Geschwindigkeitssteigerung beim Klettern

„Seit 2008 liegt der Rekord über die Heckmair-Route bei 2 Stunden und 48 Minuten, nachdem die Erstbesteiger noch drei Tage benötigt hatten.“ Quelle Wikipedia Eiger Nordwand

Woraus resultiert diese Geschwindigkeitssteigerung? Fitness? Ausrüstung? Wenn ja welche? An neuen Steigeisen kann es ja wohl nicht nur liegen, oder doch?

Habe keine Ahnung vom Bergsteigen, finde das wahrscheinlich deshalb so interessant.

Sorry, kann ich leider nicht mireden.

WeHo

Die Steigerung liegt bei mehreren Faktoren.

Zum Einen die Bessere Ausrüstung. Funktionskleidung, leichtere und bessere Steigeisen, Pickel, Sicherungsgeräte
Zum anderen an der gestiegenen Fitness und Leistungsfähigkeit. Zum Vergleich: Vor ca 20 Jahren lag die max. Schwierigkeit beim Klettern im 7. Grad. Heute wird bis in den 10. und 11. Grad geklettert.

Ein zusätzlicher Faktor ist wohl auch die genaue Wetteranalyse per Satellit und PC.

Hallo Heinrich,
sicherlich spielt die Ausrüstung auch eine Rolle, die heutigen Seile, Bekleidung etc. sind um ein vielfaches leichter und funktioneller. Die Fitness ist ein witerer großer Faktor. Die heutigen Speedkletterer sind Vollprofis und können das ganze Jahr (u.a. in div. Kletterhallen) trainieren. Der größte Faktor ist aber nach meiner Meinung die Tatsache, dass bei der Erstbesteigung die Route mühsam erkundet und Sicherungen kpl. neu angelegt werden mußten. Heutzutage sind die Sicherungen fix und die Kletterer müssen sich nur noch einhängen. Gönn dir mal nen Besuch in einer Kletterhalle. Gruß, Jörg.

Da kommen wohl jede menge Faktoren zusammen. Natürlich spielt die moderne Ausrüstung eine Rolle. Aber Ulli Steck hat sich auch sehr lange und sehr gewissenhaft darauf vorbereitet. Außerdem hat er die Wand schon x-mal durch stiegen und kennt sie wie kaum ein Anderer. An den Speedrekord hat er sich außerdem langsam heran getastet. Immer wieder optimiert und neu gestartet. Dann hat er auf die perfekten Bedingungen gewartet. Der (und die anderen auch) machen ja nichts anderes als den lieben langen Tag zu trainieren. Wahrscheinlich kommt auch noch das entsprechende Talent hinzu und eine nicht unerhebliche Portion Mut und Risikobereitschaft. Und das liebe Glück spielt sicher auch immer mit bei so was…

Hoffe konnte dir ein wenig helfen.

"Seit 2008 liegt der Rekord über die Heckmair-Route bei 2 Stunden und 48 Minuten, …
Woraus resultiert diese Geschwindigkeitssteigerung?

Hallo Sportsfreund Müller,
zu dieser Frage kann ich als Antwort nur meine eigene, subjektive Meinung beisteuern. Eine genaue Analyse der Ursachen eines derart spektakulären Leistungssprunges muß Sportwissenschaftlern überlassen bleiben.
Nach meiner Meinung kommen dafür viele äußere Umstände zusammen, die insgesamt zu einer solchen Rekordzeit führen können:
1.)Die Erstbegeher von 1938 (Kasparek, Harrer, Heckmayer und Vörg)mußten sich den Weg durch die Wand zum großen Teil selbst suchen. Bekannt war ihnen die Route von den Versuchen ihrer Vorgänger lediglich bis zum sogenannten „Bügeleisen“. Ab da kam Neuland, mit allen Ungewißheiten.Heute sind alle Routen durch die Wand ausführlich bis ins Detail bekannt und beschrieben, der Sportler kann sich also auf die zu erwartenden Anforderungen gezielt vorbereiten und dann einen „bekannten“ Weg natürlich schneller verfolgen (möglicherweise hat der Rekordinhaber die Wand auch schon vorher einmal durchstiegen, wußte also „wo es lang geht“.)
2.)Die heutige Ausrüstung im Bergsport ist mit der von 1938 natürlich nicht mehr zu vergleichen. Verbesserungen betreffen nicht nur die Steigeisen (auch wenn das ein wesentlichr Faktor war) sondern auch andere Sicherungsmittel, die Biwakausrüstung, Schuhe, Eisbeile (kein moderner Eiskletterer verwendet heute noch den klaasischen Eispickel), Verpflegung u.a.
Nicht zuletzt ist die heutige Ausrüstung nicht nur zweckmäßiger sondern auch leichter und die Gewichtsersparnis sorgt auch für schnelleres Vorankommen.
3.)Die lange Aufstiegszeit (und damit verbunden einige spektakuläre Unfälle in der Wand) ist auch dem Umstand geschuldet, daß am Eiger das Wetter besonders instabil ist. Viele Bergsteiger besonders in den Jahren bis 2000 gerieten in einen Wettersturz, bei Höhen über 2500 m mit Schnee und anderen Behinderungen. Heute ist eine sicherere Langzeitprognose des Wetters möglich. Für einen Rekordversuch kann man sich also ein relativ sicheres Zeitfenster der optimalen Bedingungen aussuchen.
4.) Rekordversuche diese Art sind nur im Alleingang möglich. Die Durchsteigung im alpinen Stil mit gegenseitiger Sicherung ist zeitraubend, da immer nur einer steigt während der andere sichert. Eine Zweier-Seilschaft braucht so die doppelte Zeitgegenüber einem Alleingänger (der dafür allerdings das höhere Risiko eingeht), Dreier- und Viererseilschaften entsprechend noch mehr.
5.) Die Verhältnisse in den Alpen haben sich in den letzten 70 Jahren drastisch verändert (Stichwort Klimawandel). Möglicherweise haben sich auch dadurch die Bedingungen in der Wand zeitweilig verbessert. Ob das eine Rolle spielt ist allerdings fraglich, es könnte im Gegenteil durch den drastischen Rückgang der Größe der drei Eisfelder (über die ein Aufstieg relativ gut möglich ist) auch zu erhöhten Schwierigkeiten beim Überwinden nunmehr ausgeaperter Felspartien kommen.
6.) Hinzu kommt, daß Teile der Route durch von den Vorgängern hinterlassene Fixseile teilweise „entschärft“ worden sind. Z.B. befindet sich am „Hinterstoisser-Quergang“ immer wenistens ein (!) festes Seil (wie lange es dort schon hängt und wieviel man dem dann noch vertrauen kann, muß jeder selbst einschätzen).
7.) Natürlich ist die allgemeine Leistungsentwicklung im Sport im letzten halben Jahrhundert geradezu explodiert (und nicht nur im Bergsteigen). Intensivere Trainingsmethoden, eine andere Einstellung zum Training einschließlich bedingungsloser Anpassung der Ernährungs- und Lebensgewohnheiten können Menschen hervorbringen, deren Leistungsvermögen auf einem für den „Normalsterblichen“ unvorstellbaren Niveau liegt.
Man bednke: Allein den Höhenunterschied zwischen Einstieg (und hier entsteht schon die Frage: Wo ist dieser? Ab welcher Stelle beginnt die Zeitmessung bei einem derartigen Rekordversuch?) und Eigergipfel auf „bequemen“ Wege (zB. über eine Treppe) zu überwinden, würden wohl nur sehr wenige unter drei Stunden schaffen.
So weit meine Meinung dazu. Ich habe versucht, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, einige Faktoren zu beleuchten, deren Zusammenspiel dann solche unwahrscheinlichen Rekorde möglich macht. Allerdings, um auf dem Boden der Realität zurück zu finden: Die Eiger-Nordwand, auch über die klassische Heckmayer-Route, stellt auch heute noch eine der anspruchsvollsten Unternehmungen dar, zu der selbst heute noch die meisten unserer besten Alpinisten (und andere haben dort nichts zu suchen) in der Regel zwei Tage benötigen, also nicht ohne Biwak auskommen.
Trotzdem - die Faszination „Berg“ bleibt und ich wünsche allen, die sich daran erfreuen können, dort die Fähigkeit zu klugen und verantwortungsbewußten Entscheidungen als Gewähr für eindrucksvolle und bleibende schöne Erlebnisse.
Mit sportlichem Gruß Horst

Hallo,
ich bin nicht der Eiger-Nordwand-Spezialist, die Nordwand war mir bisher viel zu gefährlich, ich war aber schon mal auf dem Gipfel des Eigers ( Aufstieg Mittellegigrat, Absteig Westflanke ).
Der Geschwindigkeitsunterschied hat nach meiner Meinung viele Gründe:
1.) Ortskenntnis: Die Erstbegeher kannten den Weg nicht, sie wussten nicht einmal, ob es geht. Wer heute „hochrennt“ kennt den Weg meist auswendig.
2.) Ausrüstung: Die Ausrüstung ist schon deutlich besser und vor allem leichter geworden. Die moderne Ausrüstung erlaubt ganz andere Klettertechniken.
3.) Gewicht !!!: Rekorde kamm man nur mit minimiertem Gewicht aufstellen. Dazu trägt die leichte Ausrüstung bei und je schneller man ist, desto weniger muss man mitnehmen, was wieder die Geschwindigkeit erhöht. Wenn ich langsam bin, muss ich viel mitnehmen, Verpflegung für drei Tage, Kocher, Biwackausrüstung, Schlafsack etc. Das muss alles hochgetragen werden. Wenn ich extrem schnell bin, reicht ein kleines Vesper. Je schneller ich bin, desto geringer ist auch das Wetterrisiko. Auch bei der Bekleidung kann man deshalb sparen und am Gipfel wartet ggf. schon der Helikopter. Wer heute einen Rekordversuch unternimmt, weis sehr genau, was er mitnehmen muss und da zählt jedes Gramm.
4.) Fitness/Training/Ernährung. Diese Punkte spielen sicher auch eine Rolle, aber vermutlich die kleinste. Die Jungs waren 1938 auch sehr fitt. Das Training und die Ernährung der Spezialisten von heute ist sicher besser und spezifischer auf die Anforderung abgestimmt. Ich glaube nicht, dass heute noch jemand mit dem Fahrrad nach Grindelwald fährt, im Zelt übernachtet und danach einen Rekordversuch am Eiger startet.
Viele Grüße
Wolfgang

Hallo

muß ich darauf antworten?

Grüße