Fortbildung tut not
Hallöchen,
in einem Zustand tiefster Entspannung und mit der Hoffnung, dies nicht gleich wieder zu bereuen, habe ich mich entschlossen, mal wieder auf einen Deiner Artikel zu antworten.
sicher? Was sind das für Stellen? Die Hälfte für drei Euro pro
Stunde, die andere Hälfte ist offen, weil 20-jährige Doktoren
mit dreißig Jahren Berufserfahrung gesucht werden?
Das Problem ist doch, daß Unternehmen ihren Gewinn steigern
können, indem Standorte geschlossen werden und die Leute
entlassen. Würde der Gewinn steigen, wenn neue Standorte
eröffnet und Leute eingestellt würden, würden die Unternehmen
das tun.
Die Menge an Arbeit, die zu leisten ist, hängt von der vorhandenen Auftragslage ab, und damit auch die Zahl der benötigten Arbeitskräfte. Ein Standort kann daher nur geschlossen werden, wenn die zu erledigende Arbeit an anderer Stelle geleistet werden kann. Einfach nur Standort zu schließen, führt also zu nichts, außer zu entgangenen Umsätzen.
Sofern ein Standort und damit auch Mitarbeiter tatsächlich überflüssig ist bzw. sind, ist eine Schließung betriebswirtschaftlich sinnvoll und Teil der Überlebensstrategie eines Unternehmens.
Zur Frage der offenen Stellen: Derzeit sind bei meinem Arbeitgeber extern 47 Stellen ausgeschrieben und zwar von der Sekretärin bis hin zu Führungskräften. Intern sind an die 200 Stellen ausgeschrieben. Auch da geht es im wesentlichen um ganz normale Stellen, die weder ein Übermaß an Intelligenz noch nicht zu erfüllende Qualifikationen erfordern. Zu den genannten Zahlen kommen noch die Stellen, die von unseren „Subunternehmern“ ausgeschrieben worden sind.
Wenn ich mich recht entsinne, waren wir uns im übrigen schon einmal einig, daß nicht alle offenen Stellen an die Arbeitsagenturen übermittelt werden. Insofern dürfte die Zahl der offenen Stellen die offizielle Zahl von 600.000 deutlich übersteigen.
Damit stellt sich die Frage, warum diese Stellen nicht besetzt sind. Meine Schlußfolgerung bleibt weiterhin, daß die qualifizierten Kräfte fehlen, weil sich zuviele Menschen damit begnügen, auf dem Wissensstand zu verharren, den sie irgendwann mal im Alter von 25 oder 30 Jahren erlangt haben.
Um auch hier wieder ein Beispiel zu bringen: Immer mehr deutsche Unternehmen bilanzieren nach internationalen Bilanzierungsvorschriften. Dennoch scheine ich - wohlgemerkt als Zuständiger für das deutsche Mittelstands- und nicht für das internationale Großkundengeschäft - der einzige zu sein, der sich wenigstens ansatzweise in diesem Laden mit einigen tausend Mitarbeitern mit den Richtlinien nach IFRS, US-GAAP und Konsorten auskennt.
Niemand erwartet von einem Kreditanalysten oder Risikomanager den Kenntnisstand eines Wirtschaftsprüfers, aber zumindest das, was sich in der Tageszeitung lesen läßt, würde ich voraussetzen. Tatsächlich ist das aber mehr als selten, was mir auch schon bei meinem alten Arbeitgeber aufgefallen ist. In einem Grundlagenseminar zu IFRS saß ich schon neben dem Kreditleiter eines deutschen Kreditinstituts.
Was ich damit sagen will: Die Welt ändert sich in allen Bereichen in einem flotten Tempo und dennoch sitzt oder steht der überwiegende Teil der deutschen Arbeitnehmer jeden Morgen an seinem Arbeitsplatz mit der unbewußten Erwartung, nie wieder etwas dazulernen zu müssen. Der deutsche Arbeitnehmer ruht quasi in sich selbst und findet sich dann mitunter auf der Straße mit der Gewißheit wieder, daß der Wissensstand von 1975 einen neuen, potentiellen Arbeitgeber doch nicht so sehr vom Hocker reißt.
Gruß,
Christian