Folter erlaubt?

Hallo,

Wie die Gerichte es sehen bleibt abzuwarten.

Ja, das werden wir früher oder später schon sehen.

In einer Sache bin ich mir jedoch sicher: Die Strafe wird,
wenn es denn zu einer Verurteilung kommt - und davon gehe ich
bei dem Pressedruck aus - äußerst gering ausfallen.

Das sehe ich auch so. Ich will den Typen ja nicht gleich einknasten. Es ginge mir ja nur darum, dass Folter IMO als Mittel staatlicher Gewalt (und ich finde eben, dass es sich hier um staatliche Gewalt handelt, auch wenn das vlt. einige andere sehen) in keinem Fall Berechtigung haben darf. Eine symbolische Strafe würde es hier allemal tun, schließlich wars ja wirklich eine moralische Zwickmühle mit der Chance ein Leben zu retten und die Folter wurde ja nicht wirklich durchgeführt.

mfg
deconstruct

Hallo,

Es hat doch funktioniert!

Es hat auch zu Zeiten der Inquisition sehr oft funktioniert. Und oft eben auch nicht.

Er hat ihnen dann den Ort gezeigt,
wor er die Leiche deponiert hatte. Die Beamten konnten bis
dahin nicht wissen, dass der Junge tot ist.

Und was, wenn er es nicht weiß? Was, wenn der Verdächtige noch nicht mal der Täter ist? Und wer legt fest, wann es gerechtfertigt ist? Und wie weit darf der Beamte gehen? Und wer kontrolliert es?

Siehst du nicht wo das hinläuft? Das läuft in eine Willkürlichkeit. Und ein Rechtsstaat kann keine Willkür dulden, weil das der Anfang von seinem Ende ist. Ich finde es erschreckend, wie leicht die Menschen einfach essentielle Grundrechte über Bord werfen wollen. Kein Mensch sympatisiert mit dem Kindermörder, aber ich will kein Grundrecht für ein bisschen mehr Sicherheit eintauschen.

Ums mit Thomas Jefferson zu sagen:

Those who desire to give up Freedom in order to gain Security,
will not have, nor do they deserve, either one.

mfg
deconstruct

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Hallo Max,

da ist die Situation eine andere.
Hier bedroht ein tatsächlicher Täter eine Person - daher sehe ich hier die vielzitiere Nothilfe als gegeben an.

Aber einen mutmaßlichen Täter zu foltern ist nicht das selbe.

Gruß Ivo

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Hallo,

Der finale Todesschuß ist erlaubt und wird von den meisten
Bundesbürgern befürwortet!!

Da ist der Täter aber auch noch wehrhaft und es ist klar, dass es sich um den Täter handelt und dass sich eine Geisel z.B. in seiner Gewalt befindet die mit dem Leben bedroht ist.

Warum dann nicht die DROHUNG auf körperliche Schmerzen??

a) ist eine reine Drohung sinnlos, wenn es nicht durchgeführt werden will. Da hör ich den Täter schon sagen „Ihr machts ja eh nicht“. Eine Drohung nützt nichts, wenn es nicht auch durchgeführt werden darf.
b) Damit erlaubst du staatliche Folter. Und ich denke nicht, dass du das willst (zumindest hoffe ich, dass die Mehrzahl der Menschen keine Folter haben will). Der Türkei werfens wir vor, und sagen, dass sie das abstellen muss um in unser „Wertesystem“ zu passen, und jetzt fangens wir selber an, oder wie? Klingt irgendwie sehr reaktionär und unlogisch.
c) Wer sagt dir, dass der Verdächtige auch der Täter ist? Was, wenn er gar nicht weiß, was du wissen willst? Wie weit darf die Folter gehen? Wer legt fest, wann Folter erlaubt ist? Wer kontrolliert es?
Alles Dinge, die ich nicht besonders für diese Praxis sprechen.

mfg
deconstruct

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Hallo,
ich glaube keiner hier hält das Verhalten der beteiligten Beamten für unverständlich. Ich hätte sicher genauso gehandelt. Die Frage ist nur, ob der Staat sein „für gut befunden“ Siegel offiziell da draufpressen sollte - m.M. nein.

Vor Jahren gab es mal einen Bus, welcher mit bewaffneten
Kriminellen durch die Gegend fuhr. Dabei sogar das Fernsehen.
Gezeigt wurde eine junge Frau mit einer Pistole am Hals. Also
mit dem Tode bedroht. Diese Frau wurde dann von den
Kriminellen erschossen.

Ja - Gladbecker Geiseldrama.

Das alles spielte sich vor der Weltöffentlichkeit ab. Und ich
würde den als Kriminellen bezeichnen, der diese junge Frau
nicht zu retten versucht, durch Bedrohung eines dritten oder
vierten Kriminellen, den man in Gewahrsam hat. Wenn eine
Rettung so möglich gewesen wäre.

In dem Fall wohl kaum. Aber was schwebt Dir konkret vor - z.B. die Mütter der Geiselnehmer mit Wumme als Gegengeiseln ?

Gruss
Enno

Grundsatzproblem
Hallo Max,

Das Dumme an dieser Diskussion ist, dass keiner der Teilnehmer
jemals diese Situation einer Geisel oder die eines
ausführenden Polizeibeamten erlebt hat. Wenn die Befürworter
einer Strafe für die beiden Beamten mal selbst entscheiden
müßten, was zu tun ist, um einen kleinen Jungen zu retten,
würden sie Rechtstaat, Rechtstaat sein lassen. Vor allem mit
dem Gedanken an den finalen Todesschuß, der erlaubt ist.

Du sagst es. Eben weil man als Geisel oder Polizeibeamter nicht objektiv und gesellschaftlich weitblickend entscheiden kann, sollten solche Entscheidungen auch nicht bis in die letzte Instanz allein den Betroffenen überlassen werden.

Aber - wenn sich etwas nicht öffentlich abspielt, wird ein
Beamter (sowieso Prügelknabe der Nation) schnell zum
Übeltäter. Wäre der Junge auf Grund der Schmerzdrohung
gerettet worden, wären die beiden Polizisten die großen
Medienhelden und kein Mensch würde über das Thema weiter
reden.

Das glaube ich aber nicht.

Folter sollte natürlich verboten bleiben, aber einen
verbrecherischen Kidnapper, der allein wegen der Drohung schon
alles ausplaudert, zeigt doch, dass Drohung erlaubt sein
sollte.

Du übersiehst, daß ein konsequent verantwortungsvoll, ethisch und gerecht entscheidender und handelnder Staat und dessen Behörden eine besondere Achtung und Akzeptanz erreichen könnten. Gerade durch das absolute und uneingeschränkte Bekenntnis zur sühnelosen Rechtsstaatlichkeit der Vernunft wird eine Einstellung aufgezeigt, die widerspruchsfrei und argumentativ quasi unanfechtbar ist. Androhung und/oder Anwendung von Folter aus pragmatischen Motiven (also nicht aus Rache) ist damit unvereinbar.

Als kleines Beispiel mag gelten, daß es z. B. nicht unüblich geworden ist, kleinere Steuerbetrügereien als Kavaliersdelikt damit zu rechtfertigen, daß die Finanzbehörden in bekannt gewordenen Fällen Ungerecht gewesen sind oder daß der Staat vielfach Steuern verschwendent hatte. Übertragen auf den vorliegenden Fall hieße das, daß man den Respekt vor den Polizeiorganen und deren Maßnahmen verliert, sobald die erweiterten Befugnisse (Drohungen, Folterungen, verdachtslose Kontrollen oder prophylaktische Festnahmen) zu bekannt gewordenen Irrtümern geführt haben.

Was ich hiermit meine wird deutlich wenn man bedenkt, daß die Todesstrafe in den USA meiner Meinung nach hierzulande unverhältnismäßig kritisch diskutiert wird, während meist unerwähnt bleibt, daß die Todesurteile von einer völlig inkonsistenten und stellenweise klar ungerechten Justiz ergehen und sich deren Ermittlungen einiger wachsweicher Bestimmungen und der gewollten Behördenwillkür bedienen. Das Resultat: In den USA ist es mitunter wichtiger, irgendeinen Täter zu fassen und abzuurteilen, als den wahren Täter zu belangen.

Der Staat und seine Behörden müssen also gerade in Dingen, die das unmittelbare körperliche Wohl seiner Bürger betrifft, unbedingt unangreifbar bleiben resp. wieder werden. Dies ist ein Grundprinzip des zivilen Zusammenlebens.

Ich räume allerdings ein, daß eine Ausführung des Angeklagten Beamten mich nachdenklich gestimmt hat; er fragte, was zu tun sei, wenn man denjenigen verhaftet hätte, der den Code zur Entschärfung einer in Köln plazierten Atombombe besitzt und diesen nicht nennen will. Trotzdem auf die Folter als ultima ratio verzichten?

Aber genau deshalb finde ich es höchst bedenklich, daß Du nicht dafür eintrittst, daß pragmatische Folter künftig in die Gesetze aufgenommen wird, sondern daß die hier bereits angewandte (psychische) und angedrohte (körperliche) Folter von unserer Justiz durch Freispruch abgesegnet werden soll, obgleich sie den Gesetzen zum Tatzeitpunkt klar widerspricht! Das ist Anarchie.

Ich hoffe, dass man die beiden Beamten nicht verurteilt.

Ich hoffe, daß bei der Verhandlung die Verfassung der BRD einschließlich ihrer einzelnen Gesetzeswerke beachtet und umgesetzt werden. Wenn dann noch Spielraum bleibt, die Beamten nicht zu verurteilen, kann ich damit leben.

Grüße
R o b.