was spricht eigentlich dagegen, die gesamte Wirtschaft in
Deutschland zu verstaatlichen?
Von einem freien Wettbewerb, kann doch eigentlich nicht mehr
die Rede sein, Stichwort: „staatliche Rettungspakete“.
Hallo Karin,
bisher wurde immer behauptet, Kapitalismus und Demokratie gingen Hand in Hand. Die Freiheit der Unternehmer und die Freiheit der Menschen insgesamt würden sich wunderbar vereinen lassen in einer Marktwirtschaft. Nun stehen wir vor dem Dilemma, private Verluste sozialisieren zu wollen/müssen. (Ob das wirklich notwendig ist, lasse ich mal offen. Zumindest bei den Banken geht es aber wohl nicht ohne.)
Wer bekommt wieviel staatliche Hilfe? Diese Frage kann nicht beantwortet werden ohne Blick auf die Einkommens- und Vermögensverteilung, da sie in diese eingreift. Und wieso soll ich als Unbeteiligter dafür einspringen, dass im Bankensektor Investoren Hunderte von Milliarden Euros versenkt haben? Dummerweise ziehen mich die Fehler anderer aber ebenfalls mit herunter. Insofern hast Du Recht, wenn Du einen freien Wettbewerb bezweifelst. Momentan gibt es ihn nicht. Zombie-Firmen, die im freien Markt längst pleite wären, konkurrieren mit gesunden Firmen, die ohne staatliche Hilfe auskommen. Man sehe ich sich nur den Automobilmarkt an, wo Chrysler, Ford und GM massiv gestützt werden. Normalerweise würde dies als „Dumping“ von der WTO verboten werden.
Historisch gesehen ist die Wahl nicht zwischen Kapitalismus ohne Regeln (effizient und „ungerecht“*) und staatlicher Planwirtschaft (ineffizient und „gerecht“*), sondern irgendwo dazwischen. Ich denke, erstmal sollten wir die Finanzkrise mit wirtschaftspolitischen Mitteln bekämpfen. Danach werden wir nicht drumherumkommen, Veränderungen am System zu diskutieren und durchzuführen, um eine Wiederholung der Krise zu verhindern. Bis dahin muß aber noch über die Ursachen der Krise aufgeklärt werden, damit nicht die falschen Schlüsse gezogen werden.
* gerecht und ungerecht im Sinne einer wie auch immer von jeder Gesellschaft für sich zu definierenden „sozialen Gerechtigkeit“