Frequenzen und Meinungen
Hallo Ralf,
ich habe schon absichtlich geschrieben, dass es für Musiker nur prinzipiell so ist. Ich denke, dass gerade dein Beispiel mit der Klampfe zeigt, dass es sich um ein Vorurteil handelt. Denn das, was du „sauber gestimmt“ nennst, bedeutet ja gerade, dass die Gitarre nach dem Ton a gestimmt wird und dass eben das Verhältnis der anderen Töne zu eben diesem a stimmen muss.
Dass aber der Ausgangston (der Stimmgabel) wirklich den festgelegten Frequenzen entspricht, das setzt du nur voraus. Ein absolutes Gehör ist so definiert, dass für den Hörenden gewisse Abweichungen genau dieses Ausgangstons hörbar ist. Für Musiker ist aber - wiederum prinzipiell - nur wichtig, dass die übrigen Töne zum Ausgangston passen.
Natürlich wird man größere Abweichungen auch bemerken, wenn man kein absolutes Gehör hat, aber kleinere Abweichungen (nicht der Stimmung, sondern der Frequenz des Ausgangstons) nimmt der normale Musiker nicht wahr.
Aber im Bereich des Zusammenstimmens mit anderen Tönen nimmt der Musiker sehr wohl auch schon kleinere Abweichungen wahr, und das betrifft das, was du „saubere Stimmung“ nennst.
Summa: Wenn also der Ausgangston von der vorgegebenen Frequenz abweicht und nun die anderen Töne auch nach diesem nicht ganz exakten Ausgangston im richtigen Verhältnis gestimmt werden, dann ist die harmonische Stimmung korrekt, obwohl der Ausgangston streng genommen nicht exakt ist.
Hier gibt es eigentlich auch keine Meinungen (im umgangssprachlichen Sinn), es sei denn, man wollte Meinungen wie etwa Platon nach Wahrheit und Falschheit unterscheiden. Im letzteren Fall müsste man deine Meinung dann als „falsch“ bezeichnen, weil ihre Begründung nicht „stimmig“
ist. Denn du verwechselst in deiner Argumentation die beiden Ebenen des Ausgangstons einerseits und der harmonischen Stimmung andererseits und verfällst so dem Irrtum, der eben - wie ich schon sagte - weit verbreitet ist.
Herzliche Grüße 
Thomas Miller