Gesichtstransplantation

Hallo liebe www-Gemeinde,

Im Film „Face off“ haben wir über eine Gesichtstransplantation noch gelacht, aber lest doch mal folgende News durch:

http://aktuell.focus.msn.de/hps/fol/newsausgabe/news…

Mich würde eure Meinung interessieren:

  • Könntet Ihr euch vorstellen nach einem schweren Unfall/Verbrennung mit einem „fremden“ und vor allem dem Gesicht eines Toten zu leben?
  • zu erwartende Folgeschäden?
  • Psychische Belastung das Gesicht eines Toten zu tragen, evt. Identifikationsprobleme?

An die Mediziner unter euch:

  • Darf im Namen der Medizin wirklich alles unternommen werden was technisch auch möglich ist?
  • Bleibt die Ethik bzw. die Würde des Menschen nicht irgendwann auf der Strecke?

Servus

Mr. White

Hallo,
lassen wir die aktuelle Umsetzbarkeit mal außer acht - ich habe da Zweifel, daß das Resultat wirklich astrein aussieht.

  • Könntet Ihr euch vorstellen nach einem schweren
    Unfall/Verbrennung mit einem „fremden“ und vor allem dem
    Gesicht eines Toten zu leben?

Welche Alternativen bieten sich an. Entstellt a la Phantom der Oper durch die Gegend spazieren ?

  • Psychische Belastung das Gesicht eines Toten zu tragen, evt.
    Identifikationsprobleme?

Man kann eine Menge verdrängen.

Gruss
Enno

An die Mediziner unter euch:

du verzeihst doch meine laienantwort?

  • Darf im Namen der Medizin wirklich alles unternommen werden
    was technisch auch möglich ist?
  • Bleibt die Ethik bzw. die Würde des Menschen nicht
    irgendwann auf der Strecke?

was natürlich unsinn zum quadrat ist. bedenke folgendes:

  • Könntet Ihr euch vorstellen nach einem schweren Unfall mit einem „fremden“ Organ und vor allem dem Organ eines Toten zu leben?
  • zu erwartende Folgeschäden?
  • Psychische Belastung das Organ eines Toten zu tragen, evt.
    Identifikationsprobleme?

wer heute solche fragen stellt, wird ausgelacht. in 20 jahren wird auch ein gesicht niemanden mehr aufregen.

aber ich persönlich gehe davon aus, daß es bis dorthin längst möglich sein wird, jedes beliebige körperteil durch nachzucht aus eigenem genmaterial wiederherzustellen. abstoßungsprobleme und der perverse wunsch nach dem tod anderer („spenderwetter“) fallen dann endgültig weg.

gruß
datafox

hat hier gerade noch in diesem Forum gefehlt. Man ist zwar vieles von datafox ( MOD ) gewohnt, aber derart dreist, Menschen, die vor Transplantationen stehen, einen „perversen Wunsch“ zu unterstellen, dass sie auf „Spenderwetter“ warten ist wirklich pervers. Auch wenn die Seilschaft ihr wahrscheinlich zustimmt.

du verzeihst doch meine laienantwort?

  • Darf im Namen der Medizin wirklich alles unternommen werden
    was technisch auch möglich ist?
  • Bleibt die Ethik bzw. die Würde des Menschen nicht
    irgendwann auf der Strecke?

was natürlich unsinn zum quadrat ist. bedenke folgendes:

  • Könntet Ihr euch vorstellen nach einem schweren Unfall mit
    einem „fremden“ Organ und vor allem dem Organ eines Toten zu
    leben
  • zu erwartende Folgeschäden?

:- Psychische Belastung das Organ eines Toten zu tragen, evt.

Identifikationsprobleme?

wer heute solche fragen stellt, wird ausgelacht. in 20 jahren
wird auch ein gesicht niemanden mehr aufregen.

aber ich persönlich gehe davon aus, daß es bis dorthin längst
möglich sein wird, jedes beliebige körperteil durch nachzucht
aus eigenem genmaterial wiederherzustellen. abstoßungsprobleme
und der perverse wunsch nach dem tod anderer („spenderwetter“)
fallen dann endgültig weg.

Nun sei es erlaubt, wenn Du den Text in Fragestellung hüllst. Diese gut verpackte Fragestellung enthüllt sich dann aber im letzten Absatz mit dem Vorwurf, dass ein perverser Wunsch nach dem Tod anderer ( Spenderwetter) besteht. Wer Fragen, wie Du sie scheinbar zu stellen vorgibst, immer auf eine Bedenkenträger hinweisend, und dann solche Behauptungen aufstellt, hat schon bei der Fragestellung sein Ziel auf den letzten Satz gerichtet.

Dies ist gegenüber allen Wartenden auf ein Organ das Übelste das mir jemals bekannt wurde. Hier ist der Autorin scheinbar jede Kontrolle über sich selbst, was Moral und Menschenwürde angelangt, entglitten.
Welcher Empfänger wünscht sich den Tod eines Menschen ? Dies anderen zu unterstellen ist das Abscheulichste, was ich jemals gehört habe.

Günter

4 Like

An die Mediziner unter euch:

du verzeihst doch meine laienantwort?

Klar!

  • Darf im Namen der Medizin wirklich alles unternommen werden
    was technisch auch möglich ist?
  • Bleibt die Ethik bzw. die Würde des Menschen nicht
    irgendwann auf der Strecke?

was natürlich unsinn zum quadrat ist. bedenke folgendes:

  • Könntet Ihr euch vorstellen nach einem schweren Unfall mit
    einem „fremden“ Organ und vor allem dem Organ eines Toten zu
    leben?
  • zu erwartende Folgeschäden?
  • Psychische Belastung das Organ eines Toten zu tragen, evt.
    Identifikationsprobleme?

wer heute solche fragen stellt, wird ausgelacht. in 20 jahren
wird auch ein gesicht niemanden mehr aufregen.

Aber ein Organ ist verborgen im Innern des Körpers, wohingegen ein Gesicht doch erst einen Menschen und seine Individualität auszeichnet.

Vielleicht hast du Recht und in 20 Jahren gehört das zum Alltag, aber so richtig wohl ist mir bei dem Gedanken nicht… wenn ich wüßte, dass jemand mit dem Gesicht eines toten Familienangehörigen von mir in der Gegend rumläuft.

aber ich persönlich gehe davon aus, daß es bis dorthin längst
möglich sein wird, jedes beliebige körperteil durch nachzucht
aus eigenem genmaterial wiederherzustellen. abstoßungsprobleme
und der perverse wunsch nach dem tod anderer („spenderwetter“)
fallen dann endgültig weg.

Na dann, willkommen in der schönen, neuen Welt :wink:

Liebe Grüße

Mr. White

gruß
datafox

Hallo,
lassen wir die aktuelle Umsetzbarkeit mal außer acht - ich
habe da Zweifel, daß das Resultat wirklich astrein aussieht.

  • Könntet Ihr euch vorstellen nach einem schweren
    Unfall/Verbrennung mit einem „fremden“ und vor allem dem
    Gesicht eines Toten zu leben?

Welche Alternativen bieten sich an. Entstellt a la Phantom der
Oper durch die Gegend spazieren ?

Es gibt doch noch die plastische Chirurgie, die mittlerweile auch „Wunder“ vollbringen.

  • Psychische Belastung das Gesicht eines Toten zu tragen, evt.
    Identifikationsprobleme?

Man kann eine Menge verdrängen.

Wie denn, wenn ich das Gesicht jeden morgen im Spiegel sehe?
Und verdrängen mit was… Medikamentenabhängigkeit? Alkohol?

Servus

Mr. White

Gruss
Enno

Hallo,

Es gibt doch noch die plastische Chirurgie, die mittlerweile
auch „Wunder“ vollbringen.

So wie bei Niki Lauda *g* ? Im Ernst, niemand wird sich ein neues Gesicht „überstülpen“ lassen, wenn das alte noch zu flicken ist. Die Härtefälle (Verbrennungen, Bißwunden) laufen trotz plastischer Chirurgie ein Leben lang verunstaltet herum. Da scheint mir dieser Ansatz, wenn er denn funktionieren sollte, schon eine Alternative zu sein.

Wie denn, wenn ich das Gesicht jeden morgen im Spiegel sehe?
Und verdrängen mit was… Medikamentenabhängigkeit? Alkohol?

Nicht unbedingt. Wenn Menschen mit der Gewissheit leben können, z.B. durch eine todbringende Krankheit mittelfristig zu sterben, scheint mir die mit dem neuen Gesicht verbundene Problematik minderschwer.

Gruss
Enno

1 Like

Hallo,

ob man sich selbst vorstellen kann, mit einem „fremden“ gesicht zu leben oder nicht ist eine Sache, die andere, ob man aufgrund einer ggf. eigenen dies ablehnenden Meinung auch anderen Menschen dies u.U. versagen will.

Die erste Frage kann sicher nur jemand für sich beantworten, der selbst in einer konkreten Situation ist, in der dies eine für ihn hilf- und segensreiche Angelegenheit wäre. Ich kenne einige Fälle, in denen insbesondere auf Grund von Tumorerkrankungen ganze Gesichtsteile fehlen und man den Betroffenen direkt in den offenen Mund-/Nasen-/Rachenraum oder in eine leere Augenhöhle sehen kann, wenn diese keine Epithesen, also aus künstlichen Materialien gefertigte Ersatzstücke tragen. Diese Ersatzstücke sind heute zwar schon sehr gut, überzeugen aber im Nahbild selten und bringen natürlich keinerlei aktive eigene Beweglichkeit mit und müssen zudem auch ständig erneuert und sehr aufwändig täglich gepflegt, und wieder angelegt werden. Funktionell erlauben sie zudem keine angemessene Gestaltung z.B. der Mundhöhle, etc. und der tägliche Anblick eines so zerstörten Gesichts im Spiegel, bis die Epithese wieder richtig sitzt, ist sicher auch ganz schön belastend.

Daher kann ich mir schon vorstellen, dass Menschen in einer entsprechenden Situation bereit wären, sich auf eine solche OP einzulassen und offenbar gibt es ja auch einen Kandidaten dessen Leidensdruck so groß ist, dass er sogar das Risiko auf sich nimmt das Versuchskaninchen zu geben. Wie gut oder schlecht jemand dann nach einer solchen Transplantation damit psychisch klar kommt, wird sicher insbesondere von dessen persönlicher psychischer Stabilität und einer entsprechenden fachlichen Betreuung abhängen.

Dementsprechend würde ich auch die zweite Frage dahingehend beantworten wollen, dass die Gesichtstransplantation keine andere moralisch/ethische Qualität hat als die Transplantation anderer Organe. Dies um so mehr, als dass das transplantierte Gesicht beim Empfänger aufgrund dessen abweichender Schädelform, … nie genau so aussehen wird, wie beim Spender. Doppelgänger mit einer mehr oder weniger großen Ähnlichkeit kennen wir alle aber auch so schon. Und so lange die Anonymität zwischen den Angehörigen der Spender und dem Empfänger gewahrt bleibt, sehe ich da keine besonderen zusätzlichen Probleme.

Gruß vom Wiz

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Wo ist Dein Problem?

Hallo liebe www-Gemeinde,

Hallo Du!
Was spricht dagegen?
Und wo ist der Unterschied, mit einem vernarbten, verbrannten oder entstelltem Gesicht rumzulaufen, mit dem man auch bei jedem Blick in den Spiegel einen Schreck bekommt, oder mit einem „anders“ fremden???
Erstaunlich, dass gesunde Menschen immer über die Entscheidungen verzweifelter Menschen urteilen müssen :frowning:
LG Ulli, die sich gerade überlegt, ob Niki Lauda oder das Mädchen mit dem Hundebiss im Gesicht vielleicht ein neues Gesicht gefallen hätte …

Hi Mr. White!

Scheinen ziemliche Ehrgeizlinge zu sein, diese Chirurgen.
Viele Schwerstverbrannte würden aber sicher viel für ein neues Gesicht geben!
Ich zweifle allerdings an der technischen Durchführbarkeit bzw. dem guten Anwachsen des „neuen Gesichtes“, selbst vom selben Menschen auf andere Körperstellen verpflanzte Haut wächst ja oft nicht so besonders gut an. Wenn man noch bedenkt, daß die Unterlage früher mal verbrannt war oder sonstweie geschädigt.
Ich glaube nicht, daß jemals ein Angehöriger erkennen würde, daß ihm das „Gesicht“ vom Verstorbenen gegenüber steht. So ein Gesicht ist ja keine Maske, die man einfach abnimmt. Wie im Artikel beschrieben beruht es ja auf dem Zusammenspiel von Schädelrelief, Fett und Muskeln, das durch Haut abgedeckt ist, wahrscheinlich dürfte es ohnehin hauptsächlich um die Übernahme der Haut gehen.
Im übertragenen Sinn: Wenn das Alpenvorland eingeschneit ist, sieht es trotzdem noch anders aus, als wenn an der Nordsee Schnee liegt…

Gruß
Peter

Aber ein Organ ist verborgen im Innern des Körpers, wohingegen
ein Gesicht doch erst einen Menschen und seine Individualität
auszeichnet.

das herz ist ebenso symbol der identität und traditionell der sitz der gefühle.

wenn ich wüßte, dass jemand mit dem Gesicht eines toten
Familienangehörigen von mir in der Gegend rumläuft.

„wenn ich wüßte daß jemand mit dem herzen eines toten …“ ist doch exakt das gleiche! der unterschied ist nur die gewöhnung an einen zuerst unglaublichen gedanken. sobald „alle das machen“ wird man mitziehen müssen oder dumm dastehen…

Na dann, willkommen in der schönen, neuen Welt :wink:

natürlich wäre das ein gewaltiger fortschritt, wenn man ersatzteile züchten könnte. erste entwicklungen gibt es bereits. abgesehen von den ethischen problemen rund um „spende“ durch tote (oder tiere - willst du eine schweineherz?) sind die abstoßungsreaktionen oft genauso schlimm wie die krankheit, die man zu heilen gedachte. eigene gene würden mit dem schluß machen.

gruß
datafox

hat hier gerade noch in diesem Forum gefehlt. Man ist zwar
vieles von datafox ( MOD ) gewohnt, aber derart dreist,
Menschen, die vor Transplantationen stehen, einen „perversen
Wunsch“ zu unterstellen, dass sie auf „Spenderwetter“ warten
ist wirklich pervers.

jetzt beruhigst du dich wieder. es gibt zu diesem dilemma untersuchungen. so herunterspielen würde ich das nicht. das gefühl „schuld“ zu sein tritt häufig bei transplantierten auf. es IST ein problem auch wenn du das einfach abstreitest.

datafox

Hallo,

ich muss da nichts bestreiten. Ich kenne nur niemand, der sich solchen von Dir am Ende formulierten Gedanken hingegeben hat. Sei sicher, dass ich mit diesem Patientenbereich meine Erfahrungen habe. Gelegentlich werde ich von der Klinik gebeten, künftigen Kandidaten für Fragen zur Verfügung zu stehen.

Ich bestreite nicht, dass anfänglich ein „Schuldgefühl“ aufkommt. Aber dies ist sicher etwas anderes als das, was Du gemeint hast.
Der Gedanke, was passiert, wenn kein Herz kommt, die Farge, ob es reichen wird oder vorher alles zu Ende ist, sicher, die kam bei mir auch. Aber man hört ja nicht jeden Tag, bei mir am 2. August 2000, dass ich etwa höchtens noch vier-sechs Monate zu leben habe, wenn kein Spenderherz zur Verfügung steht. Und ich hatte - da wir uns in einem Medizin-Brett befinden ahnen wohl viele was es bedeutet - noch eine Watt-Leistung von 20. Das heisst, für ein Unterhemd benötigt man 20-30 Minuten, ein Topf Wasser kannst Du nicht mehr auf dem Herd von einer Platte zur anderen heben, ein Liter Wasser in der Hand heisst, der Arm fällt einfach nach unten und jede Bewegung, die schneller als der Marsch einer Schnecke ist bedeutet ein akustische Larmsignal wenn der Puls gemessen wird. Da hast Du keine Chance auch nur ansatzweise zu hoffen, dass bald jemand sterben sollte. Da bist Du beschäftigt mit der Hoffnung am anderen Morgen wieder zu erwachen. Daher,was Du als perversen Gedanken dargelegt hast, ich glaube nicht, dass es Patienten gibt, die hoffen und sich wünschen, dass jemand für sie stirbt.

Dass es auch Bemerkungen gibt, insbesondere wenn schönes Wetter ist und viele Motorradfahrer sind unterwegs, dass Tranpslantationswetter sei, kenne ich, aber nur aus Reihen von Personal, das mit diesen Fällen zu tun hat.

Dieses kommt aber - vor allem bei einer HTX - schon vor einer Transplantation vor. Dann hat man in jeder guten Transplantationsklinik hervorragende psychologische Unterstützung. Man lernt damit umzugehen, dass „nicht jemand sterben muss, damit man leben darf“. Denn das Gefühl, dass jemand ja sterben muss - bei einer HTX - ist schon da. Aber es hat nichts mit der von Dir angesprochenen Hoffnung zu tun, dass das „Wetter“ hilft.

Ich habe keine Ahnung wie man mit HTX in Israel umgeht. In DE wirst Du nicht einmal in die Liste kommen, wenn Du nicht bei allen ärztlichen, psychologischen und psychischen Kontrollen erfolgreich durch bist. Wir hatten in DE bislang erst einen Fall, wo durch die Tageszeitung mit den 4 Buchstaben einer Klinik vorgeworfen wurde, sie würden eine Türkin nicht transplantieren wollen, weil sie sich nicht an die Vorgaben halten könne. Da gab es Vorwüfe bis hin zu Rassismus. Diese Türkin ist nach knapp vier Wochen nach der Transplantation verstorben. Sie nahm die Medikamente nicht ordnungsgemäss ein. Sie hielt sich weder an die Hygienemassnahmen im ersten Jahr, die mit Verlaub dargelegt alles andere als einfach sind, sie konnte sich aber auch nicht richtig verständigen.

Ich befürworte Transplantationen - klar - ich glaube, man wird bei mir nichts anderes erwarten dürfen. Letztlich lebe ich seit knapp 3,5 Jahren mit einem fremden Herz.

Aber sowohl die Gerüchte von Indentifikationsprobleme wie auch Gerüchte, wer an einen Unfall kommen beginne zu zittern, wenn das Herz von einem Unfallopfer ist, sind einfach unsinnig.

Richtig ist auch, ehrlich, ich habe in meinem Leben noch nie so oft geheult als nach der OP. Es war kurz vor Weihnachten. Ich hatte ein Herz und wusste, da ist irgendwo eine Familie, die hat den Sohn verloren. Irgendwo eine Frau und vielleicht irgendwo Kinder, die haben Mann und Vater vor Weihnachten verloren. Ich kannte den Schmerz, denn ich habe als Vater ein Weihnachten erlebt, wo ein Sohn nie mehr anwesend ist.

Was - zumindest ich hatte damit ein Problem - mir nicht gefiel war, dass ich mich bei niemand bedanken konnte. Aber ich sehe ein, dass es richtig ist, dass weder der Transplantierte noch die Angehörigen des Spenders wissen was und wer es ist. Solange noch bei uns - aus der katholischen Ebene heraus - Herz und Seele - von vielen Menschen als Einheit gesehen wird - also jemand davon ausgeht, dass mit dem Herz der Tote im anderen lebt, ist es gut, wenn sich niemand kennt.

Und nach der Entlassung gibt es ganz anderer Probleme. Da waren die Taktvollen. Sie wollten wissen, was das gekostet hat und ob der Spender ein Säufer war und ob ich nun trinke. Es gab religiöse Wahnvorstellungen bei einigen, das ich durch die Blutkonserven bei der HTX nun kein reines Blut mehr hätte und in Sünde lebe. Und es gab jene, die zwar nicht direkt, aber durchaus, so dass ich es hören konnte, zu einander meinten „so was wäre im 3. Reich vergast worden“ neben dem Spruch, der auch fiel ( ich kam kurz nach der BSE-Affäre aus der Klinik, trug Handschuhe und Mundschutz ), dass ich wohl BSE hätte und man ging einige Meter auf Distanz, weil man sich nicht anstecken wollte. Und es gab, dafür danke ich, die Mehrheit, die hat mich so behandelt als wäre nichts geschehen.

Ich habe meine HP gelöscht, weil ich permanent wegen meiner Hinweise zur Transplantation beschimpft wurde. Um anderen die Angst zu nehmen, habe ich mit einer Redaktion einen Veröffentlichung und mit Hilfsangeboten ( Informationen ) vorgenommen. Ungefragt bekam ich reihenweise Broschüren und eigene Auslegungen, wie man sich ein Herz kauft und welcher Handel betrieben wird. Wie Menschen absichtlich ermordert werden um anderen ein Herz und andere Organe zu geben. Andere „fragten“ nach, wenn ich nun schon ein Herz habe, ob ich nun nicht selbst ihnen etwas spenden könnte, man würde eine Niere benötigen. Offensichtlich Personen, die wirklich nicht krank nierenkrank, denn so ein Unfug würde kein Dialyse-Patient von sich geben.

Ich weiss nicht, ob ein Patient, der nicht meine Ausbildung und meine Tätigkeit in der Politik und somit den Umgang mit allen möglichen Formen der Kommunikation und sonstigen Spielchen beherrscht, schadlos aus solchen Situationen gekommen wäre. Rückwirkend betrachtet würde ich dies immer wieder tun. Aber ich würde nie jemand empfehlen diesen Weg, den ich gehen musste und gehen wollte, zu gehen

Doch gerade weil dies nicht meine erste Begegnung mit dem Beinahe-Tod war, sondern ein zu den Rechtsradikalen mutierter EX-Linksradikaler einem Mordanschlag auf mich verübte, kann mich kaum noch etwas erschüttern. Meine beiden späteren Herzinfarkte sind dann Beiwerk.

Grüsse Günter

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

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Aber ein Organ ist verborgen im Innern des Körpers, wohingegen
ein Gesicht doch erst einen Menschen und seine Individualität
auszeichnet.

das herz ist ebenso symbol der identität und traditionell der
sitz der gefühle.

Hier muss ich Dir leider zustimmen. Dies haben aber die Religionen verschuldet. Für mich ist und war das Herz stets Motor meines Körpers. Für mich ist Herz weder die Seele noch das Gefühl. Ich meine, dass sich Gefühle im Gehirn entwickeln.

wenn ich wüßte, dass jemand mit dem Gesicht eines toten
Familienangehörigen von mir in der Gegend rumläuft.

„wenn ich wüßte daß jemand mit dem herzen eines toten …“
ist doch exakt das gleiche! der unterschied ist nur die
gewöhnung an einen zuerst unglaublichen gedanken. sobald „alle
das machen“ wird man mitziehen müssen oder dumm dastehen…

Na dann, willkommen in der schönen, neuen Welt :wink:

natürlich wäre das ein gewaltiger fortschritt, wenn man
ersatzteile züchten könnte. erste entwicklungen gibt es
bereits. abgesehen von den ethischen problemen rund um
„spende“ durch tote (oder tiere - willst du eine
schweineherz?) sind die abstoßungsreaktionen oft genauso
schlimm wie die krankheit, die man zu heilen gedachte. eigene
gene würden mit dem schluß machen.

Du musst hier schon etwas differenzieren. Sicher, wenn es zur Abstossung kommt, wobei jeder Transplantationspatient irgendwann eine Abstossung erlebt, ich habe sie inerhalb 24 Stunden nach der Transplantion erlebt, ist es ein Scheissgefühl. Vor allem wenn der Körper mehr als 40-41 Grad hat und mit Eis herabgekühlt werden muss. Jedoch ist es wirklich - aus meiner Sicht - viel schlimmer, wenn einer dieser drei (Herpes, Zoster, Zytomegalie ) in uns allen steckenden Viren plötzlich losschlägt. Ich habe den letztgenannten gleich nach der Transplantation ( 10 Zellkerne ) erlebt und drei Wochen nach der Transplantation ( 60 Zellkerne) musste ích aus der REHA zurück.

Tierversuche ja, aber die teilweise bereits in Gang gekommenen embrionalen Methoden muss ich ablehnen. Wir können nicht Embrios aufbauen, um sie als lebende Ware für Empfänger umbringen zu können.

Gruss Günter

danke für deine persönlichen einblicke. letztendlich bestätigt das, was ich gemeint habe. so einfach und tralala wie es immer dargestellt wird, ist transplantieren eben nicht. „ein neues herz“ ist einfach eine lüge, es ist das eines anderen! du hast das sehr schön und erschütternd dargestellt. das „spenderwetter“ stammt von den ausführenden, natürlich. das personal ist abgestumpft, der patient leidet darunter. weinen an weihnachten für den unbekannten toten… das fand ich schon heftig. danke nochmal für den bericht.

alles gute
gruß
datafox

1 Like

Wir können nicht
Embrios aufbauen, um sie als lebende Ware für Empfänger
umbringen zu können.

hier zeigt sich wieder, wie stark die religion hier mitmischt. bei zellhaufen hat man mehr mitleid als mit den angehörigen der verstorbenen personen, denen die leiber aufgeschnitten und die organe herausgenommen werden, bis sie dann endlich sterben dürfen.

ja das war eine provokante einlassung und wahrscheinlich wird hier exakt niemand dies nachvollziehen wollen. ich hoffe es bleibt trotzdem als denkanstoß hier stehen.

viele grüße
datafox

Bravo!
Lieber Wiz,

Du hast genau meine Gedankenlage zum Ausdruck gebracht!

Ein Beispiel möchte ich noch bringen:

In Stern TV war mindestens zweimal ein Österreicher (?) zu Gast, der bei einem Unfall beide Hände verlor und dem die Hände eines Toten transplantiert wurden. Hier sehe ich eine gewisse Parallele, denn die Transplantate sind für ihn permanent sichtbar, während die „üblichen“ Organe ja im Körperinneren verborgen sind. Dieser Mann kann wieder Dinge tun, die er mit den besten Prothesen nicht hätte bewerkstelligen können - Dinge, die für uns so selbstverständlich sind, daß wir gar nicht darüber nachdenken (nebenbei: Wer mal auch nur einen Gipsarm hatte, kann sich einiges ausmalen).

Es war ergreifend, die Dankbarkeit dieses Mannes zu sehen. Den Chirurgen gegenüber, die dies ermöglicht haben, und seiner Familie, die zu ihm steht und sich nicht ekelt, sondern froh ist für jeden Schritt Normalität.

Ich möchte mir nicht anmaßen, über die Schuld- und sonstigen Gefühle eines Betroffenen zu reden - ich war gottlob noch nicht in dieser Situtation. Ich könnte mir aber vorstellen, daß jemand, dessen Gesicht wegen Krankheit, Unfall oder Verbrechen schwerstentstellt ist, den sicher nicht einfachen Weg einer Gesichtsübertragung gerne in Kauf nehmen würde, wenn er anschließend einfach nur auf die Straße gehen könnte, ohne mit hängenden Kinnladen und ausgestreckten Fingern beglotzt zu werden.

Gruß
mowei

3 Like

Danke…
für eure Einsichten und Meinungen.

Besonders berührt hat mich der Bericht aus erster Hand von GünterW, aber auch die interessanten Gedanken von Wiz sind nicht spurlos an mir vorbeigegangen.

Servus

Mr. White

Hallo Wiz,

ich stimme Dir voll und ganz zu.

Und ist es denn nicht auch so, daß derjenige, der das fremde Gesicht bekommt, trotzdem nicht so aussieht, wie der ursprünglich „Besitzer“? Das hängt doch auch sehr von allem ab, was darunter ist - Knochen, Muskeln etc. Auch die Mimik wird sicher die eigene bleiben. Und wenn jemand so entstellt ist, das ein so dramatischer Eingriff notwendig wird, ist das ursprüngliche Aussehen der betroffenen Person ohnehin nicht mehr vorhanden.

Wenn das wirklich funktionieren sollte, kann man damit sicher vielen Menschen zu einem neuen Leben verhelfen.

Viele Grüße
Tania

Lieber Günter,

ich bin sicher oft anderer Meinung als Du aber für dieses Posting zolle ich Dir Respekt und Bewunderung für die Kraft die Du hast.

Nicht Mitleid wohlgemerkt - obwohl das „Mit-Leiden“ im Sinne von Mitgefühl mit anderen eine Fähigkeit ist, die leider vielen fehlt. In diesem Sinne tut es mir schon leid, daß jemand so durch die Scheiße muß - ich hoffe Du verstehst was ich meine.

Daß Du mit Deinen äußeren Auffälligkeiten tendenziell eher Kommentare von den üblichen 5 % Bodensatz der Kultur bekommen hast ist wohl unvermeidlich - ich wünsche Dir für diese Leute auch weiterhin einen betonharten Stinkefinger.

Ein Kommentar noch zum „Spenderwetter“. Ich bin es als Biker gewohnt als „potentieller Organspender“ tituliert zu werden. Das hört meistens schnell auf, wenn man den Leuten zweierlei klar macht:

  1. Die meisten Biker sterben entweder an eigener Dummheit oder werden von anderen abgeschossen.
  2. Wenn der Biker sein Leben auf der Straße läßt, dann ist oft außer ein paar peripheren Teilen wie Hornhaut oder Gehörknöchelchen nicht mehr viel zu gebrauchen. Innere Organe sind entweder beim hängenbleiben am Lenkerende oder vom Aufprall auf Autos und Straße ziemlich zerfetzt.

Natürlich habe ich einen Organspenderausweis - ich bin was die simple irdische Hülle betrifft reiner Pragmatiker: Ausweiden was den Lebenden helfen kann und den Rest billig entsorgen. Meinetwegen in der MVA.

Gruß
Bernd