Für mich ist dieser Satz falsch. Wie lautet er richtig?

Hallo Expertertinnen und Experten,

Dieser Satz ist für mich falsch:

Oder glaubst du, es gebe keine Deutschen, die Französisch sprächen?

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

Servus,

der Konjunktiv I ist im Deutschen für indirekte Rede, Wünsche (Optativ) und Aufforderungen (Jussiv) reserviert.

Hier muss der Konjunktiv II ran: „… , es gäbe …“

Schöne Grüße

MM

Hi Hans Jürgen,

ich glaube, hier kommen zwei Sachen zusammen, zum einen die sprachliche Nähe des Konjunktivs I zum Konjunktiv II für das Verb „geben“ (gebe vs gäbe), sowie eine in Deutschland häufig zu findende Hyperkorrektur (in diesem Fall des Verbs „sprechen“). Bei uns hieße das „doppelt-gemoppelt“ :wink:

Hört sich denn

Oder glaubst du, es gäbe keine Deutschen, die Französisch sprechen?

besser an ?

Gruß
HH

  • Schönen Dank, das „sprächen“ hab ich schon nicht mehr gelesen.

MM

Unsinn: Der Konjunktiv II wird verwendet, um unmögliche und unwahrscheinliche Bedingungen oder Bedingungsfolgen zu benennen oder um auszudrücken, dass unter mehreren an sich möglichen Folgen infolge menschlicher Entscheidungen durch Ermessensgebrauch eine bestimmte Folge ausscheiden werde.

Also zum Beispiel: Es gäbe [Konjunktiv II] keine Deutschen, die Französisch sprechen, wenn sich nicht so viele Schulen engagierten [hier ebenfalls Konjunktiv II, leider umgangssprachlich immer häufiger mit „würden“ gebildet].

Der Verwendung des Konjunktiv II im Beispielssatz steht das Fehlen einer Bedingung entgegen. „Glaubst du, es gäbe keine Deutschen, die Französisch sprechen, wenn sich nicht so viele Schulen engagierten?“ Ohne das „wenn“ bleibt somit Indikativ oder, um eine gewisse Distanz zu demjenigen, dem man die Aussage zuordnet zu signalisieren, der Konjunktiv I.

Wie schon erläutert, geht man vom Indikativ aus. Er glaubt: „Es gibt keine Deutschen, die Französisch sprechen“. Für die Umwandlung in eine indirekte Frage kann man den Konjunktiv I wählen (Indikativ wäre auch ausreichend gewesen). Also: „Glaubst du, es gebe [Konjunktiv I] keine Deutschen, die Französisch sprächen [ausnahmsweise Konjunktiv II, weil die Konjunktiv I-Form mit dem Indikativ übereinstimmt]?“

Problem ist hier offenbar die mittlerweile verbreitete Unkenntnis über die Bildung (oder überhaupt die Existenz) des Konjunktiv I. Als regelmäßiger Deutschlandfunk-Hörer erschaudere ich immer häufiger, dass selbst in diesem Sender kaum mehr einer richtig mit dem Konjunktiv umgehen kann.

Alles ziemlich richtig, außer der Konstruktion von „glauben“ mit Konjunktiv I.

Nebbich geht es aber genau um diese.

Schöne Grüße

MM

Hallo Ultra,

Du reitest Dich immer tiefer rein. und so wortreich.

Wir können den Satz ja von der Duden-Redaktion prüfen lassen. Ich zahle das gerne.

Mein Fazit vorab: Integration mißlungen. Abschieben!

Hoffentlich erkennst Du das als Ironie.

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

Den Begriff „Nebbich“ kenne ich nicht. Zur Verwendung des Konjunktiv I: Damit Zuhörende erkennen, dass eine Äußerung indirekt wiedergegeben wird, muss die indirekte Rede durch ein Verb des Sagens / Fragens / Denkens oder durch ein entsprechendes Nomen eingeleitet werden.

Ich bin der Meinung, dass die Verwendung des Konjunktiv I auch bei Gedanken richtig ist. Im Beispielssatz wäre, wie gesagt, die Verwendung des Indikativ auch richtig gewesen. Da aber hier die mutmaßlichen Gedanken einer anderen Person wiedergegeben werden, ist die Benutzung des Konjunktiv I als Stilmittel möglich, zumal Konjunktiv II ausscheidet, da dieser den Sinn veränderte.

Dem Fragestelle war übrigens offenbar lediglich die Existenz der Form „gebe“ unbekannt, da er vermutlich zu denjenigen gehört, die den Konjunktiv I nicht mehr kennen.

Hinweis: Mit dem Verb „glauben“ lässt sich keine Frage ausdrücken, mithin auch keine indirekte. Wohl aber (wie hier) ein irrealer Sachverhalt. Dass der Konjunktiv II ausschließlich im Zusammenhang mit einer Bedingung stünde, ist pfaltsch.

Das Konditionalgefüge ist ein Bereich des irrealen/potenzialen Konjunktivs, aber nicht der einzige. Gemeinsam ist den Anwendungen des Konjunktiv II nur die Irrealität. Einzelheiten dazu stehen im Grammatikduden unter § 749 - 762.

MM

Nur dieser gibt den Sinn wieder, dass nämlich mit dieser Frage ausgedrückt wird, dass es nach Überzeugung des Fragenden sehr wohl Deutsche gibt, die Französisch sprechen: Der Glaube, es gäbe keine, hat etwas Irreales zum Inhalt.

Gruß

MM

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Der Satz ist sprachlich richtig. Das ist belegt und bewiesen. Über die Verwendung des Konjunktiv I kann man zwar streiten. Jedoch steht allen Verwendern der Deutschen Sprache auch ein Gestaltungsspielraum und die Verwendung von Stilmitteln zu.

Dein Problem indes besteht aus zwei Aspekten. Zum einen kennst du die Form „gebe“ nicht, da du meinst, es müsse immer „gäbe“ heißen. Zum anderen glaubst du, durch Aufdeckung vermeintlicher Grammatikfehler anderen irgendetwas beweisen zu können. Dies ist in Internetforen ein alter Hut. Einem fällt inhaltlich nichts mehr ein, weil der Mitdiskutant recht hat, also wirft man ihm wenigstens vor, etwas falsch geschrieben zu haben. Selbst wenn ich einen Grammatikfehler gemacht hätte [hier tatsächlich Konjunktiv II], wäre das immer noch kein Beweis dafür, dass du inhaltlich richtig liegst.

Wir leben hier in einer Demokratie. Jeder darf wählen, seine Meinung frei äußern oder sonstige Rechte in Anspruch nehmen, selbst wenn er nicht richtig Deutsch spricht.

[Beitrag editiert vom www Team Wochenende]

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Du liegst schlicht falsch. Sprache ist durchaus wandelbar und flexibel. Dein starres Korsett, das du glaubst zu sehen, existiert nicht.

Beispiel: „ER GLAUBTE, ER SEI CHRISTUS“. Aus dem Interview: „Ja, er hatte eine fixe Idee … die Zwangsvorstellung, er sei Christus.

Solange dahinter auch nur eine mutmaßliche Aussage steckt („Ich bin Christus“) kann man die Vorstellung des anderen in der indirekten Rede darstellen. Dies halte ich auch für geglückt. Denn die andere Möglichkeit (Er glaubt, er wäre Christus) führt in die Irre. Das könnte auch heißen, er wäre Christus, wenn er ein guter Schauspieler wäre und er sich für die Jesus-Rolle bewürbe.

Hallo Ultra,

ich iasse das prüfen.

Du hast von mir einenm Stern bekommen, weil Du Deine Denkweise so wunderbar aufgezeigt hast.

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

Konjunktivistik

Hallo,

die „indirekte Rede“ (allgemeiner: die oratio obliqua) mit Konj. I wird nicht nur für „sagen“ und „fragen“ verwendet, sondern auch für „glauben“, „meinen“, „vermuten“, „behaupten“ usw. Ob sie aber, was durchaus möglich ist, mit Konj. II gebildet wird, hängt von der Sprachebene ab, auf der die Aussage getroffen wird, d.h. von der Stellung des Sprechenden zu der Aussage. Nämlich ob er es bezweifelt, oder ob er Gegenteiliges weiß, glaubt, meint usw. oder ob er das Ausgesagte einfach konstatiert bzw. schlicht nur eine Meinung einholen will.

„Du sagst (behauptest, glaubst, vermutest, meinst), es gebe keinen Gott“ (Mir ist das egal, ob oder ob nicht. Ich habe Meinung dazu, aber mich interessiert deine)
aber
„Du sagst (behauptest, glaubst, vermutest, meinst), es gäbe keinen Gott“ (Ich weiß, glaube usw. aber, daß es einen gibt)

„Du glaubst, du wärest Napoleon“ (Klar, daß du es nicht bist)

„Du glaubst, er sei dein leiblicher Vater?“ (… obwohl du es gestern noch bezweifelt hast?)
„Du glaubst (immer noch), er wäre dein leiblicher Vater?“ (… obwohl die Geburtsurkunde das Gegenteil beweist?)

„Du glaubst, du beherrschest den Gebrauch des Konjunktivs?“ (Bin gespannt, ob sich das bestätigt)
„Du glaubst, du beherrschtest [= würdest beherrschen] den Gebrauch des Konjunktivs?“ (Du beweist ja gerade, daß das nicht der Fall ist!)

In deinem Beispiel kommt es also auf die Meinung bzw. Sachkenntnis des Sprechers an, und darauf, was er mit der Frage implizieren will:

„Du meinst, es gebe keinen Regen heute?“ (Ich selbst habe keine Ahnung, ob oder ob nicht)
„Du meinst, es gäbe keinen Regen heute?“ (Haha! Ich stehe bereits im Regen!)

Also:
„Glaubst du, es gebe keine Deutschen, die …?“ (Ich selbst weiß nicht, ob oder ob nicht, bzw. habe keine Meinung dazu und will nur deine erfahren)
Aber:
„Glaubst du (etwa), es gäbe keine Deutschen, die …?“ (Ich weiß aber, daß es sie gibt, daß also deine Vermutung falsch ist)

Das Weitere ist dann der Relativsatz „… die Französisch sprechen/sprächen“. Dieser bezieht sich ausschließlich auf das Objekt des „es gibt“ und hat mit der übergeordneten Aussage bzw. Frage, gar nichts zu tun. Er ist lediglich Attribut zum Objekt. Es gibt keinen Grund, ihn anders als im Indikativ auszusagen. Anders formuliert wird das klarer:

„Glaubst du, es gebe/gäbe keine Französisch sprechenden Deutschen?“
oder eben:
„Glaubst du, es gebe/gäbe keine Deutschen, die Französisch sprechen?“

Analoges Beispiel:
„Glaubst du (etwa), es gäbe keine schwarzen Schwäne?“
Alias
„Glaubst du (etwa), es gäbe keine Schwäne, die schwarz sind“?

Gruß
Metapher

PS: „Wenn wir mit dem Konjunktiv nicht sorgfältig umgingen, wo führte uns das hin!“

Du redest von vielen Dingen, aber nicht von einer Frage. Vor einiger Zeit (9.59 h) war es noch eine „indirekte Frage“, die Du mit dem Konjunktiv I formulieren wolltest. Jetzt plötzlich nicht mehr.

Ein starres Korsett gibt es nicht, aber Du für Dich alleine wirst keine neue deutsche Sprache erfinden.

Lies mal einstweilen die Paragrafen aus dem Duden, die ich Dir angegeben habe.

Schöne Grüße

MM

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Ohne weitere Erklärungen ( die ich gelesen und verstanden habe) halte ich die Aussage grammatikalisch für falsch (verstehe sie aber trotzdem).
Oder glaubst Du, es gibt keine Deutschen, die französisch sprechen?
Ich höre es mehr als an Regeln am Klang und am Rhythmus.