Also kurz erklärt: Uwe hasst die Rechtschreibreformen
Steht er eigentlich mit allen auf Kriegsfuß oder nur mit der
von 1996?
Mich würde mal interessieren, was er z.B. zu der „Reform“ von
1901 hält.
Gute Frage. Das täte mich auch interessieren.
Ich dachte bisher, ihm seien nur die Reformen von 1996 und danach verhasst und er hat arbiträr einfach die Rechtschreibung aus seiner Schulzeit als perfekten Ausgangspunkt gewählt.
Das ist ja bei vielen Anglizismen- und Sprachwandelgegnern so, die einfach das Deutsch ihrer Schulzeit zum erstrebenswerten Standard erheben. Jeglicher Sprachwandel vorher ist dann immer völlig natürlich und hat zur besseren Verständlichkeit beigetragen, jedes Lehnwort, das sich bis zu deren Schulzeit gehalten hat, hätte die Sprache bereichert, aber alles was (grob) danach passierte, verschlechtert nur die Qualität der deutschen Sprache. Das bekommt man sehr oft mit. Und das ist lustigerweise bei allen Sprachwandelgegnern so, egal wann sie lebten und schrieben… man hat dann also mehrere Standards.
Ich les zurzeit viel über die Rechtschreib- und Sprachreformen der chinesischen Sprache, und da seh ich immer mal Parallelen. Schon witzig. Vor etwas über 100 Jahren hat man dort die vorher übliche Schriftsprache „klassisches Chinesisch“ (noch aus Konfuzius’ Zeiten!) abgeschafft, weil man die nicht mehr verstehen konnte beim Vorlesen und weil sie keiner wirklich sprach (ähnlich wie Latein in Europa vor ein paar hundert Jahren), man hat dann versucht, die Umgangssprache zu vereinheitlichen. Viele Gelehrte haben sich dagegen gesträubt, lamentiert, krakélt, geschimpft, am Ende hat sich die Umgangssprache doch als Schriftsprache durchgesetzt. Ähnliches passierte bei der Schriftreform (die Schrift wurde auf dem Festland ein Stück vereinfacht) in den 50ern und 60ern. Viel Geschrei bei einem kleineren Teil der Bevölkerung. Heute sieht jeder die Vorteile (auch wenn viele von mangelnder Ästhetik oder schwierigerer Sichtbarkeit der Etymologie reden) und es gibt keine Bestrebung mehr, zu den traditionellen Schriftzeichen zurückzukehren oder gar klassisches Chinesisch wieder als Schriftsprache einzuführen. Und das ist die allgemeine Meinung, keine Propaganda oder so.
Das ist natürlich alles viel drastischer als unsere kleine Winzreform, die wir da um 1996 hatten. Und auch die von 1901 hat ja nicht so viel geändert, wie die Reformen in China.
Aber ich schweife ab. Ich verbringe zu viel Zeit in der Sinologiebibliothek.
Gruß,
- André