Gewährleistung auf Austauschgeräten

Hallo Zusammen,

ich habe keine direkte Frage, sondern möchte einen - glücklich geendeten - Sachverhalt, den ich miterleben mußte, zur Diskussion stellen.

Mitte Januar 2006 kauft ein Kunde bei einem Händler ein Elektrogerät. Kurz vor Ablauf der Garantie (Ende Juni 2006) geht das Gerät kaputt. Der Hersteller nimmt das Gerät zurück und der Händler händigt dem Kunden kurz nach Ablauf der Garantie ein Austauschgerät aus. Dieses Austauschgerät ist bereits nach wenigen Stunden Betrieb defekt. Jetzt bezieht der Händler folgenden, scheinbar rechtlich einwandfreien Standpunkt ein: Da inzwischen keine Garantie mehr besteht, sondern Gewährleistung, muß der Kunde beweisen, daß das Ende Juli 2006 ausgehändigte Austauschgerät bereits zum Zeitpunkt des Kaufes (Mitte Januar 2006) defekt war! Dies ist natürlich unmöglich (grinzt der Händler). Der Rechtsanwalt sagt zum Kunden: der Händler hat leider recht. Der Hersteller verweist immer nur auf den Händler.

Glücklicherweise war der Hersteller nach drei Jahren und mehrfachen Einsenden des Austauschgerätes „mürbe“ und hat des Gerät gegen ein neues Modell ausgetauscht.

Interessant ist die Tatsache, daß man nach deutschem Recht beweisen muß, daß ein Austauschgerät bereits 6,5 Monate vor dem Erhalt defekt war. Das ist doch genial, oder?

Gruß aus Köln
Dagobert

Interessant ist die Tatsache, daß man nach deutschem Recht
beweisen muß, daß ein Austauschgerät bereits 6,5 Monate vor
dem Erhalt defekt war. Das ist doch genial, oder?

Das entspricht ganz logischen und nachvollziehbaren prozessrechtlichen Grundsätzen. Im anderen Fall müsste der Verkäufer das NICHTvorliegen des Mangels beweisen, was weder einfacher noch gerechter wäre.

Levay

Moien

Interessant ist die Tatsache, daß man nach deutschem Recht
beweisen muß, daß ein Austauschgerät bereits 6,5 Monate vor
dem Erhalt defekt war. Das ist doch genial, oder?

Das entspricht ganz logischen und nachvollziehbaren
prozessrechtlichen Grundsätzen. Im anderen Fall müsste der
Verkäufer das NICHTvorliegen des Mangels beweisen, was weder
einfacher noch gerechter wäre.

Also beweist man in der Praxis die Existenz eines Mangels an einem Gerät das noch gar nicht gebaut wurde.

Wieso nicht Mangel zum Zeitpunkt der Aushändigung?

cu

Oh, da habe ich nicht sorgfältig genug gelesen. Maßgeblich ist für den Begriff der Sachmangelfreiheit natürlich der Zeitpunkt der Übergabe.

Levay

PS. Steve Jobs möge mir vergeben!

Hallo,

Maßgeblich ist
für den Begriff der Sachmangelfreiheit natürlich der Zeitpunkt
der Übergabe.

Der Übergabe des Originals oder der des Austauschgerätes?

Ist es nicht sogar so, dass der Kunde hier ein neues Gerät vom Hersteller bekommen hat und der Händler eigentlich komplett außen vor ist, weil er dieses Exemplar gar nicht verkauft hat?

Gruß
loderunner (ianal)

Ja, wenn man nicht irgendwie konstruiert, dass der Hersteller gleichzeitig in Erfüllung der Sachmangelansprüche gegen den Verkäufer handelt, dürfte der Verkäufer fein raus sein.

Levay

Das Austauschgerät kam - zwar auf anraten des Herstellers - aus dem Lager des Händlers. Aus diesem Grunde ist der Händler nicht aussen vor.
Und laut dem Anwalt des Kunden sei einzig und allein der Zeitpunkt des Kaufes für die Gewährleistung maßgeblich. Das defekte Austauschgerät zu diesem Zeitpunkt evtl. noch gar nicht produziert war, sei unerheblich. Nach den Regularien für Gewährleistungen muß der Kunde beweisen, daß das Gerät zum Zeitpunkt des Kaufvertrages bereits mängelhaft war. Egal ob es daß ursprüngliche Gerät oder ein Austauschgerät ist.

Gruß
Dagobert

Hallo,

Mitte Januar 2006 kauft ein Kunde bei einem Händler ein
Elektrogerät. Kurz vor Ablauf der Garantie (Ende Juni 2006)
geht das Gerät kaputt. Der Hersteller nimmt das Gerät zurück
und der Händler händigt dem Kunden kurz nach Ablauf der
Garantie ein Austauschgerät aus. Dieses Austauschgerät ist

Austausch im Rahmen der Garantie. Es gelten die Garantiebedingungen.

bereits nach wenigen Stunden Betrieb defekt. Jetzt bezieht der
Händler folgenden, scheinbar rechtlich einwandfreien

Wieso jetzt plötzlich der Händler? Bei dem ist gar nichts mehr zu holen. Sachmängelhaftungsansprüche bestehen nur auf den Kaufgegenstand. Reklamiert wird aber eine Sache, die vom Hersteller getauscht wurde, also vom Händler gar nicht verkauft wurde. Oder wurden beim Händler direkt Ansprüche aus der Sachmängelhaftung geltend gemacht und das Tauschgerät wurde im Rahmen der Nachbesserung ausgehändigt?

Standpunkt ein: Da inzwischen keine Garantie mehr besteht,
sondern Gewährleistung, muß der Kunde beweisen, daß das Ende
Juli 2006 ausgehändigte Austauschgerät bereits zum Zeitpunkt
des Kaufes (Mitte Januar 2006) defekt war! Dies ist natürlich

Kommt auf die Sachlage (s.o.) an. Wenn der Händler nachgebessert hat und die Nachbesserung fehlgeschlagen ist bestehen selbstverständlich noch Ansprüche gegen diesen.

unmöglich (grinzt der Händler). Der Rechtsanwalt sagt zum
Kunden: der Händler hat leider recht. Der Hersteller verweist
immer nur auf den Händler.

Dummer Anwalt.

Glücklicherweise war der Hersteller nach drei Jahren und
mehrfachen Einsenden des Austauschgerätes „mürbe“ und hat des
Gerät gegen ein neues Modell ausgetauscht.

Nett von ihm.

Interessant ist die Tatsache, daß man nach deutschem Recht
beweisen muß, daß ein Austauschgerät bereits 6,5 Monate vor
dem Erhalt defekt war. Das ist doch genial, oder?

Ist nicht so und hat auch sicher niemand behauptet.

Gruß

S.J.

Interessant ist die Tatsache, daß man nach deutschem Recht
beweisen muß, daß ein Austauschgerät bereits 6,5 Monate vor
dem Erhalt defekt war. Das ist doch genial, oder?

Ist nicht so und hat auch sicher niemand behauptet.

Gruß

S.J.

Doch, genau dies hat die Angestellte des Händlers behauptet. Hier der entsprechende Auszug aus der mir vorliegenden bekannten Korrespondenz:

„Wir möchten darauf hinweisen, dass Sie lt. BGB sechs Monate nach Kauf in der Beweislast sind, dass der nunmehr gerügte Mangel bereits bei Kauf vorlag. Sofern dieser Nachweis fehlt, müssen wir einen Gewährleistungsfall mit Nichtwissen bestreiten.“

Auf den Hinweis, daß es sich um das Austauschgerät handelt, antwortete die Angestellte des Händler:

„… wir möchten Ihnen mitteilen, dass das Kaufdatum für die Beweislastumkehr entscheidend ist. Das Kaufdatum war der …, sodass - wie mitgeteilt wurde - kein Nachweis … erbracht wurde.“

So weit die Darstellung des Händler.

Gruß aus Köln
Dagobert

Dass ein Anwalt so was sagst, heißt nicht viel. Was glaubst du, wie viele anwaltliche Schriftsätze ich schon gesehen habe, die man ganz oder teilweise in die Tonne hätte treten können?

Entschuldige, bitte, aber:

Du selbst hast doch festgestellt, dass es nicht sein kann, dass man nachweisen muss, dass ein Gerät defekt war, als es womöglich noch nicht mal existierte.

Wieso vertraust du also dem Rest der Ausführnungen?

Levay

Grundsätzliche Zusatzfrage
Hallo,

beginnt mit dem Austausch nicht grundsätzlich die Garantie/Gewährleistung neu?
Das erste Gerät war doch so untauglich, dass Ersatz geschaffen werden musste (Nacherfüllung). Weshalb ist eine übliche Garantiedauer für ein neues Gerät dann nicht üblich?

Im Bau beispielsweise verlängert sich die Gewährleistung für einen angezeigten und beseitigten Einzel-Mangel um weitere zwei Jahre, unabhängig von der Gesamtgewährleistung.

Gruß
Der Franke

beginnt mit dem Austausch nicht grundsätzlich die
Garantie/Gewährleistung neu?

Bei den Garantiebedingungen kommt es auf die Ausgestaltung an, aber im Gewährleistungsrecht nicht, nein. Man könnte höchstens an eine Hemmung des Ablaufs der Verjährungsfrist denken, aber durch einen Neubeginn würde der Käufer ja besser gestellt als ohne Sachmangel, er soll jedoch nur nicht schlechter stehen.

Im Bau beispielsweise verlängert sich die Gewährleistung für
einen angezeigten und beseitigten Einzel-Mangel um weitere
zwei Jahre, unabhängig von der Gesamtgewährleistung.

Woraus soll sich das denn ergeben? Ich kenne mich mit der VOB/B (oder wie die heißt) nicht aus, aber aus dem BGB ergibt sich das m. E. nicht.

Levay