Falsche Denkweise?

Tach auch!

T-online berichtet von einer Studie, derzufolge sich die Ergebnisse mittelständischer Unternehmen im Zuge ihrer Standortverlegungen/erweiterungen in osteuropäische Billiglohnländer nicht mit den ursprünglichen Zielen und Erwartungen decken.

(…)
Enttäuscht wurden die Unternehmen, weil die Kaufkraft in Osteuropa oft nur halb so hoch wie im Durchschnitt der EU ist. Daraus ergäben sich ein kleinerer Absatzmarkt und geringere Umsätze als erwartet.
(…)(laut Emnid)

Habe ich da irgendetwas verpasst, überhört oder gar falsch verstanden???
Im treuen Glauben an die unendliche Weisheit sogenannter Wirtschaftsexperten dachte ich gelehriger Opportunist neuerdings immer, daß die Stärkung der Angebotsseite das zu verfolgende Ziel sei…

Da müssen wir nun aber wirklich schleunigst durch weiteren Lohnverzicht und exorbitante Steuervergünstigungen für die Unternehmen dafür sorgen, daß sich die verlorenen Söhne zurück ins Land holen lassen!

Immerhin wird ja in Deutschland demnächst ein regelrechter Boom ausbrechen…
… oder habe ich da hinsichtlich der Nachfrage/Angebot-Thematik vielleicht schon wieder etwas falsch verstanden??? :wink:

Gruß

Hi,

Enttäuscht wurden die Unternehmen, weil die Kaufkraft in
Osteuropa oft nur halb so hoch wie im Durchschnitt der EU ist.
Daraus ergäben sich ein kleinerer Absatzmarkt und geringere
Umsätze als erwartet.
(…)(laut Emnid)

vielleicht liest Du die nächsten paar Zeilen auch noch:
http://www.manager-magazin.de/unternehmen/mittelstan…

Kritisch gesehen werden zudem die Stabilität der rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen", schreibt BDO. „Fast 80 Prozent der Unternehmen sehen diese Aspekte nur zum Teil oder gar nicht erfüllt.“ Ein ähnliches Bild ergebe sich für die Aspekte Regulierungsdichte, politische Stabilität sowie Qualifikation und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter vor Ort.

Im treuen Glauben an die unendliche Weisheit sogenannter
Wirtschaftsexperten dachte ich gelehriger Opportunist
neuerdings immer, daß die Stärkung der Angebotsseite das zu
verfolgende Ziel sei…

Wo siehst Du den Widerspruch? Die Verlagerung der Produktion ist doch genau die Folge der in Deutschland betriebenen Politik. Nur weil sich das dort produzierte Zeug in Osteuropa nicht absetzen läßt, heißt das doch nicht, daß hier alles im grünen Bereich ist.

Da müssen wir nun aber wirklich schleunigst durch weiteren
Lohnverzicht und exorbitante Steuervergünstigungen für die
Unternehmen dafür sorgen, daß sich die verlorenen Söhne zurück
ins Land holen lassen!

Immerhin wird ja in Deutschland demnächst ein regelrechter
Boom ausbrechen…
… oder habe ich da hinsichtlich der
Nachfrage/Angebot-Thematik vielleicht schon wieder etwas
falsch verstanden??? :wink:

Scheint wohl so.

Gruß,
Christian

Hallo Christian,

vielleicht liest Du die nächsten paar Zeilen auch noch:
http://www.manager-magazin.de/unternehmen/mittelstan…

Die Verlagerung der Produktion
ist doch genau die Folge der in Deutschland betriebenen
Politik.

Sorry, aber wie kommst Du darauf?

Das ist am Thema schlicht vorbeigeredet.
In dem von Thorsten angesprochenen -und von Dir verlinkten- Bericht geht es weniger darum, dass Unternehmen vor den hohen Lohn(neben)kosten in der BRD geflüchtet wären, etc., sondern um die Erschließung neuer Märkte.

Würde es einfach nur um die Verlagerung der Produktion gehen, dann wäre aber die Klage der Unternehmen, dass in Osteuropa die Kaufkraft zu gering sei, absurd, weil ja ein Verlagerung der Produktion nicht an der Kaufkraft des jeweiligen neuen Produktionsstandortes orientiert ist, da ja die Abnehmer der Produkte größtenteils die selben bleiben, nämlich westeuropäische Konsumenten.

Die Erschließung neuer Märkte ist aber etwas ganz anderes und hat mit der „in Deutschland betriebenen Politik“ zwar auch etwas aber nicht so sehr viel zu tun.

Dass es ja auch tatächlich um Expansion dieser Unternehmen, und nicht um bloßen „Standortwechsel“ geht, bringt Dein Link ja auch klar zum Ausdruck:
„'Entscheidende Gründe für ein Engagement in den osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten sind die Erschließung neuer Märkte und die Umsetzung von Expansionsplänen“’

Nur unter diesem Gesichtspunkt ist ja die Betrachtung der „Kaufkraft in Osteuropa“ überhaupt sinnvoll.

Viele Grüße
franz

P.S.: Ich leugne damit nicht die Ratio der Standortverlagerung, und die Lohn(neben)kostenproblematik, aber mit Thorstens Frage bezüglich der Kaufkraft hat sie nicht besonders viel zu tun.

Tach Thorsten!

Enttäuscht wurden die Unternehmen, weil die Kaufkraft in
Osteuropa oft nur halb so hoch wie im Durchschnitt der EU ist.
Daraus ergäben sich ein kleinerer Absatzmarkt und geringere
Umsätze als erwartet.
(…)(laut Emnid)

Das ist doch ein journalistischer Unsinn. Die meisten Unternehmen, die ich so kenne, sind zunächst als „verlängerte Werkbank“ in den Osten gegangen, um natürlich vor allem von dort den Westmarkt zu bedienen. Diese Unternehmen sehen eher die Korruption, die mangelnde Ausbildung der Arbeitskräfte und den Facharbeitermangel inkl. der Qualitäts- und Kostenrisiken dadurch und in letzter Zeit die zum Teil heftigen Lohnerhöhungen als betriebswirtschaftliches Problem.

Wenn Du allerdings jemals in Osteuropa in einer Provinzstadt warst, in der ein Westinvestor einen Standort gegründet oder in die verlagert hat, dann weißt Du, welche Kaufkraftentwicklung sich dort automatisch einstellt. Da entstehen durchaus neue Märkte. Ich beobachte das persönlich seit 1,5 Jahren in Tschechien …

Grüße
Jürgen

Tach auch!

Tach auch Dir!

… oder habe ich da hinsichtlich der
Nachfrage/Angebot-Thematik vielleicht schon wieder etwas
falsch verstanden??? :wink:

ja das hast Du aus meiner Sicht!

Unternehmen werden immer versuchen, möglichst hohe Profite zu machen, was eine Optimierungsaufgabe von GEWINN PRO EINHEIT (was u.a. durch die Produktionskosten bestimmt ist) und MAXIMALEM VERKAUF VON EINHEITEN (was u.a. durch die Kaufkraft der Konsumenten bestimmt ist) ist.

Wenn nun ein Unternehmen daran gebunden ist, seine Produkte in Westeuropa zu verkaufen, weil dort die nötige Kaufkraft vorhanden ist, dann muss es abwägen, ob sich z.B. die durch die Verlagerung der Produktion entstandenen erhöhten Transportkosten „rechnen“.

Wenn es sich „rechnet“ (unter Einbeziehung nicht nur der Transportkosten, sondern auch der evtl. höheren Kosten für Qualitätssicherung, Imageverlusten, höherem Kommunikationsaufwand, etc.), dann gibt es für das Unternehmen keinen Grund, die Produktion nicht zu verlagern.

Wo siehst Du nun aber den Widerspruch zwischen angebots- und nachfrageorientierter Politik?

Beide Orientierungen greifen in das Kalkül der Unternehmen ein, die eine in den Punkt „Gewinn pro Einheit“, die andere in den Punkt „maximaler Verkauf von Einheiten“.

Da diese beiden Punkte Elemente einer Optimierungsproblematik sind, dürfte klar sein, dass auch beide wirtschaftspolitischen Strategien, die Angebotsorientierung wie die Nachfrageorientierung, grundsätzlich wirksam sind, wenn ein Staat versucht die Entscheidung der Unternehmen über den Produktionsstandort zu beeinflußen.

Allerdings gibt es bestimmte Rahmenbedingungen, die dafür sorgen, dass zu bestimmten Zeiten die eine Strategie wirksamer ist als die andere.

Und heute ist es einfach so, dass die Angebotsorientierung zumindest auf kurze Frist wirksamer ist,

  1. weil die Transportkosten sehr gering sind, da wir Osteuropa vor der Haustüre haben,
  2. weil deren Lohnniveau (noch!) deutlich unter unserem liegt,
  3. weil keine staatliche Instrumente wie Einfuhrzölle, etc. angewendet werden, etc.

Wer nun aber diese angebotsorientierte Politik aus welchen Gründen auch immer ablehnt (z.B. aus „sozialen“ Gründen), der sollte nicht einfach behaupten, sie wäre unwirksam, sondern der müsste im Grunde danach streben diejenigen Rahmenbedingungen zu verändern, die dafür sorgen, dass sie im Moment die wirksamere Strategie ist.

Viele Grüße
franz

Hallo Jürgen,

Das ist doch ein journalistischer Unsinn.

Der Artikel vermengt schon Ungleiches, aber erst Thorsten hat den „Unsinn“ hineingebracht und Christian hat ihn auf der einen Seite durch seine Auslassungen zur „deutschen Politik“ verstärkt, auf der anderen Seite aber durch den Link richtig gestellt:

http://www.manager-magazin.de/unternehmen/mittelstan…

Die meisten
Unternehmen, die ich so kenne, sind zunächst als „verlängerte
Werkbank“ in den Osten gegangen, um natürlich vor allem von
dort den Westmarkt zu bedienen.

Richtig, aber die in diesem Artikel angeführte „Kaufkraftproblematik“ bezieht sich auf die Unternehmen, die deshalb in den Osten gegangen sind:
„Entscheidende Gründe für ein Engagement in den osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten sind die Erschließung neuer Märkte und die Umsetzung von Expansionsplänen“

Das hat aber nun freilich (fast) gar nichts mit angebots- oder nachfrageorientierter Politik in Deutschland zu tun, wie Thorsten meint.

Viele Grüße
franz

Hallo Franz,

Und heute ist es einfach so, dass die Angebotsorientierung
zumindest auf kurze Frist wirksamer ist,

  1. weil die Transportkosten sehr gering sind, da wir Osteuropa
    vor der Haustüre haben,
  2. weil deren Lohnniveau (noch!) deutlich unter unserem liegt,
  3. weil keine staatliche Instrumente wie Einfuhrzölle, etc.
    angewendet werden, etc.

ist das wirklich so? In dem Maß, in dem Produktion nach Osteuropa verlagert wird, bricht hier Kaufkraft weg. Mich erinnert das an ein Pyramidenspiel, bei dem nur die Ersten gewinnen können.

Gruß, Rainer

Hallo Rainer,

Und heute ist es einfach so, dass die Angebotsorientierung
zumindest auf kurze Frist wirksamer ist,

  1. weil die Transportkosten sehr gering sind, da wir Osteuropa
    vor der Haustüre haben,
  2. weil deren Lohnniveau (noch!) deutlich unter unserem liegt,
  3. weil keine staatliche Instrumente wie Einfuhrzölle, etc.
    angewendet werden, etc.

ist das wirklich so? In dem Maß, in dem Produktion nach
Osteuropa verlagert wird, bricht hier Kaufkraft weg.

Ja, Dein Einwand ist richtig (wobei bedacht werden muss, dass die „Verleger“ der Produktion in der Regel Westeuropäer sind, und damit die Unternehmergewinne durchaus wieder zurückfließen; deshalb ist die Gleichsetzung „in dem Maß…“ nicht ganz richtig, aber der Tendenz nach selbstverständlich schon)

Deshalb habe ich auch ganz bewusst „zumindest auf kurze Frist“ geschrieben.

Ich sehe für einen Zeitraum von sagen wir mal 15 jahren für nachfrageorientierte Politik wenig Chancen, weil eine deutliche Erhöhung der Kaufkraft durch Lohnerhöhungen es bei weitem nicht schaffen kann, in dem Maße die Produktion der Unternehmen an den Absatzmarkt zu binden, in dem eine dadurch miterzeugte Erhöhung der Produktionskosten die Unternehmen zu billigeren Standorten zieht.

Aus diesem Grund wird ja versucht, die Kaufkraft durch Mittel zu erhöhen, die nicht automatisch mit Erhöhung der Produktionskosten einhergehen:

  • Unternehmer als „vaterlandslose Gesellen“ hinzustellen (also mit Nationalismus)
  • die Nachfrage durch Optimismus-Kampagnen anzuregen (also die Sparquote zu senken)

Aber das sind ja eher hilflose, weil unwirksame, Versuche.

Übrigens hat ja auch Lafontaine, vielleicht der stärkste Vertreter nachfrageorientierter Politik in Deutschland, eingesehen, dass dies ohne Änderung der Rahmenbedingungen nicht funktionieren kann, weshalb er Sozialstandards, Quasi-Zölle, etc. „gegen“ osteuropäische Konkurrenz gefordert hat, damit also auf protektionistisches Instrumentarium zurückgegriffen hat.
(von diesem Instrumentarium steht aber im „Kampf“ gegen die osteuropäische Konkurrenz insbesondere aus Gründen der Osterweiterung der EU nicht viel zur Verfügung, dies wird gegen Südostasien in den nächsten Jahrzehnten vermutlich anders sein)

Viele Grüße
franz

Hi,

Das ist am Thema schlicht vorbeigeredet.
In dem von Thorsten angesprochenen -und von Dir verlinkten-
Bericht geht es weniger darum, dass Unternehmen vor den hohen
Lohn(neben)kosten in der BRD geflüchtet wären, etc., sondern
um die Erschließung neuer Märkte.

in dem Bericht steht das, ja. Komischerweise ist mir in den sieben Jahren, in dem ich im Mittelstandsgeschäft bin, noch kein Mittelständler begegnet, der einen Produktionsstandort im Osten aufgemacht hat, um die lokalen Märkte zu beliefern. Da ging es immer nur darum, arbeitsintensive Produktionen zu verbilligen und den Kram an die gleichen Abnehmer wie bisher zu liefern.

Entweder habe ich also bisher nur die falschen Unternehmen kennengelernt oder aber, man will nur die „richtigen“ Motive in den Vordergrund stellen, um von der Presse nicht wieder ausgepeitscht zu werden.

Gruß,
Christian

Ach kuck an, Jürgen hat das gleiche geschrieben wie ich.

Sowas aber auch.

Ach kuck an, Jürgen hat das gleiche geschrieben wie ich.

Sowas aber auch.

Ohne den Link, also nur in Bezug auf Thorstens Posting, hätte ich das auch geschrieben; durch den Artikel stellt sich das Problem aber anders dar

Ohne den Link, also nur in Bezug auf Thorstens Posting, hätte
ich das auch geschrieben; durch den Artikel stellt sich das
Problem aber anders dar

Nur wenn man davon ausgeht, daß die Begründung für den Ostgang stimmt. Siehe dazu meinen zweiten Artikel.

Gruß,
Christian

Nur wenn man davon ausgeht, daß die Begründung für den Ostgang
stimmt. Siehe dazu meinen zweiten Artikel.

Ja, das stimmt. Der Artikel ist in einem seriösen Umfeld erschienen, da können wir im w-w-w im Moment nichts anderes machen, als ihm zu vertrauen.

Deine Zweifel teile ich aber durchaus.

Soweit, so gut. Gehen wir die Sache noch kurz anders an: Jeder Unternehmer, der bei Verstand ist, macht, bevor er ein Produkt auf einen Markt wirft, eine Marktanalyse. Es kann doch für niemanden überraschend sein, daß das Preisniveau/die Kaufkraft in Osteuropa niedriger ist als in Deutschland. Anders formuliert: Die, die dort investieren, machen dies ja gerade, weil die Löhne bspw. in Polen rd. 10% dessen betragen, was man hier berappen muß. Daß die Leute dann das gleiche Geld zur Verfügung haben, wie die Deutschen, kann man dann nicht erwarten.

Ich weiß, daß ich mich wiederhole, aber ich halte die Motivation, wie sie im Artikel aufgeführt wurde, für irreführend und der aktuellen Stimmung geschuldet.

Ich halte die Quelle im übrigen nicht für unseriös, aber die können auch nur drucken, was ihnen geliefert wird. Na gut, sie könnten selber nachdenken, aber das erwarte ich von Deutschen Journalisten schon länger nicht mehr. So oder so handelt es sich ja um eine „Studie“. Man kann die Ergebnisse veröffentlichen oder das unterlassen. Seriöserweise fummelt man aber als Journalist da eigentlich nicht drin rum.

Gruß,
Christian

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Hallo Franz,

doch noch eine Fortsetzung. :wink: Ich habe nicht den Eindruck, daß Dir meine Kommentare viel bringen werden, mir aber Deine Antworten.

ist das wirklich so? In dem Maß, in dem Produktion nach
Osteuropa verlagert wird, bricht hier Kaufkraft weg.

Ja, Dein Einwand ist richtig (wobei bedacht werden muss, dass
die „Verleger“ der Produktion in der Regel Westeuropäer sind,
und damit die Unternehmergewinne durchaus wieder
zurückfließen; deshalb ist die Gleichsetzung „in dem Maß…“
nicht ganz richtig,

OK, war zu kurz. Aus Sicht der AN ist das aber richtig, denen fehlt die Kaufkraft, wenn sie ihren Job verlieren. Wie das in der Praxis aussieht muß ich ja nicht vertiefen.

aber der Tendenz nach selbstverständlich
schon)

Deshalb habe ich auch ganz bewusst „zumindest auf kurze Frist“
geschrieben.

Ich sehe für einen Zeitraum von sagen wir mal 15 jahren für
nachfrageorientierte Politik wenig Chancen, weil eine
deutliche Erhöhung der Kaufkraft durch Lohnerhöhungen

So global ist das sicher keine Lösung und auch nicht durchführbar. Auf Lohnerhöhungen hat die Politik ja eher wenig Einfluß.

es bei
weitem nicht schaffen kann, in dem Maße die Produktion der
Unternehmen an den Absatzmarkt zu binden, in dem eine dadurch
miterzeugte Erhöhung der Produktionskosten die Unternehmen zu
billigeren Standorten zieht.

Aus diesem Grund wird ja versucht, die Kaufkraft durch Mittel
zu erhöhen, die nicht automatisch mit Erhöhung der
Produktionskosten einhergehen:

  • Unternehmer als „vaterlandslose Gesellen“ hinzustellen (also
    mit Nationalismus)
  • die Nachfrage durch Optimismus-Kampagnen anzuregen (also die
    Sparquote zu senken)

Aber das sind ja eher hilflose, weil unwirksame, Versuche.

Übrigens hat ja auch Lafontaine, vielleicht der stärkste
Vertreter nachfrageorientierter Politik in Deutschland,
eingesehen, dass dies ohne Änderung der Rahmenbedingungen
nicht funktionieren kann, weshalb er Sozialstandards,
Quasi-Zölle, etc. „gegen“ osteuropäische Konkurrenz gefordert
hat, damit also auf protektionistisches Instrumentarium
zurückgegriffen hat.

Für so dumm hätte ich Oskar gar nicht gehalten. Sicher, daß das seine Vorschläge waren und nicht Vorgaben der Linkspartei?

(von diesem Instrumentarium steht aber im „Kampf“ gegen die
osteuropäische Konkurrenz insbesondere aus Gründen der
Osterweiterung der EU nicht viel zur Verfügung, dies wird
gegen Südostasien in den nächsten Jahrzehnten vermutlich
anders sein)

Würde eine protektionistische Politik nicht am Widerstand der EU scheitern? Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Bundesragierung einen solchen Weg beschreiten könnte. Noch nicht mal, wenn sie wollte.

Daß es ein Problem gibt, steht wohl fest. Wie könnte die Lösung aussehen? Wenn Du das hier nicht veröffentlichen und anschließend verteidigen möchtest, würde ich mich auch über eine Mail freuen.

Gruß, Rainer

Hallo Rainer,

eingesehen, dass dies ohne Änderung der Rahmenbedingungen
nicht funktionieren kann, weshalb er Sozialstandards,
Quasi-Zölle, etc. „gegen“ osteuropäische Konkurrenz gefordert
hat, damit also auf protektionistisches Instrumentarium
zurückgegriffen hat.

Für so dumm hätte ich Oskar gar nicht gehalten. Sicher, daß
das seine Vorschläge waren und nicht Vorgaben der Linkspartei?

die Ideen hat er schon gehabt, da gabs die Linkspartei noch gar nicht.

(von diesem Instrumentarium steht aber im „Kampf“ gegen die
osteuropäische Konkurrenz insbesondere aus Gründen der
Osterweiterung der EU nicht viel zur Verfügung, dies wird
gegen Südostasien in den nächsten Jahrzehnten vermutlich
anders sein)

Würde eine protektionistische Politik nicht am Widerstand der
EU scheitern? Ich kann mir nicht vorstellen, daß die
Bundesragierung einen solchen Weg beschreiten könnte. Noch
nicht mal, wenn sie wollte.

Das war ja auch der Grund für seinen Rücktritt 1999. Er hatte den glorreichen Gedanken, die Sozialsysteme usw. in Europa auf den deutschen Ist-Stand anzuheben, um so die Unternehmen in ganz Europa von den Kostentrukturen her auf das gleiche Niveau zu bringen. Gleichzeitig ging es darum, sich nach Osten hin abzuschotten (wie bereits beschrieben).

Als er dann merkte, daß die anderen Kinder nicht mit ihm spielen wollten, hat er die Förmchen hingeworfen und sich vom Acker gemacht.

Gruß,
Christian

Hallo Rainer,

Ich habe nicht den Eindruck,
daß Dir meine Kommentare viel bringen werden, mir aber Deine
Antworten.

Was meinst Du damit?

ist das wirklich so? In dem Maß, in dem Produktion nach
Osteuropa verlagert wird, bricht hier Kaufkraft weg.

Ja, Dein Einwand ist richtig (wobei bedacht werden muss, dass
die „Verleger“ der Produktion in der Regel Westeuropäer sind,
und damit die Unternehmergewinne durchaus wieder
zurückfließen; deshalb ist die Gleichsetzung „in dem Maß…“
nicht ganz richtig,

OK, war zu kurz. Aus Sicht der AN ist das aber richtig, denen
fehlt die Kaufkraft, wenn sie ihren Job verlieren. Wie das in
der Praxis aussieht muß ich ja nicht vertiefen.

Schon richtig.

Ich sehe für einen Zeitraum von sagen wir mal 15 jahren für
nachfrageorientierte Politik wenig Chancen, weil eine
deutliche Erhöhung der Kaufkraft durch Lohnerhöhungen

So global ist das sicher keine Lösung und auch nicht
durchführbar. Auf Lohnerhöhungen hat die Politik ja eher
wenig Einfluß.

Jein, selbstverständlich besteht „Tarifautonomie“ …
Aber durch gesetzliche Rahmensetzungen, wie Mindestlöhne, etc., durch Sozialpolitik, durch Steuerpolitik, etc. kann die Politik natürlich ganz massiv auf das Lohnniveau einwirken.

Übrigens hat ja auch Lafontaine, vielleicht der stärkste
Vertreter nachfrageorientierter Politik in Deutschland,
eingesehen, dass dies ohne Änderung der Rahmenbedingungen
nicht funktionieren kann, weshalb er Sozialstandards,
Quasi-Zölle, etc. „gegen“ osteuropäische Konkurrenz gefordert
hat, damit also auf protektionistisches Instrumentarium
zurückgegriffen hat.

Für so dumm hätte ich Oskar gar nicht gehalten. Sicher, daß
das seine Vorschläge waren und nicht Vorgaben der Linkspartei?

Weder Oskar noch die WASG (und schon gar nicht die PDS) verstehen sich im Grunde als Protektionisten; ich denke, dass ihnen diese Rolle durch die speziellen Umstände der Problematik, in der wir uns befinden, aufgezwungen wird.

Ob jetzt speziell Oskar dies eigentlich nicht will, sondern nur seine Partei, halte ich für eine eher müßige Frage. Lafontaine passt sicher mit seiner Haltung heute am ehesten in die Linkspartei, dass sich nicht alles deckt, ist selbstverständlich.

(von diesem Instrumentarium steht aber im „Kampf“ gegen die
osteuropäische Konkurrenz insbesondere aus Gründen der
Osterweiterung der EU nicht viel zur Verfügung, dies wird
gegen Südostasien in den nächsten Jahrzehnten vermutlich
anders sein)

Würde eine protektionistische Politik nicht am Widerstand der
EU scheitern?

Richtig; darum steht „nicht viel“ dieses Instrumentariums zur Verfügung, genau genommen eigentlich nur ein „verdeckter“ Protektionismus, also ein solcher, der statt auf Einfuhrzölle auf Qualitäts- und Sozialstandards, etc. setzt.

Auf solche Maßnahmen eben, die die gleiche Wirkung wie Einfuhrzölle erzielen können, nämlich die Verteuerung der Waren der ausländischen Konkurrenz.

Aber auch solche Maßnahmen gehen kaum „an der EU vorbei“, weshalb man sich in diesem Zusammenhang daran erinnern kann, dass Lafontaine als damaliger Superminister genau auf Veränderungen auf dieser Ebene gezielt hat (und deshalb als „Makroökonom“ verunglimpft wurde).

Ich kann mir nicht vorstellen, daß die
Bundesragierung einen solchen Weg beschreiten könnte. Noch
nicht mal, wenn sie wollte.

Das ist ja auch meine Meinung;
die BRD alleine kann sicherlich nicht weit auf diesem Weg kommen (über Standards, Industrie-Normen, etc. sind sicher ein paar winzige Schritte möglich),
die EU will zumindest gegen Osteuropa diesen Weg nicht gehen.
Sie wird ihn aber -so meine Prognose- (als EU!) mittelfristig gegen Südostasien massiv gehen.

Daß es ein Problem gibt, steht wohl fest. Wie könnte die
Lösung aussehen?

Das „Problem“ ist die Verschiebung des Kapitals aus Westeuropa zu einem kleineren Teil nach Osteuropa, zu einem zukünftig größeren Teil nach Südostasien (vornehmlich mittels Standortverlagerungen und Direktinvestments).

Diese Kapitalverschiebung lässt sich politisch nicht aufhalten, sondern nur mit vielen verschiedenen politischen Mitteln beeinflussen;

ebenfalls beeinflussen lässt sich der Aspekt, wer bei uns von dieser Kapitalverschiebung profitiert und wer nicht.

Wenn wir also z.B. im Rahmen einer angebotsorientierten Wirtschaftspolitik (die ja auch durchaus einleuchtet!) unseren Sozialstaat schrumpfen, dann ist klar, dass die Schere auseinander gehen muss, weil die einen Kapital besitzen und von ihm immer profitieren, egal in welcher Region der Welt es sich im Moment befindet (im Gegenteil, sie profitieren von ihrem Kapital sogar noch stärker, wenn es sich in der renditereichsten Region befindet), und die anderen, welche nur Arbeitskraft, kein Kapital besitzen, zwar von der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik, also von der besseren Konkurrenzfähigkeit unseres Lohnniveaus, dahingehend profitieren, dass sie die Möglichkeit der Verwertung ihrer Arbeitskraft erhalten (also Jobs), ihre Arbeitskraft selbst aber dabei drastisch ent-wertet wird (geringere Einkommen).

Die entscheidende Frage sehe ich darin, ob wir auf die kumulierte Größe Volkswirtschaft setzen sollen, und mittels Angebotsorientierung dafür sorgen wollen, dass die Volkswirtschaft als Ganze wachsen kann, oder ob wir eher dafür sorgen, dass wir die Gewinne und Verluste dieser Kapitalbewegung (die sich ja innerhalb unseres Wirtschaftsrahmens nicht verhindern lässt) unter uns besser ausgleichen und dabei evtl. ein suboptimales Ergebnis für unsere Volkswirtschaft als Ganze in Kauf nehmen.

Viele Grüße
franz

P.S.: auf welchen politischen Umwegen der Kampf hinsichtlich der Kapitalverschiebung nach Südostasien geführt wird, lässt sich übrigens in Bush-Reden immer sehr schön sehen:
http://www.whitehouse.gov/news/releases/2005/11/2005…

Viele Grüße
franz

Hallo Christian,

schön zu sehen, dass wir zeitgleich das Gleiche zu Lafontaine geschreiben haben :wink:

Für so dumm hätte ich Oskar gar nicht gehalten. Sicher, daß
das seine Vorschläge waren und nicht Vorgaben der Linkspartei?

die Ideen hat er schon gehabt, da gabs die Linkspartei noch
gar nicht.

Das war ja auch der Grund für seinen Rücktritt 1999. Er hatte
den glorreichen Gedanken, die Sozialsysteme usw. in Europa auf
den deutschen Ist-Stand anzuheben, um so die Unternehmen in
ganz Europa von den Kostentrukturen her auf das gleiche Niveau
zu bringen. Gleichzeitig ging es darum, sich nach Osten hin
abzuschotten (wie bereits beschrieben).

Als er dann merkte, daß die anderen Kinder nicht mit ihm
spielen wollten, hat er die Förmchen hingeworfen und sich vom
Acker gemacht.

Nur das kann ich nicht teilen;
wenn ein Politiker merkt, dass er seine Position nicht durchsetzen kann, und damit einer Position dienen muss, die er nicht vertreten will, ist es dann nicht konsequent und sehr respektabel, wenn er dann sagt: Ich gebe die Position ab und kämpfe in erst inner- dann zwischenparteilicher Opposition weiter. (Gerade eine solche Authentizität wird doch von Politikern in der Regel gerne gefordert)

Ist das nicht persönlich irgendwie ehrenhafter als ein Schröder, der als Juso-Vorsitzender noch von Enteignungen im großen Stil sprach und dann als Kanzler der Genosse der Bosse wurde?
(das mal nur so als Anmerkung)

Viele Grüße
franz

Hallo Christian,

eingesehen, dass dies ohne Änderung der Rahmenbedingungen
nicht funktionieren kann, weshalb er Sozialstandards,
Quasi-Zölle, etc. „gegen“ osteuropäische Konkurrenz gefordert
hat, damit also auf protektionistisches Instrumentarium
zurückgegriffen hat.

Für so dumm hätte ich Oskar gar nicht gehalten. Sicher, daß
das seine Vorschläge waren und nicht Vorgaben der Linkspartei?

die Ideen hat er schon gehabt, da gabs die Linkspartei noch
gar nicht.

(von diesem Instrumentarium steht aber im „Kampf“ gegen die
osteuropäische Konkurrenz insbesondere aus Gründen der
Osterweiterung der EU nicht viel zur Verfügung, dies wird
gegen Südostasien in den nächsten Jahrzehnten vermutlich
anders sein)

Würde eine protektionistische Politik nicht am Widerstand der
EU scheitern? Ich kann mir nicht vorstellen, daß die
Bundesragierung einen solchen Weg beschreiten könnte. Noch
nicht mal, wenn sie wollte.

Das war ja auch der Grund für seinen Rücktritt 1999. Er hatte
den glorreichen Gedanken, die Sozialsysteme usw. in Europa auf
den deutschen Ist-Stand anzuheben, um so die Unternehmen in
ganz Europa von den Kostentrukturen her auf das gleiche Niveau
zu bringen. Gleichzeitig ging es darum, sich nach Osten hin
abzuschotten (wie bereits beschrieben).

Ach so. Ich habe das damals nur am Rande mitbekommen. Zu der Zeit hatte ich andere Sorgen, als mich um Details im innerparteilichen Streit von Regierungsmitgliedern zu kümmern, die ich nicht gewählt hatte. :wink: Daß es außer den Differenzen mit Schröder auch Differenzen mit der EU gab, wußte ich allerdings. Nur nicht, worum es dabei ging.

Wenn Oskar also ein Verfechter von Protektionismus ist, ist er doch dämlicher als ich dachte.

Als er dann merkte, daß die anderen Kinder nicht mit ihm
spielen wollten, hat er die Förmchen hingeworfen und sich vom
Acker gemacht.

Das würde ich eher als konsequent bezeichnen. Wirfst Du Oskar vor, nicht wie Schröder nach der Wahl seine Versprechen vergessen zu haben? Wenn man Wahlversprechen nicht halten kann, ist Rücktritt nicht unehrenhaft, mir lieber als Wahlbetrug.

Gruß, Rainer

Hallo,

Ist das nicht persönlich irgendwie ehrenhafter als ein
Schröder, der als Juso-Vorsitzender noch von Enteignungen im
großen Stil sprach und dann als Kanzler der Genosse der Bosse
wurde?

ich geh mal davon aus, daß Rainer hier noch mitliest, insofern gibts hier zwei Antworten zum Preis von einer:

Grundsätzlich habt Ihr recht. Mal ganz davon abgesehen, daß Lafontaine nicht schnell und oft genug von der politischen Bühne verschwinden, bin ich der Ansicht, daß man für seine Überzeugungen - und darum scheint es sich bei ihm wohl zu handeln oder aber um eine sehr seltene und seltsame Form der Geisteskrankheit - etwas länger kämpfen sollte als ein knappes halbes Jahr. Wer die Brocken so schnell hinwirft, wenn er nicht uneingeschränkten Beifall bekommt, benimmt sich kindisch. In der Politik geht es (leider) meist um Kompromisse und für jeden kleinen Furz braucht man Monate wenn nicht Jahre. Lafontaine wollte letztlich ein europaweites Umkrempeln der Wirtschafts- und Sozialsysteme. Daß das nicht mit einer Ansprache und innerhalb von sechs Monaten erledigt ist, hätte sogar ihm klar sein müssen.

Gruß,
Christian