Gesamte Wirtschaft in Deutschland verstaatlichen?

Hallo, Helmut

Der Versuch wurde in Deutschland schon gemacht und aufgegeben,
jedenfalls im oestlichen Teil.

woran lag es denn, dass im östlichen Teil von Deutschland eine Verstaatlichung nicht funktioniert hat?

Und warum verstaatlichen jetzt immer mehr Staaten, Teile ihrer Wirtschaft, wenn es doch erwiesen zu sein scheint, dass Verstaatlichung nicht funktioniert?

Gruß
karin

im Grundgesetz steht aber auch:
"Artikel 15

Das ist schon klar, so eine Möglichkeit muss es auch geben, aber du redest hier ja von der Verstaatlichung der gesamten Wirtschaft und nicht nur von ein paar Unternehmen. Die gesamte Wirtschaft zu verstaatlichen würde den angeführten Grundsätzen eben widersprechen.

Steht die EU-Verfassung über unserem Grundgesetz?

Es gibt bisher keine (gültige) EU-Verfassung.
Und was EU-Recht angeht empfehle ich einen Blick in Artikel 23 GG. Das meißte des EU-Rechts ist im Rahmen von Selbstverpflichtungen der Bundesrepublik ratifiziert und in Bundesrecht umgewandelt worden. Soll heißen: was wir unterschreiben, haben wir auch umzuseten. Und gerade der Bereich des gemeinsamen Wirtschaftsraumes ist elementarer EU-Bestandteil.

Gruß Andreas

Hi Karin,

woran lag es denn?

Das ist komplex. Ich versuche es mal vereinfacht:
In der Marktwirtschaft müssen zahlreiche Bosse Tag für Tag, Stunde für Stunde, ja eigentlich minütlich viele (millionen) Entscheidungen treffen. Falsche Entscheidungen werden über die Wettbewerbssituation bestraft, richtige belohnt.
Die Fülle der Entscheidungen liegt auf zahlreichen Schultern, die alle versuchen, für ihr kleines/mittleres/großes Unternehmen das beste rauszuholen.

In der Staatswirtschaft müssen die Lenker des Staates (Frau Merkel? Herr Honecker?) diese zahlreichen Entscheidungen treffen (Auweia!)
Fehler werden nicht bestraft, bzw. sehr spät erst auf einen Schlag mit dem Total-Zusammenbruch :wink:
Daß das furchtbar in die Hose geht, muß doch wohl nicht erklärt werden.

Ich finde es immer lustig, daß meistens die Leute nach Verstaatlichung schreien, die gleichzeitig am meisten über unsere Politiker schimpfen. Es scheint nicht bewußt zu sein, daß dieser unfähige Polit-Haufen dann auch noch in der Wirtschaft alles falsch machen könnte.
:wink:)

Außerdem mußt du die Frage beantworten, wer in der Staatswirtschaft neue Firmen gründet? Ich denk ja gar nicht dran, innovativ zu sein, wenn der Staat daherkommt und mir meinen Laden wegnimmt.

Und warum verstaatlichen jetzt immer mehr Staaten, Teile ihrer Wirtschaft

Weil die Alternative noch furchtbarer wäre

Hi

Was exc meint: Ein Konzern (wie es auch die Schaeffler-Gruppe
ist), ist nichts anderes als ein Verbund von (verschiedenen)
Unternehmen ( http://de.wikipedia.org/wiki/Konzern ). Dieser
kann, mangels Rechtsfähigkeit (
http://de.wikipedia.org/wiki/Rechtsf%C3%A4higkeit ), nicht
„handeln“, ergo auch nicht zocken.

ist das nicht nur eine formelle Spitzfindigkeit?

Zitat Wiki:
Es gibt in diesem Fall kein herrschendes Unternehmen, sondern die Leitungsorgane werden in gegenseitiger Abstimmung vertraglich geregelt. Dies kann in Form eines Beirates oder einer personellen Verflechtung der Unternehmensleitung der beteiligten Unternehmen sein.

Diese Leitungsorgane (Manager) können also nicht zocken entscheiden wie das Kapital eingesetzt wird?
Fragt sich

TM

was spricht eigentlich dagegen, die gesamte Wirtschaft in
Deutschland zu verstaatlichen?

Von einem freien Wettbewerb, kann doch eigentlich nicht mehr
die Rede sein, Stichwort: „staatliche Rettungspakete“.

Hallo Karin,

bisher wurde immer behauptet, Kapitalismus und Demokratie gingen Hand in Hand. Die Freiheit der Unternehmer und die Freiheit der Menschen insgesamt würden sich wunderbar vereinen lassen in einer Marktwirtschaft. Nun stehen wir vor dem Dilemma, private Verluste sozialisieren zu wollen/müssen. (Ob das wirklich notwendig ist, lasse ich mal offen. Zumindest bei den Banken geht es aber wohl nicht ohne.)

Wer bekommt wieviel staatliche Hilfe? Diese Frage kann nicht beantwortet werden ohne Blick auf die Einkommens- und Vermögensverteilung, da sie in diese eingreift. Und wieso soll ich als Unbeteiligter dafür einspringen, dass im Bankensektor Investoren Hunderte von Milliarden Euros versenkt haben? Dummerweise ziehen mich die Fehler anderer aber ebenfalls mit herunter. Insofern hast Du Recht, wenn Du einen freien Wettbewerb bezweifelst. Momentan gibt es ihn nicht. Zombie-Firmen, die im freien Markt längst pleite wären, konkurrieren mit gesunden Firmen, die ohne staatliche Hilfe auskommen. Man sehe ich sich nur den Automobilmarkt an, wo Chrysler, Ford und GM massiv gestützt werden. Normalerweise würde dies als „Dumping“ von der WTO verboten werden.

Historisch gesehen ist die Wahl nicht zwischen Kapitalismus ohne Regeln (effizient und „ungerecht“*) und staatlicher Planwirtschaft (ineffizient und „gerecht“*), sondern irgendwo dazwischen. Ich denke, erstmal sollten wir die Finanzkrise mit wirtschaftspolitischen Mitteln bekämpfen. Danach werden wir nicht drumherumkommen, Veränderungen am System zu diskutieren und durchzuführen, um eine Wiederholung der Krise zu verhindern. Bis dahin muß aber noch über die Ursachen der Krise aufgeklärt werden, damit nicht die falschen Schlüsse gezogen werden.

* gerecht und ungerecht im Sinne einer wie auch immer von jeder Gesellschaft für sich zu definierenden „sozialen Gerechtigkeit“