Fernöstliche Religion

Hallo!

Vor Jahren einmal habe ich eine Ausstellung über chinesische Medizin besucht. Gegen Ende der Führung wurde berichtet, dass die Chinesen ihren Ahnen Opfer bringen um sie zu besänftigen und um Glück und Gesundheit von ihnen zu erhalten.

Um welche Religion handelt es sich hier?
Wie sieht das Jenseits gemäß dieser Religion aus?

Hanna

Kann man nicht so sagen

Um welche Religion handelt es sich hier?

Einen Ahnenkult (http://de.wikipedia.org/wiki/Ahnenkult) betreiben mehr oder weniger alle Asiaten, in Nordkorea ist sogar ein Toter Präsident (http://de.wikipedia.org/wiki/Kim_Il-sung).

Gruß

Stefan

Das kann man so auch nicht sagen :smile:
Moin,

Einen Ahnenkult (http://de.wikipedia.org/wiki/Ahnenkult)
betreiben mehr oder weniger alle Asiaten,

Das ist definitiv falsch. Zwar wird Ahnenkult vor allen in den Ländern betrieben, die z.B. kulturell eine Verbindung mit China haben, in anderen Ländern Asiens, zum Beispiel Indien, Tibet, Nepal, Bhutan, etc. also Ländern, wo z.B. der Wiedergeburtsglaube stark verankert ist, ist Ahnenkult völlig unbekannt. Macht beim Glauben an Wiedergeburt ja auch wenig Sinn :smile:

Gruß
Marion

Ahnenkulte

Hi Hanna,

Um welche Religion handelt es sich hier?

Ahnenkulte, die oft nicht sorgfältig gegen Totenkulte unterschieden werden, aber oft in der Ritualik auch nicht unterscheidbar sind, gehören zu den archaischen religiösen Grundstrukturen. Er ist eine der Quellen, in denen viele andere reliöse Bestandstücke überhaupt ihren Ursprung haben: Seelen-Begriffe, Dämonologien, Götter-Begriffe, Totenreich-Vorstellungen und übrigens auch Reinkarnations-Varianten.

In irgendeiner Form liegt er damit allen Religionen zu Grunde und gehört nicht einer „bestimmten“, formierten Religion an. Auch nicht in China. Dort ist er aber sehr extensiv in die alchemistischen und magischen Zweige des Daoismus eingegangen und hat sich vermutlich daher sehr explizit erhalten.

Die Reste von ursprünglichen religiösen Praktiken und Ideen, die im Überbau formierter Religionen nicht untergegangen sind, faßt man meist in dem etwas unglücklichen Begriff „Volksreligion“ zusammen. Solche Reste finden sich dann nicht in den intellektuellen Überbauten der religösen „Schulen“, sondern je vor Ort in den nicht dogmatisch supervidierten Ritualen der Bevölkerung. Dort - in der Praxis der Bevölkerungen - finden sich dann ja auch jede Menge Synkretismen.

Diese „paganen“ Anteile und Reste finden sich in vielen Religionen, im Christentum, Buddhismus, im Hinduismus sowieso (der ja nur ein Sammelbegriff über unzählige Varianten ist) und vorzüglich auch in den älteren Religionen des Himalaya, Chinas, Japans und Afrikas.

Die ausgeprägtesten Ahnenkult-Rituale finden sich heute in Madagaskar, Thailand und China. Speziell in China und Thailand haben sich weder durch konfuzianistische und daoistische, noch durch buddhistische, moslemische, christliche Überbauten irritieren lassen.

Gruß
Metapher

Hallo Hanna,
es handelt sich hier nicht um eine spezifische Religion, sondern um kulturtypische Bräuche, die sich u.a. auch aus z.T. recht heterogenen religiösen Wurzeln speisen. Um ein Beispiel zu nennen: die Art und Weise, wie bei uns in der Regel das Osterfest begangen wird ist ein Brauch, der Motive aus unterschiedlichen Religionen verbindet; nicht eigentlich religiöses Brauchtum aber auch nicht davon zu trennen.

Die chinesische Volksreligion (ein eher künstlicher Oberbegriff für individuelle Vorstellungen von sehr großer Bandbreite) ist vor allem durch Konfuzianismus, Daoismus und Buddhismus geprägt. Speziell bei der Ahnenverehrung ist der Haupteinfluss konfuzianisch.

Einen Ahnenkult mit Opferzeremonien gab es allerdings schon sehr lange (spätestens 16. Jhdt. vor Chr.) vor Kongzi (孔子, Konfuzius, 551 - 479 [?] v.Chr.) - Kongzi bemühte sich vor allem, ihm für die Gebildeten eine rationale Gestalt zu geben und ihn für eine stabile und harmonische Gesellschaftsordnung nutzbar zu machen. Kernbegriffe der konfuzianischen Ideologie sind in unserem Zusammenhang li (禮, Riten als äußerer Aspekt, Sittlichkeit als innerer) und xiao (孝, kindliche Pietät).

Da Kongzi und seine Nachfolger an metaphysischen Spekulationen eher uninteressiert waren, sind auch mit der Ahnenverehrung verbundene Jenseitsvorstellungen generell vage und undifferenziert bzw. rein volkstümlich. Hier fließen dann auch vulgärdaoistische Geistervorstellungen oder vulgärbuddhistische Wiedergeburtsvorstellungen mit ein. In der Regel stellt man sich die verstorbenen Ahnen als in einer Art Geisterreich weiterexistierend vor, von wo sie begrenzt Einfluss auf die Welt der Lebenden nehmen können und z.B. auch über Orakel mit ihnen kommunizieren können. ‚Himmel‘ und ‚Hölle‘ werden in diesem Geisterreich nicht unterschieden - der jenseitige Status des Ahnen hängt teilweise von seinem vergangenen Leben ab und teilweise von den Riten und Opfern, mit denen ihn seine Nachkommen bedenken.

Freundliche Grüße,
Ralf

Moin,

Diese „paganen“ Anteile und Reste finden sich in vielen
Religionen, im Christentum, Buddhismus, im Hinduismus sowieso
(der ja nur ein Sammelbegriff über unzählige Varianten ist)
und vorzüglich auch in den älteren Religionen des Himalaya,

Das war mir völlig neu. Hast du irgendwelche konkreten Beispiele für Ahnenkult im Hinduismus und in den älteren Regionen des Himalaya?

Gruß
Marion

Ahnenkult und Buddhismus in China
Moin,

wie bringen denn chinesische (oder auch andere) Buddhisten die Buddhistische Lehre und Ahnenkult im genanngen Sinn von „dass die Chinesen ihren Ahnen Opfer bringen um sie zu besänftigen und um Glück und Gesundheit von ihnen zu erhalten“ unter einen Hut?

Gruß
Marion

Ahnenkult in China
Moin Hanna,

Um welche Religion handelt es sich hier?
Wie sieht das Jenseits gemäß dieser Religion aus?

Man geht davon aus, dass (sofern es sich überhaupt zurückvollziehen lässt) sich der Ahnenkult in er Shang-Zeit (vor dem 11. Jahrd. vor unserer Zeitreichung) als Zentrum der religiös-ethischen Vorstellung in China entwickelte.

Die Grundlage dafür war die Vorstellung, dass der Mensch zwei „Seelen“ habe, die „Seelen“ „hún“ und „“.

Die Vorstellung von hún war eng mit dem Atem verbunden als „Hauchseele“, die einem Lebenwesen mit dem ersten Atemzug bei der Geburt „eingehaucht“ wird. Die Vorstellung von pò war die einer „Körperseele“, die sich bereits im Augenblick der Empfängnis bildet.

Man meinte nun, dass nach dem Tod die Körperseele pò in die Erde geht und zum Erdgeist (gui) wird. Die Vorstellung dahinter war, dass die Erde als Trägerin der Vegetation Ursprung allen Lebens ist und der Mensch nach seinem Tod in diesen Ursprüng zurückkehrt. Die Erdgeister (gui) mussten gut gestimmt (besänftigt) werden, da sie sonst Schaden anrichteten und wurden im Alltagsbewusstsein häufig mit der Vorstellung von „bösen“ Geistern verbunden. Pò war nichts „besonderes“ sondern entsprach der Vorstellung von einer „Seele“, wie gemäß animistischer Weltanschauung alle Naturerscheinungen „beseelt“ waren und war eng mit derm körperlich-gegenständlichen verbunden.

Im Gegensatz dazu war die „Hauchseele“ hún eine dem Menschen spezifisch zugeordnete „Seele“, die sich zum Zeitpunkt des Todes in den Himmel erhob und sich in den Geist „shén“ verwandelte. Shen wurde nun wiederum als Mittler zwischen den Menschen und den übernatürlichen Kräften angesehen und hier begründete sich auch die Vorstellung davon, dass die Toten „Macht“ über die lebenden haben.

In die Welt der Ahnengeister wurden auch die Ränge der sozialen Schichtungen inheinprojiziert. So hatte demnach die verstorbenen Herrscher auch in der Welt der Ahnengeister die höchste Macht und hatten durch ihren Einfluss auf die Naturgeister und Naturkräfte eine noch höhre Macht auf die Kärfte der Natur und das Leben der Menschen.

In dieser Zeit entstand auch der Begriff des shàngdì, des obersten „vergotteten“ Ahns, der als Urahn des Stammes Macht über die gesamte Natur und spirituellen Kräfte hatte.

Im 11 Jhrd. v. Chr. kamen dann die Zhou an die Macht, deren oberste Gottheit der Himmel war. Eine Zeitlang wurden Shangdi und Himmer (Tien) als Synonmye gebraucht. Allerdings war ja nun Shangdi der Uhrahn der unterworfenen Shang, und somit bildete sich mit der Zeit ein abstrakteres Verständnis der obersten Mächte heraus. Die Herrscher begannen den Titel „Tian-zi“ (Sohn des Himmels) zu führen, um somit ihre Herrschaft nicht nur auf Erden, sondern auch nach dem Tod im Reich der Geister und Ahnengeister zu auszudrücken. Eine sehr wichtige Aufgabe dieser Herrscher (also chinesischen Kaiser) war das korrekte Auführung bestimmter Himmelskulte, um die Harmonie von Himmel und Erde sicherzustellen.

Vom Himmel erhielt der oberste Herrscher somit quasi auch sein „Mandat“ (mìng). Wurde die Herrschaft schlecht ausgeübt, so verstießt dies gegen den „Willen des Himmels“ und legetimierte einen Wechsel der Macht (gé mìng). Das Wort gémìng ist bis in die heutige Zeit die Bezeichnung für Revolution :smile:

Dieser Hintergrund wirft meiner Meinung nach nicht nur Licht auf den heutigen Ahnenkult in China, sonder darüber hinaus auch auf das (sehr autoritätsgläubige) Verhältnis der Chinesen zum Staatsoberhaupt. Andererseits könnten z.B. anhaltende Naturkatastrophen (wie die kürzlichen Erdbeben) anzeichen dafür sein, dass der „Himmel“ den Herrschern seine Gunst entzieht und daher reagiert man auch von staatliche Seite in China sehr empfindlich auf solche Vorkommnisse.

Ein ähnliches System ist mir (anders als andere Aussagen hier) außerhalb des chinesischen Kulturraums übrigens nicht bekannt. Meiner Meinung nach ist dies schon sehr speziell für die chinesische Kultur.

Gruß,
Marion

Hi

Ich hoffe es ist ok wenn ich kurz was einwerfe, weil ich mich jetzt viel (für eine noch-Studentin) mit den Tempeln und ihrem Kult auseinandergesetzt habe.

Was ich festgestellt habe ist, das die Figuren der Buddha und Bodhisattva eine ähnliche Funktion annehmen wie Heilige (o. z.B. die 14 Nothelfer) im Katholizismus.
Dabei werden entweder chinesische Heroen übernommen und zum Bodhisattva erklärt oder mit vorhandenen Buddha und/oder Bodhisattva identifiziert.

Ein Beispiel ist Guanyin, die, v.a. wenn man es von der Seite der Darstellung sieht, Züge von Mazu und anderen, lokal gebundenen, Frauengestalten in sich aufnimmt. Sie wird dann mit Kind auf dem Arm dargestellt.
Damit werden dann plötzlich buddhistische Gestalten um Kindersegen u.ä. angebetet. Das merkt man z.B. am Verhalten der Leute dort, in einigen Tempeln wird ein eher stiller Ritus verfolgt, in offenen Tempeln beten Chinesen frei mit ihren Räucherstäbchen, genau so wie sie es in den volksreligiösen Tempeln tun.

Umgekehrt ist das übrigens genauso, Tempel in denen Mazu verehrt wird haben Statuen dieser mit der reinigenden Flasche von Guanyin, oder den vielfältigen Armen.

Ein anderer Fall ist, das Guan Di, der Kriegs-und Schriftgott aus der Volksreligion, als Wächter buddhistischer Tempel gesehen wird.

Und nun wird es richtig durcheinander:
Teilweise wird wohl geglaubt, das ein normaler Mensch zum Bodhisattva werden kann (oder auch Buddha, in China gibt es eine riesige zahl „lebender Buddha“). Das wird retrospektiv erklärt, ich nehme an, das ist ein Zug aus dem Daoismus. Ähnlich wie den Heroen nach ihrem Tod nachgesagt wird, sie seien in den Himmel emporgestiegen und vollbrächten danach noch Wunder, wird es hier gehalten und das Wort „Bodhisattva“ eingesetzt.
So richtig verbreitet, dass es für alle gelten würde, hat sich das aber nicht.

lg
Kate

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Hallo Kate,

vielen Dank für deine Ergänzung.
Meinst du denn, dass die Leute, die in die entsprechenden Tempel gehen, sich selbst überhaupt als praktizierende Buddhisten bezeichnen würden?

Kann das von dir beobachtete „Durcheinander“ auch ein Ergebnis der Kulturrevolution und der systematischen Zerstörung der eigenen kultur und insbesondere ihrere religiösen Aspekte in China sein, so dass das von dir Beobachtete eigentlich gar nicht mehr authentisch, sondern eher eine Zusammensammlung und Vermischung von Überresten aller möglichen religiösen und spirituellen Ausrichtungen sein, die vor der Kulturrevolution bestanden?

Gibt es Publikationen dazu, wie sich Religion und religiöse Praxis in China nach der Kulturrevolution entwickelte?

Gruß,
Marion

Moin,

wie bringen denn chinesische (oder auch andere) Buddhisten die
Buddhistische Lehre und Ahnenkult im genanngen Sinn von „dass
die Chinesen ihren Ahnen Opfer bringen um sie zu besänftigen
und um Glück und Gesundheit von ihnen zu erhalten“ unter einen
Hut?

diese Formulierung stammt nicht von mir und ich habe auch nicht behauptet, dass das so ist. Vielmehr habe ich von einer großen Bandbreite der Vorstellungen im Zusammenhang mit der sog. Volksreligion gesprochen.

Die Verbindung zwischen Ahnenkult und Buddhismus findet sich in der buddhistischen Kosmologie, hier speziell und vor allem der Vorstellung eines Pretaloka, also einem Reich der Hungergeister, die mit Speiseopfern ihrer Nachkommen „besänftigt“ werden. Diese Verbindung bestand auch schon in Indien, wie deutlich aus dem Tirokudda-Kanda-Sutta (Khp 7 / Pv I.5) hervorgeht - ganz konkret in der Form, dass verstorbenen Verwandten Speiseopfer dargebracht wurden, die dafür die Spender segnen.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo Kate,

vielen Dank für deine Ergänzung.
Meinst du denn, dass die Leute, die in die entsprechenden
Tempel gehen, sich selbst überhaupt als praktizierende
Buddhisten bezeichnen würden?

Das ist unterschiedlich. Generell bezeichnen sich die wenigsten Chinesen gerne als irgendwas, denn Religion wird geächtet. Nur die Volksreligionen werden von staatlicher Seite nicht verfolgt, die anderen nur geduldet. Momentan scheint es zwar so, das man relativ religionsfrei ist- du DARFST jede Religion annehmen die du möchtest, aber was wird daraus?
Es sieht momentan so aus, dass jemand, der sich aktiv zu einer Religion zählt - v.a. Christentum und Buddhismus- als *schwach* gilt. Und das ist unbedingt zu vermeiden. Oft werden diese Personen geächtet oder sogar geärgert, so trug mir ein Informant meiner Feldforschungsarbeit zu, das sein Chef ihm besonders dann Schichten zuteilte, wenn er in die Kirche gehen wollte.

Umgekehrt ist es überraschend, das der Buddhismus sich vor allem unter wohlhabenderen Chinesen ausgebreitet hat, evtl. weil diese es sich leisten können.

„Echte“ Chinesen die sagen „Jawohl, ich bin Buddhist“ wirst du außerhalb der Tempelklöster wenig finden.
Das ist mehr eine Traditionssache, wo man da reingeboren wird.
Die einen gehen zum Daoistischen Tempel, also tun das die Kinder auch.
"Meine Eltern gingen immer zum buddhistischen Tempel, also tu ich das auch… "
„Meine Eltern halten nichts von Religion, das Rote Buch ist ihre Bibel.“

Allerdings muss man sagen, das der Buddhismus ein Allround-Paket ist. Während die einen für dies oder das zum daoistischen oder volksreligiösen Tempel laufen, um dann bei Konfuzius für das Bestehen des Examens zu beten, könnten die Familien mit buddhistischer Tradition einfach in einen Tempel gehen und dort alles abbeten, was ihnen auf dem Herzen liegt, auch wenn das etwas flapsig ausgedrückt ist.

Kann das von dir beobachtete „Durcheinander“ auch ein Ergebnis
der Kulturrevolution und der systematischen Zerstörung der
eigenen kultur und insbesondere ihrere religiösen Aspekte in
China sein, so dass das von dir Beobachtete eigentlich gar
nicht mehr authentisch, sondern eher eine Zusammensammlung und
Vermischung von Überresten aller möglichen religiösen und
spirituellen Ausrichtungen sein, die vor der Kulturrevolution
bestanden?

Die Kulturrevolution hat sicherlich ihre Spuren hinterlassen, aber so würde ich das nicht sehen. Die Chinesen haben von je her ihre Religionen intensiv miteinander vermischt, man nennt das San Jiao, je nach Übersetzung Drei Wege/Drei Weisen (Handlung).
Das sagt aus, dass egal ob Konfuzianismus, Daoismus oder Buddhismus, das alles führt zum selben Ziel. Und wenn man bedenkt wie anders Buddhismus eigentlich zu den beiden anderen … ethischen Richtungen ist, heißt das schon was.
Die Vermischung von Daoismus und Buddhismus geht ja etwaige Jahrhunderte zurück, als für die Übersetzung der buddhistischen Begriffe daoistische Termini benutzt wurden.
Der Konfuzianismus hat auch einiges aufgenommen, bis die Neokonfuzianer aufkamen und 1530 sämtliche Statuen verbannten. Seitdem war der Konfuzianismus eher Staatsinstrument, bis er Ende der Ming- bis in die Qing-Dynastie hinein wieder eine mehr ethische Identität bekam.

Nein, ich denke trotz der Kulturrevolution hat viel einfach überlebt. Die Generation der von Mao Unterdrückten ist jetzt langsam zuende und die jüngeren interessieren sich entweder gar nicht für Religion, da sie ohne diese aufgewachsen sind, oder sie folgen der Tradition ihrer Eltern, die ihre jetzt langsam wieder ausleben, was sie vorher nicht ohne weiteres konnten.

Wie resistent das ist, sieht man am konfuzianischen Kult. Dieser Kult, der das einzig religiöse am Konfuzianismus ist, war eigentlich schon um 1900 recht tot. Aber jetzt fangen die Leute plötzlich wieder an für die Prüfungen ihrer Kinder bei den Gelehrten zu beten (!), Wunschzettel aufzuhängen und lassen ihre Kinder wie verrückt Qin-Blöcke reiben (das sind Glücksbringer, die in den meisten wichtigeren Wen Miao, also Schultempeln des Konfuzianismus, stehen).

Gibt es Publikationen dazu, wie sich Religion und religiöse
Praxis in China nach der Kulturrevolution entwickelte?

Ein spezielles Buch kenne ich dazu jetzt nicht, aber die meisten neueren Geschichtsbücher haben Kapitel dazu.
Hans van Ess „Der Konfuzianismus“ etwa geht weitt in die Moderne. Auch „Das Tao des Himmels“ von Roman Malek.
Ansonsten hilft es die Geschichte von einzelnen, zentralen Tempeln zu studieren und Kontakt mit den Menschen selbst aufzunehmen. Das geht aber nur im stillen Kämmerlein und so inoffiziell wie möglich. Bestimmt gibt es ein Buch, das sich mit der Zeit von 1900 bis jetzt befasst, ich habe nur aktuell keins da, das sich nur damit befasst.

lg
Kate

Moin Ralf

Die Verbindung zwischen Ahnenkult und Buddhismus findet sich
in der buddhistischen Kosmologie, hier speziell und vor allem
der Vorstellung eines Pretaloka, also einem Reich der
Hungergeister, die mit Speiseopfern ihrer Nachkommen
„besänftigt“ werden. Diese Verbindung bestand auch schon in
Indien, wie deutlich aus dem Tirokudda-Kanda-Sutta (Khp 7 / Pv
I.5) hervorgeht - ganz konkret in der Form, dass verstorbenen
Verwandten Speiseopfer dargebracht wurden, die dafür die
Spender segnen.

Die 6 Daseinsbereiche, von denen das Reich der Hungergeister ja nur eines ist, mit „Ahnenkult“ in Verbindung zu bringen, halte ich nun aber für sehr gewagt :smile:

Sicherlich kann es (sofern man sich der Vorstellung der Wiedergeburt in einem der 6-Daseinsbereiche anschließen will) sein, dass „jemand“ (und was dieses „jemand“ nun ausmachen kann, darüber haben wir ja schon selbst intensiv debattiert :smile:) im Bereich der Hungergeister wiedergeboren werden kann, (was man aber sicherlich keinem wünscht). Und diese Vorstellung beeinhaltet auch, dass diese Hungergeister nur die Nahrung erhalten können, die von Menschen in bestimmter Weise geopfert wird.

Nur, und das ist meiner Meinung nach der entscheidende Punkt, der gegen eine Verbindung dieser Praix mit einem Ahnenkult spricht ist, dass man diese Opferungen ausnahmslos für alle Hungergeister durchführt, bzw. in Gedenken an alle Verstorbenen, deren nächstes Leben sie in den Bereich der Hungergeister geführt hat, oder auch für ganz spezielle Verstorbene, die einem nahestanden, das können auch Menschen sein, die gar nicht mit einem verwandt sind. Es geht hier also nicht konkret nur um die eigenen Vorfahren (Ahnen). Der Segen ergibt sich aus dem Mitgefühl für die Hungergeister und der durch die Opferung praktizierten Freigiebigkeit als heilsame Handlung.

Ein weiterer Unterschied zum Ahnenkult ist meiner Meinung nach, dass eine „Wiedergeburt“ in Bereich der Hungergeister nur eine Möglichkeit ist. Genau so gut kann es sein, dass der verstorbene Vorfahre in einem ganz anderen Bereich „wiedergeboren“ wird. Zudem ist auch der Aufenthalt in den jeweiligen Bereichen endlich. Bei einer zum Ahnenkult postulierten Ähnlichkeit müsste der Praktizierende aber (natürlich innerhalb seiner Glaubensvorstellung) sicher sein, dass sein Vorfahre sich nun im Reich der Hungergeister befindet. Und sicher (innerhalb seiner Glaubensvorstellung) kann er sich da nie sein, im Gegensatz zum Beispiel eben zu tatsächlichen Ahnenkulten, wo man glaubt zu wissen, wo sich der Verstorbene aufhält :smile:

Zudem beschränkt sich die entsprechende Einstellung ja nicht nur auf den Bereich der Hungergeister. Entsprechend dieser Buddhistischen Kosmologie geht man davon aus, dass alle Wesen schon unendlich viele Leben hinter sich haben und jedes Wesen auch irgendwann während all dieser Leben schon einmal die eigene Mutter zum Beispiel gewesen ist, der man wegen ihrer Güte besondere Dankbarkeit und Fürsorge entgegenbringt. Somit gilt natürlich das Mitgefühl ausnahmslos allen Wesen insbesonere in den niederen Daseinsbereichen, und während dies dazu führt, dass man sich z.B. Tieren gegenüber mitfühlend und freundlich verhalten kann, und man für die Wesen in den Höllenbereichen meines Wissen nach nichts machen kann, so kann man dieses Mitgefühl für die Wesen im Hungerbereich eben durch entsprechende Opferungen uns „Speisungen“ ausdrücken.

Aber ein Ahnenkult ist dies sicher nicht. Man ist nämlich auch dazu angehalten, die anderen Menschen so zu sehen, als ob sie schon irgendwann einmal in einem der unzähligen Leben die eigene Mutter gewesen sind. Wenn ich also zum Beispiel aus diesem Grund besonders freundlich und zuvorkommend dir gegenüber wäre, dann hat das sicher nichts mit Ahnenkult zutun :smile:

Mit freundlichen Grüßen,
Marion

Ahnenkult nicht nur in China
Hi,

Die Grundlage dafür war die Vorstellung, dass der Mensch zwei
„Seelen“ habe, die „Seelen“ „hún“ und „“.

Eine Viel-Seelen-Vorstellung ist insbesondere im gesamten Schamanismus-Raum verbreitet gewesen. Also Sibirien, Mongolei, Tibet, Nordindien. Gut belegt ist er übrigens durch den Guan Yin Zi 關君子 (aka guanling Yin Hi) , der ca. ins 5. Jhdt v.u.Z. zu datieren ist. Vor allem aber spielt er in den awestischen Religionen (ca. ab 12. Jhdt v.u.Z.) eine Rolle, deren Einflüsse ebenfalls (zumindest) bis in die Himalaya-Regionen und die Mongolei gesehen werden.

Der Guan Yin Zi handelt insbesondere von 4 spezifizierten „Seelen“: Außer der hun und der po spielen shen 神 und gui 鬼 eine wesentliche Rolle. Ok - das ist off topic. Aber es ist ein Hinweis auf die enge Verbindung zwischen Seelen-Begriffen und der Dämonologie.

Ein ähnliches System ist mir (anders als andere Aussagen hier)
außerhalb des chinesischen Kulturraums übrigens nicht bekannt.

Wieviele kennst du denn? :wink:

Meiner Meinung nach ist dies schon sehr speziell für die chinesische Kultur.

Wie ich bereits schrieb - und dies schon oft hier im Brett - gehört dieses gesamte Spektrum des sog. „Ahnenkultes“ - also die ganze Reihe von

  1. Totenkult incl. Seelenbegriffe
  2. Ahnenverehrung
  3. mythische Überhöhung der Ahnen als Stammesgründer (wobei die Stammesgründer auch Tiere oder rein dämonologische Wesen sein können)
  4. Apotheose der mythischen Ahnen bzw. Stammesgründer und somit früheste Gottes-Begriffe
    zum festen Bestand von Religionen in aller Welt und zählen zu den definierenden Elementen des mythologischen Anteils am Religions-Begriff.

Es ist keineswegs eine chinesische Eigentümlichkeit.

Gruß
Metapher

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Moin,

Eine Viel-Seelen-Vorstellung ist insbesondere im gesamten
Schamanismus-Raum verbreitet gewesen. Also Sibirien, Mongolei,
Tibet, Nordindien.

Ich weiß von Animistisch-Schamanistischen Praktiken in Tibet und Nordindien, aber nichts von Ahnenkult. Dass muss ja schon die Zeit vor dem Bön betreffen (meines Wissens gab es im Bön keinen Ahnenkult). Wenn du dazu also eine Quelle, ein Buch, einen Link hast, nur her damit. Aus der Zeit vor dem Bön in Tibet weiß ich nämlich recht wenig und freue mich immer, hier Wissenlücken zu füllen.

Die Mongolei ist wiederum ein anderes Kapitel, da sich siese ja bis ins Kerngebiet Chinas erstreckt und ich davon ausgehe, dass es hier durchaus chinesische kulturelle Einflüsse gab (den Begriff „chinesische Kultur“ verwendet ich übrigens nicht Deckungsgleich mit dem heutigen chinesischen Staatsgebiet, so gibt es durchaus auch außerhalb des heutigen Staatsgebietes Gegenden, von die chinesische Kultur einen starken Einfluss hatte, bzw. Gegenden innerhalb dieses Staatsgebiets, wo der Einfluss der chinesischen Kultur eher gering war).

Ein ähnliches System ist mir (anders als andere Aussagen hier)
außerhalb des chinesischen Kulturraums übrigens nicht bekannt.

Wieviele kennst du denn? :wink:

Zumindest was den asiatischen Raum angeht so einige. Das spezifische des chinesischen Ahnenkults ist meiner Meinung nach die Verquickung der weltlichen Hierarchie mit dem „Himmel“. Also die Vorstellung, dass der weltliche Herrscher nach seinem Tod auch der höchste unter den himmlischen Geistern, also quasi der höchste „Gott“ ist.

Wie ich bereits schrieb - und dies schon oft hier im Brett -
gehört dieses gesamte Spektrum des sog. „Ahnenkultes“ - also
die ganze Reihe von

  1. Totenkult incl. Seelenbegriffe
  2. Ahnenverehrung
  3. mythische Überhöhung der Ahnen als Stammesgründer (wobei
    die Stammesgründer auch Tiere oder rein dämonologische Wesen
    sein können)
  4. Apotheose der mythischen Ahnen bzw. Stammesgründer und
    somit früheste Gottes-Begriffe
    zum festen Bestand von Religionen in aller
    Welt und zählen zu den definierenden Elementen des
    mythologischen Anteils am Religions-Begriff.

Klar gibt es das alles, aber wo gibt es denn die speziell chinesische Verquickung vom derzeitigen weltlichen Herrscher mit der Hierarchie im „Himmel“ also im „Jenseitigen“? Ich finde diese Eigenart nämlich durchaus wichtig, weil nur sie eine bestimmte Obrigkeitshörigkeit erklärt. Ein Mensch, der dieses chinesische System als gültig anerkennt, muss nämlich fürchten, dass ihm bei „Aufsässigkeit“ nicht nur die Strafe des jetzigen Herrschers droht, sondern er dies noch um ein vielfaches büßen muss, wenn der Herrscher verstorben ist und über weitaus noch größere Macht verfügt als zu Lebzeiten auf Erden.

Gruß
Marion

Diese „paganen“ Anteile und Reste finden sich in vielen
Religionen, im Christentum, Buddhismus, im Hinduismus sowieso
(der ja nur ein Sammelbegriff über unzählige Varianten ist)
und vorzüglich auch in den älteren Religionen des Himalaya,

Das war mir völlig neu.

Nun ja …
Dafür ist das Forum ja da :smile:

Hast du irgendwelche konkreten Beispiele für Ahnenkult im Hinduismus und in den älteren Regionen des Himalaya?

Ich sprach von Anteilen in Völksbräuchen, die man (bzgl. Himalay) z.B. von Ethlogogen und Religionswissenschaftlern hören kann, die dort live durch die Dörfer reisten (Hindukusch, Kaschmir, Nepal). Dort fanden sich z.B. schreinähnliche Kästen, in denen mythische Vorfahren „konserviert“ wurden, die Schutzgeist-Funktion hatten usw.

Was ich damit meinte, ist, daß Volkbräuche sich in allen Gebieten sog. „Hoch“- und „Buch“-Religionen sich oft nicht viel um die orthodoxe Supervision scheren. Sie sind Relikte aus vielälteren Schichten der Religionshistorie.

Hinduistische Schriften sind viel zu jung, um darüber Inhaltliches zu zeigen.

Im Übrigen findet sich darüber einiges bei Alexandra David-Neél, Evand Wentz, sowie in
Tucci und Heisig: Die Religionen Tibet und der Mongolei.

Für Weiteres und Genaueres müßte ich nachschauen, wozu mir aktuell die Zeit fehlt.

Gruß
Metapher

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Himmlische Ahnen

Ich weiß von Animistisch-Schamanistischen Praktiken in Tibet
und Nordindien, aber nichts von Ahnenkult.

Hier meinte ich ja eher die Viel-Seelen-Vorstellungen …

Dass muss ja schon die Zeit vor dem Bön betreffen (meines
Wissens gab es im Bön keinen Ahnenkult).

Aus der Zeitvor dem Bön weiß nach aktuellem Stand der Dinge kein Mensch überhaupt etwas. Man kann nur aus lokalen Praktiken und dann vor allem aus dem Mythologischen Fundus (genauer: aus der Dämonologie) eingiges erschließen. So z.B. findet sich ein Hinweis aus der Tun yar mu k’rod-Legende: Der König findet ein in einem Felsen verborgenes Kind, dessen Körper aus Licht geschaffen ist (hoffentlich liest Tran nicht mit *gg*) usw.

Bön war auch zu wenig zentral supervidiert. Die Zeugnisse sind wohl alle sehr lokal unterschiedlich gefärbt.

Wenn du dazu also
eine Quelle, ein Buch, einen Link hast, nur her damit. Aus der
Zeit vor dem Bön in Tibet weiß ich nämlich recht wenig und
freue mich immer, hier Wissenlücken zu füllen.

Ich meine mich auch an Einiges in dieser Richtung aus dem „gLing-König Gesar“ zu erinnern. Das hab ich aber nicht markiert und er ist mir zu umfangreich, um dort nach Details zu suchen.

Weiteres aus den schon genannten: David-Neél und Evans-Wentz.

Die Mongolei ist wiederum ein anderes Kapitel, da sich siese
ja bis ins Kerngebiet Chinas erstreckt und ich davon ausgehe,
dass es hier durchaus chinesische kulturelle Einflüsse gab

Wohl eher umgekehrt, mongolische Einflüsse in China.

Zumindest was den asiatischen Raum angeht so einige. Das
spezifische des chinesischen Ahnenkults ist meiner Meinung
nach die Verquickung der weltlichen Hierarchie mit dem „Himmel“.

Die chinesische tien-Philosophie trifft darauf schon zu,klar, aber sie ist ebenfalls zu jung, um übervolksreliöses Auskunft zu geben.

Hierzu vielleicht:
Giancarlo Finazzo: „The Prinziple or Tien“. Taiwan 1967

Wie ich bereits schrieb - und dies schon oft hier im Brett -
gehört dieses gesamte Spektrum des sog. „Ahnenkultes“ - also
die ganze Reihe von

  1. Totenkult incl. Seelenbegriffe
  2. Ahnenverehrung
  3. mythische Überhöhung der Ahnen als Stammesgründer (wobei
    die Stammesgründer auch Tiere oder rein dämonologische Wesen
    sein können)
  4. Apotheose der mythischen Ahnen bzw. Stammesgründer und
    somit früheste Gottes-Begriffe
    zum festen Bestand von Religionen in aller
    Welt und zählen zu den definierenden Elementen des
    mythologischen Anteils am Religions-Begriff.

Klar gibt es das alles, aber wo gibt es denn die speziell
chinesische Verquickung vom derzeitigen weltlichen Herrscher
mit der Hierarchie im „Himmel“ also im „Jenseitigen“? Ich
finde diese Eigenart nämlich durchaus wichtig, weil nur sie
eine bestimmte Obrigkeitshörigkeit erklärt.

Ein weiteres Beispiel ist Japan: %rarr; Amaterasu und der Tenno.

Das ist vor allem auch Standerd in ALLEN vorderorientalischen Staaten gewesen. Der rituelle Königstitel war „Sohn Gottes“ und die Initiations-Rituale realisierten das Mythem der Identifizierung des aktuellen Königs mit dem mythischen Ersten König. So auch bei den ägytischen Pharaonen (ich weiß aber nicht, ob das auch in späteren Dynastien dort noch so war).

Und, ja, das ist das Ritual, durch das die Legitimation der Macht realisiert wird. Ebenso wie bei der Gesetzgebung, die dann initiiert war, wenn sie als „gottgegeben“ bestimmt wurde.

Es ist wohl umgekehrt: EINER von einigen anderen Ursprüngen von Gottesbegriffen rekurriert sich aus der Apotheose eines mythischen „Ersten Königs“, der dann oft zugleich der Stammesgründer war.

Gruß
Metapher

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Moin,

Ich sprach von Anteilen in Völksbräuchen,
die man (bzgl. Himalay) z.B. von Ethlogogen und
Religionswissenschaftlern hören kann, die dort
live durch die Dörfer reisten (Hindukusch,
Kaschmir, Nepal). Dort fanden sich z.B. schreinähnliche
Kästen, in denen mythische Vorfahren „konserviert“ wurden, die
Schutzgeist-Funktion hatten usw.

Aber dafür muss es doch irgendwo irgend einen Beleg geben? Reliquienverehrung war und ist übrigens im ganzen buddhistischen Raum verbreitet, aber die Reliquien stammen nicht von irgend welchen direkten Vorfahren, sondern von Buddhas, verehrten Meistern etc. Vielleicht handelt es sich hier um eine Verwechselung?

Was ich damit meinte, ist, daß Volkbräuche sich in allen
Gebieten sog. „Hoch“- und „Buch“-Religionen sich oft nicht
viel um die orthodoxe Supervision scheren. Sie sind Relikte
aus vielälteren Schichten der Religionshistorie.

Hinduistische Schriften sind viel zu jung, um darüber
Inhaltliches zu zeigen.

Nun ja, aber wenn sich diese Bräuche bis in die heutige Zeit gehalten haben, muss es ja darüber irgendwo etwas zu lesen geben :smile:

Im Übrigen findet sich darüber einiges bei Alexandra
David-Neél, Evand Wentz, sowie in
Tucci und Heisig: Die Religionen Tibet und der Mongolei.

Na wenn sich darüber einiges in all diesen Werkten findet, dann kannst du doch vielleicht wenigstens eins genauer bezeichnen? Ich hab dann auch wenig Probleme, dass nachzuschauen, da ich einige der Werke der von dir genannten Autoren im Bücherregal habe, aber ein Verweis auf Ahnenkult ist mir bislang noch nicht untergekommen. Mit so vagen Angaben ist die vermeintliche Information, dass es auch im Himalayaraum Ahnenkult gegeben habe oder sogar noch gibt leider unbrauchbar (z.B. im Rahmen einer Arbeit über vorbuddhistische Religionen im Himalaya).

Schade,
Gruß
Marion

Moin,

Aus der Zeitvor dem Bön weiß nach aktuellem Stand der Dinge
kein Mensch überhaupt etwas. Man kann nur aus lokalen
Praktiken und dann vor allem aus dem Mythologischen Fundus
(genauer: aus der Dämonologie) eingiges erschließen. So z.B.
findet sich ein Hinweis aus der Tun yar mu
k’rod
-Legende: Der König findet ein in einem Felsen
verborgenes Kind, dessen Körper aus Licht geschaffen ist
(hoffentlich liest Tran nicht mit *gg*) usw.

Ähmm…was ist den die „Tun yr mu k’rod“ Legende? Ich muss zugeben, hab ich noch nie was von gehört, und das als angehende Tibetologin *g*. Gibt es dafür noch eine andere Bezeichnung?

Ich meine mich auch an Einiges in dieser Richtung aus dem
„gLing-König Gesar“ zu erinnern. Das hab ich aber nicht
markiert und er ist mir zu umfangreich, um dort nach Details
zu suchen.

Tja, der steht auch noch auf meiner „Dringend-Lesen-Liste“. Zwar sagt man dem Gesar-Epos Bön-Wurzeln nach, aber er selbst ist ja vermutlich auch nicht älter als etwas 1000 Jahre, würde somit also in die Zeit fallen, wo der Buddhismus bereits in Tibet etabliert war.

Vermutlich hätte man in den alten Klosterbibliotheken in Tibet noch Informationen hierzu finden können, aber das meiste wurde ja leider von den Chinesen abgefackelt und die Reste sind in alle Welt zerstreut und zum Teil bis heute noch nicht mal gesichtet oder Katalogisiert.

Ich denke aber schon, dass es wissenschaftlich haltbar ist zu sagen, dass entsprechend dem heutigen wissenschaftlich gesicherten Wissensstand keinen Ahnenkult in Tibet und den Himalaya-Regionen gibt oder gegeben hat.

Die Mongolei ist wiederum ein anderes Kapitel, da sich siese
ja bis ins Kerngebiet Chinas erstreckt und ich davon ausgehe,
dass es hier durchaus chinesische kulturelle Einflüsse gab

Wohl eher umgekehrt, mongolische Einflüsse in China.

Auch was den Ahnenkult betrifft? Die Sheng, die ich in meinem Posting weiter oben erwähnte, und die zumindest ursächlich für den heutigen Ahnenkult in China sein dürfte, waren ja eher am Gelben Fluss ansässig (siehe Karte hier: http://en.wikipedia.org/wiki/Shang_Dynasty). Gibt es bei Zhou-Reich Verbindungen zu den Mongolen?

Zumindest was den asiatischen Raum angeht so einige. Das
spezifische des chinesischen Ahnenkults ist meiner Meinung
nach die Verquickung der weltlichen Hierarchie mit dem „Himmel“.

Die chinesische tien-Philosophie trifft
darauf schon zu,klar, aber sie ist ebenfalls zu jung, um
übervolksreliöses Auskunft zu geben.

Mir ist nicht ganz klar, was du in diesem Zusammenhang als „volksreligion“ und „jung“ bezeichnest :smile: Die von mir genannten Verquickung fand während der Zhou-Dynastie statt, also ab ca. 1000 v. Chr. Über die Zeit davor findet sich kaum Informationen. Selbst die Informationen über die unmittelbar davor liegende Sheng-Dynastie stammen im Wesentlichen aus Quellen der Zhou-Dynastie. Was meinst du denn mit „Tien-Philosophie“

Klar gibt es das alles, aber wo gibt es denn die speziell
chinesische Verquickung vom derzeitigen weltlichen Herrscher
mit der Hierarchie im „Himmel“ also im „Jenseitigen“? Ich
finde diese Eigenart nämlich durchaus wichtig, weil nur sie
eine bestimmte Obrigkeitshörigkeit erklärt.

Ein weiteres Beispiel ist Japan: %rarr; Amaterasu und der
Tenno.

Oh, ok, Japan hab ich nicht auf dem Schirm :smile:

Das ist vor allem auch Standerd in ALLEN vorderorientalischen
Staaten gewesen. Der rituelle Königstitel war „Sohn Gottes“
und die Initiations-Rituale realisierten das Mythem der
Identifizierung des aktuellen Königs mit dem mythischen Ersten
König. So auch bei den ägytischen Pharaonen (ich weiß aber
nicht, ob das auch in späteren Dynastien dort noch so war).

Und, ja, das ist das Ritual, durch das die Legitimation der
Macht realisiert wird. Ebenso wie bei der Gesetzgebung, die
dann initiiert war, wenn sie als „gottgegeben“ bestimmt wurde.

Ich hatte die vorderorientalischen Religionen eher so verstanden, dass es durchaus noch einen Gott gab, der über dem weltlichen Herrscher stand und nicht gleichbedeutend mit dem weltlichen Herrscher war.

Es ist wohl umgekehrt: EINER von einigen anderen Ursprüngen
von Gottesbegriffen rekurriert sich aus der Apotheose eines
mythischen „Ersten Königs“, der dann oft zugleich der
Stammesgründer war.

Ok, aber einen Gott, der quasi nochmal über dem verstorbenen gottgewordenen Herrscher steht, gibt es nach der chinesischen von mir oben skizzierten Vorstellung nicht. Demnach nimmt der Geist des Ahnen den Platz in der „göttlichen“ Hierarchie ein, den er als Mensch auch auf Erden gehabt hat. War die Vorstellung in den vorderorientalischen Religionen auch so?

Gruß
Marion

Moin Marion,
hast Du das Sutta, auf das ich verwiesen hatte, denn gelesen?

_1. Außerhalb der Mauern stehen sie, in Höhlungen und an Kreuzwegen; sie stehen an den Türpfosten, ihr eigenes (altes) Heim wieder besuchend.

  1. Wenn viel Speise und Trank, harte und weiche Speise, aufgetragen ist, gedenkt niemand infolge seiner Beschäftigung dieser Wesen.

  2. Es spenden aber die, welche mitleidsvoll sind, den [abgeschiedenen] Anverwandten reine, köstliche, angenehme Getränke und Speisen zu passender Zelt. Solches soll euren [abgeschiedenen] Anverwandten geschehen; mögen die [abgeschiedenen] Anverwandten glücklich sein!

  3. Und die dort zusammengekommenen Geister der Anverwandten* versammeln sich und nehmen aufmerksam mit Danksagung die vielen Speisen und Getränke an.

  4. „Lange mögen“ [- so denken sie -] „unsere Verwandten leben, durch die wir [solches] empfangen. Eine Devotion (oder: ein Opfer, pūjā) ist uns gemacht worden, und die Spender bleiben nicht ohne Lohn.“

  5. Denn dort ist kein Ackerbau, es findet sich dort keine Zucht von Rindern; ein solcher Handel [wie bei uns], nämlich Austausch gegen Gold, ist nicht vorhanden. Die abgeschiedenen Geister dort erhalten sich durch die [ihnen] von hier aus gespendeten Gaben.

  6. Wie das herab regnende Wasser aus der Höhe in die Tiefe fällt, ebenso nützt den abgeschiedenen Geistern die von hier aus (ito) dargebrachte Spende.

  7. Wie die vollen Wasserströme das Weltmeer füllen, ebenso nützt den abgeschiedenen Geistern die von hier aus (ito) dargebrachte Spende.

  8. „Er hat mir Geschenke gemacht, er hat mir Gutes getan, er war mein Verwandter, Freund und Genosse,“ indem man sich [also denkend] des früher Getanen erinnert, möge man den abgeschiedenen Geistern ein Opfer (dakkhinā) darbringen.

  9. Denn wenn die Verwandten so [trauernd] dastehen, sind weder Weinen, Kummer noch andere Wehklagen den abgeschiedenen Geistern von Nutzen.

  10. Und diese dargebrachte Spende hat einen festen Grund in der Gemeinde, und sie gereicht ihr für lange Zeit notwendigerweise zum Heile und ist ihr nützlich.

  11. Diese Verwandten-Pflicht (ñātidhammo) ist nun dargelegt und den abgeschiedenen Geistern ist ein hervorragendes Opfer dargebracht worden; den Mönchen ist [dadurch] Kraft verliehen, und ihr seid auf ein großes moralisches Verdient bedacht gewesen.

*Anm.: ñātipetā. Peto (sanskr. preta = pra + i + ta) ist ein Abgeschiedener, der Geist eines Verstorbenen.
(Übers. Karl Seidenstücker)_

Zum Text gibt es auch eine umfangreiche Anmerkung Seidenstückers, sie findet sich hier: http://nibbanam.de/pk/palikanon.com/khuddaka/khuddak… 4

Freundliche Grüße,
Ralf

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