hat nichts damit zu tun, daß vor der Stadt im Gewerbegebiet ein Lebensmitteleinzelhandel nebst Drogerie aufmacht. Es hat mit veränderten Ansprüchen, mit veränderten Kostenstrukturen und mit dem Internet zu tun, dank dessen sich jeder beim billigsten Anbieter einen Hammer für 2 Euro, 16 Oberteile in acht Größen und zwei Farben oder ein komplettes Nähpaket nebst Nähmaschine für 28,99 Euro inkl. kostenfreier Lieferung bestellen kann, während Erna, Simone und Willi aufgrund der Lagerkosten und der geringen Besucherfrequenz eine viel geringere Auswahl haben (müssen) als jeder online-Shop. Auch hier ist die Politik völlig unschuldig.

Davon auszugehen, daß Rewe und Edeka vor den Toren der Stadt einen Tante Emma-Laden in der Innenstadt gekillt haben, ist ebenso abwegig, weil es die kleinen Drogerie und Tante Emma-Läden schon seit 35, 40 Jahren praktisch nicht mehr gibt und selbst die großen Ketten Mühe haben, kleinere Ladenlokale (und damit meine ich kleiner als 1000 Quadratmeter) rentabel zu betreiben. Und auch dafür kann die Politik nichts. Daran ist die Nachkriegsgeneration schuld, die in ihrer Not für zwei Pfennig Preisersparnis bei einem Paket Butter 5 Kilometer zu Fuß gelaufen ist und mit dieser totalen Fixierung auf den Preis dafür gesorgt hat, daß die Lebensmittelpreise in Deutschland (in Kaufkraftgemessen) so niedrig sind wie in kaum einem anderen Land der Welt. Auch hier: keine Schuld der Politik.

Und nun kommen wir zu c):
Siehe oben: der kleine Lebensmitteleinzelhandel und und die kleine Drogerie sind in den 80ern verstorben. Der große neue REWE ersetzt den kleinen REWE oder ergänzt ihn. Weil sich die Ansprüche geändert haben. Kleine Flächen rentieren sich nicht mehr. Seit etwa 20 Jahren nimmt die Zahl der Kunden zu, die wissen, daß es nicht nur Steak gibt, sondern zehn verschiedene Zuschnitte und daß das Fleisch von verschiedenen Rinderrassen aus verschiedenen Ländern unterschiedlich schmeckt. Die Kunden haben gelernt, daß es nicht nur Alpia und Milka mit einem homöopathischen Gehalt von Billigkakao gibt, sondern zig Marken mit hunderten von Geschmacksrichtungen aus einer Handvoll von Kakaosorten. Der Kunde will nicht nur Ketchup und Senf, sondern Harissa, Tahina, Wasabi, Feigensenf, zehn verschiedene Ketchup-Sorten und 15 verschiedene BBQ-Saucen. H-Milch und Frischmilch reichen auch nicht, sondern es wird Hafer- und Mandelmilch verlangt, laktosefreie Milch und natürlich das ganze noch in Bioqualität und von freilaufenden Rindern in Argentinien. Unter 50 Biersorten kommt keiner mehr klar und mindestens die gleiche Anzahl handcraftet Bio-Limonaden. Es gibt REWE- und EDEKA-Märkte, bei denen schon die Obst-/Gemüse-Abteilung größer ist als der Stadtteilversorger von Spar, mit dem ich aufgewachsen bin und der seit 30 Jahren ein Fitnessstudio ist.

Die LEH-Märkte in den Innenstädten überleben entweder auf ähnlich großen Flächen oder als Versorger im Wohngebiet mit Standardsortiment und überlangen Öffnungszeiten, damit sich Mutti nachts um halb elf noch ihre Haarkur und Papa Bier und Chips kaufen kann.

Natürlich kann die Politik bzw. die Verwaltung die Gewerbeimmobilien einfach nicht genehmigen, aber das hilft den Innenstädten nicht. Natürlich kann man in den großen Städten neue Flächen auf alten Industriebrachen erschließen, in die dann der Einzelhandel auf größere Flächen umziehen kann und das wird auch in großem Stil gemacht. Und - schwupps! - verschwindet der kleine Aldi an der Ecke ohne Parkplatz und zieht in ein dreimal so großes Ladenlokal in der neuen Arkade um.

Aber in vielen kleineren Siedlungen gibt es die Flächen halt nicht und dann lautet die Frage nicht „REWE vor den Toren der Stadt oder Barbara-Dorita’s Schnitzelmanufaktur auf der Dorfstraße“, sondern „REWE vor den Toren der Stadt oder gar kein LEH mehr im Dorf“.

Kurz gesagt: das Einkaufsverhalten der Menschen hat sich geändert und dem passen sich die Anbieter an. Nicht anders herum. Natürlich laufen Menschen, die im CentrO oder in den Düsseldorf Arcaden bummeln gehen, in dem Moment nicht über die Kö oder durch die Oberhausener Innenstadt, aber wer die Sache ein bißchen beobachtet hat, konnte erkennen, daß sich die Innenstädte schon vorher begonnen hatten, sich zu verändern und zwar ab Anfang/Mitte der 90er, als die ersten Billigläden und Expressbäckereien aufkamen mit einer zunehmenden Beschleunigung ab - wie erwähnt - etwa 2000. Das war dann die Zeit, in der namhafte Ketten im oberen und mittleren Preissegment insbesondere im Bekleidungs- und Kaufhaussegment ihr Filialnetz ausdünnten, was sie wiederum nicht machten, weil sie großen Spaß daran hatten, sondern weil die Nachfrage nachließ.

Aber an einer Stelle kann man natürlich der Politik einen Vorwurf machen, nämlich daß sie den mit dem Kfz anreisenden Einkaufstouristen das Leben wenn nicht schwerer so doch zumindest nicht leichter gemacht haben und erstaunlicherweise kaum jemand Bock hat, mit Sack, Pack und Einkäufen in überfüllten Bussen und Bahnen 30 Minuten zum außerhalb liegenden Park+Shop-Platz zu gurken. Den Vorwurf fände ich aber wenig zeitgemäß.

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Noch ein Wort zu den Drogerien: erinnert sich noch jemand an die kleinen, engen schäbigen Schlecker-Märkte? Die haben 2012 nicht schließen müssen, weil sie ihre Mitarbeiter schäbig behandelt haben, sondern weil sich die Zeiten geändert hatten und dm, Rossmann & Co. gezeigt haben, daß Drogerie auch schick, übersichtlich, großzügig und freundlich geht. Auch in den Innenstädten.

Früher gab es in meiner Heimatstadt diverse kleine Sparmärkte und Drogerien. Alle zu. Nicht, weil die Konkurrenz draußen vor der großen Stadt neue Läden aufgemacht hat, sondern weil die Betreiber selber größere Flächen bezogen - aber eben nicht mehr dezentral in den Stadtteilen, sondern im Einkaufszentrum in der Stadtmitte. Vor 35 Jahren noch undenkbar, zehn Jahre später logischer Konsequenz, weil nämlich zwei Autos in einem Haushalt die Ausnahme waren, heute aber die Regel sind. Früher latschte die Hausfrau dreimal die Woche in den Spar- oder Drogeriemarkt im Stadtteilzentrum, heute fährt das teilzeitarbeitende Familienmitglied mal eben mit Zweitwagen und -kind zum Einkaufen ins Einkaufszentrum.

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Das hätte man auch einfach ins Prospekt oder zumindest auf die Packung schreiben können. Das ist eine der wichtigsten Produktinformationen und wird einfach weggelassen.

Dazu hätten Sie netterweise erwähnen sollen, dass der Lenker nach ein paar Wochen wackelt weil die Schrauben nicht selbstsichernd sind.

Und wieso müssen die Fachhändler mit kompetenten Fachverkäufern und hochqualitativer Ware ausgerechnet dort sein, wo die Mieten das zigfache als in anderen Gegenden kosten?

Ich kaufe auch Qualität - wenn ich weiß, dass es wirklich Qualität ist. Bei Waschmaschinen habe ich z.B. eine bevorzugte Marke, weil ich nur positive Dinge über die Haltbarkeit gehört habe - aber wie finde ich etwas über die Dauerhaltbarkeit von anderen Produkten heraus? Meist gar nicht, oder nur durch unvertretbaren Aufwand.