Hallöchen,
In so einem Zeitraum kann man
Gehirnchirurg, Astronaut, Pfarrer oder aber Oberlagerist
werden.Ich denke, du breitest hier einen modernen Aberglauben aus,
der gerne von Wirtschaftsliberalen kolportiert wird,
ich bin durchaus in der Lage, mir meine eigene Meinung zu bilden.
Wir leben in einer Marktwirtschaft in der es auf dem
Arbeitsmarkt einen starken Wettbewerb gibt. In diesen
Wettbewerb gehen viele Faktoren ein. Effektive
Leistungsfähigkeit und Kenntnisse spielen dabei eine deutlich
geringere Rolle, als die Kunst der Darstellung, Herkunft oder
Connections.
Also sind die deutschen Unternehmen voll von Leuten, die ihre Arbeitsplätze nur aufgrund ihrer Beziehungen und guter Selbstdarstellung bekommen habe? Ich will gar nicht mal leugnen, daß diese Inzucht in den Managementebenen stattfindet, aber doch bitte nicht auf dem Niveau des „normalen“ Mitarbeiters. Wer die Erwartungen nicht erfüllt, fliegt wieder raus oder bekommt eine Position, in der er keinen Schaden anrichten kann. Dann ist die Stelle wieder frei und wird neu besetzt und zwar durch jemanden, der dafür auch qualifiziert ist. Schließlich sind auch Unternehmer, die mal ein BeKi, KuKi oder MiKi einstellen, keine Hazardeure, die sich ihren wirtschaftlichen Erfolg durch solche Albernheiten nehmen lassen.
Auch ich glaubte dereinst an die Leistungsgesellschaft. Aber
die persönliche Sicht auf die Arbeitswelt und immer neue
Berichte in den Medien überzeugten mich mittlerweile, dass
eben nicht jeder alles schaffen kann.
Es geht nicht darum, alles schaffen zu können, aber wenigstens etwas schaffen zu wollen und das auch umzusetzen. 15 Jahre Arbeitslosigkeit kann man nicht auf irgendein System oder gar auf ein Ereignis schieben, das fünf bis zehn Jahre davor in einem ganz anderen System stattgefunden hat.
Wer in seinem Beruf so gut ist, daß er es unter normalen Umständen auf die Meisterschule geschafft hätte, kann nicht unfähig sein, irgendeinen anderen Beruf auszuüben oder zu erlernen.
Letzten Endes ist Dein Bild von den Menschen viel menschenverachtender als das, das Du unserem Wirtschaftsystem unterstellst, denn Du sprichst Menschen die Fähigkeit ab, sich in vielen Jahren so zu qualifizieren, daß es für eine berufliche Tätigkeit reicht.
Natürlich wirst Du mir wieder erklären, daß sie es könnten, aber am Arbeitsmarkt niemals nicht akzeptiert werden würden. Das ist aber eine in sich unschlüssige Argumentation, denn wenn Du davon ausgehst, daß unsere Gesellschaft nur auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist, mußt Du auch davon ausgehen, daß sich Arbeitgeber gute und qualifizierte Mitarbeiter nicht nur aus irgendwelchen sekundären Motiven heraus entgehen lassen.
Gruß
Christian