Hallo!
Nur kurz: Du machst den selben Fehler zum 2. Mal. Er wusste es
einfach nicht. Auch der Krieg war für viele Menschen damals
zunächst nicht falsch, sondern aufgrund Versailles einfach
unausweichlich.
Ohne zu versuchen, sich in die damalige Situation zu
versetzen, kommt man hier auf keinen grünen Zweig.
Aber viele haben es erkannt, relativ früh sogar, und nicht nur
Leute aus dem politisch linken Lager oder kirchlich gebundene
Menschen, die vom Regime direkt bedroht wurden, sondern auch
viele aus dem konservativen oder gar nationalistischen Lager,
noch dazu in wichtigen Positionen. Ernst Freiherr von
Weizsäcker und Ernst Jünger wären zwei Namen, die mir ganz
spontan einfallen. Es ist nicht so, dass man die Katastrophe
nicht rechtzeitig hätte erkennen können.
Das ist bei jeder Katastrophe so. Einzelne erkennen vielleicht bereits deren Anbahnung. Die große Masse nicht. Filbinger gehörte wohl zur großen Masse.
Dasselbe werden unsere Kinder uns auch vorwerfen, wenn sie die durch uns angehäuften Schulden des Staates irgendwann begleichen müssen und dabei noch pro Person einen Rentner zu füttern haben.
Ich sehe das heute auch schon, genauso wie viele andere. Nur will die breite Masse es noch nicht wahrhaben. Das ist ein Lernprozess, den verschiedene Menschen unterschiedlich schnell durchlaufen.
Aber darum geht es im Fall Filbinger auch nur am Rande. Bei
ihm ist das Kernproblem, dass er auch weit nach dem Krieg und
noch dazu als exponierter Vertreter eines demokratischen
Staats offenbar nicht einsah, dass er einem Unrechtssystem
gedient hatte.
Das kann ich nicht beurteilen, er hat mir dazu nichts erzählt… Ich interpretiere ihn so, dass er ja die Zukunft nicht kannte und somit dem System wie Millionen andere diente. Wie diese anderen konnte auch er erst nachdem alles vorbei war lernen, wie man es besser machen kann.
Der Konsens im Lande dürfte wohl sein, dass das Naziregime massiv auf dem Holzweg gewesen ist, da sehe ich keine Frage.
Ohne Frage war Filbinger in diesem System bedienstet, wie eben Millionen andere. Ob er eine persönliche Schuld trägt, hatten die Nürnberger-Prozesse zu klären, wo er m.W. nicht angeklagt war.
Er lebt halt noch und ist politisch aktiv (als Wahlmann).
Dies gibt, und hier sind wir beim Kern des Pronlems wie ich ihn sehe, wieder einmal gewissen interessierten kreisen die Möglichkeit, die Nazi-Sau durchs Dorf zu treiben und an der Konservierung ihrer Pfründe zu arbeiten.
Und DAS ist es, was mich bei dieser ganzen Debatte in den letzten Wochen am allermeisten geärgert hat.
Grüße,
Mathias