Ich ich ich Haltung in den 60ern und 70ern auch?

Tja, wie bekommen wir das übereinander? Gab es früher 15 Lieferdienste, die im Minutentakt Päckchen und Pakete mit Waren zustellten, die irgendwo in Asien hergestellt wurden und ohne Versandkosten am nächsten Tag von einer 50 km entfernten Lagerhalle herangekarrt wurden? Wohl eher nicht. Damals war man schon sehr progressiv, wenn man bei Quelle, Klingel oder Otto bestellte. Gab es damals Radwege, auf die man sich hätte mit seinem Fahrzeug stellen können? Eher nicht.

Früher war vieles anders: weniger Menschen unterwegs, mehr Zeit, weniger Autos, mehr Parkraum, weniger Radfahrer. Andere Menschen? Wahrscheinlich nicht. Aber wahrscheinlich gab es einfach weniger Gelegenheiten/Notwendigkeiten, den Wohlfühlbereich der anderen zu verletzen. Und ich glaube nachwievor, daß die Zeiten damals auch gesellschaftlich anders waren. In den 60er und 70er Jahren lebten noch viele, die den Krieg und die Nachkriegszeit miterlebt hatten. Klar: am Ende kämpfte jeder allein für sich und die Familie ums Überleben, aber die Bereitschaft, anderen zu helfen (und sei es, weil einem die Leute zugewiesen worden waren, die mit einem im eigenen Haus wohnten), war damals noch stärker ausgeprägt. Daß man bewußt jemand anderen schädigte (oder das zumindest entspannt in Kauf nimmt), um es selber leichter zu haben, war damals noch nicht so sehr Volkssport wie heute.

Gruß
C.

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Ich denke, dass Guenter hier eher den menschlichen Egoismus meinte, den es früher in dieser ausgeprägten Form nicht gegeben haben soll, wobei die vom Ursprungsposter beschriebene Situation nur ein spezielles Beispiel sein soll.

Natürlich ändern sich im Laufe der Zeit die Situationen, aber eben nicht die Menschen. Ich möchte z.B. nicht in einer Zeit gelebt haben, als Pferde und Kutschen durch die Innenstädte trabten und es noch keine Bürgersteige gab:

oder als die ersten Autos durch die Städte fuhren und die Menschen um ihr Leben rannten. Schön beschrieben z.B. hier:

Auch da wollte ich nicht gelebt haben. Wie gesagt, dagegen ist das hier beschriebenen Probleme nur ein kleiner Furz. Diese Fürze früher gab es genauso zahlreich und haben genauso gestunken wie heute.

Aber wie gesagt, mangels Internet wurde früher natürlich nicht jede kleine Begebenheit, sobald sich irgendjemand auf den Schlips getreten gefühlt hat, vor der gesamten Gesellschaft ausgebreitet. Man hat die meisten Dinge einfach nicht erfahren und damit hat man eben den Eindruck, dass es sie nicht gegeben hat. Diese Situation hat sich natürlich grundsätzlich geändert, aber nicht der Egoismus und auch nicht das Kooperationsverhalten der Menschen.

PF

Und darum schrieb ich:

In unterschiedlichen Situation verhalten sich die Menschen auch unterschiedlich. Die 60er und 70er Jahre waren eine andere Situation und deswegen war das Verhalten auch anders. Das betrifft ja auch nicht nur den Straßenverkehr, auch wenn das natürlich ein Feld ist, in dem besonders viel Egoismus wahrzunehmen ist.

Vielleicht noch eine kleine Ergänzung aus den 60ern:
Seitdem fordern die Menschen soviel Freiheit für sich wie möglich. Ihr persönliches Wohlergehen ist ihnen am wichtigsten. Ihr “Ich” steht für sie im Mittelpunkt. Das jedoch führt zum Egoismus ( ich in lateinisch ego , daher Egoismus ).
So nimmt seitdem in Deutschland die Bereitschaft ab, Opfer für andere zu bringen, sich einzusetzen für die Gemeinschaft und den Staat mit seinen nützlichen, das Leben sichernden Ordnungen. Man strebt nach “Selbstverwirklichung”. Man will möglichst viel Gewinn für sich selber sichern.

Nein, das ist keine Beschreibung aus der heutigen Zeit:

https://derweg.org/deutschland/geschichte/deutschland1960-1970/

Und das alles gipfelte in dann in terroristische Vereinigungen wie RAF mit Morden und für viele Menschen ein Leben in Angst und Schrecken. War das wirklich die gute alte Zeit wo wir alle so harmonisch und friedlich zusammengelebt haben? Wo Kinder regelmäßig geprügelt wurden. Wo Pünktlichkeit, Ordnung und Sauberkeit über alles standen?

Ne, danke. Ich lebe lieber heute.

PF

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Jede Zeit hat ihre Vor- und Nachteile und nur, weil ich es ätzend finde, wenn Menschen aus Bequemlichkeit ihre Probleme zu den Problemen anderer Leute machen und ich der Ansicht bin, daß das vor 50 Jahren so nicht der Fall war, heißt das nicht, daß ich mir Umweltverschmutzung, den Kalten Krieg und geschlagene Kinder zurückwünsche.

Jaja, und schon Aristoteles, Platon und Sokrates haben sich über das Verhalten der Jugend beschwert. Das heißt doch nicht, daß das Verhalten der heutigen Jugend nicht schlimmer ist als das der damaligen. Allein schon, weil es vieles damals noch gar nicht gab, was man heute benutzt, um sich zu verhalten.

Den Homo Sapiens gibt es seit etwa 200.000 Jahren. Und ausgerechnet in den 20 Jahren zwischen 1960 und 1980 war der Mensch anders als vorher und nachher?
Aber auch das gehört eben zu unserem Verhalten, genau die Zeit, in der man jung war, als die gute alte Zeit zu sehen, wo der Mensch hilfreich, edel und gut war. Auch diese Wahrnehmung wird sich nie ändern. dieser verklärte und romatische Blick der älteren Generation auf ihre eigene (und nur die eigene) Jugendzeit. Die Wahrnehmung des einzelnen Menschen über andere ändert sich natürlich über die eigene Lebensspanne, aber nicht grundsätzlich im Laufe der Menschheitsgeschichte. Und Wahrnehmung ist eine verdammt subjektive Angelegenheit (s. oben das Beispiel mit der Verfügbarkeitsheursitik, eine Falle, in die wir immer wieder gerne und ausführlich reintappen).

Ja natürlich, die Situationen ändern sich. Und früher gab es eben viele Situationen, die es heute nicht mehr gibt. Aber dadurch ändert sich nicht das egoistische (oder auch das kooperative) Verhalten, das sich aus den einzelnen Situationen ergibt. Egoismus hat nichts mit technischen Mitteln oder Fortschritt zu tun sondern allein mit angeborenem Verhalten.

PF

Wie oft soll ich es denn noch schreiben?

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