Hallo Harald
a) erkennt er irgendwann, dass er einer Hass-Ideologie
aufgesessen ist, und sich hat dazu verführen lassen, für eine
Ideologie Menschen zu töten ? In diesem Fall wird er wohl kaum
an irgendwelchen SS-Ehemaligentreffen teilnehmen.
b) steht er auf dem Standpunkt: Wenn ich es nicht getan hätte,
hätten mir meine eigenen Vorgesetzten eine Kugel durch den
Kopf gejagt ? War es überhaupt möglich, zur NS-Zeit sich dem
Wehrdienst zu entziehen, ohne sein eigenes Leben zu riskeiren
? Wohl kaum. Auch dieser Mensch wird wohl kaum an
irgendwelchen SS-Ehemaligentreffen teilnehmen.
Du hast einen Umstand völlig außer Acht gelassen.
Kannst Du Dir vorstellen, dass in einer Zeit, in der es einem
dreckig geht (und wem ging es an der Front nicht dreckig?),
Freundschaften zustande kommen, die über diese Zeit
hinausreichen?
Klar kann ich mir das vorstellen. Aber wenn solche Freundschaften zustande gekommen sind, dann wird man sie doch wohl das ganze Jahr über pflegen, und dafür nicht irgendwelche Veteranentreffen abhalten müssen, oder ?
Und wenn diese Männer an diese Zeiten zurückdenken, erinnern
sie sich eben an Menschen, denen es genauso ging und die ihnen
damals hilfreich (vielleicht auch tröstend) zur Seite standen.
Warum sollte so ein Mensch nicht das Bedürfnis haben, diese
Freunde wiederzusehen?
s.o.
Ich denke, der größte Bedarf an Erfahrungsaustausch war vermutlich kurz nach Beendigung des Krieges, als diese Männer plötzlich erkennen mussten, welcher Hassideologie sie zum Opfer gefallen sind. Und ich sage bewußt OPFER. Diese Männer hatten nur etwas mehr Glück als andere ihrer Kameraden, sie haben nämlich überlebt. Was sollen diese Treffen aber noch 50 Jahre danach ?
Hast Du schon mal an so einem Treffen teilgenommen?
Weißt Du, wovon dort gesprochen wird?
Denkst Du vielleicht, dass dort die Kriegsideologie
hochgehalten wird?
Das werde ich dir bald sagen können, ich werde mich nämlich mal ein bisschen schlau machen 
ABER: Muss man diese Treffen (und die geistige Haltung, die
dadurch zutage tritt, und die ich oben versucht habe, zu
beschreiben) dadurch aufwerten, dass man an ihnen teilnimmt,
eine Rede hält, etc. ?
Haben alte Menschen kein Recht auf eine Ansprache eines
Politikers?
Klar, hat jeder alte Mensch. Warum tritt Haiderlein nicht regelmäßig in Altenheimen auf ?
Soll man ihnen sagen, dass ihr Einsatz wertlos/sinnlos war?
Und wenn es da Menschen gibt, denen Kameradschaft,
Hilfsbereitschaft und Schutz der Heimat wertvoll erscheinen,
darf man sie dafür nicht loben?
lieben Harald, ja, genau das muss ihnen endlich mal jemand sagen: Dass ihr Einsatz wertlos und sinnlos war. Als das deutsche Reich noch oben auf war, hat es fast ganz Europa als Agressor in Schutt und Asche gelegt und Millionen von Menschen ermordet. Dies ist nicht nur wert- oder sinnlos, sondern ein Verbrechen. Als sich das Blatt dann wendete, waren die deutschen Truppen nicht in der Lage, ihre Heimat zu schützen. Auch hier haben sie wieder versagt. Wofür willst du sie also loben ?
Ich denke, man sollte die geistige Haltung nicht beurteilen,
bevor man nicht mit diesen Menschen gesprochen hat.
Ich habe mit vielen Menschen gesprochen, die als Soldaten im WWII waren. Die Opas, die an SS-Ehemligentreffen teilnehmen, sind jedoch eine kleine Minderheit. Was meinst du, unterscheidet diese Menschen von den anderen ? Waren die anderen keine guten Kameraden etc. ?
„Urteile nie über jemanden, ehe Du nicht eine Meile in seinen
Schuhen gegangen bist.“
Ich weiss jetzt nicht, von wem das stammt, aber ich halte es
für gut.
Tja, ich kann aber kaum Bomben auf Städte schmeissen, Zivilisten erschießen, meinen besten Freud im Schützengraben neben mir krepieren sehen etc. nur um herauszufinden, wie man sich dabei wohl fühlt oder wie man solche Erfahrungen anschließend bewältigen kann. Aber über eines bin ich mir ziemlich sicher, Menschen, die solche traumatischen Erfahrungen machen mußten, brauchen keine Veteranentreffen sondern therapeutische Begleitung.
Gruss
Marion