Inneren Konflikt lösen

Hallo,
Ich frage mich, welche Langzeit-Auswirkungen es für ein Kind hat, dass in der frühen Kindheit (Baby, Kleinkind und Grundschulkind, auch später noch) vernachlässigt wurde, weil die Mutter keine Zeit hatte.
Ich bin heute 28 Jahre. Als ich in den Kindergarten gekommen bin, hat man meiner Mutter empfohlen eine Therapie mit mir zu machen, da ich Verhaltensauffällig gewesen bin (schlechte soziale Kompetenz). Ich war dann ca. 2 Jahre in Therapie (jede Woche ein Termin) und meine Mutter hat erfahren, dass sie zu wenig Zeit für mich hatte und nicht konsequent in der Erziehung mit mir war. Ich habe eine drei Jahre ältere Schwester. Sie, genau wie meine Eltern, wurden nicht direkt in die Therapie mit einbezogen (zu meinem heutigen Bedauern). Meine Schwester fühlte dich vom „Thron“ gestoßen als ich zur Welt kam (sicherlich auch wegen dem Zeitmangel meiner Mutter). Mein Vater hat sich aus jeder Erziehungsfrage herausgehalten (altes Rollen-Klischee zu 100% erfüllt). Ich habe mich damals sehr schlecht gefühlt, da man mir „nur“ vermittelt hat, dass ich der „Kasus-knacktus“ bin, der die Familien-Idylle ins wanken bringt. Es wurden mir viele Vorwürfe auch seitens meiner Mutter gemacht. Für meinen Vater war ich sicherlich ein Kind, auf das er auch gut hätte verzichten können, da er harmoniebedürftig ist und Stress/Streit nicht gut ertragen kann. Meine Mutter hat später (als ich im Teenager alter war) nicht mit Kritik an mir gespart. Ich hatte oft das Gefühl, dass ich sämtliche Schuld auf mich lade und ich auch bei anderen familiären Konflikten gerne als Sündenbock diente. Damals war ich oft sehr traurig. Habe versucht darüber nachzudenken, wie ich mich ändern kann! Ich habe ernsthafte Selbstreflexion betrieben und versucht an mir zu arbeiten. Oft war ich verzweifelt.
Wenn ich heute zurückblicke, sehe ich viele Dinge, die ich damals nicht so gesehen habe. Zum Beispiel die Verachtung meiner Schwester mir gegenüber. Meine Schwester hat keine Situation ungenutzt gelassen mir zu beweisen, dass ich ein weniger liebenswerter Mensch bin als sie es ist (Konkurrenzkampf). Sie hat sich stehts gut durchgesetzt und alles was sie glaubte ihr zu steht von meinen Eltern eingefordert und bekommen. (Sie ist nicht zu kurz gekommen, auch wenn die es heute noch denkt.) Vor allem aber die Beziehung zu meiner Mutter ist bis heute schwer belastet. Sie ist unfair (in dem Sinne, dass sie Stress/Launen an der Familie auslässt, gerne an mir, aber auch ab und an an meinem Vater), sie hat immer noch kein Vertrauen in mich, denkt ich kann mein Leben nicht meistern! Ihre Sorge geht soweit, dass sie persönliche Grenzen überschreitet und meine Privatsphäre nicht respektiert. Manchmal ist es unerträglich für mich, wenn sie „schwerfällige Gedanken“ hat (meist plötzlich) und mir einreden will, dass ich psychisch labil bin. Sie sagt dann Sätze wie „Das ist doch nicht mehr normal“ zu mir. Es stört mich sehr, dass sie kein Vertrauen in mich hat. Ich studiere im letzten Semester (Naturwissenschaften, Fach möchte ich nicht genau sagen, Personenschutz) und schreibe nun noch ca. 1-2 Wochen meine Bachelorarbeit zu ende. Da ich die Praxisphase an einer anderen Uni gemacht habe, welche in der Nähe meines Elternhauses ist, wohne ich nun seit ca. 8 Monaten wieder zu hause. Ich werde so bald wie möglich wieder ausziehen (zum Glück dauert es nicht mehr lange). Ich habe in der Zeit die ich nicht zu hause gewohnt habe (Ausbildung, Studium) mich meiner Meinung nach gut weiter entwickelt. Auch dass ich mein Abitur gut gemacht habe, finde ich schön. Ich habe viele Freunde an der Schule und Uni gefunden und seit ca. 8 Jahren einen Freund. Ich habe über mein Umfeld in dieser Zeit viel positives Feedback bekommen und mein Selbstwertgefühl gestärkt. Aber nur 8 Monate im Haus meiner Eltern, bringen mich wieder zur Verzweiflung. Der Konflikt mit meiner Mutter ist anscheinend noch nicht „überwunden“. Es hat mich zum Nachdenken gebracht, dass ich live miterleben konnte (wie eine 3 beobachtende Person) wie wir in alte Verhaltensmuster zurückgefallen sind. Ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll!! Grundsätzlich macht es mir nichts aus, wenn meine Mutter mich kritisiert, da ich mich für kritikfähig halte. Es gibt nur einen Knackpunkt: Ihre Kritik trifft mich an meiner schwächsten Stelle. Sie denkt ich bin nicht lebenstauglich!!! Ich habe das Gefühl, sie will UNBEDINGT, dass ich ein schlechtes Selbstwertgefühl habe. Nichts ist gut genug. Alles ist schlecht. Ich bekomme keine Anerkennung. Abitur, Ausbildung, Studium alles ohne Pause mit guten Noten „durchgezogen“. Ich frage mich dann : „Weiß sie eigentlich nicht, wer ich bin?“ Sie hat ein anderes Bild von mir, als ich von mir. Mein langjähriger Freund hat mal gesagt, dass nicht ich die mit den psychischen Problemen bin, sondern meine Mutter. Es macht mich wirklich sehr traurig, dass ich ihr nichts recht machen kann und dass sie kein Vertrauen in mich hat. Nach so langer Zeit und nachdem ich doch nun (fast) unabhängig mit beiden Beinen im Leben stehe. Ich spiele mit dem Gedanken nach meinem Umzug in eine andere Stadt den Kontakt vorerst einschlafen zu lassen. Es kränkt mich extrem, dass sie kein Vertauen in mich hat.
Anmerkung: Mit meiner Mutter sind keine normalen Gespräche möglich! Mit meinem Vater unterhalte ich mich gerne. Wir haben auch gemeinsame Interessen. Die Beziehung zu meinem Vater hat sich positiv entwickelt, weil er, anderes als meine Mutter (und meine Schwester) erkennt, dass ich erwachsen geworden bin und er fragt mich auch oft um Rat (letzteres würde meine Mutter niemals tun, da sie sowieso alles besser weiß).
Abschließende Frage:
Wie lange werde ich noch diesen inneren Konflikt in mir tragen? Auf der einen Seite meine Mutter (deren Meinung mir viel bedeutet), die mich klein macht und ständig kritisiert, sogar psycho-Attacken muss ich aushalten. Auf der anderen Seite das positive Feedback aus meiner (nicht-elterlichen) Umgebung, der Erfolg im Beruflichen und die Freunde die mich schätzen. Es zerreißt mich innerlich, dass sie ein so schlechtes Bild von mir hat. (Zum Glück hat mein Vater diese Haltung verloren)
Ich weiß nicht, ob ich die richtigen Worte gefunden habe, mein Problem darzulegen.
Aber vielleicht kann mir jemand sagen, wie es zu dem Verhalten meiner Mutter kommt?? Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht?

P.S.: Dachte ich als Kind und Jugendliche oft, dass ich ein Störfaktor in der Familie bin, asozial, unfähig, schlecht, so sehe ich heute, dass ein Kind niemals Täter ist, sondern Opfer.
Ich habe viele Jahre gebraucht, um dies für mich selbst zu klären (warum wurde dies mir in der Therapie nicht vermittelt?). Das heißt, ich dachte ich bin ein schlechter Mensch und daher verhaltensauffällig, nicht weil mein Umfeld mich dazu veranlasst hat. Meine Mutter ist sich bis heute sicher, der perfekte Mensch zu sein. Sie hat natürlich auch niemals einen Fehler in der Erziehung gemacht. Dass sie während ich beim Kinderpsychologen in Therapie war, weiterhin dachte, sie hätte alles richtig gemacht finde ich auch eine Frechheit, vor allem, dass sie meiner Oma die Schuld gab. (Meine Oma hat mich mehr oder weniger groß gezogen, da meine Mutter keine Zeit hatte). Ich will ihr keine Vorwürfe machen, und doch mache ich ihr welche. Nicht weil sie Fehler in der Erziehung gemacht hat, sondern dass sie sich nicht im Klaren darüber ist, welche „Kettenreaktion“ daran verknüpft ist und dass ich heute noch manchmal darunter leide.

Hallo,

ich weiß nicht, wie sehr du dich - trotz all der Umstände - nach deinen Eltern und deiner Schwester sehnst, wenn du nicht bei ihnen bist. Sollte dein Verlangen, deine Familie zu sehen, allerdings nicht allzu groß sein, dann würde ich dir raten, den Kontakt wirklich einschlafen zu lassen. Ich habe auch kein bombiges Verhältnis zu meinen Eltern (längst nicht so krass, wie das, was du schilderst) und wir kommen gut klar, solang sich das ganze auf Besuchsbasis abspielt. Wenn ich mal länger als ein Wochenende zuhause bin, kochen auch die alten Verhaltensmuster wieder hoch. Wenn du andere Umgebungen hast, die dich wertschätzen, wo du entspannt du selbst sein kannst, dich wohlfühlst und die keine 20 Jahre alten Konflikte in sich tragen, dann begib dich in diese.
Du hast geschrieben, die Meinung deiner Mutter ist dir wichtig. Wieso? Aus dem Rest deines Textes konnte ich keinen Anlass dafür herauslesen, dass deine Mutter dir jemals das Gefühl gegeben hat, eine realistische, kluge Meinung über dich zu haben.

Du hast jetzt dein Studium hinter dir und bist dann wahrscheinlich auch finanziell unabhängig. Es ist nun dein Leben und du musst entscheiden, wer Teil davon ist. Eine Person, die dich von vorn bis hinten nur belastet, sollte - nur meine Meinung - nicht Teil deines Lebens sein. Und damit meine ich ausdrücklich nicht, dass auch mal (!) mehr gibt als man bekommt. Wenn es nicht deine Familie, sondern nur Freunde wären, hättest du sie wahrscheinlich schon längst aussortiert. Zumindest eine gute Weile würde ich das jetzt mit dem Teil der Familie machen, dessen Anwesenheit mich nur belastet. Wenn einige Monate bis Jahre ins Land gezogen sind, kannst du dann vllt. auch mit gelegentlichen Besuchen und dem erneuten Ausbrechen der alten Konflikte so gelassen umgehen, dass es nicht dein Leben ins Wanken bringt.

Gruß
Yvette

Danke für deine Antwort. Ich habe bereits die Erfahrung gemacht, dass ich mich wohl fühle, wenn ich nicht zu hause wohne/wenig Kontakt habe zu meinen Eltern.

Aber es zermürbt mich, dass ich keine Möglichkeit habe, meine Mutter davon zu überzeugen, dass ich ein verantwortungsbewusster, gefestigter Mensch geworden bin. (Ich weiß nicht, warum ich Wert auf ihre Meinung lege. Mein Freund sagt mir auch schon mehr mal, dass ich damit abschließen soll und Kritik von ihr nicht an mich heranlassen darf.)

Und vor allem: Sie ist so penetrant in ihrer Annahme ich sei psychisch nicht normal/labil, dass ich es manchmal selbst glaube !!! Ich wende alle Kraft auf mir das nicht einreden zu lassen.

MFG Nugat1234

Abstand!!!
Hallo,

ach wie gut kenne ich das???

Genauso und viel Schlimmeres habe ich mit meiner Mutter auch durch!

Es nützt nichts, du musst einen Abstand einbauen!!!

Ich habe zu meiner Mutter heute nur sporadischen telefonischen Kontakt!

Mittlerweile bin ich fast 40 Jahre alt und es kommt immer noch vor, dass sie meint, sich in mein Leben einmischen zu müssen.

Ich mache das so:

Ich telefoniere mit ihr, wie mit einer guten Bekannten, fängt sie wieder an „Schei…e zu labern“, ruf ich nicht mehr an.
Etwa ein halbes Jahr später melde ich mich wieder und das ganze geht wieder ein halbes Jahr gut, dann fängt sie wieder an Mist zu erzählen.
Ob sie einfach zu alt ist, um sich zu ändern?

Sie glaubt und glaubte, mein Leben in die richtige Bahn zu lenken und die einzige richtige Bahn war natürlich nur ihre, nicht meine.

Sie hat mich fertig gemacht, seit ich ansich sprechen und Sprache verstehen konnte (1.Erinnerung ab dem 3. Lebensjahr bei mir). Wie wertlos ich wäre und ja sogar ein Felsbrocken wäre mehr wert als ich…ach was weiß ich noch alles (vieles kann man gar nicht aussprechen!).

Ich kann nur eines sagen: ganz gleich wer dir das Gefühl gibt /gab, dass du minderwertig bist, ihn/ihr trete in den Hintern oder schieß ihn/sie auf den Mond, ganz nach Belieben.

Mir ist es auch egal, wie überfordert meine Mutter angeblich war oder nicht, meine anderen Geschwister wurden weder misshandelt noch seelisch kaputtgemacht! Sie kann mir gestohlen bleiben!
Den Kontakt habe ich mehr oder weniger wieder aufgenommen, weil sie ja meine Mutter sei und doch gerne wissen will, wie es mir geht! (jetzt so ganz ohne sie?? SEHR GUT!)

Mein Rat, als selbst betroffene: Zieh aus, und beende den Kontakt, den du am besten dann wieder aufnimmst, wenn du sicher bist, dass sie dich nicht wieder fertig macht!
Sag ihr klipp und klar, dass du auch ohne sie auf eigenen Beinen stehen kannst und schon immer konntest.
Du bist wer!! Und noch dazu eine intelligente und liebe Person!!
Lass dich nicht mehr fertig machen.

Ich drücke dir die Daumen, weiß aber, dass du kein Daumendrücken brauchst, weil du das alleine hinbekommen wirst. So wie du dich schon als Kind alleine durch´s Leben geschlagen hast und das hast du hervorragend gemacht! Sei stolz auf dich!

Liebe Grüße

Ayse

Hallo,

vllt. ist es dir einfach so wichtig, weil sie nun mal deine Mutter ist und von klein an um dich rum war. Trotzdem, du hast jetzt ca. 20 Jahre in dieser Konstellation hinter dir, du schreibst, man könne mit deiner Mutter nicht reden und es würde sich nichts ändern. Dann lass diese fruchtlose Baustelle. Falls es deiner Mutter irgendwann weh tut, ihr eigenes Kind „verloren“ zu haben, weil kein/kaum Kontakt mehr besteht, kommt vllt. dadurch bei ihr ein Denkprozess, was schiefgegangen sein könnte, in Gang, den du jetzt durch Worte oder Beweise deiner Lebensfähigkeit nicht anstoßen kannst. Deshalb würde ich mir die Wertschätzung woanders suchen: Beim Freund, bei Freunden, Hobbys, deiner zukünftigen Arbeit, irgendwas, worin du aufgehst, was du gern tust, Menschen, mit denen du freiwillig gern zusammen bist.
Ich bin mir sicher, dir wird es mit der Zeit besser gehen, deine Aufmerksamkeit verlagert sich weg von deiner Familie und du kannst auch besser damit umgehen, falls doch mal wieder ein Schuss vor den Bug von Mutter oder Schwester kommt - weil du dann weißt, dass das nicht dein Leben ist, sondern dass du bald wieder abreist und dann wieder das Leben lebst, was du möchtest.

Gruß

Ich denke daran, dass ich bald wieder ausziehe und halte mich mit diesem Gedanken über Wasser!! Dass ich nun noch mal für einen Zeitraum zu Hause eingezogen bin, und alte Wunden aufgerissen sind, hat mich völlig unerwartet Überrascht/geschockt. Ich hatte geglaubt, dass sich dass Verhältnis zu meiner Mutter gebessert hat (da ich sie manchmal auch besuchen gefahren bin, z.B. in den Semesterferien und da alles gut war).
Ich hätte niemals gedacht, dass mich die Vergangenheit nach so vielen Jahren wieder einholt!!

Es ist auch schade, dass meine Schwester in dem „Konkurrenzkampf“ um die Aufmerksamkeit meiner Mutter hängen geblieben ist. (Ich selbst habe nicht diesen Konkurrenzdruck empfunden, ganz im Gegenteil, ich habe immer gehofft so wenig Beachtung wie möglich zu bekommen, da für mich Beachtung= Kritik und Kontrolle bedeutete).

Danke für deine Antwort. Es bestätigt mich darin, das Weite zu suchen und Abstand zu nehmen (was mir aber schwer fällt, da ich meine Mutter nicht verletzten/enttäuschen will).

MFG

Hallo danke für deine Antwort.

Hast du irgendwie einen Grund gefunden, warum sich deine Mutter so verhalten hat? Kann man sich das irgendwie erklären? Ich frage mich warum? Warum? Und warum ich? Und nicht meine ältere Schwester?? Und kann man da gar nichts machen?

Ich denke auch, dass meine Mutter zu alt ist, um sich zu verändern. Sie ist sehr festgefahren. Das bemerkt man auch an ihrer starren Alltags-Bewältigung, die nicht verändert/unterbrochen werden darf. Sie zwingt einem ihren „Lebensrhythmus“ auf, auch mein Vater ist davon betroffen. Wer sich nicht nach ihr reichtet, ist undankbar und nimmt keine Rücksicht auf sie !!! (letzteres betont sie täglich)
Sie beklagt sich jeden zweiten Tag, wie viel sie arbeitet (in ihrem Leben schon gearbeitet hat) Diese „Parole“ kommt mir schon aus den Ohren wieder raus!! Es ist unerträglich!! Es impliziert, dass alle anderen Taugenichts sind und niemand es so schwer hat wie sie! (Auch eine Rechtfertigung, warum sie so wenig Zeit für uns Kinder hatte).

MFG

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Dann lass sie in dem Glauben, dass du ein schlechter Mensch wärst (oder wofür auch immer sie dich hält). Damit verletzt du sie nicht, darin hat sie Bestätigung oder Genugtuung oder was auch immer sie möchte. Und du und alle, die dir wichtig sind, wissen, dass dem nicht so ist und damit ist für jeden die Welt in Ordnung. Wie gesagt, falls deine Mutter eines Tages auf den Gedanken kommt, dass es ihr wehtut, dass du nicht mehr Teil ihres Lebens bist, kommt sie vllt. auch zu der Erkenntnis, dass dein Leben nicht so positiv wäre, wie es anscheinend ist, wenn du nichtsnutzig und schlecht wärst. Sollte diese Erkenntnis eintreffen, kannst du ihr die Vorwürfe, die sie sich dann vllt. macht aber nicht ersparen und das würde ich an deiner Stelle auch nicht (weiterhin) versuchen. Du bist nicht für ihr Leben verantwortlich, sondern vordergründig erstmal nur für deins! Wie gesagt, frag dich immer, was du machen würdest, wenn es nicht deine Mutter wäre, sondern „nur“ eine gute Freundin oder Bekannte. Ich finde, das hilft einem etwas, von diesem „Heiligtum Mama“ wegzukommen. Auch Mütter können Fehler machen und man muss sich ihnen nicht bis ans Ende seiner (oder ihrer) Tage zu ewiger Dankbarkeit verpflichtet fühlen, nur weil sie einen irgendwann mal zur Welt gebracht haben. Achtung und Wertschätzung möchte ich weder als Tochter noch als Mutter bei der jeweils anderen unhinterfragt voraussetzen, weil „sie nun mal meine Mutter/Tochter ist“, beides verdient man sich über die Zeit durch sein Handeln - oder eben auch nicht. Sicherlich hat man als Verwandte da mehr Narrenfreiheit und einen dickeren Geduldsfaden als Freunden gegenüber, aber auch das kann man sich verspielen. Ich finde, das wird manchmal zu lang übersehen.
Deshalb: Mach dich frei von dem Gedanken, du könntest sie verletzen. Anscheinend macht sie sich da ja auch keine Gedanken drüber. Wieso also mehr investieren als zurückkommt?

Gruß

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Hallo,

Hast du irgendwie einen Grund gefunden, warum sich deine
Mutter so verhalten hat? Kann man sich das irgendwie erklären?

Ich habe den Grund gefunden, aber das bringt mich nicht weiter!
Sie hat Dinge, die ihr mein Vater „angetan“ hat an mir ausgelassen. Weil: (das ist nun das geilste)Ich sehe ihm so ähnlich! Sie hat ihre Probleme mit ihm auf mich projiziert und mit viel Erfolg. So war die Ehe sehr friedlich nur das Verhältnis zur ältesten Tocher bescheiden!

Ich frage mich warum? Warum? Und warum ich? Und nicht meine
ältere Schwester?? Und kann man da gar nichts machen?

Das habe ich mich auch sehr lange gefragt! Du warst eben zur richtigen ZEit am richtigen Ort, hast dich wenig gewehrt, warst ein gutes Opfer!

Ich denke auch, dass meine Mutter zu alt ist, um sich zu
verändern. Sie ist sehr festgefahren. Das bemerkt man auch an
ihrer starren Alltags-Bewältigung, die nicht
verändert/unterbrochen werden darf. Sie zwingt einem ihren
„Lebensrhythmus“ auf, auch mein Vater ist davon betroffen. Wer
sich nicht nach ihr reichtet, ist undankbar und nimmt keine
Rücksicht auf sie !!! (letzteres betont sie täglich)
Sie beklagt sich jeden zweiten Tag, wie viel sie arbeitet (in
ihrem Leben schon gearbeitet hat) Diese „Parole“ kommt mir
schon aus den Ohren wieder raus!! Es ist unerträglich!! Es
impliziert, dass alle anderen Taugenichts sind und niemand es
so schwer hat wie sie! (Auch eine Rechtfertigung, warum sie so
wenig Zeit für uns Kinder hatte).

Meine Therapeutin hat mir mal gesagt, dass meine Mutter für ihr Verhalten eine Entschuldigung brauchte, daher immer diese Aussagen, sie hätte ja so ein hartes Leben, keiner würde soviel arbeiten wie sie, bla bla. Ich denke es geht einfach darum, sich nicht eingestehen zu müssen, dass sie Fehler gemacht hat. Und es geht auch darum ihr eigenes schlechtes Gewissen mundtot zu machen!

Diese Therapeutin hat mir damals auch klar gemacht, dass es keinen Wert hat jetzt immer noch nach Anerkennung durch meine Mutter zu lechzen, weil mir das auch nichts mehr bringt.
Das hätte ich als Kind gebraucht, jetzt als Erwachsene nicht mehr!
So sehe ich es auch selbst.
Ich brauche weder sie, noch ihre Anerkennung (manchmal, würde es mich schon freuen, wenn sie mal was nettes sagen würde, zu all dem was ich ganz alleine ohne jemandes Hilfe geschafft habe!).
Du siehst, es ist nicht ganz so einfach. Mutter-Tochter-Beziehungen sind ohnehin nicht einfach. Schlimmer wird es, wenn es auch noch solche Mütter wie deine oder meine sind.
Ich denke, dass es psychische Störungen sind, die solche Frauen haben. Oder wie soll man sich das sonst erklären, dass eine Mutter so mit ihrem Kind umgeht???

Lass den Kopf nicht hängen. Irgendwann bist du selbst Mutter und weißt du was das beste daran ist, dass du so eie Mutter hast?
Du wirst definitiv nicht die Fehler machen, die sie gemacht hat, weil du ja siehst, zu was es führt bei einem Kind!!!

Zieh deine Lehre für dich daraus, aber schlepp das bitte nicht mehr mit dir rum. Das Leben ist viel schöner ohne solche inneren Konflikte.

Ganz liebe Grüße
Ayse

MFG

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Das ist wirklich toll geschrieben.

* dafür!

Grüße
Ayse

…und Ausstand äh Einstand in der neuen Wohnung „feiern“ ;o)

Hallo,

wie bereits mit anderen Worten erwähnt:
Man kann einen anderen Menschen nicht ändern, nur sich selbst.

Da es Dir in all der Zeit aber nicht gelungen ist (und auch nicht gelingen wird) das Bild das Deine Mutter von Dir hat zu ändern, lass es bleiben. Du weisst doch eigentlich, dass Du ok bist. Man kann es im Leben nicht jedem recht machen, ein bisschen muss man auch sich selbst treu bleiben.

Selbst bei ganz gewöhnlichen Familien ohne nennenswerte Besonderheiten oder Auffälligkeiten kann es Zores geben, wenn ein einmal ein ausgeflogenes Kind wieder in Nest zurückkommt…schon alleine aus dem Grund, weil Kind für sich selbst Mittel und Wege gefunden hat mit Situationen umzugehen die von der Sichtweise der anderen Familienmitglieder deutlich abweichen können.

Deshalb, fiebere freudig Deinem erneuten Auszug entgegen und Deiner wiedergewonnenen Freiheit ;o)

Auch die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt.
(Laotse)

Gruß
M.

Hallo Hyper.
Danke für deine Antwort!!
Ich habe oft mit dem Gedanken gespielt, den Kinder-Psychologen aufzusuchen, da ich denke, meine Mutter hat mir nur „Halbwahrheiten“ erzählt, wenn ich sie nach Gründen gefragt habe (ich selbst war ja noch ziemlich klein, kann mich nicht sehr gut erinnern, Verdrängung?) Aber weder sie noch mein Vater sagen mir den Namen. Ich weiß nur ungefähr wo die Therapie stattgefunden hat (also den Ort). Ich hätte den Psychologen gerne noch mal heute befragt und mich als Erwachsene vorgestellt. Ich weiß auch (das finde ich im Übrigen schrecklich), dass Tonbandaufnahmen gemacht wurden!!! Zum Zweck der Forschung. Meine Mutter hatte da bestimmt eingewilligt. Die ersten Therapiestunden habe ich schrecklich geweint, dass weiß ich noch, weil ich alleine bei dem Therapeuten beleiben sollte und die Anwesenheit der Eltern nicht vorgesehen war. Meine Mutter behauptet ohne die Therapie hätte sie das Problem mit mir nicht in den Griff bekommen und es wäre eine ihrer besten Entscheidungen gewesen. Ich denke, dass ich damit abgeschlossen habe, aber manchmal kommt alles wieder hoch.

LG

Liebe Nugat1234,

Meine beruflich erfolgreiche Patentochter, von ihrer Umgebung geschätzt, gut aussehend, fröhlich kommt mit ihrem Leben nicht klar, weil sie vergeblich dauernd versucht, Anerkennung von ihrer dominanten Mutter zu bekommen.

Diese ist materiell grosszügig, lässt ihre Tochter jedoch nie gelten. So behält man die Menschen in den Fingern. Man sonnt sich in ihren Erfolgen, verunsichert sie aber und redet ihren Selbstwert klein.

Der Bruder meiner Patentochter hat sich nach dem erfolgreichen Abschluss des Physik-Studiums und besten beruflichen Aussichten aus demselben Grund von einer Brücke in den Tod gestürzt. Mein dringlicher Rat: „Hau ab nach Amerika!“ kam nicht mehr rechtzeitig; er hatte innerlich bereits abgeblockt.

Mein eigener Vater war auch so, aber sein Einfluss auf mich nahm schlagartig ab, als mir bewusst wurde, dass er bloss neidisch war. Ich nahm mir danach das Recht, mein Leben nach eigenem Gutdünken zu gestalten - kommentarlos! Ich empfehle Dir das auch. Räumlicher Abstand hilft dabei.

Zwecklos zu glauben, dass sich Deine Mutter je ändert. Sie hegt Dir gegenüber Schuldgefühle und will es so darstellen, dass sie Dich nie vernachlässigte, sondern dass an Dir ohnehin jede Liebesmühe verschwendet wäre. Wenn sie anfängt, ungemütlich zu werden, unterbrich sie sofort und wechsle das Thema, als hättest Du sie nicht gehört.

Alles Gute für die Zukunft
wünscht Dir Maggie

Hallo Nugat1234,

Ich bin’s nochmal. Vielleicht wäre ein offenes Gespräch mit Deinem Vater (ohne Zuhörer) für beide hilfreich. Mit einem Augenzwinkern von einem zum anderen könntet Ihr die Ergüsse der Frau / Mutter ins Leere laufen lassen.

Setze Prioritäten in Deinem Leben. Die Ansicht Deiner Mutter darf nicht so bestimmend bleiben, wenn Du sie auch liebst!

Gruss: Maggie

Hallo

Wie lange werde ich noch diesen inneren Konflikt in mir tragen? Auf der einen Seite meine Mutter (deren Meinung mir viel bedeutet), die mich klein macht und ständig kritisiert, sogar psycho-Attacken muss ich aushalten.

Abstand wäre natürlich gut, aber noch besser wäre es vielleicht, wenn du es lernen könntest, dem Einhalt zu gebieten.

Reden kann man mit deiner Mutter nicht, schreibst du, deswegen müsstest du deine Nachricht in eine sehr kurze Antwort zusammenfassen. - Vielleicht sowas wie: „Ich möchte nicht, dass du mich schlechtmachst! Höre bitte damit jetzt auf!“ oder so ähnlich.
Oder „Ich möchte diese Worte nicht mehr von dir hören!“ -

Und DANN wäre es GANZ WICHTIG, dass du dich nicht in eine dem folgende Diskussion ziehen lässt. Einfach nicht sprechen, zur Not rausgehen. Mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit wird sie nach einer Schrecksekunde nämlich versuchen, solche Aussagen zu zerfasern, kleinzureden, lächerlich zu machen etc. Muss aber nicht sein, vielleicht beeindruckt sie der Widerstand.

Wenn man das hinkriegt, dann hört das mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit auf. - Wenn du das (oder sowas Ähnliches) nicht kannst, dann mach eine Therapie mit dem Ziel, das zu lernen: Sich Respekt zu verschaffen. Dann würde sich das Problem nämlich vielleicht in Luft auflösen.

Aber vielleicht kann mir jemand sagen, wie es zu dem Verhalten meiner Mutter kommt?? Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht?

Einigermaßen ähnliche, und habe mit o.g. Methode ganz hervorragende Erfolge erzielt. Ich habe zu dem Zeitpunkt allerdings nicht mehr zu Hause gewohnt, und das erleichtert die Sache doch sehr stark.

Viele Grüße

Hallo

Du wirst definitiv nicht die Fehler machen, die sie gemacht hat, weil du ja siehst, zu was es führt bei einem Kind!!!

Das ist nicht gesagt! Viele Leute widerholen die Fehler ihrer Eltern, auch wenn sie genau wissen, zu was es bei ihnen geführt hat.

Viele Grüße

Dann lass sie in dem Glauben, dass du ein schlechter Mensch
wärst (oder wofür auch immer sie dich hält). Damit verletzt du
sie nicht, darin hat sie Bestätigung oder Genugtuung oder was
auch immer sie möchte.

Ja ich weiß, dass sagt mein Freund auch (der einzige dem ich davon erzählt habe). Es fällt mir aber schwer mir ein „dickes Fell“ zu zulegen und Vorwürfe und Kritik an mir abprallen zu lassen. Ich werde es aber üben und mir immer wieder sagen, dass ich sie nicht ernst nehmen darf und sie kein Recht hat, mich so zu verurteilen.

Du bist nicht

für ihr Leben verantwortlich, sondern vordergründig erstmal
nur für deins! Wie gesagt, frag dich immer, was du machen
würdest, wenn es nicht deine Mutter wäre, sondern „nur“ eine
gute Freundin oder Bekannte. Ich finde, das hilft einem etwas,
von diesem „Heiligtum Mama“ wegzukommen. Auch Mütter können
Fehler machen und man muss sich ihnen nicht bis ans Ende
seiner (oder ihrer) Tage zu ewiger Dankbarkeit verpflichtet
fühlen, nur weil sie einen irgendwann mal zur Welt gebracht
haben.

Ich habe Angst mir eines Tages Vorwürfe zu machen, nämlich dann wenn irgendwann Post ins Haus flattert und sie tot ist und ich keine Zeit mehr mit ihr verbracht habe. Ich würde dann ein sehr schlechtes Gewissen haben. Vil hat sie noch 10 oder 15 Jahre zu leben? Selbst wenn sie überdurchschnittlich alt wird würde ich mich bei einem Kontaktabbruch immer Fragen wie es meinen Eltern geht (Und ich will den Kontakt zu meinem Vater auf keinen Fall abbrechen). Ich weiß, dass es ihr das Herz brechen wird, weil sie an mir hängt (so paradox es sein mag!) Vielleicht sollte ich den Kontakt nur 1-2 Jahre abbrechen und dann noch mal neu überlegen.

Deshalb: Mach dich frei von dem Gedanken, du könntest sie
verletzen. Anscheinend macht sie sich da ja auch keine
Gedanken drüber. Wieso also mehr investieren als zurückkommt?

Sie macht sich ja Gedanken über mich!! Viel zu viele Gedanken. Ständig in Sorge, dass ich auf die schiefe Bahn gerate oder sonst was schief läuft in meinem Leben!! Das treibt mich ja zum Wahnsinn!!! Ihre Kontrolle, ihr Misstrauen!!! In jeder Kleinigkeit sieht sie psychische Störungen!
Beipiel: Ich möchte später zwei große Hunde haben (ein sehr großer Wunsch/Traum von mir) und die Hunde in meiner Freizeit Hobby-mäßig
Ausbilden/ Parkour-Training machen. Ihre Aussage dazu: „Menschen die sich mit 15 Katzen und Hunden umgeben, haben einen Schaden und sind nicht ganz frisch im Kopf. Da muss ich ja auch an deinem Verstand zweifeln. Das scheint mir, als wäre das für dich ein Ersatz für irgendetwas anderes. Eine Art Kinderersatz, oder weil man in seinem sozialen Umfeld nicht zurrecht kommt…“…redet weiter …redet weiter, ohne Punkt und Komma.

An dem Beispiel kann man vil sehen, dass sie immer denkt ich wäre nicht normal! Und psychisch krank/labil. Ich kann mich nicht dagegen wehren!!

LG

Meine beruflich erfolgreiche Patentochter, von ihrer Umgebung
geschätzt, gut aussehend, fröhlich kommt mit ihrem Leben nicht
klar, weil sie vergeblich dauernd versucht, Anerkennung von
ihrer dominanten Mutter zu bekommen.

Da kann ich mich sehr gut hineinversetzten!

Der Bruder meiner Patentochter hat sich nach dem erfolgreichen
Abschluss des Physik-Studiums und besten beruflichen
Aussichten aus demselben Grund von einer Brücke in den Tod
gestürzt. Mein dringlicher Rat: „Hau ab nach Amerika!“ kam
nicht mehr rechtzeitig; er hatte innerlich bereits abgeblockt.

Das ist ja schrecklich !!! Was für eine Tragödie!!! Wie haben die Eltern reagiert? Hat man endlich Selbstreflexion betrieben und über das eigene Verhalten nachgedacht/ es in Frage gestellt? Ist der Umgang mir der Tochter (deine Patentochter) besser geworden? Oder hat der Tod nichts im Denken der Mutter verändert?

Zwecklos zu glauben, dass sich Deine Mutter je ändert. Sie
hegt Dir gegenüber Schuldgefühle und will es so darstellen,
dass sie Dich nie vernachlässigte, sondern dass an Dir ohnehin
jede Liebesmühe verschwendet wäre. Wenn sie anfängt,
ungemütlich zu werden, unterbrich sie sofort und wechsle das
Thema, als hättest Du sie nicht gehört.

Vielen Dank für den Tipp!! Wenn ich drüber nachdenke, glaube ich, dass auch meine ältere Schwester diese Strategie verwendet. Sie erzählt sehr viel von sich selbst und wie toll alles/sie selbst ist. Meine Mutter freut das und sie kommt nicht dazu (auf den Gedanken) meine Schwester zu kritisieren!

Alles Gute für die Zukunft
wünscht Dir Maggie

Vielen Dank!! Wünsche ich dir und deiner Patentochter auch !!! Ich drücke ihr die Daumen, dass sie es schafft, den Konflikt für sich zu lösen.

Im Haus der Eltern
Hallo,

das Elternhaus/ die elterliche Wohnung hat eine ganz besondere Eigenschaft: Es/ sie bringt alle Familienmitglieder, die sich darin aufhalten, dazu, innerhalb kürzester Zeit in ihre Eltern-Kind-Rolle zu verfallen :smile:. Und das auch dann, wenn die „Kinder“ längst erwachsen sind.

Ich bin 53 Jahre alt und selbst bereits Großmutter. Bereits nach einer halben Stunde im Haus meiner Eltern kann ich beobachten, wie meine Mutter sich vor Versorgungsbemühungen zu überschlagen beginnt, obwohl ich mich prima auskenne und wesentlich weniger Energie dafür brauche, um beispielsweise den Kaffeetisch zu decken. Und bis der Kaffee durchgelaufen ist, hat sie mir schon mehrfach Haare und Fusseln vom Pullover gepflückt, sich besorgt erkundigt, ob ich genügend trinke, mich gefragt, ob ich nicht auch finde, dass die Farbe meines Pullovers nicht zu meinen roten Haaren passt und mindestens einmal versucht, mir etwas zu schenken, was sie „nicht mehr braucht“ (und was sie sich meist selbst erst gekauft hat).

Ich selber ertappe mich bei kindlich-genervten Abwehrreaktionen und dem Bemühen, meiner Mutter zum millionsten Mal klarzumachen, dass ich schon groß bin.

Meine Geschwister und ich hatten immer ein sehr liebevolles Verhältnis mit unseren Eltern. Und doch: Je länger wir Zeit miteinander verbringen, desto schwieriger wird es für mich, das Verhalten meiner Mutter auszuhalten. Natürlich weiß ich um ihre guten Absichten, natürlich ist mir klar, dass ihr hohes Alter sie Dinge anders wahrnehmen und bewerten lässt. Und natürlich sage ich mir auch, dass die gemeinsame Zeit gezählt ist. Und so plage ich mich ein bisschen mit meinem schlechten Gewissen rum, reiße mich am Riemen und versuche, die gemeinsamen Stunden so positiv wie möglich zu gestalten.

Will sagen: Bestimmte Verhaltensmuster zwischen Eltern und Kinder sind schwer aufzulösen. Meist wird es besser, wenn eine gewisse (räumliche) Distanz geschaffen wird, aber sobald man diese verkürzt, greifen auch die Muster wieder.

Wenn man - wie du - nach einer gewissen Zeit der Distanz diese quasi auf Null reduziert, erscheint es mir fast zwangsläufig, dass ihr dort weitermacht, wo ihr euch getrennt habt. Dass euere Beziehung zudem belastet ist, macht die Sache nicht einfacher. Müsste ich plötzlich bei meinen Eltern leben, gäbe das vermutlich innerhalb kürzester Zeit einen Riesenkrach - ganz ohne belastende Vorgeschichte, einfach nur aus der Eltern-Kind-Beziehung resultierend.

Deshalb: Vielleicht hilft dir ein wenig Gelassenheit und das Wissen darum, dass Eltern-Kind-Beziehungen etwas sehr Spezielles sind und nicht automatisch dadurch einfacher werden, dass alle Beteiligten älter werden.

Wenn wieder mehr Raum zwischen euch ist, wird sich auch die Beziehung entspannen. Eine grundlegende Lösung wird es wohl nicht mehr geben. Kindheit lässt sich nicht nachholen. Doch die Erkenntnis, dass Menschen nicht so einfach aus ihrer Haut können, mag dir ein wenig mehr Gelassenheit geben.

Schöne Grüße,
Jule

Hi,

den Kontakt für 1-2 Jahre einzufrieren halte ich für eine gute Idee. Wenn du es schaffst, kannst du ja auch nur Kontakt zu deinem Vater pflegen, ihn außerhalb der Familie treffen z.B.
Falls ein kompletter Kontaktabbruch nicht möglich sein sollte, würde ich die qualitativen Gespräche und die Kontaktpflege auch nur auf den Vater beschränken. Versuch mit deiner Mutter nur die nötigsten organisatorischen Dinge zu klären und verlasse durch Themen- oder Gesprächspartnerwechsel oder durch Verlassen des Raumes die Gesprächssituation, sobald auch nur der geringste Angriff kommt. Mach dich unangreifbar, durch räumliche Distanz oder durch sofortiges Entziehen der Redegelegenheit. Einerseits nimmt das deiner Mutter die Gelegenheit, überhaupt Gemeinheiten auszusprechen, andererseits - und den Effekt finde ich viel wichtiger! - wirst du keinen Inhalten mehr ausgesetzt, die wieder Wasser auf deine Grübel-Mühlen und dich dich fragen lassen, was du eigentlich falsch machst. Aus eigener Erfahrung bekommt man das nämlich nie so ganz hin, dass einem Worte nichts mehr ausmachen. Man kann sie nur gar nicht erst hören.

Dass sie sich über die Maßen Sorgen macht, kannst du evtl. bekämpfen, indem du immer wieder deinen Dickkopf durchsetzt. Nicht diskutieren, sondern einfach sagen: „Mama, ich mach das so und so, leb damit.“ Lapidares Beispiel, aber meine Mutter kräht immer vor Entsetzen, wenn sie hört, dass ich ohne Hausschuhe durch meine Erdgeschosswohnung laufe, keine Unterhemden trage, nachts um 2 durch die dunkle Stadt nach Hause laufe, an einem Abend mit zich verschiedenen Männern Salsa tanze und auf der Straße Fahrrad fahre. Daran wird sich aber nichts ändern, nur weil ihr das Sorge bereitet, dem Kind (ich bin 25) könnte etwas zustoßen. Den Abnabelungsprozess muss sie meistern, dabei kann ich ihr nicht helfen. Nicht mal, wenn ich zukünftig Unterhemden und Hausschuhe tragen würde. Dann würde sie andere Sachen finden, die ihr Sorgen machen. Mitlerweile (ich bin seit 7 Jahren ausgezogen) hat sie sich etwas beruhigen können, weil das Kind schließlich immer noch lebt und fast nie krank ist. Ein Leben ohne Hausschuhe scheint also möglich.

Also abschließend nochmal: Leb dein Leben, schränk den Kontakt zu ihr komplett oder zumindest auf das allernötigste ein, lass dich auf keinerlei Vorwurfsschlachten mehr ein und hol dir deine Wertschätzung außerhalb der Familie.

Gruß

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