Hallo,
ohne Dich persönlich näher zu kennen, kann man dazu natürlich nicht viel sagen. Es kommt z.B. sehr darauf an, wie man seine Meinung sagt und vertritt. Das kann man in einer Form tun, die die eigene Meinung als die einzig überhaupt vertretbare Meinung darstellt, sofort in Angriff übergeht, wenn sich die Gelegenheit bietet, und dabei auch keinerlei Scham kennt, … Das kann aber natürlich auch in einer Art passieren, die absolut „verträglich“ ist, und es auch bleibt, wenn man genau weiß, dass der andere falsch liegt, und ihn deshalb trotzdem nicht bloß stellt.
Sicherlich gibt es Männer, der unbedingt „vorn stehen müssen“ - das Thema gab es hier ja gerade. Und die um den Verlust ihrer Männlichkeit fürchten, wenn sie eine Partnerin auf Augenhöhe akzeptieren würden. Sicherlich gibt es auch Männer, die sich gerne von starken Frauen unterbuttern und bemuttern lassen - und Frauen, die ebenfalls genau so eine Situation anstreben.
Ich kenne aber auch genug Paare in meinem Umfeld, bei denen sich beide nicht verstecken müssen. Der eine hier, der andere da besondere Stärken hat, es beruflich mal hier mal da „bedeutender“ aussieht, mal der eine, mal der andere mehr Geld mit nach Hause bringt, man sich bzgl. Kinderbetreuung ganz sachlich mal so, mal anders entscheidet, und wo das Ganze nach glücklicher Beziehung aussieht (und zwar schon seit gefühlten Ewigkeiten). Und wenn ich mir so meine Freundinnen ansehe, dann sind das eigentlich alles sehr starke (man könnte auch fälschlich sagen „dominante“) Frauen, die eine zum Teil bemerkenswerte Ausbildung und Karriere hin gelegt haben, und trotzdem absolut „partnerschaftstauglich“ auf Augenhöhe sind.
Und bei uns selbst ist es auch nicht anders. Ein „Heimchen am Herd“, wäre für mich nie als Partnerin in Frage gekommen. Meine Frau wollte auch weder das Weichei zum Unterbuttern, noch jemand, zu dem sie ständig hätte aufsehen sollen und müssen.
Das Leben hat es dann so mit sich gebracht, dass wir mehrfach in der Situation waren, dass es gewechselt hat, wer mehr verdient hat, den nach außen höheren Status hatte, … Für uns war das nie ein Problem, und wird es nie ein Problem werden. Aber auch meine Frau wurde eine Weile „komisch angesehen“, weil sie eben „immer noch keinen Partner hatte“, und das ging genau in die Richtung, wie bei Dir.
Umgekehrt habe ich aber auch festgestellt, dass viele Menschen sich überhaupt nicht vorstellen können, dass die Partner von gut ausgebildeten und beruflich erfolgreichen Frauen auch noch eine eigene „Existenzberechtigung“ haben. Da braucht man dann als Mann völlig unabhängig vom tatsächlichen eigenen Standing gelegentlich schon ein recht dickes Fell (auch wenn das in der Partnerschaft selbst überhaupt kein Thema ist). Ich habe zu Zeiten, als meine Frau einer Verwaltung mit über 700 Leuten hier vor Ort vorstand, während ich einen für sich genommen ebenfalls „Super-Job“ am anderen Ende der Republik machte, auf die erstaunte Äußerung: „Ach, und Sie arbeiten auch noch?“, schon mal geantwortet: „Nein, ich liege den Tag über in der Schublade, und meine Frau holt mich da raus, wenn sie nach der letzten Sitzung des Tages nach Hause kommt“.
So in der Öffentlichkeit „nicht gesehen“ zu werden, liegt vielleicht auch nicht jedem Mann, und da muss abgesehen von dem „dicken Fell“ natürlich auch die Partnerschaft so sein, dass beide Partner darauf achten, dass auch der jeweils andere richtig wahrgenommen wird, auch wenn der ggf. gerade mal einen Karriereknick hat, oder aufgrund bewusster Entscheidung von beiden gerade wegen der Kinder beruflich etwas zurücksteckt, … Da müssen sich dann schon die beiden Richtigen finden, und der Markt dafür ist zugegebener Maßen vielleicht kleiner als der für ein klassisches Rollenverständnis mit einem „vorne stehenden“ Mann und der Hausfrau und Mutter mit kleiner Aushilfstätigkeit hübsch brav drei Schritte dahinter. Aber es gibt die passenden Männer durchaus.
Gruß vom Wiz