Intelligenz im Tierreich

Hallo Neurobiologen,

wo gibt es außerhalb der Säugetiere noch Intelligenz im Tierreich und wie hoch ist sie?

Menschenaffen, Elefanten und Delfine sind bekannt. Krähenvögel sollen zum Teil in der Lage sein, sich selbst im Spiegel zu erkennen, bestimmte Kraken sollen ja auch relativ intelligent sein.

Gibt es sonst noch Kandidaten unter den Fischen, Reptilien, Wirbellosen?

Gruß!
Karl

Hallo Karl.

wo gibt es außerhalb der Säugetiere noch Intelligenz im
Tierreich und wie hoch ist sie?

Angeblich soll man Intelligenz gelegentlich bei Menschen festgestellt haben. Ich halte das für ein Gerücht. :wink:

Gruß, Nemo.

Hi,

der Mensch ist ein Säugetier, wobei ich die Intelligenz hin und wieder bezweifle …

Davon abgesehen muss man erstmal Intelligenz definieren - es ist ja immer auch eine Frage von „was ist nötig“. Man kann ja schon nicht Hunde mit Katzen vergleichen - es gibt Menschen, die behaupten, Hunde seien intelligenter, weil man sie einfacher abrichten kann als Katzen. Das ist in meinen Augen aber eine sehr beschränkte Sicht der Dinge.

Gruß
Cess

Hallo Neurobiologen,

bin keiner, aber ich weiß, dass z.b. kraken sehr intelligent sein sollen. sie lernen von zusehen und kommunizieren gezielt über muster auf der haut. finde ich faszinierend!

http://de.wikipedia.org/wiki/Kraken
http://www.3sat.de/dynamic/sitegen/bin/sitegen.php?t…
http://www.scinexx.de/index.php?cmd=focus_detail2&f_…
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/19/19782/1.html

gruß
ann

Fische, Spinnen
Hallo,

wo gibt es außerhalb der Säugetiere noch Intelligenz im
Tierreich und wie hoch ist sie?

geben tuts umso mehr, je länger und eingehender man sich damit auseinandersetzt. Wie hoch sie ist, hängt sicher von der Intelligenzdefinition ab. Auf jeden Fall zeigen viele Tiere auf für sie wichtigen Gebieten verblüffende kognitive Leistungen, die teilweise die des Menschen deutlich übersteigen - auch solche, die wir allgemein für blöd halten. Z.B. können Tauben mit absoluter Sicherheit ein echtes Gemälde von einem Duplikat unterscheiden, selbst da wo der beste Kunstkenner versagt (wird als Nebeneffekt der hohen visuellen Selektionsleistung gesehen, die sie haben, um in Staub und Dreck ihre Körnernahrung zu finden)…

Menschenaffen, Elefanten und Delfine sind bekannt. Krähenvögel
sollen zum Teil in der Lage sein, sich selbst im Spiegel zu
erkennen, bestimmte Kraken sollen ja auch relativ intelligent
sein.

Gibt es sonst noch Kandidaten unter den Fischen, Reptilien,
Wirbellosen?

Auf jeden Fall. Letztlich hatten ja quasi alle Tiergruppen dieselbe Zeit zur Evolution zur Verfügung wie wir, so dass man letztlich nicht sagen kann, Fische oder Wirbellose wären niedriger entwickelt. Sie sind eher anders entwickelt und viele Wirbellose haben halt andere funktionierende Überlebensstrategien entwickelt und können auf große kognitive Leistungen verzichten. Da wo es sich gelohnt hat, hat die Natur aber auch hier erstaunliche Fähigkeiten entwickelt.

Was Fische betrifft, ist mir als Aquarianer z.B. eine extrem hohe Individualität und soziale Intelligenz bei Diskus-Buntbarschen aufgefallen. Die leben in Gruppen, ähnlich wie Affen und haben auch ähnliche soziale Verhaltensweisen. Z.B. lausen sich die Fische regelrecht gegenseitig, um Beziehungen zu pflegen. Sie interessieren sich für abstrakte Angelegenheiten, z.B. hat einige meiner Tiere, wenn ich ein Computerspiel gezockt habe, der Blick auf den Monitor mehr fasziniert als das gleichzeitig angebotene Futter. Und Diskus sind in der Lage, echte Freundschaften einzugehen. Dominante Tiere beschützen z.B. befreundete, schwächere Tiere (also nicht pauschel, sondern befreundete Einzelindividuen) innerhalb der Gruppe gegen ranghöhere ‚Stänkerer‘ und weisen diese zurecht. Insgesamt schätze ich die kognitiven Leistungen von Diskusbuntbarschen höher ein, wie die vieler kleinerer Säugetiere. Leider stehen sie damit selbst in der Gruppe der Buntbarsche, die mit ihrem Kommunikationsrepertoire und ihrer Brutpflege innerhalb der Fische schon sehr weit entwicklt sind, recht einsam da.
Es gibt aber noch andere Fische, bei denen Anzeichen für Intelligenz sogar wissenschaftlich nachgewiesen wurden, z.B. hat man bei jungen Nilhechten ein echtes Spielverhalten gefunden, das kannte man bis dahin nur von Säugetieren.

Bei Wirbellosen haben wir ja die Tintenfische als gutes Beispiel.Die sind schlau und extrem neugierig. Wer, dem mal einer beim tauchen begegnet ist, würde denken, dass sie mit den Schnecken verwandt sind?
Aber auch unter den Spinnen gibt es neben den dämlichen Radnetzspinnen, Vogelspinnnen oder sonstigen instiktgesteuerten Viechern eine Gruppe, die kognitiv echt was drauf hat: das sind die Springspinnen. Das sind kleine, auf Sicht jagende Spinnen, die ohne Netze auskommen und ihre Beute aktiv jagen und deshalb recht hohe kognitive Leistungen benötigen. Sind auch beliebte Objekte der verhaltensforschung. So hat man z.B. mit Springspinnen den Labyrinthtest gemacht: Ein Labyrinth mit mehreren Ein- und Ausgängen aufgebaut, auf der einen Seite die Springspinne, auf der anderen Seite an einem Ausgang eine Fliege als Beute. Man hat der Spinne einen Bleistift als Aussichtsturm hingestellt, sie hat diesen auch benutzt, um sich die Sache eine Weile von oben anzusehen und ihren Weg zu planen und dann in 100% von 100% der Fälle auf Anhieb den richtigen Weg gefunden. Ratten, die ja dafür berühmt sind, haben bei solchen Labyrinthtests eine beachtliche Fehlerquote (ich glaube, so um die 60%).

Gruß, Jesse

Huhu!

Sternchen für deinen Artikel.
hast du zufällig irgendwelche Quellen für die Experimente mit Springspinnen? Würde mich sehr interessieren!

lieben Gruß
aj

Hallo auch!

wo gibt es außerhalb der Säugetiere noch Intelligenz im
Tierreich und wie hoch ist sie?

Ich sehe das wie Cess zB auch sehr kritisch, dieses Satz auf diese Weise, ohne nähere Definitionen in den Raum zu stellen. Jedes Tier ist genau so intelligent, wie es sein muss, um in seinem Umfeld überleben zu können. Ist der Mensch Maßstab aller Dinge? Kann man behaupten, ein Elefant besäße keine Intelligenz, obwohl er recht zuverlässig Wegstrecken durch Wüsten wiederfindet, die er monatelang nicht mehr begangen hat, soziale Kompetenzen aufweißt und so weiter, aber keine Integralrechnung beherrscht?
Besser wäre sicherlich die Frage nach vergleichbaren kognitiven Leistungen zum Menschen oder so ähnlich.
Wobei ich auch damit nicht wirklich glücklich bin, denn viele beeindruckende Leistungen, mit denen der Mensch nicht mal annähernd mithalten kann (weil er es nie musste!) fallen dabei leicht unter den Tisch.

Menschenaffen, Elefanten und Delfine sind bekannt.

Was ist zB mit im Rudel jagenden Räubern, die gemeinsame Jagten koordinieren müssen (zB Wölfe, Löwen usw)? Was ist mit Mardern, wo dir jeder Kleintierhalter mit Außengehege ein Lied von deren Einfallsreichtum singen kann, um an die Beute zu kommen. Was ist mit Schweinen, denen manche eine mindestens ebenso hohe Auffassungsgabe einbräumen wie dem Hund (und nachdem ich mit einigen Frischlingen zu tun hatte, die charakterlich alle verschieden waren, bin ich mindestens davon überzeugt, dass sie ganz und gar nicht blöd sind). Die Liste liese sich sicherlich beliebig lang fortsetzen, selbst wenn man sehr menschliche Maßstäbe ansetzt.

Krähenvögel
sollen zum Teil in der Lage sein, sich selbst im Spiegel zu
erkennen,

Der Spiegeltest ist sicherlich ein interessantes Experiment um bestimmte kognitive Leistungen zu erkennen… aber ich habe mein Problem damit, ihn als generellen Maßstab für Intelligenz zu nehmen. Krähenvögel haben doch sehr viel interessantere Fähigkeiten zu bieten, als den Spiegeltest:

http://www.youtube.com/watch?v=-7lC3XkzjM8&feature=r…
http://www.youtube.com/watch?v=F8L4KNrPEs0&feature=fvw
http://www.youtube.com/watch?v=onA2ve3EDWk&feature=r…

Diese schlaue Nussknacktechnik konnte ich sogar selbst schon einmal bei Rabenkrähen in Göttingen beobachten (allerdings ohne Ampeln)! Faszinierend.
Auch Papageienvögel zB werden auch nach menschlichem Maßstab als sehr Intelligent gehandelt.

Gibt es sonst noch Kandidaten unter den Fischen, Reptilien,
Wirbellosen?

Es gibt ja Leute, die alles mögliche clickern…gerade in den USA ist Fischclickern auch sehr beliebt… benutz mal die Suchfunktion von einem Videoclipanbieter mit den Begriffen Fisch und clickern

Lieben gruß
Aj

Hallo!

Ich gebe Euch ja mit fast allem Recht, was Ihr sonst so gesagt habt (bei manchen Dingen habe ich aber so meine Zweifel: Sind Tauben tatsächlich die besseren Kunstexperten?)

Trotzdem sollte man aber bei all den schönen Ausnahmen von der Regel die Regel selbst nicht vergessen, und die heißt nunmal:

Wirbeltiere sind in aller Regel intelligenter als Wirbellose.
Säugetiere sind intelligenter als Fische, Amphibien und Reptilien.
Primaten sind intelligenter als die restlichen Säugetiere.
Menschen sind intelligenter als (nichtmenschliche) Affen.

Mit Intelligenz meine ich jetzt die Fähigkeit zum flexiblen, selbstbestimmten, problemlösenden Handeln. Klar, jetzt gibt es wieder diese Diskussionen „Auch bem Schimpanse ist Werkzeuggebrauch bekannt!“, aber der Unterschied zwischen einem Stöckchen mit dem man im Termiten-Hügel bohrt und einem PC ist meiner Meinung nach nicht mehr nur ein quantitativer…

Michael

Guten Abend

Ich gebe Euch ja mit fast allem Recht, was Ihr sonst so gesagt
habt (bei manchen Dingen habe ich aber so meine Zweifel: Sind
Tauben tatsächlich die besseren Kunstexperten?)

Es gibt da sehr viele Tests mit Tauben zu dem Thema, zB

http://www.welt.de/print-welt/article447295/Die_Van_…
http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-10124-2009-07-0…

lieben gruß
aj

Hallo,

die behaupten, Hunde seien intelligenter, weil man sie
einfacher abrichten kann als Katzen. Das ist in meinen Augen
aber eine sehr beschränkte Sicht der Dinge.

ich finde diese Aussage auch immer sehr lustig. Für das, was der Hund macht, würde man Menschen als „schön blöd“ bezeichnen.

Gruß, Niels

Hallo!

Ich mahne zur Vorsicht bei der Interpretation solcher Versuche!

Ich gebe Euch ja mit fast allem Recht, was Ihr sonst so gesagt
habt (bei manchen Dingen habe ich aber so meine Zweifel: Sind
Tauben tatsächlich die besseren Kunstexperten?)

Es gibt da sehr viele Tests mit Tauben zu dem Thema, zB

http://www.welt.de/print-welt/article447295/Die_Van_…
http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-10124-2009-07-0…

Das liest sich aber bei Jesse Bee noch ganz anders: „Z.B. können Tauben mit absoluter Sicherheit ein echtes Gemälde von einem Duplikat unterscheiden, selbst da wo der beste Kunstkenner versagt.“

Diese seine Aussage halte ich nämlich für falsch. Wie sollte man denn einer Taube den Unterschied zwischen echt und gefälscht beibringen, wenn man ihn selbst nicht kennt? (Und nur mal so als Anregung: Schaut mal ‚Kunst und Krempel‘ im bayerischen Fernsehen und achtet darauf, woran die Experten da Original von Fälschung unterscheiden. Glaubt Ihr wirklich, dass das eine Taube erlernen kann?)

Die Versuche, die Du verlinkt hast, sind außerdem gewöhnliche Konditionierungsversuche. Es ist zwar nett zu erkennen, was die Tauben alles können - unbestritten! Aber es gibt da doch noch einen Unterschied zum Menschen, den man nicht leugnen kann: Ich behaupte, dass man einen Menscen nicht konditionieren muss, damit er einen Chagall von einem Van Gogh unterscheiden kann: Es wird selbst bei einem künstlerisch vollkommen unbedarften Mensche ausreichen, jeweils nur ein einziges Bild zu zeigen. (van Gogh und Chagall sind bekanntlich Künstler mit sehr eigenen Stilmerkmalen. Versucht mal einer Taube den Unterschied zwischen Da Vinci und Michelangelo beizubringen. Viel Spaß!)

Und was das Erkennen von „Schönheit“ anbetrifft: Da hätte ich mal gerne eine ganz klare Versuchsbeschreibung mit Beispielbildern.

Mit reißerischen Bemerkungen (s. o.) ist der Sache nicht gedient.

(Das alles soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die kognitiven Fähigkeiten von Vögeln lange Zeit weit unterschätzt wurden).

Michael

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Hallo!

ich finde diese Aussage auch immer sehr lustig. Für das, was
der Hund macht, würde man Menschen als „schön blöd“
bezeichnen.

„Ihr Hund spielt Schach?“
„Ja.“
„Das ist aber ein intelligentes Tier!“
„Wieso? Er verliert doch ständig!“

:wink: Michael

Hallo,

Das liest sich aber bei Jesse Bee noch ganz anders: „Z.B.
können Tauben mit absoluter Sicherheit ein echtes Gemälde von
einem Duplikat unterscheiden, selbst da wo der beste
Kunstkenner versagt.“

kam mal in einer BBC-Doku über die kognitiven Leistungen von Tieren AFAIR. Da wurden Tauben auf Gemälde eines bestimmten Malers konditioniert und dann hat man diese fälschen/ nachmalen lassen bzw. gute Handreplikationen herangeschafft. Die Tauben mussten bei der Expertise gegen geschulte Menschen antreten und konnten das sicher auseinanderhalten. Wurde halt begründet, wie ichs angegeben habe - als Nebenprodukt einer extrem hohen kognitiven Leistung bei der Visualisierung von Details, die für die Futtersuche aus der Luft halt wichtig ist.

Klar, das mit dem ‚besten Kunstkenner‘ war von mir sicher populistisch übertrieben, denn AFAIR hat man mit gleichen Bedingungen gearbeitet und den/die Experten nicht nah genug ans Bild rangelassen, um am Lack zu kratzen. :smile:

Diese seine Aussage halte ich nämlich für falsch. Wie sollte
man denn einer Taube den Unterschied zwischen echt und
gefälscht beibringen, wenn man ihn selbst nicht kennt?

Ich denke, das Menschen und Tauben halt einfach anhand unterschiedlicher Kriterien/ kognitiver Fähigkeiten/ Prozesse urteilen. Ich könnte mir vorstellen, das die Taube einfach genau erkennt, ob frei oder schematisch nach einer vorgemalten Skizze gearbeitet wurde, einfach indem sie einen feinen Mustererkennungssinn dafür hat und ‚Regelmäßigkeit‘ in der Struktur erkennt. Die Taube muss dafür den Maler nicht kennen oder den Unterschied zwischen ‚echt‘ und ‚gefälscht‘ und muss auch keinen bezug dazu haben, was Kunst ist. Sie muss nur auf einige echte Bilder desselben Malers konditioniert werden und zeigt dann halt an, wenn ein Bild ‚anders‘ ist. Ob und wie das nun gefälscht ist, wird sie wenig interessieren, ihr gehts ums Futter…

Der Mensch hat halt nicht so ein irre feines Mustererkennungsvermögen, weil er davon keinen Nutzen gehabt hätte während seiner evolutionären Entwicklung und kann eine gute Reproduktion deshalb u.U. nicht gleich auf Augenschein erkennen. Er arbeitet dann halt mit anderen Methoden, indem er Stil, Material und Eigenarten des Malers kennt. Wenn er aus der Nähe prüft, wieviele Schichten aufgetragen wurden, wie die die Qualität von Leinwand und Farben ist oder das Bild durchleuchtet, um die Vorzeichnung zu erkennen, wird er sicher schon eine bessere Expertise abgeben, als die Taube. :smile:

(Und
nur mal so als Anregung: Schaut mal ‚Kunst und Krempel‘ im
bayerischen Fernsehen und achtet darauf, woran die Experten da
Original von Fälschung unterscheiden. Glaubt Ihr wirklich,
dass das eine Taube erlernen kann?)

Nein. Muss sie aber vermutlich auch nicht.

Die Versuche, die Du verlinkt hast, sind außerdem gewöhnliche
Konditionierungsversuche. Es ist zwar nett zu erkennen, was
die Tauben alles können - unbestritten! Aber es gibt da doch
noch einen Unterschied zum Menschen, den man nicht leugnen
kann: Ich behaupte, dass man einen Menscen nicht
konditionieren muss, damit er einen Chagall von einem Van Gogh
unterscheiden kann: Es wird selbst bei einem künstlerisch
vollkommen unbedarften Mensche ausreichen, jeweils nur ein
einziges Bild zu zeigen.

Die Taube muss konditioniert werden, da Kunst und Malerei in ihrem Leben keine Bedeutung hat. Sie weiß nicht, wer Chagall und van Gogh sind, was Kunst oder Malerei ist - das hat für sie vermutlich keinen emotionalen oder intellektuellen Bedeutungsinhalt.
Klar ist hier ein Unterschied zum Menschen da, der aber allein nicht den Schluss der kognitiven Höherstellung des Menschen zulässt. Das ist ja immer das Problem bei Intelligenzforschung, das man sich davor hüten muss, aus menschlichen Hirnstrukturen basierende, auf menschliche Bedürfnisse zugeschnittene menschliche Kognitionsleistungen zum Vorbild zu nehmen. Die Prinzipien des Erfassens der Umwelt, das sich ergebende Weltbild von Tieren und ihr kognitive Zugang zu diesen Inhalten kann komplett anders funktionieren als unseres, sie haben keinen Zugang zu unseren Denkprozessen und wir keinen zu ihren. Wichtig ist halt letztlich, ob ein Wesen innerhalb seines Weltabbildes fähig ist, sich durch angepasste Reaktionen auf Verännderungen seiner Umgebung flexibel einzustellen, um seine Bedürfnisse erfüllen/ überleben zu können. Somit ist eine Fliege, die hundertmal hintereinander gegen dieselbe Festerscheibe knallt, sicher schonmal nicht intelligent…

Und was das Erkennen von „Schönheit“ anbetrifft: Da hätte ich
mal gerne eine ganz klare Versuchsbeschreibung mit
Beispielbildern.

Darum gehts nicht, das hat für eine Taube wahrscheinlich dieselbe Bedeutung, wie für dich die topografische Feinstruktur eines windbewegten Laubwaldes von oben.

Mit reißerischen Bemerkungen (s. o.) ist der Sache nicht
gedient.

Jep, da stimmme ich zu, Asche auf mein Haupt.

(Das alles soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die
kognitiven Fähigkeiten von Vögeln lange Zeit weit unterschätzt
wurden).

Es wurden gerade Untersuchungen durchgeführt, wo nachgewiesen wurde, das Krähen beim Werkzeuggebrauch strategisch vorausplanen können. Stand ein Beitrag im SPON vor ein paar Tagen: Krähen waren ohne mehrfache Versuche fähig, ein Werkzeug dazu einzusetzen, um an ein Werkzeug zu gelangen, mit dem sie sich Futter beschaffen konnten. Sogar über drei Stufen konnten sie dabei vorausdenken. Das sind Leistungen, die man bis vor Kurzem noch nicht einmal Menschenaffen, sondern nur dem Menschen zugetraut hat!

http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,6405…

Gruß, Jesse

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Hi atrox,

Sternchen für deinen Artikel.

oh vielen Dank, zu gütig. :smile:

hast du zufällig irgendwelche Quellen für die Experimente mit
Springspinnen? Würde mich sehr interessieren!

Ich habe vor einigen Jahren mal wochenlang das ganze WWW auf den Kopf gestellt auf der Suche nach Infos zu Phidippus audax (‚Bold Jumper‘):
http://www.youtube.com/watch?v=1560DOYU_AY&feature=r…
Dabei bin ich auf irgendeiner englischsprachigen Domain (*.gov oder *.edu) auf seitenweise Artikel zur Verhaltensforschung etc. gestoßen, da war das dabei und noch ein interessantes Experiment zum Sprung- und Sicherungsverhalten AFAIK. War alles Volltext frei verfügbar. Ich habe gerade noch einmal nachgegoogelt, konnts aber auf die Schnelle nicht wieder finden.

Nach der Urlaubspflege für einen Bekannten hatte ich die Tierchen mal als eigene Haustiere ins Auge gefasst, da hab ich noch studiert und hatte Zeit und Langeweile. ^^
Wenn man mal erleben durfte, von einer 8 mm großen Springspinne, die direkt an der Decke überm Hochbett sitzt, aufmerksam beim Sex beobachtet zu werden (Köpfchen hin, Köpfchen her, neugierig herantrippeln, Köpchchen hin, Köpfchen her…) kriegt man schon ne andere Einstellung zu den Viechern. :smiley:

Gruß, Jesse

Hallo - und Danke für die Antwort!

Dadurch wird vieles klarer!

kam mal in einer BBC-Doku über die kognitiven Leistungen von
Tieren AFAIR. Da wurden Tauben auf Gemälde eines bestimmten
Malers konditioniert und dann hat man diese fälschen/
nachmalen lassen bzw. gute Handreplikationen herangeschafft.

AHA! Das ist etwas ganz anderes, als das, was Du zuvor geschrieben hast.

Offensichtlich ging es also darum, dass man Tauben auf bestimmte Bilder konditioniert hat und man hat untersucht, ob sie anschließend erkennen konnten, ob man ihnen das identische Bild oder nur eine mehr oder weniger ähnliche Kopie davon gezeigt hat. Das glaube ich Dir sofort, dass das eine Taube besser kann als ein Mensch.

Bei ein Kunstgutachten geht es aber darum, ein unbekanntes Kunstwerk ohne direkten Vergleich und ohne bekanntes Vorbild auf Echtheit zu überprüfen - und das ist eine ganz andere Aufgabe.

Ich glaube sogar, dass das „mangelnde Detailerkennungsvermögen“ nicht ein Defizit sondern eine besondere Fähigkeit des Menschen ist. Es gibt Menschen mit bestimmten Hirnschäden im Hippocampus, die durch diesen Schaden nicht etwa ihr Gedächtnis verlieren, sondern zu „Gedächtnis-Genies“, zu „Savants“ werden. Der Mensch mit „normalem“, „gesunden“ Gehirn ist viel mehr in der Lage, das Bild in seiner Gesamtheit zu erkennen, mit Kategorien zu vergleichen, die er gelernt hat, Strukturen zu erkennen, usw. … also das Kunstwerk als solches zu „begreifen“.

Ein Kunstfachmann ist sicher in der Lage, in wenigen Sekunden zu erkennen, ob ein Bild von van Gogh gemalt wurde oder von einem eher unbegabten Künstler, der (ohne Vorlage) so malt, „als ob“ er von Gogh wäre.

Ich denke, das Menschen und Tauben halt einfach anhand
unterschiedlicher Kriterien/ kognitiver Fähigkeiten/ Prozesse
urteilen. Ich könnte mir vorstellen, das die Taube einfach
genau erkennt, ob frei oder schematisch nach einer vorgemalten
Skizze gearbeitet wurde, einfach indem sie einen feinen
Mustererkennungssinn dafür hat und ‚Regelmäßigkeit‘ in der
Struktur erkennt. Die Taube muss dafür den Maler nicht kennen
oder den Unterschied zwischen ‚echt‘ und ‚gefälscht‘ und muss
auch keinen bezug dazu haben, was Kunst ist. Sie muss nur auf
einige echte Bilder desselben Malers konditioniert werden und
zeigt dann halt an, wenn ein Bild ‚anders‘ ist. Ob und wie das
nun gefälscht ist, wird sie wenig interessieren, ihr gehts ums
Futter…

Ich denke vielmehr, dass die Taube Details wahrnimmt, die ein Mensch wegabstrahiert. Wenn jetzt da unten rechts in der Ecke vier statt fünf Grashalme zu sehen sind, dann nimmt das kein normaler Mensch wahr - eine Taube vielleicht schon, weil ihr die Aussage des Bildes und das Motiv nichts bedeutet.

Ich habe mal von Tests gelesen, die man bei Schachspielern gemacht hat: Den Leuten wurden Positionen gezeigt, die sie anschließend aus dem Gedächtnis rekonstruieren mussten. Wenn man die Positionen der Figuren einfach zufällig ausloste, dann schnitten Nicht-Spieler und Schach-Großmeister annähernd gleich gut ab (nämlich verdammt schlecht!). Verwendete man jedoch Positionen, die in irgendeiner Partie zu irgendeinem Zeitpunkt entstanden waren, so waren die Nicht-Spieler immer noch nicht viel besser, während die Trefferquote der Großmeister nun bei nahezu 100% lag.

Was kann man daraus lernen? Das menschliche Gehirn ist ganz schlecht im Memorieren von sinnlosen Daten. Es ist darauf getrimmt, Zusammenhänge zu lernen, Strukturen und Beziehungen zu erkennen, Kategorien zu bilden, usw. Eine Schach-Position besteht nicht aus den Koordinaten auf denen die Figuren stehen, sondern aus den Drohungen, Deckungen, Bauernstrukturen, Chancen und Schwächen. Vermutlich ist die Taube gar nicht schlecht beim Memorieren von zufälligen Schachpositionen. Das sagt aber nur etwas über ihr visuelles Gedächtnis, nicht jedoch über ihre kognitiven Fähigkeiten.

Und was das Erkennen von „Schönheit“ anbetrifft: Da hätte ich
mal gerne eine ganz klare Versuchsbeschreibung mit
Beispielbildern.

Darum gehts nicht, das hat für eine Taube wahrscheinlich
dieselbe Bedeutung, wie für dich die topografische
Feinstruktur eines windbewegten Laubwaldes von oben.

Da bezog ich mich nicht auf Dich sondern … wer war das? atrox?

(Das alles soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die
kognitiven Fähigkeiten von Vögeln lange Zeit weit unterschätzt
wurden).

Es wurden gerade Untersuchungen durchgeführt, wo nachgewiesen
wurde, das Krähen beim Werkzeuggebrauch strategisch
vorausplanen können. Stand ein Beitrag im SPON vor ein paar
Tagen: Krähen waren ohne mehrfache Versuche fähig, ein
Werkzeug dazu einzusetzen, um an ein Werkzeug zu gelangen, mit
dem sie sich Futter beschaffen konnten. Sogar über drei Stufen
konnten sie dabei vorausdenken. Das sind Leistungen, die man
bis vor Kurzem noch nicht einmal Menschenaffen, sondern nur
dem Menschen zugetraut hat!

http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,6405…

An ähnliche Versuche hatte ich gedacht, als ich das geschrieben habe.

Michael

Hallo ihr beiden!

Naja, dass die Tauben für so einen Test natürlich vorher konditioniert werden müssen ist doch klar. Wird sich kaum vermeiden lassen, wenn man den menschlichen Maßstab ansetzen will. Was sollen die auch sonst mit Kunst :wink:
Die beiden Links von mir waren nur auf die Schnelle zusammengesucht. Ich selbst bin mit dem Thema mal im TV konfrontiert worden (Videos hab ich aber auf die Schnelle davon nicht gefunden), wo gezeigt wurde, wie die Tauben eben Bilder der beiden Maler einander zuordnen konnten, ohne das spezielle Bild vorher gesehen zu haben.

Bei ein Kunstgutachten geht es aber darum, ein
unbekanntes Kunstwerk ohne direkten Vergleich und ohne
bekanntes Vorbild auf Echtheit zu überprüfen - und das ist
eine ganz andere Aufgabe.

Naja, hat ja auch keiner geschrieben, dass eine Taube Kunstgutachten erstellen kann.

Darum gehts nicht, das hat für eine Taube wahrscheinlich
dieselbe Bedeutung, wie für dich die topografische
Feinstruktur eines windbewegten Laubwaldes von oben.

Da bezog ich mich nicht auf Dich sondern … wer war das?
atrox?

Wie gesagt, den Link habe ich auch nur auf die Schnelle rusgesucht, weil deine Antwort so ungläubig schien, das tauben was mit Kunst „am Hut“ hätten :wink:

hier wird nochmal bisschen näher beschrieben, wie es abgelaufen ist
http://www.geowissenschaften.de/wissen-aktuell-10124…
sonst musst mal selber suchen :wink:

habe übrigens beim googeln gelernt, das tauben auch ihr Spiegelbild erkennen können.

lieben gruß
aj

Hallo,

wo gibt es außerhalb der Säugetiere noch Intelligenz im
Tierreich und wie hoch ist sie?

geben tuts umso mehr, je länger und eingehender man sich damit
auseinandersetzt. Wie hoch sie ist, hängt sicher von der
Intelligenzdefinition ab. Auf jeden Fall zeigen viele Tiere
auf für sie wichtigen Gebieten verblüffende kognitive
Leistungen, die teilweise die des Menschen deutlich
übersteigen - auch solche, die wir allgemein für blöd halten.
Z.B. können Tauben mit absoluter Sicherheit ein echtes Gemälde
von einem Duplikat unterscheiden, selbst da wo der beste
Kunstkenner versagt (wird als Nebeneffekt der hohen visuellen
Selektionsleistung gesehen, die sie haben, um in Staub und
Dreck ihre Körnernahrung zu finden)…

Hallo Jesse.

Tut mir leid, aber wo siehst du da eine Intelligenzleistung?
Intelligent ist, wer logische Geschehensfolgen abstrahieren und die Essenz daraus in anderen Situationen anwenden kann.
(Kann mich leider nicht besser ausdrücken.)
So z.B. die Krähe, die Nüsse unter die Autos schmeißt, damit sie aufgehen, das komische Wasserhuhn, das mit Brotstückchen angelt, oder mein Hund, der von selbst darauf gekommen ist, dass er mir den Wassernapf vor die Füße schmeißen muss, wenn er Durst hat. Er hat das übrigens kurz darauf auch mit seinem Futternapf gemacht.

Wenn man Tauben trainiert, können sie bis sieben zählen, das heißt, sie können die Zahlen zwischen 1 und 7 (in Form von Punkten oder Körnern) unterscheiden.

Interessanterweise, kann der Mensch, ohne abzuzählen, auch nicht mehr.
Nun hat der Mensch aber, hinterlistigerweise, das Zählen und die Mathematik erfunden. Tauben können das nicht.

Gruß, Nemo.

Hallo!

Ich wollte ja nur darauf hinweisen, dass

  1. die Tauben im Experiment nicht unterschieden haben, ob es sich um ein Original oder eine Fälschung handelt, sondern sie haben gezeigt, dass sie bei zwei Bildern erkennen konnten, ob es zweimal das identische Bld war oder zwei nur sehr ähnliche Bilder. Das ist meiner Ansicht nach ein sehr großer Unterschied! (In Jesse Bees erstem Posting klang es so, was er inzwischen ja relativiert hat).

  2. dies überhaupt nichts über die „intellektuellen“ Fähigkeiten der Tauben aussagt, sondern nur über ihr visuelles Gedächtnis.

(Ich beziehe mich hier ausdrücklich auf das Experimtn, dass Jesse Bee beschrieben hat.)

Zurecht sagst Du, dass man die Tauben auf jeden Fall konditionieren muss, weil man irgendeine Art der Kommunikation braucht, um den Lernerfolg auch quantifizieren zu können.

Das ist aber auch die Crux daran, denn Konditionieren ist per Definition mit einer längeren Übungsphase verbunden. Will man tatsächlich nach „Intelligenz“ im Tierreich suchen - und so lautet ja der Titel des Threads - dann helfen Konditionierungsversuche wenig, weil man ja das spontane, problemlösende Handeln („Lernen durch Einsicht“) untersuchen möchte. Da sind die Beobachtungen mit Werkzeuggebrauch (siehe Jesse Bee) viel passender.

Michael

Hi,

Krähen sind sehr interessant, in diesem Zusammenhang, sie können sich auch Werkzeuge basteln:

http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,6405…

Auch Keas sollen sehr intelligent sein.

Gruß
Tina

… aber der Unterschied zwischen
einem Stöckchen mit dem man im Termiten-Hügel bohrt und einem
PC ist meiner Meinung nach nicht mehr nur ein quantitativer…

Hallo Michael,

so allgemein würde ich das nicht behaupten - meinetwegen ja, was die Konstruktion eines PC angeht, aber die überwiegende Mehrzahl der Menschen benutzt den PC eher wie dressierte Ratten, die Futter kriegen, wenn sie den roten Knopf drücken. Ich halte es deswegen durchaus für möglich, dass die meisten Schimpansen ihr Stöckchen besser verstehen als die meisten Menschen ihren PC.

Wahrscheinlich ist der PC auch ein ganz schlechtes Beispiel, weil ihn kein Schimpanse und fast kein Mensch versteht.

Gruss Reinhard