Hallo Harry.
In einigen Punkten hast Du sicher Recht. Einige andere Deiner Argumente und Behauptungen aber - nimm’s nicht persönlich - nehmen mich doch so sehr Wunder, dass ich (wiewohl ich mich selten als euphorischer eBay-Advokat geriere) ihnen meine Ansicht entgegenhalten muss (bzw. „weshalb ihnen meine Ansicht nicht entgegenzuhalten ich nicht umhinkomme“, wie der Litotes-Künstler eins weiter unten schreiben und sich dabei um eine Verneinung verzählen würde).
trotzdem habe ich irgendwann die
Feststellung gemacht, daß Auktionsportale keine fairen
Handelsplätze sein können.
Das halte ich für eine gewagte und in dieser Pauschalität für eine unbegründbare und damit unhaltbare These.
Versteigerungen sind üblicherweise Notverkäufe und wer aus
einer Not heraus verkauft macht sowas eher nicht freiwillig.
Üblicherweise sind Angebote auf eBay Notverkäufe und werden eher nicht freiwillig eingestellt? Siehe meinen obigen Kommentar (aber hier bitte noch zwei Ausrufezeichen dazudenken).
Wenn Du Ebayverkäufer nach ihrer Zufriedenheit befragst, wirst du
wenig Zufriedenheit bei den Ebayern erleben
Wenn man sich aus dem einen Promille der tatsächlichen „Notverkäufer“ auch noch diejenigen herauspickt, die einen Artikel weit unter Preis verkaufen mussten (weil den unattraktiven Krempel keiner haben wollte, weil sie sich falsche Vorstellungen vom Wert des Artikels gemacht haben, weil sie sich nicht an anderen Angeboten ein Beipiel genommen und eine unbrauchbare Artikelbeschreibung eingegeben haben oder weil sie wirklich einfach Pech hatten), wird man tatsächlich wenig Zufriedenheit, aber viele Klagen über die Ungerechtigkeit in dieser Welt finden.
Ebay hält den Spekulationsbegriff (3-2-1-Meins) im
Außenverhältniss sehr hoch, während es andererseits extrem
risikoscheu ist
Ein Unternehmen scheut Risiken, obwohl sein Slogan „3-2-1-meins“ lautet? Das ist unverfroren. Die Frankfurter Börse hätte übrigens auf Sand („absackende Kurse“) oder aus Zeltplanen („Volatilität“) gebaut werden sollen und das Baden-Badener Casino aus leicht entflammbarem Plastik und mit mindestens neun schicken offenen Kaminen („hoch pokern“, „Vabanquespiel“).
Nutzniessern von Notsituationen?
Ebay-Käufer sind Nutznießer von Notsituationen? Ich weiß nicht, in welchen eBay-Ecken Du unterwegs bist, aber ich habe - soweit ich das eben beurteilen konnte - in Hunderten von Käufen unterschiedlichster Artikel nicht einmal auch nur den Verdacht gehabt, ein Artikel sei aufgrund einer Notsituation eingestellt worden. Es sei denn, man bezeichnete Situationen wie „Bevor ich’s wegschmeiße, setz’ ich’s bei eBay rein“, „Ein zweites Mal werde ich’s eh nicht lesen“, „Hab’s in Opas Nachlass gefunden; vielleicht kann’s jemand gebrauchen“, „Die fast neuen teuren Wanderstiefel sind mir doch eine halbe Nummer zu klein“, „Diese CD bin ich über“, „Ich wechsle von der Experimental- zur theoretischen Physik“, „Unser Unternehmen mistet aus“ oder „Ich beuge mich den Gesetzen der Marktwirtschaft und will als Gewerblicher mit dieser Ware einen Gewinn machen“ als Notlagen.
Bzw. es sei denn, man sei der Meinung, dass die Notlage weniger dramatisch wäre, wenn man sein Zeug statt auf einer von Millionen Menschen besuchten Website nur ins Lokalblatt mit einer Auflage von 3872 Exemplaren einstellen könnte.
Ich will meine persönlichen Erfahrungen und die meiner realen und virtuellen Bekannten nicht verallgemeinern. Aber auch beim Stöbern in eBay-Kategorien, in denen ich nie aktiv geworden bin, habe ich während neun Jahren Mitgliedschaft nicht den Eindruck gewonnen, auf eBay würde man als Käufer Notlagen ausnutzen. Wie auch: Die wenigsten Verkäufer dürften ahnungslos oder selbstlos genug sein, sich selbst in echter Not noch übervorteilen zu lassen.
Wenn man dann noch bedenkt, dass in einem Großteil der meiner Erfahrung nach äußerst seltenen Fälle, in denen in der Artikelbeschreibung etwas von einem „Verkauf wegen Geldmangel“ zu lesen steht, sich mutmaßlich derselbe Schwindel verbirgt wie in den allermeisten Fällen von „Der Artikel ist absolut super; ich verkaufe ihn auch nur, weil ich mir grundsätzlich alle sieben Tage neue Markenschuhe kaufe und ganz bestimmt nicht, weil es eine nach Weichmachern stinkende Chinakopie ist, die ich obendrein gar nicht besitzen dürfte/weil ich mir gestern alle drei Beine gebrochen habe/weil ich neben der strahlenden Schönheit des Artikels einfach zu mauerblumig ausschaue/weil unsere Katze Junge bekommen hat und ich deshalb keine Zeit mehr für ein Handy habe/weil sich meine Frau sonst scheiden lässt“…
Bedenkt man dann auch noch, dass die „Superschnäppchen“-Wahrscheinlichkeit auf ebay aufgrund rapide gestiegener Mitgliederzahlen seit ca. einer dreiviertel Dekade minimal ist…
Andererseits hoffe ich weiterhin darauf das das Auktionsmodell
sich tot läuft
Davon träumen sicher alle siebachtkommadrölfzehn Millionen Auktionsplattformen-Mitglieder („Online-Auktionen sind schon 'ne feine Sache - wenn nur die unfairen Online-Auktionen nicht wären, an denen teilzunehmen man mich zwingt!“).
und für Handelpartner fairere Geschäftsmodelle
entstehen.
Zum Beispiel Verkaufen zum Festpreis? Das ist in Tausenden von Online-Shops möglich. Und auf eBay.
Übrigens halte ich auch das Versteigern für ein beinahe bemerkenswert faires „Geschäftsmodell“: Der Verkäufer allein bestimmt den Mindestpreis (will er auf Nummer sicher gehen, verlangt er einen realistischen Preis; will er zocken und den Interessentenkreis vergrößern, setzt er den Preis niedriger), der Käufer bietet soviel, wie er auszugeben bereit ist.
Selbstverständlich hast Du ein Recht auf Deine Ansichten und Überzeugungen; ich konnte nur einfach nicht vorbeigehen, ohne einen (nicht unfreundlich gemeinten) Kommentar zu hinterlassen.
Jemand bis hierhin gelesen?
Schöne Grüße,
Zeh_14