Freiheitsbeschränkende Maßnahme ohne richterliche Genehmigung

Liebe/-r Experte/-in,
Guten Abend :o) Folgendes: Julius ist minderjährig, mehrfach Behindert, seine Mutter hat das Aufenthaltsbestimmungsrecht und ist seine Betreuerin. Er besucht von Montags bis Freitags unser Internat im Rahmen der Förderung laut SGB XII. Seine Mutter verlangt von den ErzieherInnen eine Bauchgurtsicherung und Bettgitter Fixierung beidseits bei Bettruhe. Dies würde sie zu Hause seit Jahren aus therapeutischen Gründen auch so vollziehen, da Julius sonst nicht „bemerken“ würde, dass nun Bettruhe/Nachtruhe angesagt ist. Eine richterliche Genehmigung liegt nicht vor. Zu 90% kann sich Julius aus seinem Bauchgurt befreien, klettert über die Bettgitter und sorgt für Unruhe in seiner Wohngruppe. Die ErzieherInnen wissen nicht wie er das schafft, bemerken nur dass er auf einmal an der Türe steht und sich befreit hat. Meine Frage: darf ein minderjähriger unter Betreuung stehender, mehrfachbehinderter Junge auf Geheiss der Mutter von den ErzieherInnen OHNE richterliche Genehmigung aus therapeutischen Gründen fixiert werden? Wo bitte kann ich dies nachlesen ? Ich habe bereits sehr viel im Internet recherchiert aber leider nichts „passendes“ gefunden! Ich danke Ihnen herzlichst für Ihre Hilfe. Liebe Grüße von Rosenfeld Georgia

Hallo Georgia,

ganz rechtssicher kann das vermutlich nur ein Fachanwalt beantworten, ich halte diese Antwort für am naheliegendsten, auch wenn in diesem Fall nicht von einem minderjährigen Patienten die Rede ist:

Auch mittels einer Humanen Fixierung ist ein Straftatbestand erfüllt. Mögliche Rechtfertigungsgründe sind Einwilligung, Notwehr und Notstand. Während einige Patienten frührer mit Lederriemen befestigt wurden, erfolgt seit einigen Jahren als Mittel der letzten Wahl die so genannte humane(re) Fixierung. Das Buch „Fixierungen in der Pflege“* beschreibt und illustriert die Empfehlungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hinterfragt und praktische Anwendungsweisen von Fixiergurten und Bettseitenteilen sowie deren strenge Indikationsstellungen und Gefahren. Fixierungen sind stets als letztes Mittel der Wahl anzusehen.
Rechtliche Lage

Bei folgenden Handlungen (Fixierungen) ist nach § 239 StGB bereits der Tatbestand der Freiheitsberaubung erfüllt:

* Anlegen von Bauchgurt, Hand-, Fußfesseln oder Stuhlgurt, wenn der Pflegebedürftige keine Möglichkeit hat, die Fixierung selbst zu lösen.
* Verwendung von Therapietischen
* Verwendung von Fixierdecken (so genannte Patientenschürzen sind vom Markt genommen worden
* Verwendung von Bettseitenteilen
* Abschließen des Zimmers oder der Station, wenn die Öffnung auf Wunsch des Pflegebedürftigen nicht jederzeit gewährleistet ist.
* Wegnahme von Bewegungshilfen (z.B. Rollstuhl)
* Verabreichung von Arzneimitteln, die Müdigkeit oder Muskelschwäche nur zum Zweck der Bewegungseinschränkung bewirken und ohne einen anderen therapeutischen Hintergrund gegeben wurden (pharmakologische Fixierung).

Fixierung ist niemals ein Pflegeziel, sondern stets ein aktuelles Pflegeproblem, welches bei der Pflegeevaluation als veränderungsbedürftig zu betrachten ist.
Bettseitenteile

Beim Einsatz von Bettgitter (Bettseitenteile oder Bettscheren) besteht die Gefahr, dass Pflegebedürftige Kopf bzw. Extremitäten zwischen Streben oder sich zwischen Matratze und Bettseitenteile klemmen. Dabei kann es zu Druckstellen, Hämatome, schwere Quetschwunden und Knochenbrüche der Finger, Arme und Beine bis hin zu Strangulationen kommen. Vom Hersteller vorgesehene Bettgitterpolsterungen, -ummantelungen bzw. Schutzbezüge sind hilfreich, um die Einklemmungsgefahr zu reduzieren. Der Betroffene kann unter Umständen dennoch seinen Fuß oder seine Hand zwischen Bettseitenteile und Bettrahmen einklemmen. Beim Anblick von Bettgittern können insbesondere bei psychisch Erkrankten negative Assoziationen hergerufen werden. Bettgitterstäbe können an ein Kinderbett oder an Gefängnisgitter erinnern und das Gefühl „jetzt werde ich bestraft“ vermitteln.

Geteilte Bettseitenteile, die den Betroffenen nicht daran hindern, das Bett selbst zu verlassen, bedürfen keiner Genehmigung, weil der Tatbestand der Freiheitsberaubung damit nicht erfüllt wäre.
Rechtfertigungsgründe für eine Fixierung

Die Fixierung eines Pflegebedürftigen ist nur unter folgenden Bedingungen zulässig:

* die Einwilligung des Betroffenen, wenn dieser einwilligungsfähig ist (er muss die Konsequenzen seiner Einwilligung beurteilen können)
* Notwehr oder Nothilfe
* Rechtfertigender Notstand

Bei einer schriftlichen Einwilligung eines einwilligungsfähigen Patienten bedarf es bei der Fixierung keiner ärztlichen Anordnung und auch keiner richterlichen Genehmigung. Einwilligungsfähig ist, wer Art, Bedeutung und Tragweite einer Maßnahme nach entsprechender Aufklärung und Beratung erfassen und seinen Willen danach bestimmen kann (vgl. §§ 104 ff BGB §§1903 ff BGB). An einer Einwilligung wird es bei fixierungsbedürftigen Patienten häufig fehlen.

Eine Fixierung ohne Einwilligung des Patienten ist nur zulässig beim Rechtfertigenden Notstand (§ 34 StGB), wenn z. B. eine unmittelbare Gefahr für den Patienten selbst bzw. für andere ausgeht (Gefahr im Verzuge), sowie bei Notwehr oder Nothilfe (§ 32 StGB) z. B. Verteidigung des Pflegepersonals bei einem Angriff seitens eines Pflegebedürftigen. Hier ist immer da geringste Mittel anzuwenden.

Eine freiheitsentziehende Maßnahme kann grundsätzlich nur ärztlich empfohlen werden, wenn

* der Patient sich selbst oder andere erheblich gefährdet.
* der Patient Bewegungs- oder Haltungsstörungen hat, bei denen mit Sturzgefahr zu rechnen ist -der Patient eine notwendige Behandlung (z. B. Infusionstherapie) durch motorische Unruhe verhindert.
* der Gesundheitszustand (z. B. nach einer Fraktur) eine übermäßige motorische Unruhe nicht zulässt.

Hierbei handelt es sich nicht um generelle Rechtfertigungsgründe, sondern nur Aspekte, bei denen überhaupt erst an eine Fixierung in Betracht gezogen werden kann.

Der Arzt muss in geeigneten Zeitabständen die Fixierung bezüglich der Notwendigkeit und Fortdauer kontrollieren. Auch die Pflegenden müssen den Fixierten in besonderer Weise beobachten und betreuen. Konnte das Einverständnis des Arztes ausnahmsweise nicht vorher eingeholt werden, so ist unverzüglich nach der Fixierung ein Arzt zu benachrichtigen. Weiß der Arzt, dass der Pflegebedürftige länger als 24 Stunden fixiert werden soll, muss er sofort das Vormundschaftsgericht einschalten. In der Praxis delegiert dies der Arzt oft an das Pflegepersonal. Innerhalb der 24 Stunden muss dieses sich von der Notwendigkeit der Fixierung überzeugen. Der Pflegebedürftige darf nicht nach 23 Stunden eine Stunde losgemacht werden, um danach weiterfixiert werden zu können.

Um im Umgang mit Fixierungen sicher auftreten zu können, ist zu beachten:

* Der Pflegebedürftige kann mittels Einwilligung zustimmen. Dies kann er jederzeit widerrufen. Hier empfiehlt es sich, immer einen unabhängigen Zeugen hinzuzuziehen.
* Bei „Gefahr in Verzuge“ darf die Pflegeperson den Patienten mit geeigneten (d.h. verhältnisgemäßen) Mitteln fixieren. Danach hat sie unverzüglich den Arzt zu informieren
[Oberlandesgericht Köln, 1992 Az.: 27 U 103/91] Hinsichtlich der Frage nach dem geeigneten (verhältnisgemäßen) Mittel geht es um die „Fachlichkeit“ der verantwortlichen Pflegeperson. Diese Fachlichkeit ist zur rechtlichen Absicherung sowie zu Transparenz der geleisteten Pflege grundsätzlich immer zu dokumentieren!
* Eine Fixierung ist nur als letzte Maßnahme („Ultima Ratio“) bei außergewöhnlich unruhigen und (auto-) aggressiven Pflegebedürftigen in Erwägung zu ziehen. Fixierungen dürfen niemals als Disziplinierungsmittel zur inhumanen „Bestrafung“ eingesetzt und/oder ruhiggestellt werden. Das Pflegeverständnis verlangt diesbezüglich, das Selbstwertgefühl, die Aktivierende Pflege sowie die Bewegungsfreiheit des zu Pflegenden möglichst zu fördern. Das lässt sich z.B. durch Berührung (Basale Stimulaton) verstärken.
* Freiheitsentziehende Maßnahmen über mehr als 24 Stunden, oder eine regelmäßige Fixierung bedürfen der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes. Die ärztliche Anordnung ist kein Rechtfertigungsgrund, sondern dient lediglich als eine formale Absicherung. Der Arzt bei einer nach 24 Stunden wiederkehrenden Fixierung dafür zu sorgen, dass der Richter kontaktiert wird [entspr. Artikel 104 Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland].
* Notwehr und Notstand sind keine dauernden Rechtfertigungsgründe und legalisieren keine dauernde Fixierung.
* Die schriftliche Anordnung des Arztes oder die richterliche Verfügung muss die voraussichtliche Dauer, die Art und der Umfang der Fixierung (z.B. Bauchgurt oder diagonale Drei-Punkt-Fixierung sowie die Begründung der Zwangsmaßnahme enthalten.
* Eine richterliche Genehmigung zur geschlossenen Unterbringung nach dem Betreuungsgesetz berechtigt nicht zur Anwendung von freiheitsentziehenden Maßnahmen [Az.: 3 Z BR 70 /93 vom 6.5.1993, Bayerisches Oberlandesgericht]. Das bezieht sich auf sämtliche länderspezifische Verwaltungsvoll-streckungsgesetze und auch Psychisch Krankengesetze (PsychKG), für die in allen Bundesländern das Vormundschaftsgericht zuständig ist.
* Für die Dauer der Fixierung muss der Patient durch die Pflegenden in besonderer Weise beobachtet und betreut werden [Oberlandesgericht Köln, 1992 Az.: 27 U 103/91]. Aus beweisrechtlichen Gründen ist also ein Fixierprotokoll zu führen.

Ablehnung der Fixierung

Der Wunsch bzw. die Zustimmung des Angehörigen ist bedeutungslos. Einzig entscheidend ist der Wille des Betroffenen bzw. des Betreuers. Die Zustimmung des Betreuers ist vor jeder Anordnung (im Notfall nachträglich) einzuholen. Bei einer kurzfristigen Fixierung kann ein Betreuer der Fixierung nur zustimmen, wenn er auch den Aufgabenbereich der Unterbringung übertragen bekommen hat. Eine reine Betreuung für Vermögensangelegenheiten reicht hier zum Beispiel nicht aus.

Ein orientierter Pflegebedürftiger kann die Fixierung ablehnen (z. B. nach ärztlicher Aufklärung). Die Ablehnung muss dann schriftlich dokumentiert werden und vom Betroffenen unterschrieben werden. Lehnt ein nicht ausreichend orientierter Pflegebedürftiger die Fixierung ab, ist sie nur im Rahmen lebensrettender Maßnahmen zulässig. Aber auch die Notfallmaßnahmen bedürfen dann zumindest einer (nachträglichen) Genehmigung des Vormundschafts-gerichtes (§ 1906 Abs. 2 BGB).

Das folgende Fallbeispiel aus der Praxis verdeutlicht die rechtliche Problematik der Fixierungen unter dem Blickwinkel der Freiheitsberaubung.

Beispiel:

Die Altenpflegerin Maria Dahn ist aufgrund des unruhigen Verhaltens einer Bewohnerin gestresst und legt ihr regelmäßig den Fixiergurt an. Außerdem stellt sie das Bettgitter hoch.
I. Macht sie sich strafbar?
II. Wann ist ihr Verhalten erlaubt?

> I: Der Tatbestand der Freiheitsberaubung ist erfüllt. Die Tat ist rechtswidrig, es liegt kein Rechtfertigungsgrund vor. Die Altenpflegerin handelt schuldhaft (vorsätzlich, bewusst und gewollt). ? II: In Notsituationen wäre ihr Verhalten erlaubt. Zum Beispiel, wenn der Gesundheitszustand der Pflegebedürftigen sich durch ihre motorische Unruhe verschlechtern würde. Wenn sich die Patientin selbst und/oder andere gefährdet, eine erforderliche Therapie (z.B. Infusion) durch motorische Unruhe unmöglich ist oder Bewegungs-/Haltungsstörungen vorliegen, kann eine Fixierung gerechtfertigt sein.

Der Beweis, dass Fixierungen Stürze verhindern ist bislang von keiner Studie erbracht worden. Eine erhöhte Bewegungseinschränkung (durch das Anbringen eines Bettgitter) führt zu häufigeren und gefährlicheren Stürzen. So konnte beobachtet werden, dass in Pflegeeinrichtungen die den Einsatz von Fixierungen und Bettgittern befürworten, die Anzahl von Sturzverletzungen und Einklemmungen erhöht ist.

Fixierung des Patienten in einer Leibbandage

Vor der Benutzung muss das Gurtsystem auf schadhafte Nähte bzw. auf abgerissene Teile untersucht werden. Die Funktion aller Verschlüsse muss geprüft werden. Nicht mehr sicher schließende Systeme dürfen nicht verwendet werden. Bei den Gurtsystemen handelt es sich nicht, wie irrtümlicherweise häufig gedacht wird, um Universalgrößen. Sind die Gurte zu klein oder zu groß, ist die Sicherheit beeinträchtigt. Außerdem wären dem Patienten zu weite oder zu enge Gurten unbequem. Zur Fixierung (v.a. in der Psychiatrie) wird ein Einzelzimmer vorbereitet. Der Pflegebedürftige sollte dann von mehreren Pflegekräften in das Zimmer gebracht werden. Bedacht werden muss dabei, dass zu viele Personen den Betroffenen zusätzlich verunsichern können. Es muss ihm immer die vom Arzt verordnete orale Applikation von Sedativa (Beruhigungsmitteln) angeboten werden. Wenn der Betroffene zustimmt, kann auf eine Fixierung ggf. verzichtet werden. Wird die Medikation abgelehnt, halten die Pflegekräfte den Betroffenen an den Extremitäten fest und legen ihn ins vorbereitete Bett. Dort wird er fixiert und bekommt dann wieder die orale Medikation zur Beruhigung angeboten, die falls notwendig nach ärztlicher Anordnung auch injiziert werden kann.

Bei der Fixierung sollte immer das möglicherweise erhöhte Verletzungsrisiko berücksichtigt werden, welches insbesondere beim Einsatz eines Bettgitters entstehen kann (Strangulationsgefahr, wenn der Patient über das Bettgitter klettert und aus dem Bett fällt sowie Einklemmungsgefahr).

Diagonale Drei-Punkt-Fixierung / Fünf-Punkt-Fixierung

Zu sicheren Fixierung werden außer der Taille des Betroffenen auch eine Hand und der gegenüberliegende Fuß (diagonale Fixierung) an Gurten befestigt. Werden alle Extremitäten (beide Hände und beide Füße) fixiert, handelt es sich um eine Fünf-Punkt-Fixierung. Diese Fixierungen bieten eine sichere Ruhigstellung. Trotzdem müssen zur weiteren Erhöhung der Sicherheit wie bei allen Fixierungen so auch hier, grundsätzlich die Bettgitter hochgestellt werden.

Um die Fixierung human vorzunehmen, darf der fixierte Patient während dieser Zwangsmaßnahme niemals allein gelassen werden. Erforderlichenfalls ist eine Sitzwache zu gewährleisten, die den Betroffenen betreut bzw. in regelmäßigen Abständen nach ihm sieht, „ihn in besonderer Weise beobachtet und betreut“ und ein Fixierungsprotokoll führt.

Insbesondere nach der Applikation von Sedativa ist die Vitalzeichenkontrolle sehr wichtig. Wenn kurzzeitig das Zimmer verlassen wird, muss der Patient die Rufanlage bedienen können.

Eine Fixierung ist für den Pflegebedürftigen eine Einschränkung seiner Freiheit und schafft oft ein enormes Misstrauen gegenüber Pflegefachkräften. Sobald die Fixierung nicht mehr erforderlich ist und sich der Pflegebedürftige wieder beruhigt hat, muss mit ihm über den Vorgang gesprochen werden.
10 Regeln für das Anbringen von Fixiergurten

Vor einer Fixierung sind mögliche Alternativen zur Fixierung zu klären.

  1. Grundsätzlich ist zunächst das Vorliegen der ärztliche Anordnung bzw. einer richterlichen Genehmigung zu klären.
  2. Zur Sicherheit müssen alle gefährlichen Gegenstände aus dem Umfeld des Patienten entfernt werden. Es ist besonders auf scharfe Gegenstände (z.B. Besteck, Schmuck, Gläser, Vasen) aber auch auf Feuerzeuge und Streichhölzer zu achten. Das Material der Gurtsysteme ist in der Regel aus einem Baumzellwollgemisch und damit entflammbar.
  3. Die Gurte müssen so angebracht werden, dass sie straff auf der Matratze liegen. Fixiergurte werden eng, aber nicht zu eng angelegt. Sie dürfen die Atmung des Patienten nicht behindern. Zwischen Patient und Gurt soll die flache Hand passen.
  4. Fixiergurte dürfen niemals ohne Seitenbefestigung angebracht werden. Sie verhindern, dass sich der Patient im Bett quer zur Körperachse dreht und stranguliert wird.
  5. Bettseitenteile müssen durchgehend sein und hochgestellt werden. Empfehlenswert sind Bettseitenteilschutzbezüge, die unschöne und beängstigende Gitter verkleiden und gut abpolstern. Zweiteilige Bettgitter dürfen aufgrund der Gefahr des mittigen Durchrutschens nicht verwendet werden.
  6. Bei Patienten mit einem Herzschrittmacher (HSM) ist ein Sicherheitsabstand von zehn Zentimetern zwischen Magnetschlüssel und dem HSM zu halten, damit bei magnetempfindlichen HSM keine Tachykardien ausgelöst werden können.
  7. So viel Bewegungsfreiheit wie möglich, so wenig Fixierung wie nötig. Eine sichere Ruhigstellung kann jedoch nur durch diagonale Drei-Punkt-Fixierung bzw. durch eine Fünf-Punkt-Fixierung erreicht werden.
  8. Um das Herausrutschen aus dem Bauchgurt nach oben und/oder unten zu verhindern sollte eine Schulter- und Schulterzusatzhalterung eingesetzt werden. Dies erfordert wieder eine ärztliche Anordnung und über 24 Stunden hinaus eine richterliche Genehmigung.
  9. Hand- und Fußfixierungen dürfen/sollen grundsätzlich nur in Verbindung mit einem Bauchgurt vorgenommen werden (Ausnahme: bei ausdrücklicher ärztlicher Anordnung und richterlicher Genehmigung).
  10. Angesichts von Unruhe, Aggressionen und Aspirationsgefahr ist eine kontinuierliche individuelle Überwachung (Fixierungsprotokoll) erforderlich.

Alternativen zur Fixierung

Mittels „Bodenlagerung“ versuchen Pflegeeinrichtungen, die Fixierung sturzgefährdeter Pflegebedürftiger im Pflegebett zu vermeiden. Dabei stellt sich häufig heraus, dass der alte und kranke Mensch, ein gestörtes Gefühl und eine gestörte Wahrnehmung dafür haben, auch tatsächlich in einem Bett zu liegen und nicht auf dem Boden „vergessen“ worden wären. Weitere Nachteile sind, dass der Pflegebedürftige über den Fußboden scheuert und sich Verletzungen zuziehen kann. Es ist fraglich, wie ein auto-/fremdaggressiver Patient im Bedarfsfall auf dem Boden fixiert werden kann. Spezielle Pflegedecken aus Belgien (Infos unter: www.CareComfort.be), die mit Reißverschluss um die die Matratze angebracht werden sind speziell für unruhige und bettlägerige Menschen entwickelt worden. Sie lässt große Bewegungsfreiheit und ermöglicht das Liegen auf dem Rücken und auf der Seite.
Dokumentation der Fixierung

Jede Fixierung ist im Dokumentationssystem schriftlich zu dokumentieren. Ein Fixierungsprotokoll muss folgende Angaben enthalten:

* Welcher Patient wurde fixiert? (Name)
* Lag eine Einwilligung des Patienten vor?
* Welcher Arzt hat die Fixierung angeordnet?
* Liegt ein Gerichtsbeschluss vor, von wann, von welchem Gericht?
* Welche Personen (Pflegepersonal) waren an der Fixierung beteiligt?
* Wie lange war der Patient fixiert? (Dauer, lückenlos von/bis um… Uhr)
* Warum wurde der Patient fixiert? (Grund)
* In welcher Art und in welchem Umfang erfolgte die Fixierung?
* Welche besonderen Maßnahmen wurden während der Fixierung ergriffen
(z.B. Applikation von Sedativa, Monitoring, Sitzwach)?
* Wie und durch wen wurde die Beobachtung und Betreuung des Fixierten sicher gestellt?

Näheres unter:
http://www.alzheimerforum.de/2/3/8/Fixierungen.html

Liebe Georgia Rosenfeld,

es tut mir sehr leid - da ich in Österreich beheimatet bin und die Gesetzeslage
unterschiedlich ist, kann ich Ihnen leider nur bedingt weiterhelfen. In Österreich
würde ich mich mit diesem Thema an die Patientenanwaltschaft wenden,
womöglich gibt es in Deutschland ähnliche Einrichtungen? In Ö gibt es zu diesem
Thema Bestimmungen im „Unterbringungsgesetz“, allerdings bezieht sich dieses
auf Krankenanstalten und psychisch Kranke. Ersteres scheint in ihrem Fall gar nicht
zuzutreffen, letzteres nicht notwendigerweise. Mir scheint, dass eine Fixierung im
Erziehungsbereich in Ö überhaupt nicht angedacht ist, also auch nicht mit
richterlichem Beschluss. Das ist nun aber Mutmaßung.
Lieben Gruß
Julia

Puuuuuuuuh, herzlichen Dank für die ausführliche Antwort Markus. Überwiegend war mir das Meiste bekannt weil ich es aus dem Pflegealltag mit Erwachsene Demente kenne. Mein Problem ist der Minderjähriger, mehrfach Behinderte, Betreute Junge. Im Wikipedia unter „Bauchgurtfixierung“ steht u.a. dass eine richterliche Einwilligung für Eltern die ihr Kind fixieren NICHT vorgesehen ist. Also weiter suchen… oder das Amtsgericht anrufen ?!.. Merci nochmals ;o))

Herzlichen Dank für Ihre Hilfe Julia. Das eigentliche Problem der ErzieherInnen ist noch nicht mal die Tatsache, dass sich Julius befreit und die Wohngruppe „stört“ SONDERN die potentielle Gefahr die von seiner „Befreiung“ ausgeht, die Gefahr der Selbstschädigung / Verletzung durch Sturz oder gar Strangulation im Internat wo der Junge als Schutzbefohlener die beste Betreuung, Förderung und Sicherheit erfahren müsste UND dass die ErzieherInnen die Fixierung und das Lösen der Fixierung mit Namenskürzel und Uhrzeiten in der Dokumentation quittieren. (Was wären dann für sie die rechtlichen Konsequenzen, Arbeitsrechtlich und haften sie auch Privat wenn der Junge einen Schaden davon trägt und die Mutter Ersatzansprüche stellt?) Ich bin leicht überfordert… Gute Nacht und lieben Dank sagt Georgia

Hallo Georgia,

leider kann ich auf deine Frage keine fundierte Antwort geben, da meine Tätigkeitsschwerpunkte auf anderen Rechtsgebieten als dem Familien- und Strafrecht liegen und die Frage meines Erachtens sehr speziell ist.

Viele Grüße,
Julia

Liebe Georgia,

vielen Dank für Deine Anfrage. Da es sich um einen recht komplizierten Sachverhalt handelt, möchte ich dazu lieber nichts sagen, zumal ich mir nicht sicher bin.

Aber ich habe ein paar Ideen wo Du Dir kompetenten Rat holen kannst, bzw. Fragen, die den Sachverhalt ein wenig gliedern und Du ggf. über einzelne Aspekte weiterkommst:

  1. Internatleitung sollte das recherchieren können.
  2. Jugendamt oder einen Rechtspfleger am Amtsgericht fragen
  3. Die für das Internat zuständige Aufsichtsbehörde, je nach Bundesland müsste es das Sozial- oder Kultusministerium sein. Die sollten Dir auf jeden Fall helfen können und auch müssen.

Die erste Frage, die ich mir gestellt habe (aber leider nicht beantworten kann), war, ob die Eltern bzw. Sorgeberechtigten ein minderjähriges Kind zu seinem eigenen Schutz fixieren dürfen. Sollte die Antwort nein sein, so dürfen es die Erzieherinnen sicherlich auch nicht. Sollte die Antwort ja sein, dann wäre eine weitere Recherche nötig.

Ich werde versuchen noch ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, falls ich erfolgreich bin, melde ich mich noch einmal. Ansonsten wünsche ich Dir viel Erfolg bei der weiteren Recherche.

Herzliche Grüße
Sylvia

moin moin, Georgia 1957
also erstmal weiß ich nicht ob die Freiheitsentziehenden Maßnahmen innerhalb der Bundesländer unterschiedlich umgesetzt werden, oder ob sie Bundeseinheitlich geregelt sind, ich meine letzteres. Mir ist es soweit bekannt, das freiheitsentziehende Maßnahmen, in diesem Fall auf alle Fälle der Bauchgurt, Bettgitter weiß ich nicht genau. nur duch Beschluß des zuständigen Richters angeordnet werden kann. Der Zuständige Richter ist in der Regel bei dem Amtgericht zu finden, bei dem der amtlich bestellte Betreuer ernannt wurde. Ebenso ist auch hier die Auskunft über die zutreffenden Gesetzestexte möglich, was normalerweise nicht schwierig ist. Grundsätzlich, so ist es mir bekannt, kann eine Fixierung mit Bauchgurt, Gurt oder im Zimmer,in Verbindung mit durchzuführenden Maßnahmen wie beim Gurt z.B. Sitzwachen, nur mit einem richterlichen Beschluß durchgeführt werden. Dieser Beschluß wird allerdings nur dann erteilt, wenn Eigen- oder Fremdgefährdung, nachweislich vom Arzt bestätigt, vorliegt. Die durchführung eines Beschlusses aus therapeutischen Gründen ist mir nicht bekannt.
Weiterhin ist mir nicht bekannt, wie in dem Internat konzeptionell gearbeitet wird, aber ich gehe mal davon aus das in diesem Konzept Regeln über die Übernahme von Verantwortung der aufgenommenen Menschen niedergeschrieben sind. Weiter gehe ich davon aus das die Mitbestimmung von Erziehungsberechtigten oder Betreuer begrenzt ist. In Unkenntnis ihrer Position würde ich sagen, das man die Mutter an die zuständige Stelle innerhalb des Internates verweist um von dort eine Anweisung zu erlangen die Mitarbeiter schützt und Eltern zufrieden stellt. Als Eltern oder Betreuer sollte es Grundsätzlich so sein, dass ich mein Kind nur dort unterbringe wo ich auch das Vetrauen entgegen bringen kann. Ist mir dieses nicht möglich, würde ich als Eltern, Betreuer dann versuchen mein Misstrauen in Form von Gesprächen zu ergründen oder mich anderweitig zu orientieren.

Lieben Dank für Deine Antwort. Hier ist das Problem, dass es sich um einen Minderjährigen, mehrfach, geistig behinderten Jungen handelt. Er ist hyperaktiv und seine notwendigen Ruhephasen müssen „erzwungen“ werden, da er sonst nicht schlafen würde und das Ziel (die Förderung der Selbständigkeit und der Eingliederung nach SGB XII) von vorne herein zum scheitern verurteilt wäre. Sobald Julius den Bauchgurt spürt und dass es ihm nicht ohne weiteres möglich ist wieder aufzustehen „versteht“ er dass er im Bett liegen bleiben soll um zu ruhen oder zu schlafen. Sobald die Erzieher jedoch das Zimmer verlassen und er sich unbeobachtet fühlt „befreit“ er sich weil sein Wille halt ein anderer ist. Doch die Einsichtsfähigkeit was zu seinem Wohle ist, fehlt ihm geistig. Deswegen entscheidet seine Mutter für ihn. Ich habe auch vernommen, dass er bei den Großeltern genauso behandelt wird wie die Mutter dies wünscht, mit dem Unterschied, dass seine Großeltern mit ihm auf dem Boden schlafen. Die Bettgitter entfallen dort. Ich unterstelle der Mutter dass sie nur das Beste für ihren Sohn will. Der Zwiespalt entsteht dadurch dass er von Montags bis Freitags bei uns in einer öffentlichen Einrichtung lebt. Bei Wikipedia steht u.a.: Gesetzliche Vertreter wie der rechtliche Betreuer benötigen eine Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bzw. Familiengerichts, wenn sie für den Betroffenen einer Fixierung zustimmen (§ 1906 Abs. 4 BGB für den Betreuer) Dies gilt analog für den Bevollmächtigten im Rahmen einer Vorsorgevollmacht. >>> Merci, ich werde weiter suchen :o))

Guten Tag Frau Georgia Rosenfeld,

meiner Meinung nach ein klares NEIN zur Fixierung OHNE richterliche
Anordnung.
Auch nicht auf Basis des Wunsches der als rechtliche Betreuerin
bestellten Mutter.
Bei freiheitsentziehenden Maßnahmen endet jede „Betreuung“.
Nachlesen können Sie die rechtlichen Bestimmungen in den §§ 415 und
folgende im 7. Buch des FamFG (gültig seit 01. Sept. 2009).
FamFG: „Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit“.
Das lässt sich „googeln“.

Ich hoffe, Ihnen damit ein wenig weiter geholfen haben zu können.

Mit freundlichen Grüßen
Johannes Bard

Dennoch danke ich Ihnen Julia. Schönen Abend !

Das wäre sehr nett von Ihnen Sylvia. Wahrscheinlich ist nur das Vormundschaftsgericht noch dazu in der Lage eine adäquate Antwort zu erteilen. Schönen Abend.

Bonsoir Johannes, ich werde mir diese Gesetzestexte genau durchlesen. Herzlichen Dank für Ihren Rat.

Liebe Giorgia,

wie gesagt lässt sich das Problem nicht so leicht und wahrscheinlich nicht über
diese Seite klären. Aber grundsätzlich fällt mir dazu noch ein, dass die
Betrachtung des „Problems“ aus Sicht des Jungen stattfinden müsste - er hat
bestimmte Freiheitsrechte und Persönlichkeitsrechte, die gewahrt werden sollen
und müssen! „Ersatzansprüche“ der Mutter scheinen mir nur beachtlich, soweit ihr
Sohn nicht so behandelt wurde, wie es für SEIN Wohlbefinden erforderlich ist und
nicht wie die Mutter es für gut befindet, auch wenn sie Erziehungsberechtigte ist.
Es sind schließlich SEINE Rechte, die auch die Mutter zu respektieren hat (nach
meinem Verständnis jedenfalls!) Die Erzieherinnen müssen sich folglich um sein
Wohlbefinden sorgen und - soweit andere Kinder beeinträchtigt werden könnten -
auch um das der anderen (u.a. im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht). Aber, wie
gesagt, da gibt es sicher Stellen, die hierfür mit mehr Expertise weiterhelfen
können - nicht zuletzt wahrscheinlich auch das Jugendamt. lg Julia

Danke Julia, ich werde hier die Antwort rein setzen sobald ich Näheres in Erfahrung gebracht habe. Einen schönen Tag wünscht Ihnen Georgia

Hallo Georgia,

ich habe ein wenig gegoogelt und bin dabei auf eine interessante Seite gestoßen. Hier die Adresse:

www.volkerthiel.de/fixierung.htm

dort dann das pdf-Dokument „Freiheitseinschränkende Maßnahmen gegenüber Pflegebedürftigen“ öffnen. Unter Punkt 2.6 findet sich etwas über Minderjährige. Insgesamt aber auch die BGB Paragrafen 1626, 1631 und 1906 lesen (www.gesetze-im-internet.de).

Alles was ich noch so gelesen habe, läuft darauf hinaus, dass Eltern ihre Kinder zu Hause fixieren dürfen, in öffentlichen Einrichtungen aber nicht, da Mißbrauch vermieden werden soll. Eine Verfügung dort also notwendig ist. Dies ist jedoch eine Auskunft unter Vorbehalt, also nur was ich so gefunden habe.

Liebe Grüße
Sylvia

Herzlichen Dank Sylvia, das werde ich gleich nachlesen. Einen schönen Abend wünscht Ihnen Georgia

Guten Abend Markus,

Nachstehendes hat Herr Thiel Volker (Dipl. Pflegewissenschaftler an der FH) mir geantwortet:

Georgia: In 90% der Fälle kann sich Julius aber in seiner Wohngruppe im Schulinternat aus seinem Bauchgurt befreien, er klettert über die Bettgitter und sorgt für Unruhe in seiner Wohngruppe. (Eine 3 oder 5 Punkt Fixierung wird abgelehnt.)

Die ErzieherInnen wissen nicht wie er das schafft, bemerken nur dass er auf einmal an der Türe steht und sich befreit hat.

Herr Thiel: Bei einer Fixierung in der Weise, wie Sie sie beschreiben, besteht die Gefahr der Strangulation. In der Vergangenheit hat dies bereits zu Todesfällen geführt, auch im Zusammenhang mit Bettgittern – ich bin sicher, dass Sie davon wissen.

Dass die Fixierung neben diesen Risiken auch Vorteile hat, kann ich Ihrer Schilderung nicht entnehmen:
Sobald die Erzieher jedoch das Zimmer verlassen und er sich unbeobachtet fühlt „befreit“ er sich weil sein Wille im Moment halt ein anderer ist. Die geistige Einsichtsfähigkeit was zu seinem Wohle ist fehlt ihm gänzlich.

Georgia: Das eigentliche Problem der ErzieherInnen ist noch nicht mal die Tatsache, dass sich Julius befreit und die Wohngruppe „stört“ SONDERN die potentielle Gefahr die von seiner „Befreiung“ ausgeht.

Hier besteht die Gefahr der Selbstschädigung / Verletzung durch Sturz oder gar Strangulation im Schulinternat wo der Junge als Schutzbefohlener die beste Betreuung, Förderung und Sicherheit erfahren müsste. (Eine Sitzwache ist aus personellen Gründen nicht zu leisten)

Die ErzieherInnen müssen die Fixierung und das Lösen der Fixierung mit Namenskürzel und Uhrzeiten in der Dokumentation quittieren.

Herr Thiel: Wenn Sturz- und Strangulationsgefahr nur bei Befreiungsversuchen aus der Fixierung besteht und zudem die von der Fixierung gewünschten Effekte (z.B. Beruhigung) nicht eintreten, dann ist die Fixierung aus meiner Sicht keine angemessene Intervention. Denn tatsächlich verringert sie keine Risiken, sondern steigert sie sogar noch. Auch dann, wenn eine Fixierung rechtlich zulässig war, kann eine fehlerhafte Umsetzung trotzdem zu rechtlichen Konsequenzen führen.

Georgia: Bis heute zu ist alles „gut gegangen“ dennoch sollte dem Jungen aufgrund der Fixierung in unserer Einrichtung etwas geschehen… was wären dann für die ErzieherInnen die rechtlichen Konsequenzen?

Zum Beispiel Arbeitsrechtlich und haften sie auch Privat wenn der Junge einen Schaden davon trägt und die Mutter Ersatzansprüche stellen würde?

Herr Thiel: Die Pflegeperson, die fixiert, kann gem. § 823 Abs. 1 BGB in
Verbindung mit § 253 Abs. 2 BGB schadensersatzpflichtig sein. Strafrechtlich stellt die Fixierung eine Freiheitsberaubung nach § 239 StGB dar. Eventuelle Folgen einer nicht sicheren Fixierung können strafrechtlich ein Körperverletzungs- oder Tötungsdelikt sein. Arbeitsrechtlich kann eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten vorliegen, was Anlass einer Abmahnung oder Kündigung sein kann.

Georgia: Darf ein minderjähriger unter Betreuung stehender, mehrfachbehinderter Junge auf Geheiss der Mutter von den ErzieherInnen OHNE richterliche Genehmigung in einer öffentlichen Einrichtung aus therapeutischen Gründen fixiert werden?

Soviel ich verstanden habe, ist jede Art von Freiheitsentziehende Maßnahmen für Volljährige und Minderjährige Personen, ob sie nun unter Betreuung stehen oder nicht, durch einen Richter des Amtsgerichtes Genehmigungspflichtig. (Von Notstand usw… abgesehen)

ABER ich habe auch verstanden dass für die Fixierung eines Kindes durch die Eltern zu Hause, der Gesetzgeber keine Genehmigung durch das Vormundschafts- oder Familiengericht vorgesehen hat.

Herr Thiel: Ich denke, dass Sie das sehr gut recherchiert haben! Ob für freiheitsentziehende Maßnahmen bei Minderjährigen in einer Einrichtung neben der Zustimmung der Erziehungsberechtigten auch eine richterliche Genehmigung erforderlich ist, ist meines Wissens umstritten. Zu klären wäre das dadurch, dass der zuständige Arzt einen Antrag auf Genehmigung der Fixierung gemäß § 1906 Abs. 4 BGB stellt.

Eine Frage stellt sich aber immer: Wenn die Gefahr von Stürzen etc. erst durch die Fixierung geschaffen wird, warum wird dann fixiert? Sie schreiben ja oben: „Das eigentliche Problem … ist … die potentielle Gefahr die von seiner „Befreiung“ ausgeht.“ Besteht nach der Befreiuung auch eine Gefahr, oder nur während der Befreiung? Was passiert, wenn gar nicht fixiert wird?

Ich hoffe, diese Gedanken konnten ein wenig weiter helfen und wünsche Ihnen viel Erfolg bei der weiteren Recherche! Über eine Rückmeldung, wie Sie das Problem gelöst haben, würde ich mich sehr freuen!

Freundliche Grüße aus Bonn

Volker Thiel

Guten Tag Markus,

folgende Antwort erhielt ich von Manfred Borutta (www.manfred-borutta.de)

Hallo Frau Rosenfeld,

schön, von Ihnen zu hören.

Zu ihrer Frage:
Relevant ist im zivilrechtlichen Kontext der § 1906 Abs. 4 BGB (Betreuungsrecht).
Dort gibt der Gesetzgeber - für den Fall der genehmigungspflichtigen Anwendung einer freiheitsentziehenden Maßnahme (FEM) vor:
a) wo der von der FEM Betroffenen (der Betreute) lebt (Ort): Anstalt, Heim oder sonstige Einrichtung
b) wodurch der Betroffene fixiert werden kann: mechanische Verrichtungen (hierzu zählen Bauchgurte, Bettgitter etc.), Medikamente (hierzu zählen Medikamente mit sedierender Wirkung = Neuroleptika), oder auf andere Weise (zum Bsp. Abschließen der Türen etc.)
c) für wie lange: „über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig“.

Die Amtliche Begründung des gesetzgebers (Bundestags-Drucksache 11/4528) gibt nähere Auskunft darüber, was hierunter im Einzelnen zu verstehen ist:

zu a): Gemeint sind immer s.g. offene Einrichtungen. [Die geschlossenen Einrichtungen sind von Abs. 1 - 3 des § 1906 erfasst (hierbei geht es dann um eine genehmigungspflichtige Unterbringung)]. Ihre Einrichtung (Internat) fällt eindeutig unter den offenen Einrichtungen, in denen aber FEM angewandt werden können.

zu b): Es geht im Kern stets um die von Dritten vorgenommene „Behinderung, den Aufenthaltsort zu verlassen“. Zitat: „Am Verlassen des Aufenthaltsortes ‚gehindert‘ wird der Betreute nur dann, wenn in anderer Art als durch Bitte oder Überredung auf seine Entschließung eingewirkt wird.“ (BT-Dr. 11/4528, S. 149).

zu c): Eine vormundschaftliche Genehmigung ist immer dann erforderlich, „wenn das Hindern ununterbrochen oder regelmäßig erfolgt. Ein ‚regelmäßiges‘ Hindern liegt vor, wenn es entweder stest zur selben Zeit erfolgt (Absperren der Türe jeweils zur Nachtzeit) oder aus wiederkehrendem Anlass (wiederkehrendes Einsperren zur Nachtzeit).“ (BT-Drs. 11/4528 ebd.).

Die von Ihnen dargelegte Maßnahme ist also eindeutig genehmigungspflichtig. D.h., sie kann nur mit der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts durchgeführt werden. Weder eine Angehörige, noch ein Bevollmächtiger (vgl. § 1906 Abs. 5 BGB), noch ein Betreuer (vgl. § 1906 Abs. 1 -3) dürfen eigenmächtig eine FEM anordnen oder genehmigen. Genehmigungsinstanz ist im Sinne des Legalitätsprinzips stets das Vormundschfatsgericht. Dies ist im Übrigen durch Art. 104 Abs. 2 GG jedem von Freiheitsentzug Betroffenen als Rechtsgarantie zugestanden.

Das Vorgenenannte gilt uneingeschränkt für erwachsene Menschen (18 Jahre und älter).

Einschränkend muss ich jedoch feststellen, dass ‚Julius‘ minderjährig ist.
Hier greifen die Bestimmungen des 4. Buchs 'BGB (Familienrecht), 2. Abschnitts, 4. Titel: ‚Rechtsverhältnis zwischen Eltern und dem Kind im Allgemeinen‘ und 5. Titel: ‚Elterliche Sorge‘.
Demnach obliegt die Ausübung der elterlichen Sorge den Eltern gem. § 1627 BGB.
Es gilt aber auch § 1631 (Inhalt und Grenzen der Personensorge):
(1) Die Personensorge umfasst insbesondere die Pflicht und das Recht, das Kind zu pflege, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen.
(2) Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafung, sellische Verletzungen und andere entwürdige Maßnahmen sind unzulässig.
(3) Das Familiengericht hat die Eltern auf Antrag bei der Ausübung der Personensorge in geeigneten Fällen zu unterstützen.

§ 1631b BGB (Mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung):
Eine Unterbrinung des Kindes, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur mit Genehmigung des Famliengerichts zulässig. Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; die Genehmigung ist dann unvverzüglich nachzuholen. Das Gericht hat die Genehmigung unverzüglich zurückzunehmen, wenn das Wohl des Kindes die Unterbringung nicht mehr erforderlich macht.

Bezogen hierauf, wäre m.E. zu klären, ob eine Genehmigung dieser doch umfassenden freiheitsentziehenden Maßnahme durch das Familiengericht vorliegt.

Relevant könnten im Weiteren die Bestimmungen §§ 1666, 1666a, 1667 BGB sein.
Können Sie über Internet nachlesen.

Hoffe, Ihnen damit ein wenig geholfen zu haben.
Sie können aber auch mal versuchen über www.wernerschell .de (Frageforum) weiteres in Erfahrung zu bringen. Die Seite ist sehr empfehlenswert.

Mit freundlichen Grüßen

Manfred Borutta
www.manfred-borutta.de

Liebe/-r Experte/-in,
Guten Abend :o) Folgendes: Julius ist minderjährig,

mehrfach

Behindert, seine Mutter hat das

Aufenthaltsbestimmungsrecht

und ist seine Betreuerin. Er besucht von Montags bis

Freitags

unser Internat im Rahmen der Förderung laut SGB XII.

Seine

Mutter verlangt von den ErzieherInnen eine

Bauchgurtsicherung

und Bettgitter Fixierung beidseits bei Bettruhe. Dies

würde

sie zu Hause seit Jahren aus therapeutischen Gründen

auch so

vollziehen, da Julius sonst nicht „bemerken“ würde,

dass nun

Bettruhe/Nachtruhe angesagt ist. Eine richterliche

Genehmigung

liegt nicht vor. Zu 90% kann sich Julius aus seinem

Bauchgurt

befreien, klettert über die Bettgitter und sorgt für

Unruhe in

seiner Wohngruppe. Die ErzieherInnen wissen nicht wie

er das

schafft, bemerken nur dass er auf einmal an der Türe

steht und

sich befreit hat. Meine Frage: darf ein minderjähriger

unter

Betreuung stehender, mehrfachbehinderter Junge auf

Geheiss der

Mutter von den ErzieherInnen OHNE richterliche

Genehmigung aus

therapeutischen Gründen fixiert werden? Wo bitte kann

ich dies

nachlesen ? Ich habe bereits sehr viel im Internet
recherchiert aber leider nichts „passendes“ gefunden!

Ich

danke Ihnen herzlichst für Ihre Hilfe. Liebe Grüße von
Rosenfeld Georgia

Hallo Rosenfeld Georgia.
sorry für die verspätete Antwort.

Grundsätzlich sind Maßnahmen der Erziehung, auch wenn es
sich um eine Fixierung handelt, eine Maßnahme des
Erziehungsberechtigten.

Dies muss die Erziehungsberechtigte allein entscheiden.
Ob das Personal die Fixierung ausführt, ist dem Personal
überlassen.
Sollten Zweifel ihrerseits an dem Vorgehen des
Erziehungsberechtigten bestehen, so kann ihnen das
Jugendamt weiterhelfen.

Gruß Peter Machalek