Hörgerät für Vater - ich merke nichts

Hallo
undwzar wurde meinem Vater ein Hörgerät verschrieben und wir sind momentan in der Testphase beim Akkustiker.

Da ich nun wissen wollte wie das ganze klingt habe ich die beiden Hörgeräte einfach aufgesetzt.

Zu meinem erstaunen:
Ich habe als 24 Jähriger mit gesundem Gehör eigentlich kaum bis gar keinen Unterschied gemerkt, weder beim Gespräch noch beim Fernsehen waren die Stimmen klarer oder auch lauter.

Logischer schluss für mich wäre, dass wenn ich schon nichts höre an Veränderung, dann wird es bei meinem Vater auch nicht anders sein, da er ja sowieso schlecht hört.

Er selbst sagt natürlich dass er mehr hört, vielleicht so was wie ein Placebo Effekt bzw Einbildung da man so ein teures Ding an den Ohren hat?

Oder ist das normal das ein gesundes Gehör keinen Untersschied heraus hört

Hallo mumumy

dein Rückschluß, dass auch Du es verändert hören solltest ist schon richtig. Wenn ich als Akustiker Hörgeräte abhöre, dann ist der Klang und die Lautstärke auf jeden Fall anders als ohne Gerät. Also müsstest Du auch etwas aus den Geräten verändert hören können. Wie stellst Du denn fest, dass die Geräte funktionieren. Eine einfache Kontrolle ist, dass man das Gerät in eingeschaltetem Zustand in die Handfläche legt, und die Hand um das Gerät schließt, dann sollte ein Pfeiffen, bzw. Geräusch meißt hoher Ton vom Gerät zu hören sein. Wenn Du das Gerät schon am Ohr hast, dann reibe doch über die Mikofonöffnung, es muss ein deutliches rascheln im Gerät zu hören sein. Falls weder das eine noch das andere zu hören ist, dann geht das Gerät nicht, Batterie ist leer, oder es ist verstopft, je nach Modell. Falls es jedoch etwas zu hören gibt, dann ist es evtl. besser den Hörgewinn damit zu überprüfen, wenn der Vater die Geräte im Ohr hat, und man zusammen vor derm Radio oder TV sitzt. Er soll das TV mit und ohne HG so einstellen, dass er es gut versteht. Gerade bei Filmen, wenn Geräusche und Sprache zusammen vorkommen, sollte es sich dann zeigen, dass er die Lautstärke des TV höher einstellt, wenn er die Hörgeräte nicht im Ohr hat. Ist kein Unterschied zu erkennen, kann auch ein anderer Test gemacht werden. einaml ohne und einmal mit Hörgeräten: Dem Vater etwas vorlesen, (er kann dann nicht auf dem Mund sehen) z.B: aus Zeitung, und dabei sich von ihm weg bewegen. Wenn man selbst immer gleich laut spricht, und sich immer weiter weg bewegt, auch aus dem Zimmer, wird es einen Abstand geben ab dem er es nicht mehr verstehen kann. Der Abstand mit Hörgerät sollte natürlich größer sein als ohne Hörgerät.

so, das zu dem prüfen des Nutzens der Geräte.

Die andere Frage war ja, ob der schwerhörige es trotzdem als Hilfe empfinden kann, obwohl der gut Hörende den Vorteil gar nicht deutlich merkt. Ja, das kann es geben. Warscheinlich hat der Vater eine Innenohrschwerhörigkeit. Das bedeutet, dass man nur leise Dinge nicht hören kann, aber ab einer höheren lautstärke dann die Geräusche sogar stärker empfindet als der gut hörende. Oder sogar empfindlicher für Geräusche geworden ist als der gut hörende. Da Laut und Leise für den Schwerhörenden viel näher beieinander liegen, bemerkt ein Innenohrgeschädigter Mensch Lautstärkeunterschiede deutlicher als ein gut Hörender.

Aber wenn jemand wirklich ein Hörgerät braucht, dann sollte in 90% der Fälle auch ein gewisses MAß an Lautstärkeverstärkung notwendig sein, damit der Schwerhörige es dann auch hören kann. Und das kann auf jeden Fall auch ein gut hörender als Lautstärkeunterschied hören.

Eine Ausnahme stellt jedoch ein Hochtonsteilabfall dar, hier werden lediglich sehr hohe Frequenzen verstärkt, was sich dann eher raschelig, klirrend, metallisch, schrill, aber eben nicht so laut anhört.

Ich hoffe die Info genügt schon mal, bei Fragen eifach melden.

Grüße HOK

Hallo HOK,

vielen Dank für die ausführliche und kompetente Erläuterung.
Die beiden Tests werde ich aufjedenfall mal ausprobieren und gucken wie es sich mit der Lautstärke bzw. mit dem Abstand verhält.

Die Geräte waren aufjedenfall angeschaltet, da sowohl beim einsetzten teils ein Pfeifen , als auch ein Rascheln beim anfassen des Hörgeräts zu hören war wie du schon meintest.
Falls ein unterschied z.B beim Lautstärkentest zu bemerken ist, müsste ich rein theoretisch ja mich als Referenz für den Fall mit Hörgerät nehmen, sodass die Lautstärke nochmal angepasst werden müsste.
Beispielt: Ich höre bei Lautstärke 22 gut.
Mein Vater mit HG bei 34. D.h. der Akkustiker müsste mit seiner Software das ganze anheben.

Ich habe die Werte vom Ohrenarzt leider nicht mehr zur Hand, da diese beim Akkustiker sind. Jedoch könnte das mit dem Hochtonsteilabfall zutreffen.
Zumindest fiel die Hörkurve ab der Mitte zur rechten Seite rapide ab.

Und bei dem erste teuren Hörgerät (Phonak, Milo Plus micro) meinte er auch, dass er rascheln von Kleidung mehr wahrnehmen konnte.
Momentan haben wir ein rund 500€ billigeres Hörgerät zum testen(Audio Service, Nova 2 mini), welches er wiederum als angenehmer empfindet , da er genau dieses rascheln weniger hört und es deshalb etwas besser findet (weil es weniger stört ?)
Zumindest konnte ich das auch bei dem teuren Gerät leicht feststellen, das die höheren Töne zwar etwas lauter zu hören waren, jedoch wie erwähnt leicht scheppernd und raschelnd.
Beim billigen Gerät kann man die Lautstärke per Rad erhöhen. Standardmäßig auf 2.
Habe das Testweise auf 5 mal erhöht. Das einzige was zu bemerken war das erhöhte Rauschen aber kein bemerklich lauterer Klang von Gesprächen aus dem TV:

Die Frage, die ich mir nun stelle: Lohnt sich das denn generell für eine Personen überhaupt höhere Töne wie scheppern und rascheln deutlicher zu hören?
Denn letztendlich wäre unser Ziel eher, dass er Gespräche deutlicher und besser versteht oder er reagiert, wenn wir von weiter weg ihn rufen.
Bzw. versteht er uns im Gespräch öfters mal inhaltlich falsch, warscheinlich weil er vieles nicht mitbekommt und selber rein interpretiert.
Aber Gespräche laufen ja glaube ich nicht auf den höheren Frequenzen ab (zumindest im Alltag).

Zumindest sehe ich bisjetzt keinen sonderlichen Mehrwert in der jetzigen Situation.
Aber vielleicht habe ich auch einen Denkfehler.

Das sind jetzt alles warscheinlich sehr spezielle Fragen bzw auch viele, wofür ich mich auch erstmal entschuldige.
Aber bevor wir eine teure Investition machen, wollen wir natürlich das beste daraus machen =)

gruß mumumy

Hallo, da bin ich wieder,

Wo fange ich an, also die hohen Frequenzen sind sehr wichtig zum verstehen. Denn in den hohen Frequenzen sind die Konsonanten der Sprache wie „S,T,F,H…“ wenn dein Vater also die tiefen Töne gut hört, dann hört er die Vokale auch gut. Das bedeutet, er hört, dass jemand spricht, versteht aber oft den Sinn nicht. Weil es eben nuschelig klingt. Bund, Hund, Wund… Band, Wand,… Hell, Fell… Die Konsonanten entscheiden über den eindeutigen Sinn des Wortes. Die Vokale hören sich immer gleich an. Dazu kommt der Umstand, dass wir nur die Vokale laut oder leise sprechen können, Konsonanten wie ein „S“ kann man nicht rufen oder laut sagen, sondern nur versuchen langsam und deutlich zu erzeugen. Das bedeutet, wenn mehrere Sprechen, dann werden die Personen automatisch lauter sprechen, damit man sie trotz der anderen verstehen soll, aber jeder macht nur die Vokale lauter. Dabei gehen auch für den gut hörenden die Konsonaten immer mehr in dem „Vokalgemurmel“ unter. Und auch der gut hörende empfindet das Verstehen schwieriger je mehr Geräusche dazu kommen. Weil eben die Konsonaten in den Worten nicht so laut gesprochen werden wie die Vokale.
wenn nun dein Vater die hohen Töne, und damit die Konsonanten schlecht hört, hat er das Gefühl, dass er die leute reden hört, aber nciht versteht. und das besonders, wenn mehrere Sprechen oder andere Geräusche dazu kommen. Beim TV ist das so, dass der Nachrichtensprecher der in ruhiger umgebung spricht, gut zu verstehen ist, aber bei Filmen wegen der Hintergrundmusik die personen nicht mehr verstanden werden. Dann wird das TV noch lauter gemacht.

Bei einem guten Hörgerät kommt es besonders darauf an, dass die Hohen Töne gut übertragen werden. Denn je besser die Konsonaten gehört werden, um so schwieriger kann die Hörsituation sein in der man verstehen will. Das bedeutet, mit dem Nova 2 das nur 2 Kanäle hat und auch keine sonderlich gute Hochtonübertragung werden auch die geräuschvollen Situationen nicht so verständlich sein, wie eben die ruhigen Situationen in denen nur einer oder wenige sprechen. Das Milo ist auch noch kein ausgesprochen gehobenes Hörgerät aber eben schon besser in der Hochtonübertragung, zusätzlich wird dort durch mehr automatik im Hörgerät versucht, dass das Gerät in schwierigeren Situationen sogar noch deutlicher klingt als in den einfachen Situationen. Bei dem Nova kann das nur durch manuelles Nachregeln geschehen.
Wenn man durch Jahrelanges schlecht hören sich von den ganzen Geräuschen entwöhnt hat, werden die Hörgeräte in der Anfangsphase auch nciht gleich auf die volle Verstärkung eingestellt. Von daher kann es schon richtig sein, dass die Lautstärke im Laufe der Anpassung noch angehoben werden muss.
Der Test mit dem TV. dass Du und Dein Vater am Schluß bei fast gleicher Lautstärke das TV verstehen können ist jedoch schon das Ziel. Und das vermittelt deinem Vater auch eine Art Referenz wie schlecht er tatsächlich hört. Selbst kann man das nicht mehr recht einschätzen wenn es schon lange her ist, dass man gut gehört hat. Was man eben nicht hört, das geht an einem vorbei. Es kann schon sehr eindrücklich für deinen Vater sein, wenn er mal das TV so verstehen soll, wie du es einstellst. Und Du auch darauf bestehst, dass es bei deiner Lautstärke auch wirklich eine völlig ausreichende Lautstärke ist, bei der man es nicht gerade eben, sondern schon locker gut verstehen kann.
Denn es werden eben nicht nur die Personene die man verstehen möchte lauter, sondern auch die eigene Stimme deines Vaters und auch die vielen anderne für Dich selbstverständlichen Geräusche aus dem Alltag.
ein Tipp: dein Vater sollte sich nicht über so viele „Nebengeräusche“ aufregen, dass er die gar nicht hören möchte, auch du musst die hören. Sondern er sollte sich freuen über alle Geräusche die er eben wieder hören kann. Zeitungsrascheln… Je positiver er sich mit den Geräuschen abfindet, je schneller fallen sie auch nciht mehr negativ auf. Ich habe Kunden die regen sich von anfang an über das zeitungsrascheln auf, und das tun sie dann auch ncoh nach Jahren. Weil es eben immer als nervig eingestuft wird. Und ich habe Kunden die sich darauf einlassen, ja, es ist gut die zeitung rascheln zu hören, und nach wenigen Wochen hören sie es gar nicht mehr stören, oder es fällt ihnen gar nicht mehr auf, weil es eben wieder ganz normal ist, dass die Zeitung raschelt.

So, jetzt wünsche ich weiterhin eine gute und erfolgsgekrönte Hörgeräteausprobe.

mfg

HOK

Es ist tatsächlich normal, dass sie mit dem Hörgerät nicht lauter hören. Bei älteren Menschen liegt oft ein Verlust der hohen töne vor. Demzufolge werden auch nur diese fehlenden Anteile verstärkt. Vor allem aber muss, der träger des hörgerätes
Damit klar kommen. Nur weil ihnen ein essen zu scharf ist, heisst das nicht, dass es ihrem Vater auch zu scharf ist. Hören ist ein Sinn. Nur ihr Vater kann beurteilen, ob erst damit zufrieden ist. Darüber hinaus werden mit dem gerät noch Messungen durchgeführt, um die Anpassung zu kontrollieren.

Hallo,
die Einstellung des Hörgeräts richtet sich nach dem Hörverlust Ihres Vaters. Dabei ist insbesondere der Unterschied über verschiedene Frequenzen interessant. In aller Regel hört man zunächst die hohen Frequenzen leiser, zumindest bei der Altersschwerhörigkeit. Wenn alle anderen Frequenzen noch gut gehört werden, braucht das Hörgerät diese auch nicht zu verstärken.

Dementsprechend verstärkt das Hörgerät evtl. nur die hochfrequenten Zischlaute, d.h. Sie empfinden den Ton nicht als lauter. Und wenn Sie noch gut hören, können Sie es auch nicht als klarer empfinden, als Sie ohnehin schon hören.

Das ist der EINE Erklärungsansatz.
Eine weitere Möglichkeit, die auch zusätzlich der Fall sein kann:

Hörgeräte sind in der Erprobungsphase meistens leiser eingestellt, als es eigentlich nötig wäre, um die Gewöhnung zu erleichtern. Durch schlechtes Hören wird das Gehirn mit weniger „akustischen“ Reizen versorgt. Mit einem Hörgerät wird man plötzlich mit einem Schwall von akustischen Reizen konfrontiert, den viele als unangenehm/laut/schrill/unnatürlich etc. beschreiben. Durch die leisere Einstellung wird dieser Effekt abgedämpft, mit zunehmender Gewöhnung und „Training“ des Gehirns kann die Hörgeräteeinstellung immer näher ans Optimum gebracht werden.

Sie können den Akustiker ja einfach mal fragen, der hilft Ihnen sichber auch gern bei Ihren Fragen :wink:

Sonnige Grüße aus Hessen
MP