Gibt es einen Freien Willen?

Hi,

Aber das ist es ja nicht, was Du fragst. Du fragst
wahrscheinlich eher danach, wie es einzuschätzen ist,
wenn es keine prinzipielle Verantwortlichkeit
des Individuums für seine Handlungen gibt.
Oder liege ich falsch?

Was verstehst du unter „prinzipieller Verantwortlichkeit“? Ist es eine Frage nach der Schuld?
Wäre nett, wenn du deine Gedanken dazu etwas umschreibst.

fragt:
Frank

Verantwortlichkeit
Hi Semjon,

Aber das ist es ja nicht, was Du fragst. Du fragst
wahrscheinlich eher danach, wie es einzuschätzen ist,
wenn es keine prinzipielle Verantwortlichkeit
des Individuums für seine Handlungen gibt.
Oder liege ich falsch?

Umgekehrt: es gibt immer eine prinzipielle Verantwortlichkeit, die Frage muss lauten ob sie durch widere Umstände ausser Kraft gesetzt ist oder nicht.
Bitte nicht das Pferd verkehrt rum aufsatteln…

Cheers

Y.-

Hallo Isolde,

Aber das ist es ja nicht, was Du fragst. Du fragst
wahrscheinlich eher danach, wie es einzuschätzen ist,
wenn es keine prinzipielle Verantwortlichkeit
des Individuums für seine Handlungen gibt.
Oder liege ich falsch?

Umgekehrt: es gibt immer eine prinzipielle
Verantwortlichkeit, die Frage muss lauten ob sie durch widere
Umstände ausser Kraft gesetzt ist oder nicht.
Bitte nicht das Pferd verkehrt rum aufsatteln…

Mal ganz langsam. Ich frage:
was wäre wenn es keine prinzipielle Verantwortlichkeit gäbe
Du antwortest:
es gibt immer eine prinzipielle Verantwortlichkeit

Ein Dogma, eine Moralthese gegen eine Frage gesetzt?
Was soll denn das werden? Isolde im „Kantrausch“?

Euer CMБ

Hi Semjon,

Aber das ist es ja nicht, was Du fragst. Du fragst
wahrscheinlich eher danach, wie es einzuschätzen ist,
wenn es keine prinzipielle Verantwortlichkeit
des Individuums für seine Handlungen gibt.
Oder liege ich falsch?

Umgekehrt: es gibt immer eine prinzipielle
Verantwortlichkeit, …

Wie begründest du das? Ein Text zum nachdenken darüber:
http://www.gerhardbranstner.de/4639/?*session*id*key…
„Ein gleichwertiges Beispiel ist die Gerichtsbarkeit der Naturvölker. Bei Fridtjof Nansen kann man nachlesen, dass sie weit vernünftiger als die unsere ist. Während wir uns in der Frage verheddern, ob die Strafe Sühne oder Erziehung sein soll (beides Anmaßungen) ist sie bei den Naturvölkern keines von beiden. Polarforscher waren irritiert, da sie nicht erfuhren, ob sie bei einem Mörder zu Gast waren. Denn ein Mörder wurde nicht als solcher geächtet und fühlte sich daher auch selber nicht als solcher, so dass er keinen Grund sah, einen Gast nicht bei sich aufzunehmen. Dostojewski stellt im „Todenhaus“ noch fest, dass die Dorfbewohner die Insassen des Todenhauses nicht als Verbrecher bezeichneten, sondern als Unglückliche. Da sie schon von der Natur und dann noch von den Gerichten gestraft waren, durfte man sie nicht auch noch ein drittes Mal durch Verachtung strafen.“

Gruß
Frank

… haben schon drollige Ansichten, nicht wahr? Obwohl ich mit Dir nicht in dem Punkt überein stimme, daß

Haldol für alle!

das Wahre ist :smile:

eigentlich wollte ich auf deine Postings ja nicht mehr
antworten, aber egal.

Ja, ja, das kenne ich gut. :wink:

Wen meine ich? Eine kleine Liste, ohne Systematik und ohne
Anspruch auf Vollständigkeit: sehr stark minderbegabte
Menschen, Menschen, die an einer wahnhaften Psychose erkrankt
sind, Menschen die an schizophrenen oder schizoiden Psychosen
erkrankt sind, Menschen die an Demenz leiden, Menschen die an
einem hirnorganischen Psychosyndrom leiden, Menschen die an
bestimmten neurologischen Krankheiten oder Syndromen leiden,
Menschen die unter dem akuten Einfluß von psychotropen
Substanzen (Drogen, Alkohol) stehen.

Och, den reden wir doch angeblich nur ein, daß sie krank sind, um unsere und der Pharmaindustrie Geldbeutel zu füllen. :smile:))))

So, jetzt geht der Ball an dich, du darfst nun erklären, warum
Demenz eine Folge der herrschenden gesellschaftlichen
Verhältnisse ist.

Ja, los, das wird lustig. :smile:

Ach übrigens, Herr Dialektiker, ist es nicht herrschende
Ideologie, die du da verbreitest?

Herrschen war einmal. Der Staat, der auf dem Gebiet real sozialistisch existierte, auf dem der Herr Dialektiker zu Hause ist, ist ein Opfer des „Klassenkampfes“ geworden. Die Proletarier wollten sich lieber der kapitalistisch-imperialistischen Bourgeoisie im Westen anschließen. Hier die Dialektik dazu:

These: D-Mark.
Antithese: Bananen.
Synthese: Weg mit dem antifaschistischen Schutzwall.

die objektiven Klassenverhältnisse

Eben.

Übrigens: Weil in der DDR per Gesetz alle glücklich waren, soll es offiziell keine Selbstmorde gegeben haben. Die hießen da „Unglück“. Habe ich gestern irgendwo im ZDF gesehen.

Gruß,

Oliver Walter

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Hi,

These: D-Mark.
Antithese: Bananen.
Synthese: Weg mit dem antifaschistischen Schutzwall.

du hast schon wieder die Analyse vorab vergessen. So wird das nix. Am besten du schreibst es dir auf, um der Demenz (du bist doch über 30?) aktiv entgegenzuwirken :smile:

Soviel dazu.

Gruß
Frank

Hi Frank :wink:

Umgekehrt: es gibt immer eine prinzipielle
Verantwortlichkeit, …

Wie begründest du das? Ein Text zum nachdenken darüber:
Polarforscher waren irritiert, da sie nicht erfuhren,
ob sie bei einem Mörder zu Gast waren. Denn ein Mörder wurde
nicht als solcher geächtet und fühlte sich daher auch selber
nicht als solcher, so dass er keinen Grund sah, einen Gast
nicht bei sich aufzunehmen.

Ein schönes Beispiel, aber ich meinte mit Verantwortung weder Schuld noch Sühne noch irgendwas damit verbundenes, sondern lediglich ‚Verantwortung‘. Egal ob der Polar-Native nun schuld an dem Mord war oder nicht, er war verantwortlich für einen Mord. Wie, warum, ob und überhaupt das geandet wird, bei uns, bei Naturvölkern oder nicht kommt in einem zweiten Schritt. Es steht in einer direkten kausalen Realtion mit seinem ‚Opfer‘ (ist bereits ein wertender Ausdruck, aber ich hab grad nichts anderes), das ist Verantwortung in ihrer ersten Bedeutung. Und die hat jeder Mensch, egal ob Naturvolk oder Wohlstands-Mensch…
Das hab ich gemeint.

Gruss
Y.-

Hi Üpps,

Ein schönes Beispiel, aber ich meinte mit Verantwortung weder
Schuld noch Sühne noch irgendwas damit verbundenes, sondern
lediglich ‚Verantwortung‘. Egal ob der Polar-Native nun schuld
an dem Mord war oder nicht, er war verantwortlich für einen
Mord. Wie, warum, ob und überhaupt das geandet wird, bei uns,
bei Naturvölkern oder nicht kommt in einem zweiten Schritt. Es
steht in einer direkten kausalen Realtion mit seinem ‚Opfer‘
(ist bereits ein wertender Ausdruck, aber ich hab grad nichts
anderes), das ist Verantwortung in ihrer ersten Bedeutung. Und
die hat jeder Mensch, egal ob Naturvolk oder
Wohlstands-Mensch…
Das hab ich gemeint.

Danke, ich wollte das wenigstes nochmal klargestellt sehen. Das Wort „Verantwortung“ hat leider einen Tatsch (eingedeutscht :smile: des Schuldbegriffs. Aber genau hier muß (für unbedarfte Mitleser) ganz klar unterschieden werden, daß es nur als „kausaler Verursacher“ zu lesen ist, ansonsten wäre jetzt die Frage nach der Erbschuld der Menschheit gekommen :smile:

Gruß
Frank

Hi,

du hast schon wieder die Analyse vorab vergessen. So wird das
nix. Am besten du schreibst es dir auf, um der Demenz (du bist
doch über 30?) aktiv entgegenzuwirken :smile:

das Sympathische an Dir, Frank, ist, daß Du Humor hast.

Gruß,

Oliver Walter

1 Like

Schon klar…
Hi Frank,

Danke, ich wollte das wenigstes nochmal klargestellt sehen.
Das Wort „Verantwortung“ hat leider einen Tatsch
(eingedeutscht :smile: des Schuldbegriffs. Aber genau hier muß
(für unbedarfte Mitleser) ganz klar unterschieden werden, daß
es nur als „kausaler Verursacher“ zu lesen ist, ansonsten wäre
jetzt die Frage nach der Erbschuld der Menschheit gekommen :smile:

Na, damit hab ich ja jeden Tag in der mittelalterlichen Philosophie (Erbsünde: Verbindung mit der Materie und daher Verfälschung der Wahrnehmungen… und überhaupt ist die Materie an allem schuld…!) zu tun… drum unterscheide ich das ja genauso genau wie Du…

:wink:

Gruss an Dich und schönen Abend
Amazonenpower!

Y.-

Hi,

Aber das ist es ja nicht, was Du fragst. Du fragst
wahrscheinlich eher danach, wie es einzuschätzen ist,
wenn es keine prinzipielle Verantwortlichkeit
des Individuums für seine Handlungen gibt.
Oder liege ich falsch?

Mal ganz langsam. Ich frage:
„was wäre wenn es keine prinzipielle
Verantwortlichkeit gäbe“
Du antwortest:
„es gibt immer eine prinzipielle
Verantwortlichkeit“

Ok, ich gebe zu: das ‚gäbe‘ hat gefehlt, darum hab ich das wenn überlesen… Sorry. Aber ich halte die Aussage immer noch und verweise auf meine Antwort an Frank: http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarticl…

Ein Dogma, eine Moralthese gegen eine Frage gesetzt?

Nein, kein Dogma und auch keine Moralthese. Einfach nur kausale Relation. s. nochmal Antwort an Frank

Was soll denn das werden? Isolde im „Kantrausch“?

Hilfe! Ich bekomm gleich Ausschlag… bitte, aufhören… es gibt wohl kein schlimmeres Schimpfwort für mich als ‚Kantianer‘… in diesem Sinne Volltreffer! *ich brauch nen Kamillen-Tee*
*Semjon ViKa vor die Nase hält*
Kant? *müde lächel* Ernsthaft? Ich? Oh, bitte…
Für moderne Philosophen (auch Andere, gell Frank!) fängt die Philosophie doch erst mit Kant an… Weisst Du eigentlich wieviele dämliche Sprüche ich mir als Mediävistin anhören musste und immernoch muss (gell, Frank?)? Nein, kein Kant, definitiv nicht. Studium abgeschlossen und Kant abgehackt. Danke.

Sorry für den Ausbruch

Yseult
heftig gebeutelt das ihren Studienkollegen und Kantfreunden erzählen geht… die schütteln sich…

Gerechterweise…
…muß man an dieser Stelle vielleicht einfügen, dass der Begriff „Antipsychiater“ ja eine nicht nur negativ getönte Geschichte hat, denn David Cooper hat als gelernter Psychiater und erklärter Anti-Psychiater damals als Sympathisant der Palo-Alto-Gruppe (Bateson, Watzlawick etc) und Ronald D. Laing durchaus lesenswerte Sachen veröffentlicht…
Gruss, Branden

Hallo Branden,

Ronald D. Laing durchaus lesenswerte Sachen veröffentlicht

über Laing gibt es auch interessante Sachen:

„‚Schizophrenie ist eine vernünftige Reaktion auf eine unvernünftige Gesellschaft.‘ Das macht sich gut auf Papier. Poetisch, edel, etc. Doch wenn man zufällig ein Schizophrener ist, hat das einige nicht so lustige Folgen … Eine von R.D. Laings schlimmsten Sünden besteht darin, wie unbekümmert und irreführend er über das damit verbundene Leid hinweggeht … Eine Revolution vom Zaun brechen oder eine neue Ära einleiten, in der Wahrheit und Schönheit triumphieren, ist unwahrscheinlich, wenn man Probleme hat, sich die Zähne zu putzen oder auch nur zu gehen“ (Vonnegut, M., 1974, Why I want to bite R. D. Laing. Harper´s Magazine, 248, S. 80-82).

Gruß,

Oliver Walter

1 Like

Nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, Oliver!
Hallo Oliver

Eine von R.D.

Laings schlimmsten Sünden besteht darin, wie unbekümmert und
irreführend er über das damit verbundene Leid hinweggeht …

Man kann Laing ja viel nachsagen, aber das nun wirklich gerade nicht.
Ich bin auch kein Anhänger dieser Schule, habe dies auch schon mal Anfang der 80er Jahre publiziert, diese Schule hat sich in seiner Einseitigkeit natürlich nicht halten können, aber -und das ist insgesamt nicht unwichtig- sie hat doch einige bedeutsame Aspekte hinterlassen. Zwar sehen wir heute, dass double-bind-Verhalten nicht zur Schizophrenie führt und das die anglo-amerikanischen Schulen damals borderline-Fälle als Schizophrenien diagnostiziert haben,aber die grundsätzliche Wirkung von länger andauerndem double-bind in der Kindheit ist ein Gewinn für die Psychotherapie gewesen.
Gruss, Branden

Hallo Gloodynox,

Wir reagieren nach dem Ursache/Wirkung-Prinzip. Allerdings steht es uns frei, wie wir auf eine Ursache reagieren, dazu haben wir unser Denken. Entscheidend ist das jeweilige WIE. Denn dieses Wie wird die Ursache für die darauf folgende Wirkung und Handlung sein.
Bist Du hungrig, bist Du gezwungen, Dir Nahrung zu verschaffen. Die Ursache ist Hunger, die Wirkung auf Dich bedrohlich, übst Du nun automatisch Gewalt aus? Oder scheckst Du ab, ob es humane Möglichkeiten gibt, Dich zu sättigen? Hier kannst Du frei entscheiden, welchen Weg Du gehen willst.
Boshafte Ursachen müssen nicht zwingend boshafte Handlungen hervor rufen. Wir entscheiden, welche Wirkung wir für uns zulassen (wie etwas auf uns wirken darf). Freiheit des Willens ist eine Frage, ob zugelassen wird, wie etwas auf einem von außen einwirken kann. Somit habe ich die Möglichkeit, aus bösen Erfahrungen immer etwas Gutes zu ziehen. Ein geprügeltes Kind muß nicht zwingend ein prügelnder Erwachsener werden. Er kann ein sehr gütiger, verständiger und einfühlsamer Erwachsener werden. Ein Volk, welches unter die Herrschaft eines gewalttätigen Diktators stand, muß nicht zwingend ein gewalttätiges Volk sein, es kann gerade durch diese Erfahrung ein sehr solidarisches Volk sein.

Lieben Gruß,
fionny

Hi,

*Semjon ViKa vor die Nase hält*
Kant? *müde lächel* Ernsthaft? Ich? Oh, bitte…
Für moderne Philosophen (auch Andere, gell Frank!) fängt die
Philosophie doch erst mit Kant an…

Nuja, wenn du von kompletten Denksystemen sprichst, gibt es eigentlich die drei typischen Vertreter: Kant nach klassischer Logik, Hegel nach dialektisch-idealistischer und Marx nach dialektisch - materialistischer, welche eine einheitliche Betrachtungsweise verfasst haben, wie sie heutzutage grossteils verwendet wird. Alles weitere sind imho nur Erweiterungen, Abschweifungen, Hirngespinste…
Sehe ich das richtig?

Weisst Du eigentlich
wieviele dämliche Sprüche ich mir als Mediävistin anhören
musste und immernoch muss (gell, Frank?)? Nein, kein Kant,
definitiv nicht. Studium abgeschlossen und Kant abgehackt.
Danke.

Zwingender Weise wirst du dich auch zum materialistisch-dialektischen Denken weiterentwickeln, die Ansätze sind zumindest sehr ausgeprägt da. Kommt durch deine analytische Betrachtung der Geschichte :smile:. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, weshalb wir ziemlich oft zum selben Ergebnis kommen.
Zurückentwickeln kannst du dich nicht - geht mir auch so.

Gruß
Frank

Hallo Branden,

Man kann Laing ja viel nachsagen, aber das nun wirklich gerade
nicht.

da habe ich andere Informationen. Zum einen soll das Zitat, das ich brachte, von einem Schizophrenen sein. Ich finde es gerade deshalb gut, weil man hier einmal Patienten zu Wort kommen lassen kann, die in der damaligen Zeit die Sache miterlebt und auch Auswirkungen dieser seltsamen Ideologie namens Antipsychiatrie persönlich erfahren haben. Zum anderen werden Laings und Coopers Positionen in Schriften aus der Zeit ähnlich bewertet, wie ich sie darstellte:

„Einige ‚Antipsychiatrie‘-Psychiater, etwa Laing und Cooper, gehen so weit zu sagen, nicht der psychotische Patient sei krank, sondern die Gesellschaft und daß wir von den Schizophrenen lernen sollten, statt zu versuchen, sie zu heilen“ (S. 77/78)

Und weiter heißt es in Anspielung auf „double-bind“, „schizophrenogene Mütter“ usw.:

„Wer der Auffassung ist, daß diese Störungen auf irgendeine dunkle Weise die Folge entweder unserer Gesellschaftsform oder die Folge elterlicher oder familiärer ‚Zusammenrottung‘ gegen eine unschuldige Einzelperson sind, läßt einfach gut begründete Fakten außer acht, die die Unhaltbarkeit dieser Vorstellungen beweisen. […] Laing vergrößert die schon übermäßig große Trauer und Sorge der Eltern um eine unzumutbare Last von Schuldgefühlen, wenn er sie wegen ihres Verhaltens für den psychotischen Zusammenbruch verantwortlich zu machen versucht, den ihre Kinder erlitten haben. Er unterläßt es, darauf hinzuweisen, daß, wenn Kinder schizophrener Mütter diesen nach der Geburt weggenommen werden, sie trotzdem schizophrene Störungen und schizoide Verhaltensmuster in viel größerem Ausmaß entwickeln als adoptierte Kinder normaler Mütter. Nur wenn man Tatsachen dieser Art und andere Tatsachen, die auf die schwere Last der Erblichkeit aller psychotischen Erscheinungen hinweisen, unterdrückt, können Laing, Cooper und ihre Kollegen Unkundige beeinflussen“ (Eysenck, H.-J. (1976). Die Zukunft der Psychologie, S. 78/79).

Dir werden sicherlich auch die Vorstellungen, daß die Mütter und Familien die Schuld an der Entwicklung von Schizophrenie, Autismus usw. tragen, bekannt sein, die u.a. dazu führten, daß mit dem Finger auf die angeblich „schizophrenogenen“ Mütter gezeigt wurde. Von diesen Hypothesen ist nicht viel übrig geblieben, nachdem sie einmal genauer untersucht worden waren. Und das ist doch ein Skandal: Theorien wurden aufgestellt und angewendet, die massive Schwierigkeiten für Eltern von Schizophrenen oder Autisten zusätzlich zum Leid aufgrund der Krankheit ihrer Kinder mit sich brachten, ohne daß diese Theorien ausreichend abgesichert waren.

Noch skandalöser finde ich es, wenn heute immer noch Leute diesen Vorstellungen das Wort reden, so wenn sie behaupten, psychische Störungen seien v.a. gesellschaftlich / sozial bedingt, eine soziale Konstruktion, die Ergebnisse sozialer Normierung usw. Sie sind es auch, aber nicht in erster Linie. Das Umgekehrte zu behaupten, ist der große Irrtum (oder die große Lüge), der schwere negative Konsequenzen nachsichzöge, wenn er sich durchgesetzt hätte bzw. sich durchsetzen würde.

Die Familienstruktur zu beachten, ist m.E. natürlich o.k. (z.B. in Bezug auf den Kommunikationsstil in Familien -> „high expressed emotions“). Aber man sollte nicht das Feld psychischer Störungen zum Gebiet des Klassenkampfes erklären oder psychisch gestörte Menschen als edlere, bessere Menschen im Vergleich zu psychisch Gesunden bezeichnen. Klar werden mit solchen Thesen Bauernfänger auf dem Psycho-Markt bei verzweifelten Menschen den schnellen Euro machen können, weil sie bei diesen Menschen Hoffnungen wecken, etwas Besonderes zu sein, zum ersten Mal „verstanden“ zu werden usw. Diese Hoffnungen können aber nur enttäuscht werden, weil nichts daran wahr ist. Es ist nur ein Potemkinsches Dorf.

Gruß,

Oliver Walter

1 Like

Hi,

Noch skandalöser finde ich es, wenn heute immer noch Leute
diesen Vorstellungen das Wort reden, so wenn sie behaupten,
psychische Störungen seien v.a. gesellschaftlich / sozial
bedingt, eine soziale Konstruktion, die Ergebnisse sozialer
Normierung usw. Sie sind es auch, aber nicht in erster Linie.
Das Umgekehrte zu behaupten, ist der große Irrtum (oder die
große Lüge), der schwere negative Konsequenzen nachsichzöge,
wenn er sich durchgesetzt hätte bzw. sich durchsetzen würde.

Also nochmal langsam: Ich glaube, hier ist was verdreht verstanden worden.
Selbstredend gibts auch patologische Fälle von Dada. Ich hatte einen Onkel, der bei der Geburt bissl zu wenig Sauerstoff abbekommen hat - da war nix mehr zu machen. Genauso gibts Leute mit Organschäden oder Mangelerscheinunge durch Falschernährung oder Infektionen oder…
Das meine ich aber nicht. Erst gestern haben wir uns über einen Fall von SVS unterhalten, bei dem definitiv das Elternhaus daran schuld ist. Dann ist noch das Problem mit der Logik: glaub es mir jetzt bitte, dass hierzulande Wissenschaft in vielen Bereichen noch eher Scholastik gleicht. Der Grund dafür sind das Unvermögen zu erkennen, dass es verschiedene Formen von Logik gibt, welche teils zu absolut konträren Ergebnissen der Forschung führt und somit die ganze Wissenschaft von der Betrachtung her durcheinandergewürfelt ist. Bestes Beispiel: GUT. Die wird es mit dieser ART nie geben können.
Und ich würde fast wetten, dass sehr viele Fälle auf das Umfeld zurückzuführen sind und die körperlichen Probleme aus der psyche heraus entstehen und nicht umgekehrt.
Deine Version klingt mir zu sehr nach dem Ergebnis von jemand, der nach hegelscher Logik psych. Probs auf Probs des Körpers zurückführt.
Das hat rein garnichts mit Klassenkampf u.ä. zu tun. d/hM. ist bissl mehr als nur fix Revolution machen…
Müsste man wirklich mal überprüfen. Ich habe auch noch niemand kenengelernt, der psych. krank war und bei dem wirklich alles in Ordnung war im Umfeld.

Gruß
Frank

Hallo Frank,

an Deine Position hatte ich nicht in erster Linie gedacht, als ich den Text schrieb, weil Du ja nicht auf dem Psycho-Markt tätig bist. :smile:

Erst gestern haben wir uns über
einen Fall von SVS unterhalten, bei dem definitiv das
Elternhaus daran schuld ist.

So etwas bezweifle ich nicht, denn ich bin ja verhaltenstherapeutisch orientiert und diese Orientierung zielt sehr stark auf Umweltfaktoren als „Ursachen“ psychischer Störungen ab.

Und ich würde fast wetten, dass sehr viele Fälle auf das
Umfeld zurückzuführen sind und die körperlichen Probleme aus
der psyche heraus entstehen und nicht umgekehrt.

Natürlich. Das ist schon längst ein Allgemeinplatz in der Psychologie.

Wogegen ich mich wende, ist nicht die Auffassung, daß psychische Störungen durch Umweltfaktoren bedingt sein können, sondern z.B. die Auffassung, daß es eigentlich gar keine psychischen Störungen gibt, weil das, was man als „psychische Störung“ bezeichnet, nur oder in erster Linie ein Etikett ist, was man Menschen verpaßt, die von der sozialen Norm abweichen. Oder noch deutlicher ausgedrückt: Ich wende mich gegen die antipsychiatrische Sichtweise, daß „psychische Störungen“ daherrühren, daß eine „herrschende Klasse“ der Gesunden die „Klasse“ der irgendwie sozial abweichenden (aber eigentlich „besseren“, „edleren“, „kreativeren“) Menschen unterdrückt, damit sie weiter herrschen können, indem die Gesunden den Abweichenden das Etikett „psychisch krank“ verpassen.

Dann ist noch das Problem mit der
Logik: glaub es mir jetzt bitte, dass hierzulande Wissenschaft
in vielen Bereichen noch eher Scholastik gleicht.

Zu Deiner Information: Ich arbeite wissenschaftlich und kenne „den Betrieb“ deshalb schon ein bißchen von innen. :smile:

Grüße,

Oliver Walter

1 Like

Hi,

Hallo yoyi (vergib mir die schnöde Abkürzung Deines Nicks),

ich bring Yoyidingsbumms selber nicht über die Lippen bzw. die Tastatur, ohne Autologin hätte ich keine Chance.

Wenn ein Choleriker sich ändern will und sich
behandeln lässt, dann ist eine Willensentscheidung der Anfang
der Änderung, oder? [Korrigier mich wenns hier hackt, ja?]

Er wird seinen Grundcharakter nicht ändern können, aber er wird natürlich lernen können, wie weit er seinen cholerischen Impulsen nachgibt. Er kann auch in der kognitiven und damit emotionalen Bewertung von Situationen etwas verändern und damit auf weniger Situationen cholerisch reagieren, aber er wird normalerweise (es sei denn, es liegt eine hirnorganische Veränderung vor) nicht vom Choleriker zum Sanguiniker.

Ein anderes Beispiel: eine Frau z.B. wird beim Anblick eines Säugling (oder auch einer Puppe, die relativ große Augen und einem relativ großen Kopf hat) mit einer Oxytoxinausschüttung konfrontiert. Sie muß dazu nichts lernen, das ist vollständig unabhängig von Sozialisation, es ist ihr angeboren, es liegt in ihrer Biologie. Daraus werden bestimmte mütterliche Impulse entstehen (das ist die „Aufgabe“ des Oxytoxin). Sie muß ihnen aber nicht folgen, ihr Verstand entscheidet „Nein, ich kaufe diese Puppe nicht, obwohl sie in mir (dem Oxytoxin sei es geschuldet) mütterliche Gefühle auslöst“.

Du kannst entscheiden, wie du mit deinen Impulsen umgehst, aber du kannst sie nicht willentlich entfernen. Deine Impulskontrolle, die kannst du verbessern.

Und da ist genau der Streitpunkt der vielen verschiedenen
soziologischen, philosophischen und psychologischen Schulen
und anderen Kampfzellen :wink:: prägt die Sozialisierung den
ethischen Impetus/Wahrnehmung/Impuls oder ist dieser nicht
schon vorhanden und wird durch die Sozialisierung verbildet?

Ich denke, Teile sind genetisch, Teile sind durch Sozialisation erworben. Ich glaube allerdings, das Meiste was Eigentum und Besitz betrifft, ist erworben. Schließlich müssen Kinder so etwas auch erst sehr mühsam lernen.

Aber alles in allem muß ich zugeben, daß ich mich weit in spekulative Bereiche hineinbegebe, wenn ich über so etwas rede. Die medizinische Wissenschaft ist in diesen Bereichen noch nicht besonders weit.

Gruß

Yoyi

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]