Gewaltsame Demo orhtodoxer Juden in Jerusalem

Moin,

der aufmerksame Beobachter wird vielleicht mitbekommen haben, dass es am Samstag in Jerusalem zu gewaltsamen Ausschreitungen bei Demonstrationen orthodoxer Juden gekommen ist, bei denen es um die Nutzung eines Parkplatzes geht.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,633023,…

Ok. Ich kann verstehen, dass es einer religiösen Gruppe nicht erlaubt ist, an einem bestimmten Tag z.B. kein Auto zu benutzen.

Was ich nicht verstehe? Warum kümmert es diese Gruppe nun so sehr, ob andere an dem Tag ein Auto benutzen? Und zwar so sehr, dass man gegen diese anderen sogar gewalttätig wird.

Und das ist meine zweite Frage, kann es sein, dass es für orthodoxe Juden am Sabbat zwar nicht erlaubt ist, Auto zu fahren, jedoch es kein Problem darstellt, am Sabbat andere Menschen anzugreifen und sich Prügeleien mit der Polizei zu liefern?

Irgendwie komm ich damit nicht klar. Kann mir das einer erklären?
Gruß
Marion

Hi!

Was ich nicht verstehe? Warum kümmert es diese Gruppe nun so
sehr, ob andere an dem Tag ein Auto benutzen? Und zwar
so sehr, dass man gegen diese anderen sogar gewalttätig
wird.

Diese Frage könnte man viel allgemeiner stellen. Warum kümmert es überhaupt jemanden, was andere machen. Demos sind ja auxch hierzulande erlaubt.

Die Haredim sehen sich selbst als Hüter der Moral und sind ein fanatischer Haufen, den die meisten liberalen Juden ablehnen.

Besonder stark sind diese natürlich in erusalem vertreten, mit ein Grudn, wieso immer mehr Menschen von dort abwandern.

Und das ist meine zweite Frage, kann es sein, dass es für
orthodoxe Juden am Sabbat zwar nicht erlaubt ist, Auto zu
fahren, jedoch es kein Problem darstellt, am Sabbat andere
Menschen anzugreifen und sich Prügeleien mit der Polizei zu
liefern?

Das ist ganz einfach zu erklären. Irgendwein Rabbi wird die Erlaubnsi dazu ausgesprochen haben. Da es ja zur Verteidung des Glaubens dient, wird sich schon eine Lücke aufgetan haben.

Irgendwie komm ich damit nicht klar. Kann mir das einer
erklären?

Fanaten leben in ihren eigenen Welten. Das ist für Aussenstehende nicht zu verstehen.

Grüße
Dusan

Hallo Marion,

der aufmerksame Beobachter wird vielleicht mitbekommen haben,
dass es am Samstag in Jerusalem zu gewaltsamen Ausschreitungen
bei Demonstrationen orthodoxer Juden gekommen ist,

nö, bis jetzt nicht. Das kommt leider immer wieder mal vor.

bei denen
es um die Nutzung eines Parkplatzes geht.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,633023,…

Ok. Ich kann verstehen, dass es einer religiösen Gruppe nicht
erlaubt ist, an einem bestimmten Tag z.B. kein Auto zu
benutzen.

Was ich nicht verstehe? Warum kümmert es diese Gruppe nun so
sehr, ob andere an dem Tag ein Auto benutzen? Und zwar
so sehr, dass man gegen diese anderen sogar gewalttätig
wird.

Dieses Vorgehen - und schon gar nicht die gewalttätige Variante - ist mit jüdischer Ethik nicht kompatibel.

  • Auto fahren ist nicht erlaubt
  • Tragen ist nicht erlaubt, also auch nicht Steine aufheben.
  • Jemand verletzen ist nicht erlaubt
  • Und Feuer anzünden ist erst nach Schabbatende erlaubt aber nicht die Zerstörung fremden Eigentums durch Feuer.

Und das ist meine zweite Frage, kann es sein, dass es für
orthodoxe Juden am Sabbat zwar nicht erlaubt ist, Auto zu
fahren, jedoch es kein Problem darstellt, am Sabbat andere
Menschen anzugreifen und sich Prügeleien mit der Polizei zu
liefern?

Soweit würde ich nicht gehen. Ich denke, daß es eher um inkonsistentes Verhalten geht, also um Normen, die man zwar hat und in diesem Fall anderen auferlegen will, aber selber anders handelt.

Ob andere am Schabbat ein Auto benutzen etc. kann einem orthodoxen Juden im Prinzip egal sein, solange es ihn nicht tangiert.
Schabbat hat auch mit Gemeinschaft und mit einer bestimmten Atmosphäre zu tun. Und wer sich in Jerusalem aufhält, weiß, daß er sich in einer religiösen Stadt befindet. Und ich denke, da können nicht-orthodoxe Menschen (egal ob jüdisch oder sonstige) auf die Belange orthodoxer Juden Rücksicht nehmen.

Ich vermute mal, daß sich der Parkplatz in einem orthodoxen Viertel befindet. Und da ist mir dann nicht einsichtig, warum gerade dieser Parkplatz am Schabbat geöffnet sein muß und dann natürlich auch mit dem Auto angefahren würde, was eine Störung für orthodox lebende Juden bedeuten würde.

Es gibt einfach orthodoxe jüdische öffentliche Räume und die kann man als nicht-orthodxer Mensch respektieren. Wenn ich Party machen will, dann gehe ich am Schabbes eben nach Tel Aviv.

Oder anders gesagt: Ich habe orthodoxe Freunde, die in Basel in einem Mietshaus wohnen, in dem nur orthodoxe Familien leben. Nicht, weil sie was gegen Nichtjuden oder gegen liberale Juden haben, sondern, weil sie davon ausgehen, daß man Nichtjuden bestimmte Standards nicht abverlangen kann. Und sie - wie auch die anderen orthodoxen Familien möchten eben am Schabbes nicht: Geräusche von elektrischen Geräten hören egal ob Waschmaschine, Spülmaschine, Fernsehen und Stereoanlage.

Die Atmosphäre, die dadurch entsteht, daß man bestimmte Dinge an Schabbes tut und andere läßt, hat eben für orthodoxe Leute eine hohe Bedeutung - un selbst für liberale Exemplare wie mich eine gewisse Faszination. In der Diaspora müssen da immer irgendwelche Abstriche gemacht werden. Aber wenn Leute dann unter Umständen extra nach Israel auswandern und die Mühen des israelischen Lebens auf sich nehmen um einen bestimmten Stil von orthodoxem Leben realisieren zu können, dann wird es schwierig, wenn säkulare Israelis darauf bestehen, daß nun just dieser Parkplatz in diesem orthodoxen Viertel auch am Schabbes zugänglich sein muß.

Ich weiß nun auch keine Details über diesen Parkplatz, aber ich kann es mir nur so vorstellen, weil orthodoxe Juden sich am Schabbat in Israel nicht in Shoppingcentern aufhalten, sondern in Vierteln, die von der eigenen orthodoxen Community geprägt sind.

Wenn ich mich in einem orthodoxen Umfeld bewege, dann halte ich mich an die dort üblichen Standards - und gut ist es. Es bricht mir kein Zacken aus der Krone, wenn ich dann einen Rock statt Hosen anziehe und die Arme bis zu den Ellenbogen bedeckt sind etc. Ich denke, es ist eine Frage des guten Willens und der Gesprächsfähigkeit. Und die scheint mir im vorliegenden Bericht bei beiden Seiten defizitär zu sein.

Viele Grüße

Iris

Hallo Dusan,

aus orthoxer Perspektive enthält Dein Antwortposting mindestens zwei Denkfehler (Elimelech werden vermutlich noch mehr einfallen).

Was ich nicht verstehe? Warum kümmert es diese Gruppe nun so
sehr, ob andere an dem Tag ein Auto benutzen? Und zwar
so sehr, dass man gegen diese anderen sogar gewalttätig
wird.

Ich weiß nicht, wie es bei Dir ist, aber in dem Viertel in dem ich wohne ist Sonntag morgens auf der Straße eine andere Atmosphäre als unter der Woche. Das hat nicht nur - aber maßgeblich - mit der Minimalvariante des Autoverkehrs zu tun.

Diese Frage könnte man viel allgemeiner stellen. Warum kümmert
es überhaupt jemanden, was andere machen.

Wenn es ganz privat ist, dann geht es niemand was an. Wenn man sich aber im öffentlichen Raum bewegt und diesen teilt, dann kann es schon zu Irritationen kommen, wenn die Normen und Verhaltensweisen sehr unterschiedlich sind. Mich stört es durchaus - und das hat nicht mit Schabbat oder Werktag zu tun - wenn andere Leute so laut mit dem Handy telefonieren, daß ich ihre Privatsphäre mibekomme ob ich will oder nicht.

Orthodoxe Juden und bei praktizierenden Muslimen ist das ganz ähnlich - haben einen starken Gemeinschaftsbezug. Von daher würden sie eine so individualisierende Herangehensweise wie Deine vermutlich nur schwer verstehen.

Demos sind ja auxch
hierzulande erlaubt.

Ja klar, als Mittel demokratischer Willensäußerung. Wenn aber Steine oder Flaschen fliegen, dann sind auch hierzulande - ganz berechtigt - Grenzen erreicht und werden polizeilich durchgesetzt.

Die Haredim sehen sich selbst als Hüter der Moral und sind ein
fanatischer Haufen, den die meisten liberalen Juden ablehnen.

Auch unter den ultraorthodoxen Juden gibt es solche und solche.

Besonder stark sind diese natürlich in Jerusalem vertreten,

weil Jerusalem eine religiöse Stadt ist.

mitein Grudn, wieso immer mehr Menschen von dort abwandern.

  • zumindest die, die es mit der Religion nicht so haben.

Und das ist meine zweite Frage, kann es sein, dass es für
orthodoxe Juden am Sabbat zwar nicht erlaubt ist, Auto zu
fahren, jedoch es kein Problem darstellt, am Sabbat andere
Menschen anzugreifen und sich Prügeleien mit der Polizei zu
liefern?

für die orthodoxen Juden im Spiegel-Artikel ist das offensichtlich an jenem Schabbat so gewesen.

Das ist ganz einfach zu erklären. Irgendwein Rabbi wird die
Erlaubnsi dazu ausgesprochen haben.

Schwer vorstellbar!

Da es ja zur Verteidung des Glaubens dient,

  • Glaube hat in der jüdischen Tradition nicht die Bedeutung wie im Christentum, sondern ethisches Verhalten. Und da wird kein Rabbi in der jüdischen Tradition irgendwas finden, womit er ein solches Verhalten billigen könnte.

wird sich schon eine Lücke aufgetan haben.

Welche sollte das sein? siehe oben

Irgendwie komm ich damit nicht klar. Kann mir das einer
erklären?

Eher nicht, weil es irrationale Züge hat.

Fanaten leben in ihren eigenen Welten. Das ist für
Aussenstehende nicht zu verstehen.

Viele Grüße

Iris

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Hi!

Das ist ganz einfach zu erklären. Irgendwein Rabbi wird die
Erlaubnsi dazu ausgesprochen haben.

Schwer vorstellbar!

Da es ja zur Verteidung des Glaubens dient,

  • Glaube hat in der jüdischen Tradition nicht die Bedeutung
    wie im Christentum, sondern ethisches Verhalten. Und da wird
    kein Rabbi in der jüdischen Tradition irgendwas finden, womit
    er ein solches Verhalten billigen könnte.

Da hab ich mich schlecht ausgedrückt.

Du glaubst also ernsthaft, dass diese Demo nicht im Vorfeld von einem Rabbi abgesegnet wurde? Die Demo an sich, ob sie von vornherein vorhatten Steine zu werfen, ist eine andere Frage.

Grüße
Dusan

Hallo Iris,

Dieses Vorgehen - und schon gar nicht die gewalttätige
Variante - ist mit jüdischer Ethik nicht kompatibel.

das dürfte die Edah Haredit (die Gruppe, die die Krawalle inszeniert) anders sehen. Was die Frage aufwirft, wer eigentlich definiert, was ‚jüdische Ethik‘ denn sein soll - ein Begriff, der mich ohnehin die Stirn runzeln lässt. Ethik ist für mich unteilbar - es gibt nur eine Ethik, keine christliche, jüdische, muslimische usw. Gerader dieser Fall sollte das deutlich machen.

Ob andere am Schabbat ein Auto benutzen etc. kann einem
orthodoxen Juden im Prinzip egal sein, solange es ihn
nicht tangiert.
Schabbat hat auch mit Gemeinschaft und mit einer bestimmten
Atmosphäre zu tun. Und wer sich in Jerusalem aufhält, weiß,
daß er sich in einer religiösen Stadt befindet. Und ich denke,
da können nicht-orthodoxe Menschen (egal ob jüdisch oder
sonstige) auf die Belange orthodoxer Juden Rücksicht nehmen.

Ich weiss nicht, was eine „religiöse Stadt“ sein soll. Menschen können religiös sein, Städte nicht. Brauchen orthodoxe Juden ‚religiös befreite Zonen‘, so wie gewissse Glatzköpfe hierzulande ‚national befreite Zonen‘ zu brauchen meinen?

Ich vermute mal, daß sich der Parkplatz in einem orthodoxen
Viertel befindet. Und da ist mir dann nicht einsichtig, warum
gerade dieser Parkplatz am Schabbat geöffnet sein muß und dann
natürlich auch mit dem Auto angefahren würde, was eine Störung
für orthodox lebende Juden bedeuten würde.

Es handelt sich um den Karta-Parkplatz, der in der Nähe des Jaffa-Tores der Altstadt ist. Die Leute, die diesen Parkplatz nutzen, tun das nicht, um Party zu machen oder um shopping zu gehen, sondern es handelt sich um Besucher der Altstadt. Die Öffnung am Sabbat wurde notwendig, nachdem vorher das in der Nähe liegende Safra-Parkhaus (sowie weitere Parkflächen) auf Druck orthodoxer Juden am Sabbat geschlossen wurde. Die Öffnung wurde durch eine Entscheidung des Jerusalem District Court erzwungen. Der Hauptgrund für die Öffnung des Parkplatzes ist ein Ersuchen der Jerusalemer Polizei, weil durch illegales Parken in der nahegelegenen Altstadt Notfallfahrzeuge behindert wurden.

Es ist unübersehbar, dass seitens der Stadtverwaltung versucht wurde, einen Kompromiss zu finden (Schließung von Safra, Kostenfreiheit des Parkplatzes, Einstellung von Nichtjuden zum Betrieb des Parkplatzes) und ebenso unübersehbar, dass die Haredim schlicht kompromissunfähige Fanatiker sind.

Es gibt einfach orthodoxe jüdische öffentliche Räume und die
kann man als nicht-orthodxer Mensch respektieren. Wenn ich
Party machen will, dann gehe ich am Schabbes eben nach Tel
Aviv.

Ein ‚öffentlicher Raum‘ ist eben genau dies - öffentlich und nicht ein Reservat bestimmter Gruppen, die dort eigensüchtig ihre Interessen auf Kosten aller Anderen durchsetzen dürfen.

Genau aus diesem Grund hat es auch am Samstag (friedliche!) Gegendemonstrationen am Rathaus gegeben - Parolen waren „Kein religiöser Zwang!“ und „Jerusalem ist für alle da!“. Zitat von Knesset-Mitglied Nitzan Horowitz (Meretz Partei): „The struggle for the parking lot is just a symbol for the bigger battle of Jerusalem as a free city and of Israel as a free country.“ („Die Auseinandersetzung um den Parkplatz ist lediglich ein Symbol für den größeren Kampf um Jerusalem als einer freien Stadt und um Israel als ein freies Land.“)

Das trifft’s mE ziemlich genau.

Wenn ich mich in einem orthodoxen Umfeld bewege, dann halte
ich mich an die dort üblichen Standards - und gut ist es.

Ahja - und was machst Du, wenn ganze Stadtviertel zum „orthodoxen Umfeld“ erklärt werden? Ganze Städte? Ein ganzes Land?

Freundliche Grüße,
Ralf

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eigentlich definiert, was ‚jüdische Ethik‘ denn sein soll -
ein Begriff, der mich ohnehin die Stirn runzeln lässt. Ethik
ist für mich unteilbar - es gibt nur eine Ethik, keine
christliche, jüdische, muslimische usw. Gerader dieser
Fall sollte das deutlich machen.

Lustig, nur, dass deine Argumentation völlig unlogisch ist. Denn Ethik hat einen Bezugspunkt. Und wenn dieser Bezugspunkt verschieden ist, dann kann auch die Ethik nicht gleich sein. (Mal ganz abgesehen davon wäre mir unbekannt, wo im Koran oder Ahadith Bezug auf Ethik genommen wird. Mohammad hat sich nicht mit Ethik beschäftigt sondern hat Umgangsformen auferlegt, die den kompletten Alltag und das ganze Leben umfassen.)

Hallo Ralf,

bis jetzt habe ich Dich als sachlichen und fairen Diskussionspartner geschätzt. Auf Entgleisungen im Stil von:

Brauchen
orthodoxe Juden ‚religiös befreite Zonen‘, so wie gewissse
Glatzköpfe hierzulande ‚national befreite Zonen‘ zu brauchen
meinen?

reagiere ich nicht weiter. Ich halte Dich für so intelligent, daß Du „gewisse Glatzköpfe“, die anderen egal ob sie schwul, migrantisch, schwarz, behindert,obdachlos, punk oder jüdisch sind, das Lebensrecht absprechen unterscheiden kannst. Hier durch die Fragestellung eine Gleichsetzung mit orthodoxen Juden zu suggerieren, ist unglaublich und perfide, egal was man von (ultra)orthodoxen Juden hält oder nicht.

Iris

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Warum kümmert es diese Gruppe nun so
sehr, ob andere an dem Tag ein Auto benutzen?

vielleicht steckt da ja mehr dahinter als ein harmloser nachbarschaftsstreit…

Orthodoxe Juden und bei praktizierenden Muslimen ist das ganz
ähnlich - haben einen starken Gemeinschaftsbezug.

was heißt gemeinschaftsbezug?

Hallo Iris,

Dieses Vorgehen - und schon gar nicht die gewalttätige
Variante - ist mit jüdischer Ethik nicht kompatibel.

Ok, das dachte ich mir. Und da in meiner Vorstellung gerade orthodoxe Juden sich eher streng an die Vorgaben halten, wunderte mich der gewalttätige Charakter der Demonstration. Man kann ja auch friedlich demonstrieren.

Schabbat hat auch mit Gemeinschaft und mit einer bestimmten
Atmosphäre zu tun. Und wer sich in Jerusalem aufhält, weiß,
daß er sich in einer religiösen Stadt befindet. Und ich denke,
da können nicht-orthodoxe Menschen (egal ob jüdisch oder
sonstige) auf die Belange orthodoxer Juden Rücksicht nehmen.

Rücksichtnahme auf religiöse Gefühle finde ich grundsützlich begrüßenswert. Die Frage ist, wo ist es noch (eingeforderte) Rücksichtnahme und wo fängt es an, dass man anderen seinen Lebensstil aufzwingen will. Aber diese Frage stellt sich vermutlich bei allen Religionen und das wollte ich hier auch gar nicht diskutieren.

Ich vermute mal, daß sich der Parkplatz in einem orthodoxen
Viertel befindet. Und da ist mir dann nicht einsichtig, warum
gerade dieser Parkplatz am Schabbat geöffnet sein muß und dann
natürlich auch mit dem Auto angefahren würde, was eine Störung
für orthodox lebende Juden bedeuten würde.

Gerade das ist es eben nicht. Ursprünglich ging es um einen anderen Parkplatz und das Öffnen dieses Parkplatzes sollte schon eine Entgegenkommen für die orthodoxe Gemeinde sein.

Folgendes Zitat fand ich in der Jerusalem Post:

Yosef Rosenfeld, head of the haredi Committee for Sanctity of Shabbat, was dissatisfied with the solution and said that the haredi community would continue to protest.

„The situation now is much worse,“ he said. „Opening the parking lot and charging for its use is a much more severe desecration of the Sabbath. We will continue to go out and demonstrate as we planned. It makes no difference that the parking lot is far away from the haredi neighborhoods - there is a violation of the status quo.“

http://www.jpost.com/servlet/Satellite?cid=124592493…

Offenbar geht es hier also nicht darum, dass sich orthodoxe Juden in ihrem Viertel gestört fühlen, sondern um…„a violation of the status quo“? Was kann damit gemeint sein? Und vor allem, warum trifft es diese Leute so emotional, dass sie deshalb sogar gewalttätig werden?

Aber wenn Leute dann
unter Umständen extra nach Israel auswandern und die Mühen des
israelischen Lebens auf sich nehmen um einen bestimmten Stil
von orthodoxem Leben realisieren zu können, dann wird es
schwierig, wenn säkulare Israelis darauf bestehen, daß nun
just dieser Parkplatz in diesem orthodoxen Viertel auch am
Schabbes zugänglich sein muß.

Nun ja, wie gesagt, der Parkplatz liegt wohl nicht in einem orthodoxen Viertel. Meinst du, es könnte sein, dass sich hier Frust aufgestaut hat, dass das Leben in Jerusalem sich nun doch nicht so gestaltet, wie sich manch ein Orthodoxer, der da hingezogen ist, vielleicht erträumt hat? Geht es also vielleicht gar nicht in erster Linie um diesen Parkplatz, sondern eher um Frust und enttäuschte Hoffnungen, die sich nun hier entladen? Oder geht es doch eher darum, dass hier versucht wird, die Vorstellungen von orthodoxem Leben auch auf nicht orthodoxe Gesellschaftsteile auszuweiten, wie die „Gegenseite“ behauptet?

Schließlich gibt es ja sicher Gegenden auf der Welt, wo sich ruhiger nach orthodoxen Gesichtspunkten leben läßt, (ich erinnere da zum Beispiel an die ja auch recht ungewöhnlichen Lebensweisen der Amish oder Hutterer) als nun ausgerechnet eine Großstadt wie Jerusalem die zudem auch noch von 3 verschiedenen Religionen als „religiöse Stadt“ beansprucht wird. Daher fällt es mir schwer anzunehmen, dass ein orthodoxer Jude, dem es in erster Linie darum geht, in Ruhe seinen Glauben zu leben, nun ausgerechnet nach Jerusalem oder gar ins Westjordanland zieht.

Ich versteh’s immer noch nicht.

Lieben Gruß
Marion

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Moin,

Fanaten leben in ihren eigenen Welten. Das ist für
Aussenstehende nicht zu verstehen.

Ich möchte es aber gerne verstehen, und zwar insbesondere, wie aus religiösen Menschen irgendwann gewalttätige Menschen werden, denn dies ist ein Prozess. Niemand kommt mit dem Gedanken auf die Welt „Hey morgen ist Sabbat, was mach ich denn da? Ach ja, ich könnt mich ja mal zur Abwechslung mit ein paar Polizisten prügeln.“

Gruß
Marion

unfassbar…
Also Leute (zwei drei Dutzend?) werden ein bissle rumgeschubst, ein paar Apfel fliegen durch die Gegend, und zwei Mulltonnen brennen (am Abend, nach ENDE!!! des Sabbats liebe Voreiligen).

Dass ist weniger als was in einer deutschen Vorstadt ablauft, und hier wird sich orgastisch daruber ausgelassen wie gewalttatig diese Juden sind, und dann noch scheinheilige Emporung geaussert, wie man denn so Gewalttatig sein kann, ohne dabei irgendwelches Mass an Verhaltnissmassigkeit an den Tag zu legen.

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Also Leute (zwei drei Dutzend?) werden ein bissle
rumgeschubst,

Immerhin wurden bei einer der ‚Demonstrationen‘ sechs Polizisten verletzt, bei einer weiteren vier. Und die Krawalle wurden nicht einmal eingestellt, nachdem ein sechsjähriges Kind durch die ‚Demonstranten‘ zu Schaden kam. Wenn hier jemandem das Augenmaß fehlt, dann wohl eher Dir.

Es geht hier schlicht und einfach darum, dass religiöse Fanatiker der Gesellschaft ihre persönlichen Vorstellungen mit Gewalt aufzwingen wollen. Etwas, was nahezu jeder aufgeklärte Mensch für verwerflich hält - zumindest, so lange es sich um muslimische oder christliche Fundamentalisten handelt. Ich kann mir das Echo lebhaft vorstellen, wenn „in einer deutschen Vorstadt“ bei gewalttätigen Demonstrationen von Muslimen (z.B. um ein Verbot von Alkoholausschank in bestimmten Vierteln durchzusetzen) ein knappes Dutzend Polizisten sowie unbeteiligte Passanten verletzt worden wären.

Genau das ist der Punkt, der dieses Thema für eine Diskussion interessant macht. Das Messen mit zweierlei Maß. Da werden Nebelkerzen geworfen ( natürlich hat es z.B. rabbinischen Dispens für Krawalle am Sabbat gegeben, auch wenn Iris dies nicht für möglich hält), da wird eine merkwürdige philosemitische Beißhemmung gegenüber asozialen Fanatikern eingefordert - statt sich mit den Juden zu solidarisieren, die sich gegen derartige Zumutungen stellen. Darunter - nebenbei bemerkt - auch orthodoxe Juden und Zionisten, nicht nur liberale und säkuläre Juden.

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Hallo Iris,

Entgleisungen

wenn Du Dir den Schuh der Haredim anziehen willst, kann ich Dich nicht daran hindern.

Hier
durch die Fragestellung eine Gleichsetzung mit orthodoxen
Juden zu suggerieren, ist unglaublich und perfide, egal was
man von (ultra)orthodoxen Juden hält oder nicht.

Hier setzt Du die Haredim mit ‚orthodoxen Juden‘ gleich. Das wiederum halte ich für eine perfide Entgleisung und eine Diffamierung orthodoxer Juden. Das ist kein ‚orthodoxes Judentum‘ (und gerade Du solltest das wissen), das ist ‚Taliban-Judaismus‘ - vgl. http://cgis.jpost.com/Blogs/troy/entry/radicals_aren…

Auch ich kenne Dich hier als seriösen Diskussionspartner - um so mehr irritiert mich Deine Exkulpation dieser fanatischen Spinner. Und ja, ich halte den Vergleich mit ausländerfeindlichen Schlägerbanden hierzulande durchaus für angemessen. Es geht in beiden Fällen um eine gewaltsame Besetzung öffentlichen Raums mit dem Ziel, dort Normen durchzusetzen, die zum gesellschaftlichen Konsens in Widerspruch stehen - insbesondere mit dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und auf Freizügigkeit.

Wer auf solche Herausforderungen - aus welchen Gründen auch immer - mit Achselzucken und Ratschlägen à la „sich anpassen und gut ist“, der hat den Kampf gegen militante Intoleranz schon verloren, noch bevor er begonnen hat.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Ich empfehle zur Einführung die Lektüte von Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ethik

Hallo Ralf,

die Kommentare zum von Dir verlinkten Blog (besonders Nr 7 und 14 hast Du vermutlich nicht zur Kenntnis genommen.

Ich halte polemische Entgleisungen im Stil von „Taliban-Judaism“ für wenig hilfreich, um in der Diskussion weiterzukommen.

Ob man nun wie Du die Haredim mit Neonazis oder der Kommentator mit Taliban vergleicht, läuft meiner Ansicht auf eine Gleichsetzung hinaus, die so nicht stimmt:

Charedim beabsichtigen nicht, anders Denkende und Lebende zu töten.

Und von einer Exkulpation meinerseits kann keine Rede sein.

Iris

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Hallo Marion,

Was ich nicht verstehe? Warum kümmert es diese Gruppe nun so
sehr, ob andere an dem Tag ein Auto benutzen? Und zwar
so sehr, dass man gegen diese anderen sogar gewalttätig
wird.

Solange ich nicht verstehe, warum die Frage ob andere Frauen ein Kopftuch tragen bis hinauf zum Verfassungsgericht prozessiert wird und Gesetze und Verordnungen gebiert, sehe ich erst recht außer Stande eine solche Frage diese Frage zu erklären.

Und das ist meine zweite Frage, kann es sein, dass es für
orthodoxe Juden am Sabbat zwar nicht erlaubt ist, Auto zu
fahren, jedoch es kein Problem darstellt, am Sabbat andere
Menschen anzugreifen und sich Prügeleien mit der Polizei zu
liefern?

Irgendwie komm ich damit nicht klar. Kann mir das einer
erklären?

Andere Länder, andere Gewalttäter. Wir haben unsere Autonomen und unsere Hooligans, die Israelis eben diesen gewaltbereiten Teil Orthodoxer. Jener Anlass ist nicht nichtiger als am 1. Mai fremde Autos anzuzünden.

Es würde mich mehr beschäftigen, wenn Israel samt und sonders ein Hort friedfertiger Lämmer wäre.

Nebenbei: Ich finde, dass diese Frage ziemlich wenig Religiöses, aber recht viel Politisches behandelt.

Moin Marion,

Was ich nicht verstehe? Warum kümmert es diese Gruppe nun so
sehr, ob andere an dem Tag ein Auto benutzen? Und zwar
so sehr, dass man gegen diese anderen sogar gewalttätig
wird.

"_Aber am siebenten Tage ist der Sabbat des HERRN, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun, auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd, dein Vieh, auch nicht dein Fremdling, der in deiner Stadt lebt. _ " (Exodus 20,10)

Sechs Tage soll man arbeiten, aber am siebenten Tag ist Sabbat, völlige Ruhe, heilig dem HERRN. Wer eine Arbeit tut am Sabbattag, soll des Todes sterben. Darum sollen die Israeliten den Sabbat halten, dass sie ihn auch bei ihren Nachkommen halten als ewigen Bund.“ (Exodus 31,15-16)

Es ist geboten, dass sich auch die Fremden (=Touristen) an die Sabbatruhe halten sollen. Also kann ich den Unmut der orthodoxen Juden durchaus verstehen.

Dass die „Entweihung“ des Sabbats auch noch durch die Stadtverwaltung gefördert wird, hat jetzt zu solchen Eskalationen geführt.

Das ist ja ein politisches (gerade in diesem Land nicht vom religiösen zu trennendes) Problem.

Nir Barkat, der im vergangenen November als Vertreter der säkularen Israelis in den Wahlkampf zog und zum Bürgermeister Jerusalems gewählt wurde, will dem Einfluss der Haredim in Jerusalem ein Ende bereiten.
http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article…

Und das ist meine zweite Frage, kann es sein, dass es für
orthodoxe Juden am Sabbat zwar nicht erlaubt ist, Auto zu
fahren, jedoch es kein Problem darstellt, am Sabbat andere
Menschen anzugreifen und sich Prügeleien mit der Polizei zu
liefern?

Na ja, die Situation eskaliert, dann gibt es schon überall welche, die zur Gewalt neigen. Und Steine werfen hat in Jerusalem schon Tradition *g*

Gruss Harald

Na ja, die Situation eskaliert, dann gibt es schon überall
welche, die zur Gewalt neigen. Und Steine werfen hat in
Jerusalem schon Tradition *g*

Es wurde mit Gemuese geworfen. Auf den Bildern sah ich keine Steine.