Freier Wille

Hallo Gunter,

Hier nochmal mein Gedankengang: Wenn man eine Entscheidung
dann frei nennt (als frei definiert), wenn sie durch nichts in
der Welt sicher vorhersagbar ist, dann entspricht das (und
dafür kann ich nichts) der physikalischen Definition des
(absoluten) Zufalls.

erstens ist die Zuweisung des Vorgangs zu „Entscheidung“ falsch, Du
müßtest hier „Erscheinung“ sagen weil Physik keine Entscheidung kennt.
Zweitens müßtest Du „durch nichts in der Welt“ definieren oder
zuordnen. Meinst Du grundsätzliche Unmöglichkeit (beweisbare)
oder relative Unmöglichkeit der Vorhersage ?
Drittens ist eben der Zufall hier eine physikalische Erscheinung.
Sie a priori auch dem (möglichen) freien Willen zu zuordnen, ist
eine Analogie, welche nur durch Willkür denkbar ist, also einer
Möglichkeit welche im freien Willen angelegt ist.

Wenn aber Freiheit nichts mit dem Zufall
zu tun haben darf oder soll, dann müssten auch als frei
bezeichnete Entscheidungen prinzipiell vorhersagbar sein.

Wie schon gesagt, ist Freiheit keine physikalische Größe sondern
eine eigene Qualität außerhalb des Spannungsfeldes zwischen
Determinismus und Zufall.(eher metaphysisch ? oder transzendent ?)

Gruß VIKTOR

Hallo!

Dennoch verstehe ich nicht ganz… Wenn jemand ein Verbrechen
verübt, zu dem er sein Geschlechtsteil benutzt, dann ist er
hinterher das Opfer unserer Justiz?

Wer hat das denn behauptet?
Ich nicht.
Zumal es mir gar nicht um die Kastration selbst ging, sondern lediglich um die juridische Logik „‚freiwillige‘ Kastration oder Knast“.
Wer sich chemisch kastrieren lässt, könne dann auch, so Frankreichs Innenministerin, vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen werden.
http://www.sueddeutsche.de/panorama/816/492177/text/

Damit produziert das Justizsystem systematisch ’ frei willige’ Kastrationen.
Auch eine Ebene des Freien Willens, m.E. -auch aus philosophischer Perspektive- die weit interessantere als die der metaphysischen Spekulation mit ihrem stinklangweiligen Gegensatz von Freiheit und Notwendigkeit.

_ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _

Das Ergebnis einer Entscheidung ist eine Handlung, und damit ein Ereignis in unserer physikalischen Welt und nicht in irgend einem Jenseits.
Grüße

Gunter

Hi Candide,

Mir stand dieser Fall vor Augen, der in Deutschland
meinetwegen noch als „aboluter Einzelfall“ bezeichnet werden
mag, der in anderen Ländern aber bereits zum Standard geworden
ist:
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,473327,…

Da gehts nicht um „innere Verzweiflung“.

Nicht explizit in diesem Falle
vielleicht, aber meiner meiner Sichtweise
nach schon. Die Rechtssprechung bedient sich
immer der kasuistischen Methode, d.h. es wird
von Fall zu Fall entschieden, deshalb ist es
auch immens schwer hier allgemeingültig
zu argumentieren. Die meisten Täter sind ja
nun nicht unbedingt glücklich mit ihren
Neigungen und genau hier korrelieren
Opfer und Täter, wenn man die Sache rational
betrachtet.
Aber es ist wieder einmal ein zu umfangreiches Thema,
um es in diesem thread auch nur halbwegs
befriedigend abzuhandeln.

Zwei Beispiele:

http://www.jura.uni-tuebingen.de/professoren_und_doz…

Oder die polnische Variante:

http://www.awo-lsa.de/pdf/NL-4-09_Demo.pdf

Warum?
Ich vertrete doch hier (gegen Tychi) gerade die Position des
tatbezogenen Strafens …

Es war eine allgemeine Antwort an beide, verzeih mir meine
Faulheit!

Gruß
Powenz

Hallo!

Und danke dafür, dass Du das jetzt doch noch etwas konkreter ausgeführt hast.

Menschen handeln aus GRÜNDEN und nicht aus physikalischen
Ursachen.

Definiere: Grund.

Entweder Deine Definition läuft auf eine Kausalität im naturwissenschaftlichen Sinne hinaus - dann hast Du Dir soeben selbst widersprochen. Oder Du behauptest, dass es Gründe gibt, die sich nicht in der physikalischen-empirischen Realität manifestieren. Wenn letzteres zutrifft, dann müssten wir uns damit anfreunden, dass es nicht-physikalische Ursachen für physikalische Phänomene gäbe. Auf Deutsch: Wir müssten uns davon verabschieden, dass die physische Welt rational erklärbar und kausal strukturiert ist. Wenn Du bereit bist 400 Jahre Wissenschaftsgeschichte in die Tonne zu kicken, nur zu! Aber auf diesem Weg wird Dir niemand folgen.

Ich versuche mal ein ganz kleines Argument gegen die
NEUROWISSENSCHAFTLER: Jemand von der Richtigkeit einer
vollständigen Determination überzeugen zu wollen, setzt genau
das voraus, was bestritten werden soll: FREIHEIT.

Inwiefern?

Wenn Dir eine Fliege ins Auge fliegt, wird der Lidschlussreflex ausgelöst: Du blinzelst. Du wirst vermutlich zugeben, dass das kein Indiz für freies Handeln ist. Das Phänomen lässt sich sehr einfach erklären. Es sind nur wenig Nervenzellen beteiligt. Vermutlich kennt man die gesamte Reiz-Reaktion-Kette und kann vom Auftreffen der Fliege auf dem Auge bis zum Zuckeln der Augenlidmuskulatur jeden einzelnen Schritt kausal erklären, und zwar bis auf die subzelluläre Ebene! Da ist nirgends eine Form von „Freiheit“ zu erkennen. Dennoch könnte man einem Lebewesen unterstellen, sein Auge durch den Lidschlussreflex schließen zu wollen.

Es gibt keine Anzeichen dafür, dass bei höheren Hirnfunktionen qualitativ andere Mechanismen am Werkeln sind als bei niedrigen Reflexen. Von daher spricht nichts dafür, dass der Wille, jemanden vom Determinismus zu überzeugen, weniger determiniert ist als der Lidschlussreflex. Und selbst wenn, die höheren Hirnfunktionen durch Quanten- oder Chaosphänomene weniger determiniert wären, wären sie deswegen nicht weniger physisch, nicht weniger physikalisch.

Argumente
sind ja kein physikalisches Ereignis, sondern appellieren an
die VERNUNFT.

Könnte ein Neurowissenschaftler nicht auch argumentieren: Argumente sind Erregungsmuster. Sie interagieren mit den Engrammen in unserem Gehirn.

Und die
bildgebenden Verfahren? Alles ganz wunderbar und interessant.
Sie ändern aber rein gar nichts am philosophischen Problem.

Es sind nicht die bildgebenden Verfahren, die der Idee vom freien Willen zu schaffen machen, sondern die Theorien und Konzepte der Naturwissenschaften. Es gibt ca. 10 physikalische Gesetze, mit denen sich anscheinend alle Phänomene der belebten Natur erklären lassen. Je weiter wir unseren Erfahrunshorizont durch verfeinerte Methoden erweitern, umso mehr wird das bestätigt. Es gibt immer weniger die Notwendigkeit für metaphysische Konzepte und immer weniger Spielraum dafür.

Ich glaube nicht, dass Naturwissenschaftler die Idee des freien Willens widerlegen werden. Viel schlimmer: So wie einst Friedrich Wöhler durch die Harnstoffsynthese die metaphysische Idee von der vis vitalis überflüssig machte, werden Neurowissenschaftler vielleicht schon bald durch die Erforschung des Gehirns die Idee des freien Willens überflüssig machen.

Michael

2 Like

Ist schon recht…
Ja, in der Tat. Da habe ich die Freiheit des Willens und des Handelns einfach mal in einen Topf geworfen. Mir schien das, angesichts der hier laufenden Diskussion, und weil es eh einen engen Zusammenhang zwischen Willens- und Handlungsfreiheit gibt, angebracht. Aber natürlich kann und muss man das separat betrachten. Worum es ganz genau geht, lässt sich im Fortgang der Diskussionen dann kaum noch erkennen.

[…]
Das ist ja das Spannende: Handlungen werden in dieser Welt vollzogen und können den sichtbaren Anfang einer Kausalkette bilden. Aber der wirkliche Anfang liegt in der Entscheidung, und die Entscheidung ist nun einmal kein physikalischer Vorgang, sondern beruht auf Gründen. Das passt aber nicht in den Determinismus.

1 Like

Hallo Tychi!

Perspektivenwechsel: Philosophen haben in Jahrtausenden die
Frage nicht klären können.

Nochmaliger Perspektivenwechsel: Die Philosophen haben in Jahrtausenden immer wieder andere Definitionen von Willensfreiheit hervorgebracht.

Aus dieser Perspektive ist also nicht die Frage: „Ist der Wille frei oder nicht?“ ungeklärt, sondern die vorgelagerte Frage: „Was ist eigentlich der ‚freie Wille‘?“ unbeendbar.

Naheliegender Schluss: Philosophen können diese Frage nicht
klären.
Naturwissenschaftler hingegen sind mittlerweile so weit, hier
ganz neue Argumente zu bringen

m.E. bringen die Naturwissenschaften nicht neue Argumente, sondern ‚lediglich‘ neue Definitionen, also neue Antworten auf die vorgelagerte (unendliche) Frage „Was ist eigentlich der ‚freie Wille‘?“

Und hier passt Ambivals Satz, dass auch die Empirie letztlich eine hermeneutisches Problem ist.

Aus diesem Grund ist der vollmundige Anspruch mancher Neurowissenschaftler, nun endlich die alte Frage der Philosophen gelöst zu haben, schlichtweg belachenswert und naiv.

Anders gesagt: das was etwa ein G. Roth zur Willensfreiheit sagt, ist sicherlich interessant, ist auch mit Gewinn von der Philosophie rezipierbar, es bietet aber nicht mal annähernd irgendeinen Beitrag zum Beispiel zum Problem der Willensfreiheit, wie es von Plotin gestellt wurde, nichts zu dem, wie es von Thomas gestellt wurde, nichts zu dem, wie es von Schelling gestellt wurde. Usw.

Vier völlig unterschiedliche Definitionen von Willensfreiheit also: Roth, Plotin, Thomas, Schelling.

Daher wäre es doch klug, die Naturwissenschaftler anzuhören

Auf jeden Fall soll man die anhören, werden sie auch.

_ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _

1 Like

Zustimmung in allen Punkten, darum …
… gehe ich nicht weiter darauf ein, lieber Powenz.

http://www.awo-lsa.de/pdf/NL-4-09_Demo.pdf

Das ist für meinen Beitrag in diesem Teilthread deshalb interessant, weil der die Kastration ablehnende Artikel auf die selbstgestellte Frage „was ist daran bedenklich?“ zwei Dinge anführt:

  1. Es hat keinen/kaum Nutzen
  2. Es greift in die Rechte des Menschen, also in die Menschlichkeit, ein

Und zwar in dieser Reihenfolge. Auch die Ablehnung also erfolgt primär „utilitaristisch“.

_ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _

Ist das denn so schwer zu verstehen? :wink:
Ja, so langsam siehst Du, wie ich das meine und verstehe. In der Tat, und das ist ja das Interessante, sind Gründe etwas, das zwar rational sein kann und sogar sollte, aber eben nicht wieder auf Physikalisches zurückzuführen ist. In Deinen Worten: wir müssen uns damit anfreunden, dass es nicht-physikalische Ursachen für physikalische Phänomene gibt. Aber ist das so schlimm? Es entspricht unserer Alltagssprache und -erfahrung. Auch Deine Konsequenz zur Frage der Kausalität ist voll und ganz richtig. Da hilft wieder nur der Unterschied zwischen kausalem Erklären und philosophischem Verstehen.
Äh… das mit den 400 Jahren Wissenschaftsgeschichte und „in die Tonne kicken“, kann ich jetzt nicht ganz nachvollziehen. Mit dem Einbruch der „Moderne“, das meinst Du vielleicht, ist man etwas physikalisch einseitig geworden. Aber das ist doch längst überwunden.
Mir persönlich muss übrigens niemand auf meinem Weg folgen. Es geht hier um Erkenntnistheorie und nicht um mein Privatvergnügen.
Und nun noch – Du zwingst mich ja geradezu – ein Wort zur Fliege im Auge. Wer vollständige Determination der Welt ablehnt, sagt damit keineswegs, dass es Zusammenhänge von Ursache und Wirkung gibt. Reflexe, zumal unbedingte Reflexe, gehören dazu. Das Beispiel mit der Fliege taugt also nicht. Das wäre etwas anders, wenn Du nun auch genau sagen könntest, wie mein Verhältnis zu dieser Fliege ist. Das ist nämlich gar nicht mehr determiniert. Werde ich sie hassen? Bin ich stoisch gleichgültig? Mit welchen Worten werde ich auf das Ereignis reagieren? Wird es mich zu einer Geschichte inspirieren? Also: Gute Nacht Determinismus und Kausalkette :wink:
Klar kann der Neurowissenschaftler, um auf Deinen nächsten Einwand zu kommen, so reagieren. Am Prinzip ändert das doch gar nichts. Und ganz wichtig ist dieses: Den meisten Neurowissenschaftlern geht es überhaupt nicht um die Widerlegung der Willensfreiheit. Die Realisten unter ihnen sind viel bescheidener. Die wenigen, die es dennoch versuchen, begehen regelmä0ig Kategorienfehler. Freiheit ist keine Kategorie der Physik und kann deshalb auch nicht durch sie widerlegt werden.

Freiheit bringt es mit sich, dass man Gründe für sein Handeln angeben kann, sonst wäre es keine Freiheit, sondern Willkür.

Willkür ist aber gerade das, was der Wille frei wählt. eck.

Handlungen werden in dieser Welt vollzogen und können den sichtbaren Anfang einer Kausalkette bilden.

Determiniertheit hin oder her, es ist leider schwer, sich den Anfang einer Kausalkette mitten im längst laufenden Geschehen vorzustellen, ohne einen unendlichen Regress loszutreten. eck.

Es ist doch nicht so, daß freier Wille lupenrein im wertelosen
motivfreien Seins-Zustand entsteht sondern im geprägten Umfeld
unseres Seins

Hallo Viktor, es ist dieses Netzwerk aus Ursachen, Signal-Verstärkung und -Abschwächung und Überlagerung (wie in unserem Nervensystem), das schon bald - weiter in der Vergangenheit liegende - Ursachen unterdrückt (wegen verschwindender Signalstärke), sodaß es nicht zu dem Unendlichen Regress kommt.

Will sagen, der endgültig auftauchende Wille ist kein spontanes Ereignis sondern eher der augenblicklich letzte Stand einer weiterlaufenden Entwicklung. Nur der „Letzte Wille“ scheint ganz am Ende fertig zu sein. Gruß, eck.

So nach und nach kommt der Punkt, der mich aus „Wer weiß was“ wieder aussteigen lässt. Einigen – keineswegs allen – scheint es um anderes als um ein konkretes Thema zu gehen. Das bringt uns und die Diskussion – etwa um die Freiheit – kein Stückchen voran.
Handeln aus Gründen oder aus Willkür stellt von der Unterscheidung wohl für kaum jemanden eine Schwierigkeit dar. Willkür gibt eben keine Gründe an, sondern ist beliebig. Ich rekurriere hier also – aber das war m.E. auch ganz offensichtlich – auf die negativen Konnotationen. Dass beispielsweise I. Kant den „Begriff“ in seiner Zeit anders, nämlich ganz positiv, versteht, war und ist hier nicht das Thema gewesen.
Willkür ist zumeist nicht frei gewählt, sondern unreflektiertes Handeln. Man kann keinen rationalen Grund angeben. Wer dahinter Freiheit sieht, mag das tun. Für mich persönlich wäre das ein recht schwacher Begriff von Freiheit. (Manches Brot ist halt glutenfrei.)

Hallo Gunter,

Das Ergebnis einer Entscheidung ist eine Handlung, und damit
ein Ereignis in unserer physikalischen Welt und nicht in
irgend einem Jenseits.

also nochmals die Reihenfolge
Wille (frei ?)-Entscheidung -Handlung.
Zwischen allen dreien sind „Brüche“ denkbar und dies entspricht auch unserer täglichen Erfahrung.
Brüche schließen Determinismus aus.
Nur die Handlung ist ein physikalischer Vorgang in welchem Determinismus
belegbar ist, Zufall ist dort nur definierbar.
Gruß VIKTOR

Hallo Eckard

Es ist doch nicht so, daß freier Wille lupenrein im wertelosen
motivfreien Seins-Zustand entsteht sondern im geprägten Umfeld
unseres Seins

Will sagen, der endgültig auftauchende Wille ist kein
spontanes Ereignis sondern eher der augenblicklich letzte
Stand einer weiterlaufenden Entwicklung.

könnte man so sehen ohne Widerspruch zu empfinden.
Ist diese „Entwicklung“ determiniert, zwangsläufig, oder auch mit
Willen gestaltet ?
Kann aus dem „endgültig auftauchenden Willen“ (wie wird der belegt ?)
auf den ursprünglichen oder tatsächlichen Willen geschlossen werden.
Wenn ausgesagt wird „die Handlung belegt den endgültigen Willen“
widerspricht dies jedoch unserer Erfahrung.
Es gibt natürlich den Begriff Willensbildung - tatsächlich ist dies
aber Entscheidungsbildung und diese ist ein Vorgang welcher in der
Regel tatsächlich nicht willkürlich ist auch wenn die Entscheidung
„ausgewürfelt“ würde.
Ist Entscheidungsbildung frei ?
Diese Frage ist nicht relevant zur Begründung oder Verwerfung von
freiem Willen an sich.
Und zwischen Entscheidungsbildung und Handlung ist eben nochmals
ein Bruch möglich.
Also meine hier oft vorgetragene Aussage:
Handlung und Wille laufen nur bedingt konform weswegen mit der
Handlung Wille nicht belegt werden kann - egal ob frei oder unfrei.

Gruß VIKTOR

Hallo,

Willkür ist zumeist nicht frei gewählt, sondern
unreflektiertes Handeln. Man kann keinen rationalen Grund
angeben. Wer dahinter Freiheit sieht, mag das tun. Für mich
persönlich wäre das ein recht schwacher Begriff von Freiheit.
(Manches Brot ist halt glutenfrei.)

Der Begriff Will-KÜR ist meist negativ besetzt und ist dadurch geeignet
den klaren Blick auf das Problem zu verlieren.
Schauen wir erst mal hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%BCr
Willkür ist der Inbegriff der Willensfreiheit.
Und weil es so schön ist noch hier aus diesem LINK:
http://de.wikipedia.org/wiki/Willk%C3%BCr
„bis in das 18. Jahrhundert ohne abwertenden Sinn oder gar lobend für Handeln und Entscheidungen nach freier Wahl und Gutdünken…“
Kann man doch nicht meckern, oder ?
Gruß VIKTOR

Hi,

Zumal es mir gar nicht um die Kastration selbst ging, sondern
lediglich um die juridische Logik „‚freiwillige‘ Kastration
oder Knast“.

Ja, ist schon klar. Jedoch ist das Beispiel etwas heikel, oder nicht?
Der Täter hätte also die Wahl, die sein entwürdigtes Opfer nicht hatte… und das ist ethisch gesehen vielleicht auch eine Zwickmühle; denn ein solcher Mensch hat sich frei entschieden, einem anderen Menschen Gewalt anzutun.

Wer sich chemisch kastrieren lässt, könne dann auch, so
Frankreichs Innenministerin, vorzeitig aus dem Gefängnis
entlassen werden.

http://www.sueddeutsche.de/panorama/816/492177/text/

Und was wäre die (bessere) Alternative dazu?

Damit produziert das Justizsystem systematisch
frei willige’ Kastrationen.

Ja, das kann die Folge sein; die Täter könnten sich überlegen, was ihnen das „kleinere Übel“ ist; vielleicht wäre es besser, ihnen nicht diese Qual der Wahl nicht zuzumuten. Man könnte auch für sie eine Wahl treffen.

Auch eine Ebene des Freien Willens, m.E. -auch aus
philosophischer Perspektive- die weit interessantere als die
der metaphysischen Spekulation mit ihrem stinklangweiligen
Gegensatz von Freiheit und Notwendigkeit.

Ja, man sollte ein solches Thema nicht außerhalb von Zeit und Raum stellen.

MfG, IHF

Hallo!

Du sitzt auf einem hohen Ross und glaubst einen größeren Überblick zu haben als die Neurowissenschaftlern, denen Du Kategoriefehler vorwirfst. In Wirklichkeit bist Du es, der noch nicht die Tragweite der Argumente verstanden hat.

In Deinen
Worten: wir müssen uns damit anfreunden, dass es
nicht-physikalische Ursachen für physikalische Phänomene gibt.

Wenn das so wäre, dann hätte das Metaphysische Gewalt über das Physische. Sämtliche Physiker könnten ihren Beruf an den Nagel hängen und nach Hause gehen. Dieser Satz, den Du so beiläufig hinschreibst, wäre - wenn er stimmen würde - das Ende der gesamten Wissenschaft, wie sie seit Galilei betrieben wird!

Äh… das mit den 400 Jahren Wissenschaftsgeschichte und „in die
Tonne kicken“, kann ich jetzt nicht ganz nachvollziehen. Mit
dem Einbruch der „Moderne“, das meinst Du vielleicht, ist man
etwas physikalisch einseitig geworden. Aber das ist doch
längst überwunden.

Ich weiß, dass viele Menschen, die der Physik kritisch gegenüber stehen, die Quantenmechanik mit ihren Wahrscheinlichkeiten und ihrer Unbestimmtheitsrelation als Strohhalm sehen, der ihrer Meinung nach den Determinismus in seine Schranken verwiesen habe. Das ist aber mitnichten so! Die moderne Physik kann unsere Welt besser beschreiben, als die klassische Physik das je konnte. Sie ist millionenmal präziser. Unser Weltbild wurde durch sie noch viel physikalischer und rationaler. Aber das falsche Bild, das sich in den Geisteswissenschaften von der modernen Physik breit gemacht hat (und an dem die Physiker selbst nicht unschuldig sind) ist nicht aus den Köpfen zu kriegen.

Und nun noch – Du zwingst mich ja geradezu – ein Wort zur
Fliege im Auge. Wer vollständige Determination der Welt
ablehnt, sagt damit keineswegs, dass es Zusammenhänge von
Ursache und Wirkung gibt. Reflexe, zumal unbedingte Reflexe,
gehören dazu. Das Beispiel mit der Fliege taugt also nicht.

Es ging nicht um den Reflex selbst. Ich wollte daran zeigen, dass Prozesse im Gehirn verstanden werden können. Wenn die Neurowissenschaftler recht haben, dann funktionieren die höheren Hirnfunktionen gleich wie dieser unbedingte Reflex. Damit wollte ich zeigen, dass die Übertragung von trivialen Aussagen über einen Reflex auf höhere Hirnprozesse automatisch zu einem Konflikt mit der Idee des freien Willens führt.

Das wäre etwas anders, wenn Du nun auch genau sagen könntest,
wie mein Verhältnis zu dieser Fliege ist. Das ist nämlich gar
nicht mehr determiniert. Werde ich sie hassen? Bin ich stoisch
gleichgültig? Mit welchen Worten werde ich auf das Ereignis
reagieren? Wird es mich zu einer Geschichte inspirieren? Also:
Gute Nacht Determinismus und Kausalkette :wink:

Sorry, aber von der Argumentation bin ich mehr als enttäuscht. Was Du jetzt gesagt hast, ist folgendes: „Das ist nämlich gar nicht determiniert. Es ist nicht determiniert, weil es nicht determiniert ist. Also: gute Nacht Determinismus und Kausalkette.“

Tu mir bitte einen Gefallen: Stell Dir einfach mal vor, dass Dein Gehirn vollkommen autonom, durch physikalische Gesetze rational erklärbar reagiert, und dass es Dir (bzw. Deinem Bewusstsein) nur einen Film vorspielt, in dem Du das Gefühl hast, frei zu handeln. Teil des Films sind nicht nur Deine Handlungen, sondern auch all Deine Erfahrungen, Wünsche, Abneigungen, Wahrnehmungen, … Stell Dir das einfach vor.

So. Und nun finde ein einziges logisches Argument dass es nicht so ist!

Freiheit ist keine
Kategorie der Physik und kann deshalb auch nicht durch sie
widerlegt werden.

Die Philosophie hat sich schon oft darin geirrt, was Kategorien der Physik sind.

Michael

PS: Nur um es noch einmal deutlich zu machen:

  1. Ich vertrete nicht den harten klassischen Determinismus, demzufolge die gleichen Parameter immer die gleichen Phänomene hervorrufen muss. Meine Definition von Determinismus ist diejenige, dass die beobachtbaren Phänomene nur von den Parametern abhängen und zwar in rationaler Art und Weise.
  2. Das Bild mit dem Bewusstsein, dem vom Gehirn ein Film vorgespielt wird, entspricht nicht meiner Vorstellung. Es soll hier nur dazu dienen, um mein Argument deutlicher zu machen. Meiner Meinung nach interagieren die Erregungsmuster des Gehirns nicht mit einem davon unabhängigen Bewusstsein, sondern sie sind es.
2 Like

In Deinen
Worten: wir müssen uns damit anfreunden, dass es
nicht-physikalische Ursachen für physikalische Phänomene gibt

es gibt nur 1 oder 0

gott oder die physik/mathematik

biologie, neurologie, chemie usw. sind abwandlungen, die der physik/mathematik uneingeschraenkt folgen, weil sie physikalische gesetze lediglich auf einer anderen ebene beobachten/betrachten und aus laiensicht oder aus der sicht eines sturen biologien lediglich scheinbar anders funktionieren moegen.
es steckt aber nichts weiter als plumbe physik dahinter.

1 Like