Lieber Voltaire,
ehrlich gesagt, so langsam finde ich die Milchmädchenlogik bei der Frage nach Gottes Güte/Allmacht/Gerechtigkeit oder was auch immer langweilig. Es sei ja nur mal nebenbei darauf hingewiesen, dass man kein Mensch der nach-aufklärerischen Epoche sein muss, um sich diese Fragen zu stellen.
Jeder religiöse Mensch bezeichnet seine Glaubensentscheidung
als frei.
Tut er das? J-e-d-e-r? Lege ich Deine Logik zugrunde, dann ist Deine Aussage falsch, denn schließlich bin ich auch ein religiöser Mensch und käme nicht auf die Idee, die Tatsache, in einer bestimmten Region / KUltur etc. geboren zu sein, zu ignorieren. Selbstverständlich ist meine Glaubensentscheidung nicht „frei“ - so wir denn unter „frei“ absolute Autonomie verstehen - allerdings ist ja dann auch die Entscheidung gegen den Glauben kaum „frei“ zu nennen und so langsam nähern wir uns der wichtigen Frage, dass erst zu definieren ist, was frei überhaupt heißen soll.
: Da Gott allmächtig ist, kommt die Willensfreiheit
von ihm, sie ist sein Ratschluss.
Ich nehme aufgrund Deines Vokabulars an, dass Du von der christlichen Gottesvorstellung sprichst - ich weiß nicht, ob diese pauschale Aussage für alle Religionen richtig ist. Die „Willensfreiheit“ des Menschen begründet sich dann in der Schöpfung des Menschen nach Gottes Ebenbild.
Eine Religion ohne die
Freiheit der Entscheidung ist nicht vorstellbar.
Selbstverständlich ist das vorstellbar (was ist das denn schon wieder für eine pauschale Aussage?). Man lesen nur Augustin und wird feststellen, dass zwar auch er von einer Entscheidungsfreiheit spricht, aber die reine Bezeichnung gibt dem Ganzen noch lange keine Plausibilität. Religionen die von einer Kategorisierung der Menschheit ausgehen, gehen nicht von einer Entscheidungsfreiheit aus, so zumindet auch die Vulgärgnosis.
Freiheit bezieht sich religiös-christlich gesprochen ja auch nicht auf die Fage, ob ich ethisch gut oder schlecht handeln kann, also ob ich ein Gewissen habe, sondern darauf, ob ich die Frage nach meinem trandzendenten Heil aktiv beeinflussen kann.
Nach der lutherischen Theologie kann man das nicht, d.h. der Wille des Menschen ist unfrei was sein Heil angeht. Nicht er entscheidet darüber, sondern Gott allein.
Alle Religion
wäre sonst ein abzuspulendes Programm. Gott würde also seine
eigene Anbetung inszenieren.
Anders als dem Original scheint Dir hier ein differenziertes Verständnis zu fehlen. Jedenfalls kannst Du hier nicht einerseits mit christlich(-jüdischen) Vokabilar arbeiten, dann aber DEine eigenen Vorstellungen eintragen.
Also: Zwar ist der Wille des Menschen nicht frei, was sein Heil angeht, aber ob er Gott anbetet oder nicht, das ist seine freie Entscheidung (von Gott aus, „weltliche“ Einflüsse, wie oben angezeigt, natürlich ausgenommen).
Setzen wir also voraus: Der Mensch ist in seiner
Glaubensentscheidung frei.
Er kann also Alternativen wählen.
Da Gott allmächtig ist, ist er allwissend. Mit anderen Worten:
Auch die Entscheidung, die der Mensch im Einklang mit der
Willensfreiheit treffen wird, ist ihm bekannt.
Das ist soweit richtig. Aber die Frage ist doch: Was macht gott mit :diesem Wissen?
Anderenfalls
wäre Gott nicht allwissend, das stünde im Widerspruch zur
Allmacht. Gott weiß also um die Zukunft des Individuums. Er
kennt den Ablauf, da er ihn selber festlegt.
Auch hier wird wieder etwas eingetragen, was noch nicht einmnal für alle christliche KOnfessionen stimmt (s.o.). Woher weißt Du eigentlich, was Gott weiß und was er festlegt?
Daraus resultiert:
Unabhängig davon, ob Gott den Menschen Willensfreiheit gegeben
hat oder nicht, kennt jemand (Gott) schon das, was kommen
wird. Ist diese göttliche Vorkenntnis dessen, was kommen wird,
mit der menschlichen Willensfreiheit vereinbar?
Oder anders gefragt:
Hat Gott uns einen freien Willen gegeben oder nicht? Wie ist
der Widerspruch zwischen der Allmacht Gottes und der
Entscheidungsfreiheit des Menschen zu lösen?
Gar nicht.
Erst recht nicht, wenn dieser Widersprich gar nicht vorliegt, so wie es nach luth. Theologie der Fall ist, denn dann sprechen wir von unterschiedlichen Ebenen.
Dann kommen wir jedoch in den Widerspruch von menschlicher Gerechtigkeitsvorstellung und dem unfreien Willen des Menschen. Denn Gott könnte ja auch jemanden gerecht sprechen, der in den Augen von uns Menschen alles andere als ein guter Mensch ist…
Wie schon zu oft gesagt: Es geht nicht darum, ob jetzt jemand sagt: „Jau, das fnde ich jetzt alles super!“, aber wer 2000 Jahr (christl.) Theologiegeschichte begreifen will, der sollte sich vielleicht nicht für den Ersten halten, dem was auffällt.
Oder: Ich verstehe Quantenphysik auch nicht, aber werde die Physik kaum glauben dadurch ad absurdum führen, indem ich mein eigenes Erleben absolut setze und daher ständig quäke: „Das ist aber unlogisch“.
grüße
Taju