Direkte Antwort auf den zweiten Versuch
Hallo Mina,
Lege mich bitte nicht auf klassisch philosophische Axiome
fest,denn spätestens da fängt auch in dr Philosophie die Ebene
des Glaubens an.
das würde ich bestreiten, und zwar deshalb, weil es alle Philosophie verbindet, dass sie sich an logische Regeln hält. Wenn ich A behaupte, dann muss ich auch (zunächst jedenfalls) bei A bleiben und kann nicht plötzlich Nicht-A behaupten, weil mir heute (vom Gefühl her) danach ist. Mit der Kausalität (Ursache-Wirkung) - da hast du Recht - ist das so eine Sache, aber mit der logischen Grund-Folge-Beziehung darf man vom philosophischen Standpunkt aus nicht abrücken, weil man sonst die ganze Philosophie aufgeben muss.
Axiome werden angenommen - auch da hast du Recht -, aber sie werden, wenn sie richtig verwendet werden, nicht einfach geglaubt, wie du schreibst. Axiome kann man - sagen wir mal - einsichtig machen. Ich habe das schon mal hier am Beispiel der pragmatischen Notwendigkeit von Argumentationsregeln ausgeführt.
Wer argumentiert, der muss - vom Wort her - davon ausgehen können, dass sein Argumentationspartner denselben Regeln folgt, weil sonst das ganze Prinzip außer Kraft gesetzt wird. Wer also in einer Argumentation von vornherein sagt, dass er seinem Gegenüber nicht glaubt, der argumentiert gar nicht, sondern verlässt den Rahmen der Argumentation.
Wenn man nun über den Rahmen der Argumentation selbst diskutiert - wie wir es hier tun -, müssen wir also zumindest voraussetzen, dass jeder dem anderen glaubt, dass er das, was er sagt, auch wirklich meint. In diesem Sinne geht also das Axiom (hier das Prinzip der Argumentation) auch, wenn der Objektrahmen verlassen und der Metabereich (die Methodendiskussion) betreten wird. Und weil selbst derjenige, der dieses Axiom bestreitet, es pragmatisch voraussetzt, gilt dieses Axiom immer und ohne Ausnahme (unter der Voraussetzung, dass ich diskutieren will).
Das war ein Beispiel für ein grundlegendes Axiom der Philosophie, das man sinnvoll nicht bestreiten kann, selbst wenn man über die Möglichkeit oder Richtigkeit von Philosophie diskutiert.
Überhaupt ist es doch so, ist überhaupt mehr möglich, als daß
einer sagt, was er oder sie sieht, und der andere stellt
seines daneben?
Aber dann ist es keine Diskussion, sondern ein Erfahrungsaustausch, mit dem jeder dann allein zurechtkommen muss.
Immer mehr komme ich zu der Überzeugung,daß das viel
fruchtbarer ist, las dem Anderen irgendwas nachweisen zu
wollen, was der aber so vielleicht nicht einsieht, weil seine
Axiome andere sind.
Damit würdest du dich selbst (und mich und die Mitleser) doch einer wichtigen Erfahrung berauben.
Form.Was ich meinte war,daß es ein
Unbewußtes gibt, in jedem und das haben sie erkannt.
Die Existenz dieses unbewußten ist eine Prämisse für alles,
was ich hier schreibe, ich halte es für recht relevant,
dieses mit einzubeziehen.Denn sehr oft, wo Bewußtsein fehlt,
füllen wir die Lücken mit
Projektionen,Rationalisierungen,Übertragungen und so weiter,
Du kennst die Abwehrmechanismen, denke ich.
Das ist natürlich ganz richtig. Mein Argument bleibt aber bestehen, dass man das Unbewusste aus der Richtung des Bewussten begreifen muss, weil man es nur hierdurch kann. Wer das Bewusste vom Unbewussten her interpretiert, geht den falschen Weg, weil das Begreifen von etwas Bewusstheit voraussetzt. Unbewusstes ist ja gerade dadurch schwer zugänglich, dass es unkritisch im Sinne von „irrational“ ist.
Ein richtiges Bewußtsein gibt es nicht.Es ist eine Qualität
des Geistes(der für mich nicht daa Gleiche bedeutet wie
Intellekt),die wertfrei und eindeutig ist.Ich nehme mal das
Höhlengleichnis dafür,dies zu veranschaulichen.Man kann die
Schatten sehen,und hält diese für Realität, ohne zu wissen,
daß es die Sonne gibt und die Urbilder,so glaubt man denn also
an die Schatten.Dieses ist leicht missverständlich,man kann
dieses denken sogar arrogant nennen, und ich hoffe, daß Du
mich nicht mißverstehst, ich meine es nicht so, daß die einen
die dummen sind und die anderen die schlauen.Aber, wenn ich
die Sonne gesehen habe,und das was sie mit den Gegenständen
macht, dann werde ich mich nie wieder von niemandem von der
Wahrhaftigkeit der Schatten überzeugen lassen.
Diese Argument ist sehr merkwürdig, weil du Platon aus deiner Sicht interpretierst und dem Höhlengleichnis eine Bedeutung gibst, die der von Platon beabsichtigen konträr gegenübersteht. Für Platon ist ja gerade der Bereich der Ideen und Begriffe das eigentlich Wirkliche. Die Menschen in der Höhle sind ja bei Platon gerade deswegen arm dran, weil sie das Licht der Ratio nicht sehen. Sie sehen - wieder nach Platon - nicht, das ihre konkrete Welt, ihre Gefühlswelt an begriffliche Voraussetzungen gebunden ist. Das jedenfalls ist das Argument Platons. Wenn du gerade dieses Beispiel, das die Grundlage aller Philosophie ist, in der Bedeutung umkehren willst, dann ist das ein Freudsches, aber kein Platonisches Argument.
Freud nun aber muss man - aus der philosophischen Sichtweise - eben gerade das entgegnen - und das würde er wohl auch selbst zugeben (vielleicht) -, dass man - wie oben gesagt - das Unbewusste analysieren , also rational begreifen muss. Unbewusst - das heißt synthetisch - ist es von ganz allein.
Ja, ich verstehe, wie Du es meinst, in diesem Falle sehe ich
aber,daß es richtig ist.In anderen Fällen mag ein solcher
Gedankengang falsch sein.Da verlasse ich also die rationale
Ebene, weil ich mir bewußt bin,und Bewußtsein ist natürlich
nicht beweisbar und auch nicht mit allgemeingültigen Regeln in
dieser von Dir benutzten Form regelbar.
Auch wenn Du das vielleicht anders siehst, glaube ich, daß Du
weißt, was ich meine.
Nein, diesen Abschnitt verstehe ich leider nicht.
Du meinst sicher, dass die Wirkung einer Sache in ihrer
Komplexität nicht erfasst werden kann.
Ja, auf rationaler Ebene definitiv nicht…sage ich.
Das gebe ich ohne Einschränkung zu. Aber das widerlegt nicht die Ratio, sondern zeigt nur ihre Grenzen auf, denen man sich aber nur auf die beschriebene Weise nähern kann.
Ja,so ist es, aber es muß ja auch niemandem weitergeholfen
werden.Warum kann man nicht einfach mal die Ebene wechseln,
und aufhören, das zu tun, was Du als „diskutieren“
bezeichnest?
Weil wir uns dann nur noch mittels Streicheleinheiten auf der einen Seiten und Plakaten auf der anderen Seite unterhalten könnten. Es würde keinen Fortschritt, keine Entwicklung der Persönlichkeit stattfinden, weil wir ja nichts lernen könnten - jedenfalls nícht auf dieser Ebene.
Einer erklärt seins, der andere hört und versucht sich darauf
einzulassen,ohne es zu bewerten, gewahr dessen,daß wir alle
nur verschieden große Tortenstücke der Realität sehen.Also
gucke ich mir Deine Schokoladentorte an und koste sie ein
bisschen, hmm,ist bereichernd, und lade Dich ein, meine
Erdbeertorte kennenzulernen.(Ich habe Hunger, darum dieses
Bild).Weißt Du was ich meine?Keiner hat Recht,und es geht ums
erweitern.
Doch, doch: Nicht „keiner hat Recht“, sondern „beide haben Recht“, aber jeder auf seiner Ebene. Jetzt ist nur die Frage, welche Ebene man wann wählen sollte, und mit welchem Ziel.
Intuition und Gefühl sind zweierlei,da widerspreche ich auch
demetrius.Gefühl ist subjektiv und Folge meiner individuellen
Persönlichkeit.
Intuition ist eher sowas wie Weisheit,das Offenbarwerden von
Erkenntnissen und Zusammenhängen durch „intuitiv-unmittelbares
Erfassen“.Das hat der Psychologe Fritz Riemann so ausgedrückt.
Intuition ist also eine „ganzheitliche Einsicht“, so richtig?
Meinetwegen. Aber auch das setzt Ratio voraus. Fritz Riemann ist aber dafür eigentlich ein schlechtes Beispiel. Gerade Riemann zerstückelt doch die Menschen, indem er sie in Schubladen einteilt. Seine Persönlichkeitslehre übrigens ist zwar populär, aber so naiv, wie es nur geht, vergleichbar etwa mit der Elementenlehre der Antike, die ja auch nicht weit geführt hat.
Du wunderst dich vielleicht, dass ich Riemann kenne, aber das ist keine Kunst, denn ich habe als Jugendlicher solche Werke (das soll schon abwertend klingen) regelrecht verschlungen. Riemann denkt analog, und nicht ganzheitlich, obwohl er es behauptet. Als ich dann im Studium mich mit der Materie wirklich intensiv auseinandersetzen konnte, war das für mich wie eine Befreiung.
Das sehe ich anders:Wissen erfährt,sammelt man durch
Erfahrung, es summiert sich im zeitlichen Verlauf.
Erkennen ist das oben beschriebene sehen,offenbarwerden.
Die Basis der Erfahrungswissenschaft ist das kausaldenken,das
erforschen des Verhältnisses von Ursache und wirkung mit Hilfe
des Experiments und der Statistik.
Die Basis der Offenbarungswissenschaft ist das finale Denken,
welches das einzelphänomen und seinen Sinn aus dem
ganzheitlichen zusammenhang seiner Idee, seines Gestaltplanes
zu verstehen versucht.
Einige (historische) Begriffserklärungen, damit wir beide wissen, ob wir dasselbe meine oder nicht, bzw. ob wir die Begriffe angemessen verwenden:
Diskussion:
lat. discutio, discussi, discussum = zerteilen, auseinandernehmen (neulat. untersuchen)
Argument:
lat. argumentum = Beweismittel, Grund, Mittel der Veranschaulichung
Wissen:
- lat: scire = erfahren, verstehen, entscheiden
- lat: nosse = kennen. lernen, verstehen
- lat: cognovisse = kennenlernen, wahrnehmen, erfahren
Erkennen:
- lat: videre = sehen, wahrnehmen
- lat: cernere = unterscheiden, wahrnehmen, einsehen
- lat: cognoscere = kennenlernen, wahrnemen, erfahren
- lat: percipere = erfassen, ergreifen, wahrnehmen, empfinden, lernen
- lat: sentire = fühlen, empfinden. wahrnehmen, kennenlernen, denken
Wenn wir also über „Diskussion“ und „Argument“ reden, dürfte klar sein, was gemeint ist. Wenn wir aber über „Wissen“ und „Erkennen“ sprechen, muss man immer dazu sagen, wie man es meint. Das könnte uns viel Ärger ersparen.
Riemann …
Einstein …
Über Riemann habe ich schon gesagt, was ich denke.
Über Einstein hat Metapher ja einiges gesagt. (Danke, schön, dass du teilnimmst, wenn auch vor allem lesend.)
Kolakowski sagte dazu,„Die Entartung des Mythos war
seine umgestaltung in eine Doktrin,das heißt in ein
Gebilde,das eines Beweises bedurfte und einen Beweis suchte.“
Der Weg der antiken Philosophie wurde von Wilhelm Nestle, einem der bedeutendsten Philologen und Philosophiehistoriker, als der Weg „vom Mythos zum Logos“ bezeichnet. Kolakowski als Religionsphilosoph und Marxismushistoriker muss natürlich aus seiner Sicht den Mythos als „entartet“ (ein schlimmes Wort) bezeichnen. Ebenso wie Marx immer Recht hat, hat natürlich der Mythos immer Recht. Wenn man sich der Kritik entziehen will, dann erklärt man das, was man nicht kritisiert haben will, für heilig und unantastbar.
Einige Zitate, lieber veranschauliche ich mit eigenen
Gedanken,was ich meine, aber wenn Leute dazu schon so
passendes gesagt haben…
Meiner Meinung verwechselst du - das möchte ich noch sagen - die Begriffe „Mythos“ und „Mystik“. Während der Mythos etwas Totes ist, kann mystisches Erleben etwas sehr lebendiges sein. Siehst du einen Unterschied?
überredet werden kann man auf dr
rationalen Ebene,da hat dann einer gewonnen,wenn ich ihm
nichts mehr entgegensetzen kann und ich das eingestehe.
Eine Schwierigkeit ist, dass im Lateinischen „überreden“ und „überzeugen“ mit demselben Wort bezeichnet werden.
Die grundlegende Unterscheidung aber ist folgende:
„Überzeugen bedeutet, Menschen mit sachlichen Argumenten für eine Ansicht zu gewinnen. Menschen, die überzeugt wurden, haben ihr Meinung langfristig und bewusst geändert. Das Ergebnis eines Überzeugungsprozesses ist daher fundierter und eine gute Arbeitsgrundlage.
Überreden bedeutet dagegen, Menschen durch den Appell an die Gefühle zu einer Verhaltensänderung zu bewegen. Menschen, die überredet wurden, sind unter Umständen völlig begeistert von einer Sache, ihre Stimmung kann aber nach kurzer Zeit in das Gegenteil umkehren, wenn sich die Emotionen geändert haben. Das Ergebnis ist daher unberechenbarer.“
( http://www.docneumann.de/argumentation.htm )
Einen Sprung machen muß man schon und die Sicherheit des
Rationalen verlassen auch.
Das habe ich nicht bestritten. Nur darf man den Sprung nicht zu früh unternehmen.
Dazu,also,im Zweifelsfalle lieber Intuition im von mir
gemeinten Sinne als Ratio,das ist meine ganz persönliche
Meinung,die Ratio ist mir zu wackelig.Aber sich der ratio zu
verweigern, das nicht,denn es gibt ja nicht ohne Sinn zwei
Wege.
Mein Ziel wäre eine gegenseitige Bereicherung.Und ,alles zu
seiner Zeit.
Eine Wackeligkeit der Ratio kann ich nicht erkennen, eher eine des Gefühls. Aber die eigentliche Schwierigkeit deiner Argumentation scheint mir im letzten Satz zu liegen: Nach deinen Ausführungen ist eine solche Bereicherung gar nicht möglich, weil es ja nicht darauf ankommt, vom anderen zu lernen, sondern den anderen in Ruhe zu lassen (etwas überspitzt formuliert). Auch hier behaupte ich wieder, dass es nur von der Seite der Ratio möglich ist, die Gegenseite sinnvoll aufzunehmen, umgekehrt ist es unmöglich.
„You can live in reality or you can live in your dreams.
If you live in reality, you´ll become save,if you live in your
dreams,you´ll become real.“
Nun, dass ich diese Traumrealität sogar für gefährlich halte, habe ich ja schon gesagt. Dass wir menschlich miteinander umgehen, ist schon eine Frage der Realität, in der wir leben. Wenn ich deine Absichten intuitiv erfassen könnte, bräuchten wir uns nicht zu schreiben.
In diesem Sinne freue ich mich auf deine nächste Antwort.
(Die Abspeichermethode funktioniert übrigens toll.)
Herzliche Grüße
Thomas Miller