Nachmaul
Hai Martin,
da Du mich gut kennst, rechnest Du sicher damit, daß ich
nochmal rumquengele. Deine Erwartung nicht zu entsprechen,
wäre mir sehr unangenehm 
So do I. Auch Du kennst mich, und Du weißt, dass ich Deine Fachkenntnis in Bezug
auf Weine sehr schätze; sie ist wirklich profund. Aber darum geht es hier nicht
in erster Linie. Es geht um den Versuch, möglichst objektive Ergebnisse zu
erzielen und um die Mittel, die dazu angewandt wurden.
Umgekehrt wird ein Schuh draus!!! Die Discounter haben ja
schlecht abgeschnitten,
daher ist der Test gut für die Spitzenerzeuger, und die sind
doch wohl eher die
Klientel des WeinGourmet!
Hier sitzt Du, glaube ich, einem Irrtum auf:
Die Spitzenerzeuger sind da kein Problem: erstens wird über
die eh in den einschlägigen Fachzeitschriften berichtet,
zweitens sind die für die Fäche eh uninteressant, weil sie
nicht genügend anbieten können (und das ist keine Preis-,
sondern eine Mengenfrage). Drittens: die Verbraucher, die
ihren Alk im Discounter kaufen, sind für Spitzenerzeuger eh
kein Zielpublikum.
Dazu muss ich schon noch was sagen:
Erstens war Deine erste Einlassung, dass Discounter ja keine Kunden des
WeinGourmet seien, schlicht Schmarrn. Denn die haben ja gerade schlecht
abgschnitten. Was die Spitzenerzeuger betrifft, muss ich das zugegebener Maßen
insofern revidieren, dass diese selbst natürlich nicht die Kunden sind, sondern
jede Menge Versender und Einzelhändler, jede Menge Zubehörverkäufer usw usw., die
sich alle an eine Klientel wenden, die, sagen wir mal, gehobenere Weine kauft bei
Händlern, die die Spitzenweine so ein bisschen als Markenzeichen heraushängen
lassen. So meinte ich das eigentlich. Es geht um die Leserschaft des WeinGourmet,
die allesamt von Wein ein bisschen was verstehen oder das zumindest glauben. Und
es ging mit diesem Test natürlich darum, den leuten zu zeigen: He, das Zeug beim
Aldi taugt wirklich nix. Nicht, dass ihr auf die Idee kommt und da was kauft und
es vielleicht sogar noch gut findet. Und wenn sie nicht auf die Idee gekommen
wären, ist es eine Bestätigung für sie. Jedes Medium bringt Berichte, die seine
Leser/Hörer/Zuschauer bestätigt.
Und, das ist mir
besonders wichtig,
solange er weiß, dass eben nur die Plörre im Test ist. Da kann
man blind testen
so lange man will, das ist eben unprofessionell!!
Insofern ist das keine Frechheit, sondern sachliche Kritik.
Nein, das ist keine sachliche Kritik.
Dass es das doch ist, möchte ich nochmal versuchen (und auch dazu ist ein
längeres Zitat nötig):
Die verwendete Systematik, um zu den Punktwerten zu kommen,
ist hinreichend bekannt.
Normalerweise wird in einer Verkostungsjury als erstes ein
Wein offen und gemeinsam verkostet. Meistens ein Wein, von dem
mehrere Flaschen da sind.
In Bezug auf diesen Wein, wird sich dann in der Jury
besprochen, welchen Punktwert man diesem Wein zuordnen möchte.
Dieser Basiswein schneidet z.B. mit 85 Punkten ab. Ab da hat
das jeder professionelle Verkoster drauf, die daraufhin
verkosteten Weine innerhalb des 100-Punkte-Schemas relativ zu
dem Basiswein einzuordnen.
Insofern sind 80 Punkte eben 80 Punkte (daß es für die
Bewertung von Weinen objektive Kriterien gibt, muß ich Dir
nicht erklären).
Wenn Du jetzt einen schlechteren Wein vor Dir stehen hast,
bekommt er den Wert der ihm zusteht, wenn Du einen besseren zu
verkosten hast: dito.
Das ist in sich sicher nicht unrichtig. Der entscheidende Fehler besteht darin,
dass Du, wenn Du nicht mit Automaten, sondern mit Menschen testest, eine
Bezugsgröße brauchst. Das Punktesystem allein taugt dazu nicht, Du brauchst den
Anfangspunkt. Und wenn Du den an einer beliebigen Flasche aus dem insgesamt
miesen Prüfmaterial festmachst, so kannst Du keine objektive Aussage drüber
fällen, wie gut (gemessen an allen Weinen dieser Welt) das Prüfmaterial ist.
Deine Beschreibung des Testvorgangs schließt nur aus, dass einzelne Prüfer von
anderen Voraussetzungen ausgehen. Aber das Ergebnis insgesamt wird nicht
objektiver, es sind nur alle Urteile gleichmäßig verschoben (ich kann also
nachher ablesen, welcher der miesen Weine besonders mies war und welcher weniger
mies - aber immer nur gemessen an den anderen miesen).
Mag sein, dass dies ein den Weinverkostern genügender Test war -
wissenschaftlicher Objektivität genügt er nicht!! Das war jetzt der Kernsatz
meiner Kritik am Test und an Deinen Ausführungen dazu. Patrik hat das alles noch
viel besser ausgeführt.
Wenn Du in so einen Test einen, sagen wir mal 1973er Castillo
Ygay einschmuggelst, wird dieser Wein irgendwas zwischen 94
und 97 Punkten bekommen - je nach dem, wie die konkrete
Flasche sich präsentiert.
Wenn Du den selben Wein in eine Verkostung von 1er Crus
reinstellt, bekommt er denn gleichen Punktwert, weil er den
einfach Wert ist.
Das streite ich nach den o. g. Ausführungen glattweg ab und das könnte auch
leicht bewiesen werden. Die Einführung eines Punktsystems und der Einsatz
erfahrener tester genügt nicht, um objektive Ergebnisse zu erzielen!
Aber nach allen Informationen die ich habe, ist dieser Test
maximal korrekt gelaufen.
Maximal? Dazu hätten Weine anderer Qualitätsstufen hineingehört. Immer (naja:
sehr oft) wenn jemand ehrlicher Weise solch einen wirklich gemischten Test
korrekt durchführt, kommt es nämlich zu ganz erstaunlichen Ergebnissen.
Übrigens auch bei der von Dir (und leider vielen anderen) so polemisch und völlig
zu Unrecht beschimpften Stiftung Warentest. Ich kenne die Leute und ihre Methoden
ziemlich gut. Und ich weiß auch, dass kaum jemand laufenbd mit so vielen
Prozessen überzogen wird wie die Stiftung. Und der Anteil der gewonnenen
Prozesse, bei der selbstredend die wissenschaftlichen Methoden sehr genau unter
die Lupe genommen werden, liegt sehr weit über 90 Prozent (ich erinnere mich
nicht mehr ganz genau, aber ich glaube bei 97-98%). Und Du darfst mir glauben,
dass nahezu jeder Produzent, dessen Erzeugnis schlecht abgeschnitten hat, egegn
die angeht!
Ich spreche ihnen ihre Sachkenntnis nicht ab, aber kein Mensch
kann unter diesen
Voraussetzungen wirklich objektiv sein! (q.e.d.)
Das q.e.d. stelle ich auf Grund obiger Ausführungen geziemend
in Frage 
Ich denke doch, dass Patrik und ich das widerlegt haben. Der Anteil der Sternchen
in diesem thread zeigt das ja auch, obwohl die nicht unbedingt Beweiskraft haben.
…
So, und jetzt hab ich dazu genug gesagt. Mehr gibt’s für mich dazu nicht mehr zu
sagen. Soll jeder selber entscheiden, was er für richtiger hält.
Schöne Grüße vom
Bolo