Hallo Christian,
in einem Zustand tiefster Entspannung und mit der Hoffnung,
dies nicht gleich wieder zu bereuen, habe ich mich
entschlossen, mal wieder auf einen Deiner Artikel zu
antworten.
*g* dann will ich Dich mal nicht ärgern.
sicher? Was sind das für Stellen? Die Hälfte für drei Euro pro
Stunde, die andere Hälfte ist offen, weil 20-jährige Doktoren
mit dreißig Jahren Berufserfahrung gesucht werden?
Das Problem ist doch, daß Unternehmen ihren Gewinn steigern
können, indem Standorte geschlossen werden und die Leute
entlassen. Würde der Gewinn steigen, wenn neue Standorte
eröffnet und Leute eingestellt würden, würden die Unternehmen
das tun.Die Menge an Arbeit, die zu leisten ist, hängt von der
vorhandenen Auftragslage ab, und damit auch die Zahl der
benötigten Arbeitskräfte.
Das ist eine Konstante? Oder spielen die Rahmenbedingungen, die der Staat schafft auch noch eine Rolle?
Ein Standort kann daher nur
geschlossen werden, wenn die zu erledigende Arbeit an anderer
Stelle geleistet werden kann. Einfach nur Standort zu
schließen, führt also zu nichts, außer zu entgangenen
Umsätzen.
Sofern ein Standort und damit auch Mitarbeiter tatsächlich
überflüssig ist bzw. sind, ist eine Schließung
betriebswirtschaftlich sinnvoll und Teil der
Überlebensstrategie eines Unternehmens.
Ich habe nichts anderes behauptet.
Zur Frage der offenen Stellen: Derzeit sind bei meinem
Arbeitgeber extern 47 Stellen ausgeschrieben und zwar von der
Sekretärin bis hin zu Führungskräften. Intern sind an die 200
Stellen ausgeschrieben. Auch da geht es im wesentlichen um
ganz normale Stellen, die weder ein Übermaß an Intelligenz
noch nicht zu erfüllende Qualifikationen erfordern. Zu den
genannten Zahlen kommen noch die Stellen, die von unseren
„Subunternehmern“ ausgeschrieben worden sind.Wenn ich mich recht entsinne, waren wir uns im übrigen schon
einmal einig, daß nicht alle offenen Stellen an die
Arbeitsagenturen übermittelt werden. Insofern dürfte die Zahl
der offenen Stellen die offizielle Zahl von 600.000 deutlich
übersteigen.
Ja, in dem Punkt ja. Waren wir uns eignetlich auch schon darüber einig, daß nicht alle Menschen gleich sind?
Damit stellt sich die Frage, warum diese Stellen nicht besetzt
sind. Meine Schlußfolgerung bleibt weiterhin, daß die
qualifizierten Kräfte fehlen, weil sich zuviele Menschen damit
begnügen, auf dem Wissensstand zu verharren, den sie
irgendwann mal im Alter von 25 oder 30 Jahren erlangt haben.
Ab ‚weil‘ stimme ich Dir nicht zu. Menschen sind noch etwas komplexer, als die wirtschaftlichen Zusammenhänge, die ich nach Deiner Meinung immer zu sinpel interpretiere.
Um auch hier wieder ein Beispiel zu bringen: Immer mehr
deutsche Unternehmen bilanzieren nach internationalen
Bilanzierungsvorschriften. Dennoch scheine ich - wohlgemerkt
als Zuständiger für das deutsche Mittelstands- und nicht für
das internationale Großkundengeschäft - der einzige zu sein,
der sich wenigstens ansatzweise in diesem Laden mit einigen
tausend Mitarbeitern mit den Richtlinien nach IFRS, US-GAAP
und Konsorten auskennt.
Oops. Das Fachchinesisch habe ich nicht verstanden. Muß ich wohl auch nicht.
Niemand erwartet von einem Kreditanalysten oder Risikomanager
den Kenntnisstand eines Wirtschaftsprüfers, aber zumindest
das, was sich in der Tageszeitung lesen läßt, würde ich
voraussetzen. Tatsächlich ist das aber mehr als selten, was
mir auch schon bei meinem alten Arbeitgeber aufgefallen ist.
In einem Grundlagenseminar zu IFRS saß ich schon neben dem
Kreditleiter eines deutschen Kreditinstituts.Was ich damit sagen will: Die Welt ändert sich in allen
Bereichen in einem flotten Tempo und dennoch sitzt oder steht
der überwiegende Teil der deutschen Arbeitnehmer jeden Morgen
an seinem Arbeitsplatz mit der unbewußten Erwartung, nie
wieder etwas dazulernen zu müssen.
Du überschätzt immer wieder die objektiven Fähigkeiten. Ich bin immer wieder erstaunt, wenn ich bemerke, daß es jemandem schwer fällt seinen Namen zu erkennen, wenn ihn jemand anders geschrieben hat. Unter den 5 Millionen Arbeitslosen gibt es einen sehr hohen Anteil an Leuten, die Deine Erwartungen nicht erfüllen können. Andere sind den AG einfach zu alt, das hatten wir aber auch schon.
Ich stell mir vor, mein AG würde das Unternehmen plötzlich schließen. Den Beruf, in dem ich arbeite habe ich nicht gelernt, in dem, den ich gelernt habe habe ich schon über 15 Jahre nicht gearbeitet. Ich bin 53. Wie schätzt Du für den Fall, daß das Unternehmen dicht macht meine Berufsaussichten ein? Selbst das Informatikstudium nachzuholen (wenn ich es schaffen würde) würde die Aussichten nicht verbessern. Ohne Praxis nützt mir das andere Studium und der Facharbeiterbrief herzlich wenig, obwohl da eine 1 drauf steht. Ich komme dann zu Dir, leihe mir die €15 000, die mich die Meisterschule kosten würde, und dann noch mal €300 000 um eine Schlosserei aufzumachen. Oder wäre ich Dir da mit 53 auch schon zu alt? An Sicherheit habe ich außer Schulden allerdings nichts zu bieten. In den letzten 35 Jahren habe ich es nicht ganz geschafft, ein Monatsgehalt von Herrn Ackermann zu verdienen, da bleibt halt nichts übrig.
Der deutsche Arbeitnehmer
ruht quasi in sich selbst und findet sich dann mitunter auf
der Straße mit der Gewißheit wieder, daß der Wissensstand von
1975 einen neuen, potentiellen Arbeitgeber doch nicht so sehr
vom Hocker reißt.
Ja, da bin ich ja wohl der typische Deutsche. 1968 nach 8 Schuljahren die Schule verlassen, 1973 die mittlere Reife nachgeholt, 1975 den Facharbeiterbrief, 1985 ein Ingenierstudium abgebrochen, 1995 ein Studium angefangen, 1998 abgeschlosen. Seit dem habe ich tatsächlich bis auf ein paar Lehrgänge nichts mehr gemacht.
Wieso unterstellst Du eigentlich immer bösen Willen? OK, Du befindest Dich in guter Gesellschaft, Schröder hat das ja auch so gesehen … oder doch nicht? Ich denke da versucht Jemand von seiner eigenen Unfähigkeit abzulenken. Wenn die Arbeitslosen schuld sind, die gar nicht arbeiten wollen, dann hat die Regierung ja keinen Fehler gemacht, wenn sie nicht für mehr Stellen sorgt … Das ist mir zu einfach. Sag mir bescheid, wenn jeder, der arbeiten will, das auch kann. Im Moment stimmt das nicht, das ist immer noch eine Propagandalüge, auch wenn sie jatzt von anderen Leuten wiederholt wird.
Gruß, Rainer