Gewohnheitsrecht bei neuem Mietvertrag?

Hallo Zusammen,

Mit einem ererbten Haus habe ich im Testament des Erblassers die Auflage erhalten, langjährige Mieter zu den beim Erbfall bestehnenden Bedingungen lebenslang weiter wohnen zu lassen. Kündigen kann ich nur bei Mietrückständen länger als zwei Monate, sowie bei vertragswiedrigem Gebrauch der Mietsache.
Es bestand ein „mündlicher Mietvertrag“ (also Kaugummi) mit dem Erblasser, den ich in Form eines Standartmietvertrages (Formular aus dem Schreibwarenhandel) in schriftliche Form gebracht habe. Die Mieter haben den Vertrag 10 Tage zur Ansicht gehabt und dann in meinem Beisein nach gemeinsamer Durchsicht des Vertrages unterschrieben.

Leider hat der Erblasser keine korrekten Nebenkostenabrechnungen erstellt, allemal handschriftliche Zettel mit der Überschrift „Wassergeld“. Die Mieter haben Nachzahlungsbeträge an den Erblasser stets in bar entrichtet und haben hierüber keine Quittungen.

Nun rechne ich die Betriebskosten korrekt ab und lege natürlich umlagefähige Kosten um. (Gebäudeversicherung,Grundsteuer, Heizungswartung etc.) So ist es ja auch im jetzt schriftlichen Mietvertrag laut Betriebskostenverordnung geregelt.

Nach Zustellung der Betriebskostenabrechnung schneiden mich die Mieter nun plötzlich und sprechen kein Wort mit mir. Die Nebenkostennachzahlung haben sie nicht überwiesen. Ich habe diese mit Fristsetztung angemahnt und will bei Nichtzahlung einen Mahnantrag stellen.
Scheinbar berufen sich die Mieter wohl auf ein Gewohnheitsrecht zur inkorrekten Nebenkostenabrechnung und barabwicklung?!

Des Weiteren benehmen sich die Mieter auch ausserhalb ihrer Wohnung nach Gutsherrenart. Sie haben eine Waschküche offensichtlich mit Dingen aus ihrem Besitz vollgestellt und anschliessend verschlossen. (Ich kann den Raum nicht betreten,obwohl sich dort Gegenstände aus meinem Besitz befinden) Dieser Raum gehört nicht zur Mietwohnung und war immer offen zugänglich. Es war den Mietern gestattet dort zwei Fahrräder unter zu stellen. Im von aussen begehbaren Keller haben sie im Kellergang Gegenstände aus ihrem Besitz abgestellt und einen Schrank aufgestellt. Zugewiesen ist ihnen vertraglich ein Kellerabteil.

Nun werden sie sich wohl auch hier auf ein „Gewohnheitsrecht“ berufen: „Das war schon immer so, das haben wir immer so gemacht“.

Muss ich nun das Gegenteil beweisen und bitte wie??? -Allemale haben die Mieter sich während einer langen Krankheitsphase des Erblassers schleichend immer mehr ausgebreitet, was mir so natürlich nicht passt .

Wie seht Ihr Fachleute die rechtliche Situation und was ratet Ihr mir?

Mit bestem dank für Eure Meinungen und Anregungen grüßt

Bernd

Hier ist noch einiges unklar.
Wie viel Mieter sind das denn ?

Ist das Testament rechtlich geprüft worden ? Sind die Auflagen zu den „langjährigen Mietern“ rechtswirksam ?

Grundsätzlich sind mündliche Verträge normale Mietverträge. Mit dem Problem, was war vereinbart, niemand hat was schriftlich und wenn, wie hier, der Vermieter verstirbt, weiß niemand was Sache ist.

Das die Mieter neue Verträge unterschrieben haben in denen jetzt Angaben zu den Nebenkosten gemacht werden ist zulässig. Unterschrieben wurden sie ja, ob auch verstanden darf man wohl voraussetzen, wenn sie einige Tage Bedenkzeit hatten. Die gelten ab jetzt, nicht rückwirkend für die bisherige Mietdauer.

Ein Gewohnheitsrecht gibt es nicht. da es nun neue Verträge gibt, sollte man sich ab Stichtag an sie halten. Was vorher war, Schwamm drüber.
Das sollte man als erledigt ansehen.

Problem mit dem „Aneignen“ von Räumen und der übergebührlichen Nutzung von Gemeinschaftsräumen sollte sich klären lassen. Auch die Mieter haben ja nichts schriftlich, können letztlich nichts beweisen, ob das ihnen evtl. vom Vermieter erlaubt wurde.

Alles irgendwie etwas unglücklich gelaufen da !

MfG
duck313

Hallo duck und danke für Deine Antwort.

Es handelt sich um ein Mieterehepaar, das dieses „Wohnrecht“ hat.

Alle anderen Mieter haben dieses „Wohnrecht“ nicht. Alle Anderen haben auch meine Nebenkostenabrechnung akzeptiert und entsprechend nach gezahlt. (bzw. habe ich zurück gezahlt)

Das Testament ist notariell und der Teil , der das „Wohnrecht“ angeht, ist den Mietern auch gerichtlich zugestellt worden.

Grüße, Bernd

Gut, bei einem vom Notar aufgesetzten Testament ( „notariell“ kann was anders sein !) muss man davon ausgehen, die Formulierungen sind rechtlich geprüft und wirksam.
Dann sind diese langjährigen Mieter also unkündbar solange sie die Miete (die wohl nicht erhöht werden darf ?) zahlen.

Und leider sagt das ja nichts zu den vereinbarten Nebenkosten. Wenn man einen Zettel „Wassergeld“ aushändigt, dann müsstest Du ja nachweisen, was das alles umfasste und nach welchem Maßstab diese Mieter zahlen sollten.
Und wohl auch bar gezahlt haben.

Die anderen Mieter haben nicht diese Extrawurst, was es nicht einfacher macht.
Die Anteile, die dieses Ehepaar nicht zahlt(nach mündlichem Vertrag nicht zahlen musste) dürfen aber nicht auf die restlichen Mieter verteilt werden. Die muss der Vermieter allein tragen !

Da sie nun einen neuen Vertrag unterschrieben haben, gilt für sie ab jetzt gleiches Recht für alle. Sie müssen die neu vereinbarten (oder nur erstmals exakt genannten) Nebenkosten zahlen.

MfG
duck313

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Verfaß ein Schreiben an alle Mieter:
Dass die Waschküche , mit Fristsetzung, wieder geöffnet wird und dass Dir dann der Schlüssel ausgehändigt wird. Bei Zuwiderhandlung würdest Du sonst die Waschküche per Schlüsseldienst öffnen lassen und die Kosten den Mietern auferlegen.
Verlang die Räumung der Waschküche und des Schrankes im Flur mit dem Argument Brandschutz ebenfalls mit Fristsetzung. Bei Zuwiderhandlung wird Deinerseits eine Sperrmüllabfuhr bestellt. ramses90

Und ob die wirksam sind. Dazu gibt´s sogar ein ziemlich neues BGH Urteil.
Wer sich als Erbe nicht an die testamentarischen Verfügungungen hält verwirkt sein Erbe. (Bin grad zu faul das rauszusuchen)
Da ging´s zwar nur um eine Beerdigung aber Verfügung ist Verfügung an die sich die Erben zu halten haben, es sei denn sie wäre sittenwidrig was bei einem notariellen Testament ja nicht anzunehmen ist und im geschilderten Fall auch nicht ist. ramses90

…die Waschküche befindet sich in einem Anbau des Wohnhauses und ist keinem Mieter zugeordnet oder überlassen.
Lediglich das Abstellen von Fahrrädern wurde gestattet. Da wurde dann einfach immer mehr zu gestellt und wie erwähnt irgendwann der Schlüssel von aussen umgedeht und mitgenommen. Dem ehemaligen Vermieter ist das gar nicht aufgefallen, da er in der Waschküche nichts mehr zu tun hatte und auch nicht vor Ort wohnte. Nun wird man wohl mit „Gewohnheitsrecht“ kommen und dafür sicherlich auch „Freunde und Verwandte“ als ladungsfähige (und dummbatzig wie ich sie einschätze auch meineidwillige) Zeugen benennen. Hilft hier nicht der neue Mietvertrag??? -Da steht nichts von Wascküchennutzung und dulden möchte ich die Nutzung nicht.

… das hört sich nach einem Persilschein an. Wenn ich mich also an etwas nicht halte aus dem Bereich „das war immer so, wir durften das und das ist jetzt unser Recht geworden“, dann geht das Haus an den Staat über, oder vielleicht gleich an die Mieter???

Du mußt die Waschküchennutzung auch nicht dulden wenn das im neuen Mietvertrag nicht vereinbart wurde. Im Testament steht ja auch nichts davon.
Du bist Erbin und neue Besitzerin und kannst über das Erbe, bis auf die testamentrische Verfügung, nach Deinem Gutdünken verfügen und damit müssen sich ALLE Mieter abfinden-
Es gibt in D kein Gewohnheistrecht, es gibt das Recht der Ersitzung und das trifft auf Deinen Fall nicht zu.:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ersitzung ramses90

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Das ist kein Persilschein, die Ersitzung bezieht sich nur auf bewegliches Eigentum, der Anbau ist ja wohl unbeweglich und fällt zudem unter Immobilien bei denen ganz andere Ersitzungsvoraussetzungen gelten.
Lesen und sich dann beruhigen hilft!
ramses90

Ich war auch nicht auf Sittenwidrigkeit aus, sondern auf unklar oder ungenau formulierte Verfügungen.
Hat ein Notar das formuliert, dann sollte das rechtlich OK sein.
Hat er aber ein selbst verfasstes Testament nur in Verfahrung genommen, dann nicht.

… das hat ein erfahrener Rechtsanwalt und Notar formuliert und beurkundet.
M.E. nach ist das Vermächtnis aber eher schwammig und sehr auslagefähig.
Es heißt ja lediglich:" …soll die Mieter unter den zum Erbfall gegebenen Bedingungen lebenslang wohnen lassen"
Was geändert werden kann/ darf und was nicht, bzw. was überhaubt „Bedingungen“ sind geht daraus nicht hervor. Ein neuer Mietvertrag, den die Mieter nach ausführlicher Prüfung (10 Tage) unterschrieben haben, regelt zumindest die Basisbedingungen. Das sie den von ihnen selbst unterschriebenen Mietvertrag nun wohl nicht anerkennen, geheimnisse ich in die Tatsache hinein, dass ich die korrekt abgerechneten Nebenkosten nicht überwiesen bekommen habe.

das halte ich noch für klar und eindeutig.

Die Bedingungen sind der Mietvertrag oder sonstige zum Todeszeitpunkt gültigen Absprachen.
Problem nur, wenn der nicht schriftlich vorliegt.

…richtig. Daher habe ich ja auch einen schriftlichen Vertrag gemacht, der dem mündlichen entspricht.
Er ist also die Schriftform des bis zuvor mündlichen Vertrages. Er wurde unterzeichnet aber nun halten sich die Mieter nicht an den Inhalt. (Keine Zahlung der abgerechneten Nebenkosten) Offesichtlich sehen die Mieter ihrerseits auch keinen Handlungsbedarf mit mir in Kontakt zu treten. Das wäre ja wohl spätestens nach der Mahnunug sinnvoll gewesen, oder? -Sollte nach Fristablauf keine Zahlung auf meinem Konto eingegangen sein, werde ich einen Mahnantrag stellen.

Hallo,

schön wäre es, wenn der neue Mietvertrag nicht als solcher tituliert wäre, sondern als gemeinsam erstellte Niederschrift des zum Todeszeitpunkt des Erlassers gültigen mündlichen Mietvertrags mitsamt aller mündlichen Nebenabreden.

Wenn der neu aufgesetzte MV in behaupteten oder tatsächlichen Details vom bestehenden MV abweicht, dann lässt du die Mieter nicht mehr zu den bestehenden Bedingungen wohnen und das könnte Glatteis für dich werden.

…der Mietvertrag ist ein Standartmietvertrag aus dem Schreibwarenhandel der entsprechend ausgefüllt und von den Mietern unterschrieben wurde. Zum Zeitpunkt der Unterschrift hatten sie den Vertrag auf Ihren Wunsch hin 10 Tage bei sich zur Überprüfung. Sie wussten zu diesem Zeitpunkt auch offiziell von dem Vermächtnis des „wohnen bleiben sollens“ Natürlich ist der Mietvertrag die schriftliche Version des mündlichen Vertrages. Sonst hätten ihn die Mieter wohl kaum unterschrieben!!!

Kann sein. Kann aber auch so sein:
Sie haben ihn unterschrieben, weil sie dachten, das wäre notwendig, um weiter wohnen zu dürfen. Erst nun stellen sie fest, dass es Diskrepanzen zwischen den damaligen Absprachen und dem jetzigen Vertrag gibt. Sie fühlen sich überrumpelt, sie hielten den zu unterschreibenden Zettel nur für eine Formsache.

Stell dir mal die Verhandlung vor. Die beiden beteuern, dass dies und jenes mündlich abgesprochen war. Dafür spricht, dass ihr den behaupteten Absprachen entsprechends Verhalten vom Erblasser offensichtlich (und durch die anderen Mieter zu bezeugen) geduldet wurde.

Was ist der neue Vertrag wert, wenn richterlich festgestellt wird, dass der alte Vertrag wohl andere Inhalten gehabt haben muss (zwei Aussagen UND konkludentes Handeln sind schon ein recht kräftiges Indiz).

nun … oder sie hatten einen fitten Rechtsanawalt der wusste dass ggf. der neue Vertrag das Papier nicht wert ist … weil sie ja ein/en notariell beglaubigtes/n Erbe /Vertrag haben …

…ich kaufe eine Waschmaschine um meine Wäsche zu waschen. Jetzt stelle ich fest, dass die Waschmaschine nicht nur Wasser sondern auch Strom verbraucht. Ich fühle mich überrumpelt nach dem ich 10 Tage über das Angebot nachdenken konnte. Ne, also gewaschen wird mit Wasser und nicht mit Strom, so geht das nicht… Der Vertrag ist jetzt aber ungültig.

Ich bin der Auffassung, daß ein Vertrag , den ein mündiger Bürger unterschreibt Gültigkeit hat. Es seie denn, er wurde arglistig getäuscht.

Kann das hier Jemand erkennen???

Das ist eine verzwickte Situation. Natürlich kann man argumentieren, dass die Mieter freiwillig die ihnen an sich lt. Testament zustehenden, besseren Konditionen durch Unterschrift unter den schriftlichen Mietvertrag aufgegeben haben.

Andererseits muss man sich aber auch die Frage stellen, warum jemand so dumm sein sollte, so etwas zu tun, wenn er dafür keinen „Gegenwert“ erhält. Und wenn hier die Rede davon ist, dass die Mieter davon ausgegangen sind, dass sie den schriftlichen Vertrag unterschreiben mussten, um weiter dort wohnen bleiben zu können, wird ein Anwalt auf Mieterseite dies natürlich nutzen, und sich überlegen, den Vertrag anzufechten, weil er unter eine Täuschung/Drohung zustande gekommen sei (§ 123 BGB).

Selbstverständlich kann man jetzt auf Vermieterseite das Argument mit der langen Überlegungsfrist nutzen, und den Mietern unterstellen, dass sie sich in der Zeit problemlos hätten anwaltlich beraten lassen können, was dann sicherlich zu einer Verweigerung der Unterschrift unter den Standardvertrag geführt hätte.

Andererseits stellt sich natürlich auch die Frage, inwieweit der Vertrag Lücken lässt, die durch die testamentarische Verfügung zu füllen sind/inwieweit der Vertrag „im Lichte“ des Testaments auszulegen ist. Und da könnte man schon zu der Idee kommen, dass der Vertrag zwar formell als solcher zu sehen ist, aber nicht unbedingt dahingehend auszulegen ist, dass er die testamentarischen Anordnungen außer Kraft setzt, sondern sich lediglich jenseits dieser Anordnungen bewegen darf.

Letztendlich tippe ich hier mal darauf, wird jeder Richter versuchen, so eine Situation - gerade angesichts der Unkündbarkeit auf Lebenszeit - im Vergleichswege zu lösen. Und da stellt sich dann natürlich immer die Frage, ob man das nicht auch persönlich hin bekommt, und sich die Kosten für Gericht und Anwalt spart.

D.h. statt der Mahnung wäre hier natürlich ein Gesprächsangebot der bessere Weg gewesen. Aber das lässt sich natürlich nachholen. Und darin macht man dann deutlich, was hier unterschrieben worden ist, und fragt nach, warum dies jetzt trotzdem nicht akzeptiert wird, und welche Lösungsmöglichkeiten die andere Seite hier sieht.