Gedichtzeile "Do kam a Butzele in des Zäwwl" - was bedeutet das letzte Wort?

Hallo zusammen,

kann bitte jemand damit etwas anfangen?
Falls es jemand nicht weiß: Butzele ist auch gut Schwäbisch ein Säugling bzw. Baby.
Darum geht es nicht. Das gefragte Wort Zäwwl scheint mir nicht schwäbisch zu sein.
Danke, wenn jemand weiterhelfen kann.
Schönen Gruß
weidag

Hallo,

angesichts des übrigen Vokabulars sowie der Rechtschreibung ist das nicht schwäbisch. Ich würde es eher im Alemannischen verorten, das den Begriff „Butzele“ auch kennt.
http://www.hegau24.de/kontakt/

&Tschüß
Wolfgang

Servus,

ohne wirklich weiter zu wissen, täte ich das „Zäwwl“ vom Klang her mehr in die nordöstlichen oder nordwestlichen Grenzgebiete des Schwäbischen, sprich das Houwelouische oder das Enztäler „Suebofränkisch“. Ohne allzu dickes Aufplustern meiner Vielbefahrenheit nähme ich an, dass mir das Wort aus dem Seealemannischen bekannt wäre, wenn es das dort gäbe.

Kannst Du vielleicht ein wenig Kontext benennen, einen Satz oder zwei, einen Sinnzusammenhang oder sowas?

Erstaunlich ist vorderhand die Imperfekt-Form, die es weder im Schwäbischen noch im Alemannischen gibt, und ich glaube auch in den übrigen fränkischen Dialekten auch nicht - allenfalls à la limite noch als „war“ zu „sein“.

Schöne Grüße

MM

bei Google gefunden. Hat mir leider auch nicht weiter geholfen:
Blödzlich wurd i aus mai Gedanka grissa, als Dim mi hochhob ond wiedr uf
sai Bedd sedzde. Was jedzd kommd könnd ihr eich ja denka. Uf jeda Fall
verließa mir des Zäwwl für oi baar Schdunda nemme.
Hört sich schon schwäbisch an, aber was Zäwwl heißt, erschließt sich mir nicht.
Gruß Michael

Hallo Michael,

hier ist der Zusammenhang: http://www.fanfiktion.de/s/56ffa5de0005267a276d1f70/1/Schdexberd-uf-Schwaebisch-Stexpert-auf-Schwaebisch-

Zu Beginn ist die Rede von der Schwäbischen Alb; es fällt auf, dass sich einerseits ein ganz gruseliges Imperfekt durch den ganzen Text zieht und stellenweise auch die überkorrigierenden zu-Infinitive verwendet werden, an denen man Schwaben erkennt, die glauben, sie könnten ihr Schwäbisch verbergen, auch sonst ein paar Nägel hineingehauen sind, andrerseits aber auch erkennbar ist, dass der Autor schon Kontakt zu Schwäbisch hat, das nicht nur eingefärbtes Standarddeutsch ist („dui“, „Dote“). A propos „Dote“: Die maskuline Form zur „Dote“ = Patentante, „Dete“ = Patenonkel, ließe wahrscheinlich örtlich recht genau bestimmen, wo der Text herkommt, weil sie viel verbreiteter „Götte“ / „Gette“ heißt.

Wie auch immer - das „Zäwwl“ ist hier entweder Bett oder Schlafgemach. Kann übrigens auch sinnentstellend vertippt sein, der Text enthält ein paar recht grobe Tipp- oder Schreibfehler.

Schöne Grüße

MM

Hallo,
da UP @weidag offensichtlich für das Wort Zäwwl eine andere Quelle hat als „unsere“ web-Seite, kann man falsche Schreibweise wohl ausschließen. Was uns nicht weiter hilft.
Vielleicht meldet sich ja ein Schwabe, der uns über die Bedeutung des Wortes aufklärt.
Gruß Michael

Übrigens Bett wirds wohl nicht sein, da „Bedd“ im Text vorkommt.

Servus,

Neckartäler hat es wohl noch ein paar, Oberländer auch, aber vo dr Alb ra wüßt ich jetzt keinen hier herum. Bolo2L, der hier schon länger nicht mehr schreibt, stammt aus einem ganz eigenen Eck der Alb, aus den Ostgebieten von Hoarna. Mit Dusslingen, Hechingen, Gammertingen und so hat das bloß die Höhe ü.N.N. und die weißen Felsen gemein.

Den „Dete“ habe ich inzwischen auch aus Möglingen gefunden, d.h. er ist doch nicht so punktuell verbreitet wie ich geglaubt hätte, sondern schließt einfach nördlich an den Gotte an.

Was mich stört, ist dass es normalerweise keine anderen Räume in einem Wohnhaus gibt als Stube (ggf. zwei), Kuchel, Speis, Kammer(a) (mehrere), Gang. Ein lateinisches Wort, das in der römischen Besatzungszone auch nicht grad überraschend wäre, gibt es da außer dem gar nicht passenden cebulum auch nicht.

Schöne Grüße

MM

  • ach, den PW hammer ganz vergessen:

Ein Schwabe steht vor Gericht, weil er 2 Badener überfahren hat.
Richter: „Angeklagter, Sie müssen jetzt die Wahrheit sagen!“
Schwabe: „Also des war so, dia Stroß war dodal vereisd ond mei Audo isch ens Schleudra komma.“
Richter: „Angeklagter, die Tat ist im August passiert, Sie sollen die Wahrheit sagen!“
Schwabe: „Also guad, es hodd stark grengad ond Laub war au no auf dr Stroß.“
Richter: „Zur Tatzeit war schönster Sonnenschein, ich fordere Sie jetzt zum letzten Mal auf, die Wahrheit zu sagen!“
Schwabe: „Vo mir aus, Herr Richder … also d’Sonn hodd gscheind ond scho vo weidem hann I dia zwoi Badenser gsäha ond midd Fleiss auf se zuaghalda. Dr oine isch mr dann durch d’Frontscheib raikomma, dr andere isch en an Hausgang neigfloga. Abbr I berei iberhaupd nix, gar nix!“
Richter: „Na warum denn nicht gleich so? Also, Sie sind freigesprochen – und den oina Badenser verklaga mr wega Sachbeschädigong an Ihrem Audo, ond den andera wega schwärem Hausfriedensbruch!“

In diesem Sinne

MM

ergänzend : die Dode und den Dede (mit jeweils weichem t gesprochen :wink: ) gibt’s auch im Stroh- und Heckengäu … hat eine Weile gebraucht bis ich als Kind westfälischer Eltern herausgefunden hatte, dass Dode nun nichts mit Verstorbenen zu tun hatte … *seufz*

Servus,

ohne den Kontext zu kennen: Im Süden von Salzburg (Lungau) ist ein ‚butzal‘ ein Kalb bzw. Jungtier. Vielleicht hilft das?

Lg,
Penegrin

Servus,

das Butzele ist klar - es geht um das „Zäwwl“, das aus dem Kontext erschließbar „Zimmer“ oder „Kammer“ bedeutet, aber auch innerhalb des Schwäbischen nur eng begrenzt regional verbreitet ist: Offenbar auf der westlichen Alb, aber nicht im Neckartal und nicht südlich der Donau. Solche im Schwäbischen, aber nicht in fränkischen Dialekten und nicht im Alemannischen vorhandenen Worte stehen im Verdacht, romanischen Ursprung teils direkt aus dem Lateinischen, teils über das Französische des 18.-19. Jahrhundert ins Schwäbische gekommen zu sein - es gibt hier aber nichts Lateinisches, was dazu passen mag, egal wie man die Laute verschiebt.

Oder es gibt etwas, und ich komme nicht drauf - das gefiele mir noch besser. In diesem Fall wird Kreszenz nicht mehr als vielleicht zwei Tage brauchen, bis sie die Wurzel aufgespürt hat.

Schöne Grüße

MM

3 Like

Servus,

unter Umständen könnte das ein und dieselbe Person sein, immerhin ist die im Schwäbischen falsche Imperfektform die gleiche: Diese Vergangenheitsbildung gibt es ganz sicher auch nicht regional - dr Dreißigjährige Kriag ischt Johra dreißge ganga, egal wie lang das war und ob das abgeschlossen war oder nicht. Dann wäre es fast aussichtslos, das Zäwwl zu finden, weil es dann im Extremfall ein Wort aus einem einzigen Dorf oder gar aus einer einzigen Familie sein könnte.

Schöne Grüße

MM

Das habe ich schon verstanden, aber der Kontext funktioniert nur, wenn ‚Butzele‘ wirklich Baby heißt :wink:

Außerdem finde ich die Formulierung ‚Da kam ein Baby ins Zimmer‘ etwas komisch. Der ganze Text wäre halt interessant.

Lg,

Ja, ‚Butzele‘ = Kleinkind ist im gesamten schwäbischen Raum und in Teilen des Alemannischen eindeutig. Schwierig wird es dann halt in den fränkischen Gefilden nördlich Brackenheim und nordöstlich Murrhardt, wo eine Butzel = eine Muttersau ist. Die würde aber nicht mit dem Diminuitiv versehen, zumindest nicht ab drei Zentner. Schwäbisch-Hällische Butzeln, nur echt mit schwarzer Markierung an Bug und Heck, sehen dann so aus:

Schöne Grüße

MM

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wirkt nur komisch, wenn man ‚Baby‘ = Säugling einsetzt. ‚Butzele‘ = ‚kleines Kind‘ kann durchaus drei-vier Jahre alt sein und selber laufen.

Die Imperfektform ist halt irritierend und im Schwäbischen sicher falsch. Von daher denke ich ja, dass der Autor der beiden Quellen derselbe sein könnte, weil er den gleichen groben Fehler bei den Vergangenheitsformen macht.

Schöne Grüße

MM

äwwlno - Zäwwl

Hallo, MM,

dass sich einerseits ein ganz gruseliges Imperfekt durch den ganzen Text zieht und stellenweise auch die überkorrigierenden zu-Infinitive verwendet werden, an denen man Schwaben erkennt, die glauben, sie könnten ihr Schwäbisch verbergen, auch sonst ein paar Nägel hineingehauen sind,

auch mir erscheint das Ganze mehr wie eine „Komposition“ von jemandem, der

Kontakt zu Schwäbisch hat,

aber den Dialekt nicht wirklich beherrscht.

Zu diesem mysteriösen Zäwwl:
Etwas weiter oben in dem verlinkten Text heißt es:

… um dem, äwwlno, verwirrda Dim an Kuss zu geba.

Mit „äwwlno“ dürfte „allweil noch“ = immer noch“ gemeint sein.

Da könnte man kühn spekulieren, dass hier - scherzhaft oder aus Unwissenheit - das Zimmer zum Zäwwl wurde …

Oder es handelt sich tatsächlich um

ein Wort aus einem einzigen Dorf oder gar aus einer einzigen Familie

Gruß
Kreszenz

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Hallo Kreszenz,

ja, das ist halt so eine Schreibweise, die es besonders exotisch erscheinen lassen soll. Auch am Ort des Autors werden das erste „l“ und ein paar Vokale vielleicht nicht besonders deutlich ausgesprochen, aber es gibt eigentlich keinen Grund, anders als ‚allweil no‘ oder ‚älleweil no‘ oder ähnlich zu schreiben - wie es im Alemannischen die Dammglonker von Langenargen tun:

Schöne Grüße

MM