Hallo Grilla!
dein Antwortposting an mich weiter unten (Midlifecrisis…) und
dieses hier habe ich mir noch einmal genauer durchgelesen.
Dabei ist mir aufgefallen, wie schwer es Euch beiden zu fallen
scheint voneinander zu lassen, also nicht nur dir sondern auch
ihm. Ich kann mir vorstellen, dass dein Interesse ihm sehr gut
tut, und er es nicht missen möchte. Ich stelle mir vor, dass
er seelisch friert, vielleicht weil er für sich selbst kein
Gespür mehr hat, an mangelnder Eigenliebe leidet. Und so kommt
wenigstens Wärme von dir, auf die er nicht verzichten möchte.
Dafür empfindet er Zuneigung für dich.
Ja, das kann sein.
Aber ich kann mir auch vorstellen, dass ihm generell ein wenig
Einfühlungsvermögen für andere Menschen abhanden gekommen ist.
Das glaube ich nicht. Es fällt ihm sofort auf, wenn er mich mit runter zieht (auch wenn ich bemüht bin, es oftmals zu überspielen) und das belastet ihn dann zusätzlich.
Auch wie er über Probleme seiner Freunde und innerhalb der Familie spricht, denke ich schon, dass er immer noch sehr viel Einfühlungsvermögen hat. Er nimmt sich wahrscheinlich sogar viel zu viel davon zu Herzen, statt sich erst mal auf sich selbst zu konzentrieren.
Ich weiss, ich bin nicht anders.
Depressive Menschen neigen sowieso sich einzuigeln, sich nicht
zeigen und niemanden sehen wollen. Kann es sein, dass er zwar
deine Gegenwart schon mag (SMS schicken) aber in dem Maß, wie
er es noch beeinflussen kann?
Ja, wir sehen uns selten und er sagte auch mal zu Beginn, als wir uns eine Weile beinahe täglich sahen (ich hatte Urlaub und er half mir beim Renovieren meiner Wohnung), er habe Angst, in eine Abhängigkeit zu geraten. Er wolle keine Rechenschaft darüber leisten, was er tut und lässt (ist in einer früherene Beziehung wohl so gelaufen, dass er beinahe komplett durch sie bestimmt wurde), er wolle selbst entscheiden und diese Entscheidung von niemandem abhängig machen…
Manchmal denke ich, hält er die Distanz künstlich aufrecht, damit er eben dieses Gefühl von Selbstbestimmung wahrt.
Du hast in einem der Postings
darüber geschrieben, dass du mit deinem Kummer gar nicht erst
zu ihm gehst, ganz instinktiv, dass du viel
Mitteilungsbedürfnis verspürst, aber nicht aufdringlich sein
willst. Da ist mit Sicherheit eine Beziehung zwischen dir und
deinem Freund, aber eine mit vielen Bedingungen, die er
geschaffen hat, und die du akzeptierst in der Hoffnung dafür
geliebt zu werden.
Ja, irgendwie schon.
Wenn er mich aber doch liebt
und es tatsächlich an seiner Depression liegt, dass er sich so
distanziert verhält, dann wäre es sicher auch nicht gut, ihn
vor ein Ultimatum zu stellen oder gar selbst Schluss zu
machen.
Ich glaube, dass es Euch beiden nicht gut geht. Stelle dir mal
deinen Freund vor, wie du ihn vor vielen Jahren vor seinem
Trauerzustand kennenlerntest. Wahrscheinlich wäre seine
Selbstsicherheit ansteckend für dich, und du würdest
hochmotiviert dein Berufs- und Finanztief bei den Hörnern
packen.
Ja, richtig.
Dein Problem sehe ich auch darin, dass dich sein „ich gebe dir
nur Liebe, wenn…“ klein macht. Dein Selbstwertgefühl sinkt
ab. Und das wird dann zu einer Zwickmühle. Mit der
Verunsicherung kommen deine Bedürfnisse zu kurz, was
Hungergefühle auslöst, du dich den Bedingungen fügst um diese
zu stillen, und das Selbstwertgefühl wird von ihm abhängig.
Auch wenn’s schwer fällt es zuzugeben, aber Du hast mal wieder recht.
Wie du da rauskommst? Nicht mit Schlußmachen, daran glaubt ihr
beide nicht wirklich. Aber du solltest anfangen wieder mit dir
Freundschaft zu schließen, dir selbst näher zu werden als ihm.
Du hast genauso ein Recht auf Aufmerksamkeiten wie er, und die
solltest du bei ihm einfordern. Du kannst es nicht erzwingen,
aber ihm ehrlich deine Enttäuschung stante pede mitteilen.
Das habe ich hin und wieder auch gemacht, wenn nicht Trauer sondern Wut in mir aufkam, darüber dass er sich teilweise auch darauf auszuruhen scheint, dass er eben so ist. Er wäre zwar gerne anders, aber das ginge ja nun mal nicht von heute auf morgen… Wenn ich ihm dann gesagt habe, wie ich mich fühle, hatte ich anschließend den Eindruck, war er doch wieder besonders um mich bemüht.
Ich habe dabei den Hintergedanken, dass mit den Bedingungen,
die du stellst, dein Selbstwertgefühl besser wird, die
Talfahrt Eurer Beziehung abgebremst wird, allein schon durch
seinen wahrscheinlichen Unmut. Laß ihn ruhig reagieren wie er
will. Was kann passieren. Zieht er sich zurück, dann hast du
genauso Klarheit, wie wenn er sich bei dir meldet. Meldet er
sich bei dir, dann ist es an dir ihm mitzuteilen, wie du dir
die Beziehung wünschst, und es ist an ihm dir mitzuteilen ob
er die Wünsche erfüllen mag (und sei es durch eine Therapie)
oder nicht.
Ich verstehe, was Du meinst. Hoffe, ich kann das auch umsetzen.
Wenn du feststellst, dass seine Depressionen dich ebenfalls
runterziehen, dann solltest du ihn lieber aus dem Weg gehen,
und dir Menschen suchen, die deine Nähe schätzen, die von sich
aus dir auch körperliche Nähe geben (eine Umarmung, ein netter
Plausch beim Kaffee trinken, ein Scherz, der dich zum Lachen
bringt). Es gibt sicher auch einen psychologischen Grund
dafür, warum du gerade mit diesem Mann so gerne zusammen bist.
Auch das könnte für dich interessant sein.
An was denkst Du dabei?
Ich empfehle dir zu einem Hausarzt zu gehen, und mit ihm über
dein Lebensgefühl zu sprechen. Wer weiß, vielleicht kann er
dir schon helfen, entweder durch eine Überweisung zu einem
Psychotherapeuten oder mittels pflanzliche Mittel, die dir
helfen dein Gemüt aufzuhellen.
Mit dem Gang zum Arzt freunde ich mich inzwischen immer mehr an.
ich wünsche dir alles Gute
Danke!
Greetings,
Marla