Ergänzung: Teresa mit Lacan
Als Beispiel für erotische Ekstase in der christlichen Mystik hier zwei Zitate aus einem Erlebnisbericht der mystischen Nonne Teresa de Avila (1515-1582). Geschildert wird eine ihrer Visionen:
„Diese geheime Vereinigung vollzieht sich in der allerinnersten Mitte der Seele, also an dem Ort, wo Gott selber weilt. Und er bedarf, wie ich glaube, keiner Türe, um dort einzutreten … Was der Herr hier der Seele in einem Augenblick mitteilt, ist ein so großes Geheimnis und eine so hohe Gnade, und das Entzücken, das die Seele dabei empfindet, ist so übermächtig, dass ich es mit nichts anderem vergleichen kann als der Seligkeit im Himmel.“
„Ich sah neben mir …, gegen meine linke Seite zu, einen Engel in leiblicher Gestalt … Er war nicht sonderlich groß, sondern klein und sehr schön. Sein Angesicht war so entflammt, daß er mir als einer der erhabensten Engel vorkam, die ganz in Flammen zu stehen scheinen. Es müssen dies jene sein, die man Cherubim nennt … In den Händen … sah ich einen langen goldenen Wurfpfeil, und an der Spitze des Eisens schien mir ein wenig Feuer zu sein. Es kam mir vor, als durchbohre er mit dem Pfeile einigemale mein Herz bis aufs Innerste, und wenn er ihn wieder herauszog, war es mir, als zöge er diesen innersten Herzteil mit heraus. Als er mich verließ, war ich ganz entzündet von feuriger Liebe zu Gott … die Wonne, die dieser ungemeine Schmerz verursachte, war so überschwenglich, daß ich unmöglich von ihm frei zu werden verlangen noch mit etwas Geringerem mich begnügen konnte als mit Gott.“
Zitat Ende.
Diese Szene hat der Barockbildhauer Bernini überaus virtuos in einer Marmorskulptur nachempfunden und die erotische Faszination dieser Vision sichtbar gemacht. In diesem Zusammenhang sagt Lacan, offensichtlich ein Bewunderer Teresas, ohne Blatt vor dem Mund:
„Sie brauchen sich nur in Rom die Statue von Bernini ansehen zu gehen, um sofort zu begreifen, daß sie genießt, da gibt es keinen Zweifel … Diese mystischen Ergüsse, das ist weder Geschwätz noch Wortmachererei, da ist in summa, was man lesen kann vom Besten … Was versucht wurde am Ende des letzten Jahrhunderts, zur Zeit Freuds, was sie suchten, all die guten Leute in der Umgebung Charcots und der anderen, das war, … die Mystik auf Fickgeschichten (zurückzuführen). Wenn Sie da näher hinschauen, ist es das ganz und gar nicht. Dieser Genuß, den man empfindet und von dem man nichts weiß, ist es nicht das, was uns bringt auf den Weg der Ex-istenz? Und warum nicht interpretieren eine Seite des Anderen, die Seite Gott, als getragen durch den weiblichen Genuß?“
Gruß Horst