Hi,
mir steht ein längerer Krankenhausaufenthalt und dann Reha bevor; endlich hätte ich Zeit, Latein zu lernen; leider war mir nur Englisch in der Schule möglich.
Frage:
Gibt es empfehlenswerte Bücher, dass man das alleine lernen kann?
Etwas „pauken“ würde mich von meinen Problemen ablenken helfen…
danke.
Hallo Peter,
ich kann Dir zwar nicht direkt helfen wenn Du unbedingt Latein lernen willst, aber ich h"atte den Vorschlag, eine Sprache zu lernen, die man heute noch spricht - es macht n"amlich richtig Spass, wenn man sich pl"otzlich mit Leuten in deren Muttersprache unterhalten kann (und da Du ja ganz offensichtlich Internet und e-mail hast, ist es ein leichtes, Leute kennenzulernen, mit denen Du ein bisschen reden kannst.) Ich habe vor drei Jahren angefangen, in der Volkshochschule Spanisch zu lernen (weil ich oft in Spanien gearbeitet habe), und mittlerweile - und zwar deshalb, weil ich eben nicht Englisch mit allen geredet habe, sondern Spanisch - wirklich ein paar Freunde gewonnen (und ein paar lockere mail-Kontakte). Und lernen tue ich am meisten durch regelm"assiges email-Schreiben und Telefonieren, nicht unbedingt durch die B"ucher. Deshalb w"urde ich Dir empfehlen, irgendeine gesprochene Sprache zu lernen, weil man durch den Austausch mit Menschen viel mehr und schneller lernt, als durch jedes Buch, und es macht viel mehr Spass und ist eine riesen Bereicherung. Denn normalerweise freuen sich die Leute total, wenn man auch nur versucht, ihre Sprache zu sprechen, und Kontakte kommen viel schneller zustande. Die Einblicke in das Leben in Spanien, die ich durch meine Freunde bekommen habe, w"aren niemals zustande gekommen, wenn ich nicht Spanisch gelernt h"atte.
Also, "uberleg’ Dir das mit dem Latein nochmal!
Gruss, Steffi
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Einwand
Hallo,
es macht n"amlich richtig Spass, wenn man sich pl"otzlich mit
Leuten in deren Muttersprache unterhalten kann
Latein kann auch Spaß machen, wenn du nämlich plötzlich merkst, dass dir Texte etwas sagen, die vorher für dich stumm blieben.
Deshalb w"urde ich Dir empfehlen, irgendeine gesprochene
Sprache zu lernen,
Das schließt ja zusätzliche Lateinkenntnisse nicht aus.
weil man durch den
Austausch mit Menschen viel mehr und schneller lernt, als
durch jedes Buch,
Sprechen ja, aber sonst kann ich dir nicht zustimmen. Außerdem möchte er ja im Krankenhaus lernen, und ob da nun gerade ein Spanier oder ein Italiener oder was für ein Mensch auch immer in seinem Zimmer liegt, dürfte Zufall sein.
Also, "uberleg’ Dir das mit dem Latein nochmal!
Da bin ich ganz anderer Meinung. Ich habe mich zwar auch sehr schwer getan mit dieser Sprache, aber wenn man bedenkt, dass sich durch die Kenntnis des Lateinischen nicht nur das gesamte Mittelalter (und Teile der Antike) öffnet, sondern dass die Kenntnis des Lateinischen nicht nur den Ausdruck in der eigenen Sprache schult, sondern auch die Fähigkeit zum Erlernen der modernen Sprachstrukturen unterstützt, kann ich den Versuch, Latein zu lernen, nur unterstützen.
Ich suche noch nach einem guten Selbstlernbuch. Wenn ich eines finde, das ich empfehlen kann, dann poste ich nochmal.
Herzliche Grüße
Thomas Miller
Ja, Du hast vermutlich in sofern recht, als dass es wohl sehr auf die pers"onliche Motivation ankommt, f"ur die man eine neue Sprache lernt. Die Antike und das Mittelalter sind durchaus auch "uber Sekund"arliteratur zug"anglich, aber es ist nat"urlich in der Tat etwas anderes, Texte im Original zu lesen. Wenn es ihm also darum geht, dann sollte er es nat"urlich machen, keine Frage. Ich hatte nur gedacht, er m"ochte sich einfach mit etwas ablenken, das Spass macht und dabei noch n"utzlich ist, und ich weiss, wieviel M"uhe es macht, eine Sprache neu zu lernen - man braucht eine wirkliche Motivation und hin und wieder mal ein Erfolgserlebnis, sonst bleibt es immer ein Wunsch oder ein Vorhaben. F"ur mich ist eben die Motivation, mich nach zehn, elf Stunden Arbeit noch in die Volkshochschule zu qu"alen oder daheim Hausaufgaben zu machen, dass ich mit den Leuten reden will, sie besser kennenlernen will (und es ist viel leichter zu lernen, wenn man mit Leuten redet oder schreibt, so viele Dinge kommen einfach von ganz alleine). Aber sicher, diese Motivation kann auch woanders herkommen, da stimme ich Dir v"ollig zu.
Zum Thema Sprachstrukturen - aus eigener Erfahrung kann ich Dir sagen, dass es nicht Latein sein muss, damit man sich Gedanken "uber Sprachstrukturen macht. Ich glaube, das passiert immer, wenn man mal versucht, etwas in einer fremden Sprache auszudr"ucken, die man nicht selbstverst"andlich beherrscht. Sobald man sich damit auseinandersetzen muss, dass es einen bestimmten Ausdruck so nicht gibt, kommt man dazu, genau dar"uber (n"amlich "uber die eigene Sprache) nachzudenken (z.B. hat mich der "uberm"assige Gebrauch des Subjunctivos im Spanischen dazu gebracht, "uber den eigentlich nicht existenten Subjunktiv im Deutschen nachzudenken, und warum das so anders ist, als bei uns. Und warum es den Indefinido gibt, eine Vergangenheitsform, die im Deutschen einfach nicht existiert, und viele, viele Kleinigkeiten mehr). Dadurch habe ich z.B. auch wieder angefangen, "uber Englisch nachzudenken, das ich jeden Tag so selbstverst"andlich benutze, dass ich mir "uber komische Regeln und seltsame Zusammenh"ange nie mehr Gedanken gemacht habe. Also - dieses neue Bewusstsein f"ur Sprache und Sprachstrukturen als solche ist nicht nur durch Latein zu erwecken.
Gruss, Steffi
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Einschränkung
Hallo Thomas,
eine Deiner Aussagen möchte ich doch etwas einschränken:
sondern dass die
Kenntnis des Lateinischen nicht nur den Ausdruck in der
eigenen Sprache schult, sondern auch die Fähigkeit zum
Erlernen der modernen Sprachstrukturen unterstützt,
Das gilt nur für Sprachen, deren Strukturen dem Lateinischen halbwegs ähnlich sind. Bereits die heutigen romanischen Sprachen haben ihre Strukturen so stark geändert, daß der Versuch, ihre Grammatik mit Hilfe der lateinischen besser zu verstehen, von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist.
Und noch schlimmer wird es, wenn man sich an manchen nicht-indoeuropäischen Sprachen versucht: dann hat man heute unter anderem das Problem, daß die Grammatiken dieser Sprachen mit den Begriffen erklärt werden, die für Latein und Altgriechisch entwickelt wurden, in verschiedenen Sprachen aber nur zu Verwirrung führen, weil die Aufteilung der Wortkategorien beispielsweise überhaupt nicht paßt.
Der Nutzen des Lateins zum Lernen von Sprachstrukturen ist also sehr begrenzt.
Gruß Kubi
Hallo,
mein Lieblingsfach war in der Schule Latein. Mir gefaellt der mathematische Aufbau, und noch heute liebe ich es, alte lateinische Texte zu „lesen“ (vielleicht auch eher zusammenzupuzzeln). Ich finde, Latein eignet sich hervorragend als Grundlage fuer andere Sprachen, romanische sowieso, aber auch aufgrund der notwendigen grammatikalischen
„Auseinanderdroeselei“ fuer alle anderen. Falls jemand schon immer Latein lernen wollte, eignet sich ein Krankenhausaufenthalt doch super dafuer; man braucht naemlich zunaechst keine Gespraechspartner, sondern kann einfach „draufloslernen“, da die Aussprache nicht geuebt werden muss.
Natuerlich ist es sinnvoll lebende Sprachen zu lernen, aber das kann man ja zusaetzlich!
Leider kenn ich auch kein Erwachsenenlehrbuch, aber vielleicht fragst Du mal am naechsten Gymnasium nach, welches Lehrbuch die gerade benutzen. Dabei wuerde ich nur darauf achten, dass keine ganzheitliche Methode angewandt wird, sondern die Grammatik Stueck fuer Stueck gruendlich und komplett bearbeitet wird. Bei meinem Sohn wurde naemlich erst mal von allen Deklinationen der Nominativ besprochen, als naechstes kam der Akkusativ, dann der Dativ und zum Schluss der Genitiv. Sowohl mein Sohn als auch ich fanden die alte Methode: jede Deklinationen mit allen Faellen lernen, schneller und effizienter. Aehnlich ist das bei den Verben. Dieses seltsame „neue“ Lehrbuch wurde uebrigens nur fuer 1 Jahrgang hier genutzt.
Viel Spass beim Lernen!
Sabine
Noch’n Einwand
Hallo Sabine,
Ich finde, Latein eignet sich hervorragend
als Grundlage fuer andere Sprachen, romanische sowieso,
Woran machst Du das denn fest? Ich habe es schon in meiner Antwort an Thomas angedeutet: Diese Aussage läßt sich eventuell noch für das Vokabular halten (obwohl auch da starke Abstriche gemacht werden müssen), aber ist für die Grammatik eigentlich ziemlich daneben. Die Hauptmerkmale der lateinischen Grammatik, nämlich eine starke polysynthetische Flexion und die (fast) völlig freie Wortwahl, finden sich in keiner modernen romanischen Sprache wieder. Das Flexionssystem ist praktisch vollständig einer analytischen Ausdrucksweise gewichen, und als Folge ist die Wortstellung stark fixiert worden. Man kann also die lateinische Grammatik für moderne romanische Sprachen nicht zu besonders viel gebrauchen - außer in linguistischer Hinsicht für Etymologie und Entwicklungsuntersuchungen.
aber
auch aufgrund der notwendigen grammatikalischen
„Auseinanderdroeselei“ fuer alle anderen.
Eben nicht. Bei vielen Sprachen macvht man sich das Leben schon unnötig schwer, wenn man nur die Wortkategorien der klassischen Grammatik benutzt, weil diese eben häufig nicht anwendbar sind. Von allgemeiner Grammatik mal gar nicht zu reden. Und vokabularmäßig hat man spätestens beim Verlassen der indoeuropäischen Sprachfamilie verloren.
Gruß Kubi
Hallo an alle,
den Ansichten von Kubi möchte ich voll und ganz zustimmen. Latein erfordert ganz andere Fähigkeiten und Fertigkeiten. Von den 4 Fertigkeiten des Sprachenlernens (Sprechen, Hören, Lesen, Schreiben) werden nur das Lesen und Schreiben „gefördert“ und das im Normalfall auch nur von Latein nach Deutsch. Außerdem handelt es sich bei Latein vor allem um mikroskopisches Lesen und dem „Enträtseln“ der grammatischen Formen und Strukturen. An einen spanischen oder italienischen Text gehe ich mit ganz anderen Strategien ran. Zudem lernt man bei Latein keinen aktuellen Wortschatz, deswegen ist der Transfer zwischen modernen romanischen Sprachen beim Lesen eines Textes viel größer. Unbestritten beim Latein ist natürlich der kulturelle Gewinn.
Aber um das alles geht es eigentlich gar nicht bei Peters Anliegen. Er hat nicht gefragt, ob er Latein oder eine andere Sprache lernen soll oder welche Sprache eine gute Basis für weitere Sprachen sein könnte. Deswegen gehen die bisherigen Antworten meiens Erachtens schon an seinem Anliegen vorbei.
Ich finde es auf jeden Fall toll, daß sich Peter für seinen Krankenhaus- und Reha-Aufenthalt sich dem Lateinischen hingeben möchte, ein Gewinn wird er auf jeden Fall dabei haben.
Mit Buchtipps ist das immer etwas schwierig (auch wenn ich selbst das Latinum quasi im Selbststudium bewältigt habe). Da sollte Peter wirklich lieber mal eine Buchhandlung stürmen und sich ein paar Lehrwerke anschauen und dann entscheiden, welches ihm liegt. Ich habe vor allem mit dem „cursus novus compactus“ und mit „Felix - das Lateinbuch“ gelernt.
Aber ein paar Internettipps möchte ich an dieser Stelle noch angeben. Die ersetzen zwar kein Lehrbuch, bieten aber ganz unterschiedliche Ergänzungen:
http://www.lateinservice.de/
http://www.geocities.com/Athens/Agora/6418/
http://www.romanum.de/
http://www.ph-erfurt.de/~lingua/renzi/latein/ZKONLIN…
http://www.geocities.com/CollegePark/Gym/3410/start2…
http://www.yle.fi/fbc/latini/ (aktuelle Nachrichten auf Latein)
Schöne Grüße, Thomas