Hallöchen,
Vor ein paar Tagen sprach ich mit einem bekannten Bänker
(Filialleiter der Sparkasse in „meiner“ Stadt) über
Möglichkeiten Geld anzulegen. Seine Aussage war für mich sehr
überraschend. „Wenn du Geld hast, lege es in Gütern (Schmuck,
Antiquitäten, Immobilien …) an. In 10 bis spätestens 15
Jahren haben wir in Deutschland eine Inflation.“ Leicht
irritiert
ich bin auch irritiert. Warum sollte ein Bankmensch sich für Dich Gedanken darüber machen, was in 10 oder 15 Jahren ist? Vor dem Hintergrund seiner Ansichten hätte Dir jeder normale Mensch eine Anlage für 5-7 Jahre empfohlen und dann , also in 5 oder 7 Jahren, das Problem mit Dir diskutiert. Und dann noch dieser zufällige Anruf von Deinen Eltern…
Naja, wollen wir spaßeshalber mal davon ausgehen, daß sich das alles so zugetragen hat. Die Frage lautet also: Besteht in Deutschland und Frankreich das Risiko steigender Preissteigerungsraten?
Die Antwort ist einfach: Ja, natürlich.
Schauen wir uns die Sache doch einmal näher an: Die Bundesbank betrieb früher eine Geldmengensteuerung auf Basis des einfachen Gedankens von Angebot und Nachfrage, also: Ist viel Geld auf dem Markt steigen die Preise, ist wenig Geld auf dem Markt fallen sie. Feinheiten lassen wir mal außen vor.
Die ganze Veranstaltung hat prima funktioniert, obwohl man sich an seine eigenen Regeln nicht ganz so gehalten hat, wie man vorhatte. Das war aber eigentlich egal, weil man das Heft in der Hand hatte, sozusagen, und bei unerfreulichen Entwicklungen unmittelbar und unabhängig eingreifen konnte.
Sobald also inflationäre Tendenzen am Horizont auftauchten, wurden die Zinssätze erhöht und die Liquidität verknappt, so daß sich der Geldmarkt wieder beruhigte. (Auch hier wieder vereinfachte Darstellung.) Das ganze klappte jedenfalls so gut, daß in den letzten 25 Jahren die Inflationsrate nur einmal kurzzeitig die 4%-Marke überschritt, nämlich Mitte der 90er nach dem Wiedervereinigungsboom und dem Konsumrausch der frisch mit D-Mark beglückten Mitteldeutschen.
Die Situation stellt sich derzeit etwas anders dar: Wir befinden uns in der Euro-Zone und die EZB herrscht nicht über den deutschen Geldmarkt und die deutsche Inflation sondern über den europäischen Geldmarkt und über die europäische Inflation. Das hat Konsequenzen, die manche vorhersehen haben. Europa oder die Euro-Zone ist kein einheitlicher Wirtschaftsraum. So wie in Deutschland die verschiedenen Regionen verschiedene Wirtschaftsentwicklungen aufweisen, gibt es natürlich eueropaweit auch Unterschiede und zwar ganz erhebliche.
Ganz offensichtlich kann die EZB die Geldmenge in den einzelnen Euro-Ländern nicht separat und damit angemessen steuern und genauso offensichtlich kann sie nicht jedem Land einen separaten, angemessenen Zinssatz verpassen. Insofern macht die EZB eine europäische Geldpolitik, was zur Folge hat, daß diese Politik für einige Länder genau richtig ist, für einige zu expansiv (also zu viel Liquidität und zu niedrige Zinsen) und für einige Länder zu restriktiv (zu wenig Liquidität und zu hohe Zinsen). Im Augenblick ist sie für Deutschland und Frankreich einigermaßen richtig mit leichter Tendenz zu „könnte expansiver sein“, für Irland weiterhin zu expansiv und für den Rest paßts schon, grob gesagt.
Soviel zum Thema Geldpolitik. Betrachten wir die Inflation nun von der anderen Seite. Vor ein paar Tagen war im BWL-Brett eine Frage zur Inflation bzw. vor allem zu ihren Entstehungsgründen. Der als Antwort gegebene Link soll für unsere Zwecke heute reichen. Bei den Inflationsursachen kann man in der Tat zwischen Angebotsdruck und Nachfragesog unterscheiden. Von den eben beschriebenen monetaären Hintergründen sollen uns die nicht-monetären Ursachen primär interessieren.
Der deutsche Staat war in den letzten 30 Jahren immer ein Freund von Ausgaben, mal mehr, mal weniger. Der derzeitige Sparminister hat das Kunststück geschafft, bei der ganzen Sparerei die Nettoneuverschuldung von 1998-2003 praktisch zu verdoppeln. Im Gegensatz aber zu den vergangenen Jahrzehnten geht das staatsseits ausgegebene Geld nicht zu wesentlichen Teilen in Investitionen sondern im steigendem Maße in den Konsum. Allein rd. 60 Mrd. Euro werden an Sozialhilfe und Arbeitslosengeld/-hilfe gezahlt, hinzu kommen noch die unwesentlichen Rentenzahlungen von rd. 430 Mrd. Euro (seit Anfang der 90er immerhin um rd. 180 Mrd. gestiegen).
All jene Ausgaben haben den Charme, das sie zu einem sehr großen Anteil direkt in den Konsum gehen, also sofort kaufkraftwirksam werden. Wir finden also zwei Gründe für Inflation aus der Liste wieder: Privater Konsum und Staatsausgaben. Hinzu kommt, daß die Sparquote immer weiter sinkt, weil immer mehr Menschen einen immer größeren Anteil ihres Einkommens schlicht und ergreifend ausgeben müssen. Eine Erhöhung der Zinsen durch die EZB,
Dem entgegen (bzw. eigentlich ergibt sie sich mit daraus) steht aber der Trend zur „Schnäppchenjagd“, d.h. Dinge jenseits des täglichen Bedarfs werden nicht einfach so gekauft, sondern es wird gewartet, bis das Zeug wieder ein bißchen billiger geworden ist. Alternativ wird gleich auf Kredit gekauft, was den Konsum dann wieder anheizt.
Nun schauen wir auf die Angebotsseite: Kostendruck über ständig steigende (und definitiv weiter steigende) Abgaben und wahrscheinlich auch über höhere Steuern, denn irgendwie müssen die Haushaltslöcher ja gestopft werden. Und auf lange Sicht wird auch unser Freund der Erdölpreis sein Scherflein beitragen, denn darauf daß, der schwarze Strom die nächsten zehn Jahre für zwischen 25 und 40 Dollar je Barrel weiterhin sprudeln wird, sollte sich niemand verlassen.
Soviel zu den Argumenten pro-Inflation. Um aber noch eins klarzustellen: Wenn wir hier von inflationären Tendenzen sprechen, dann reden wir nicht von Verhältnissen wie in der Weimarer Republik, sondern den südeuropäischen Verhältnissen vor 15 oder 20 Jahren.
Es kann natürlich auch ganz anders kommen: Die Wirtschaft erholt sich, Arbeitslosengeld und Sozialhilfe können zurückgefahren werden, die Menschen sparen wieder, konsumieren aber auch weiter und kurbeln damit die Wirtschaft weiter an, so daß die Unternehmen wieder investieren und verdienen und wenn sie nicht gestorben sind…
Gruß,
Christian