Hallo,
Das liest sich aber bei Jesse Bee noch ganz anders: „Z.B.
können Tauben mit absoluter Sicherheit ein echtes Gemälde von
einem Duplikat unterscheiden, selbst da wo der beste
Kunstkenner versagt.“
kam mal in einer BBC-Doku über die kognitiven Leistungen von Tieren AFAIR. Da wurden Tauben auf Gemälde eines bestimmten Malers konditioniert und dann hat man diese fälschen/ nachmalen lassen bzw. gute Handreplikationen herangeschafft. Die Tauben mussten bei der Expertise gegen geschulte Menschen antreten und konnten das sicher auseinanderhalten. Wurde halt begründet, wie ichs angegeben habe - als Nebenprodukt einer extrem hohen kognitiven Leistung bei der Visualisierung von Details, die für die Futtersuche aus der Luft halt wichtig ist.
Klar, das mit dem ‚besten Kunstkenner‘ war von mir sicher populistisch übertrieben, denn AFAIR hat man mit gleichen Bedingungen gearbeitet und den/die Experten nicht nah genug ans Bild rangelassen, um am Lack zu kratzen. 
Diese seine Aussage halte ich nämlich für falsch. Wie sollte
man denn einer Taube den Unterschied zwischen echt und
gefälscht beibringen, wenn man ihn selbst nicht kennt?
Ich denke, das Menschen und Tauben halt einfach anhand unterschiedlicher Kriterien/ kognitiver Fähigkeiten/ Prozesse urteilen. Ich könnte mir vorstellen, das die Taube einfach genau erkennt, ob frei oder schematisch nach einer vorgemalten Skizze gearbeitet wurde, einfach indem sie einen feinen Mustererkennungssinn dafür hat und ‚Regelmäßigkeit‘ in der Struktur erkennt. Die Taube muss dafür den Maler nicht kennen oder den Unterschied zwischen ‚echt‘ und ‚gefälscht‘ und muss auch keinen bezug dazu haben, was Kunst ist. Sie muss nur auf einige echte Bilder desselben Malers konditioniert werden und zeigt dann halt an, wenn ein Bild ‚anders‘ ist. Ob und wie das nun gefälscht ist, wird sie wenig interessieren, ihr gehts ums Futter…
Der Mensch hat halt nicht so ein irre feines Mustererkennungsvermögen, weil er davon keinen Nutzen gehabt hätte während seiner evolutionären Entwicklung und kann eine gute Reproduktion deshalb u.U. nicht gleich auf Augenschein erkennen. Er arbeitet dann halt mit anderen Methoden, indem er Stil, Material und Eigenarten des Malers kennt. Wenn er aus der Nähe prüft, wieviele Schichten aufgetragen wurden, wie die die Qualität von Leinwand und Farben ist oder das Bild durchleuchtet, um die Vorzeichnung zu erkennen, wird er sicher schon eine bessere Expertise abgeben, als die Taube. 
(Und
nur mal so als Anregung: Schaut mal ‚Kunst und Krempel‘ im
bayerischen Fernsehen und achtet darauf, woran die Experten da
Original von Fälschung unterscheiden. Glaubt Ihr wirklich,
dass das eine Taube erlernen kann?)
Nein. Muss sie aber vermutlich auch nicht.
Die Versuche, die Du verlinkt hast, sind außerdem gewöhnliche
Konditionierungsversuche. Es ist zwar nett zu erkennen, was
die Tauben alles können - unbestritten! Aber es gibt da doch
noch einen Unterschied zum Menschen, den man nicht leugnen
kann: Ich behaupte, dass man einen Menscen nicht
konditionieren muss, damit er einen Chagall von einem Van Gogh
unterscheiden kann: Es wird selbst bei einem künstlerisch
vollkommen unbedarften Mensche ausreichen, jeweils nur ein
einziges Bild zu zeigen.
Die Taube muss konditioniert werden, da Kunst und Malerei in ihrem Leben keine Bedeutung hat. Sie weiß nicht, wer Chagall und van Gogh sind, was Kunst oder Malerei ist - das hat für sie vermutlich keinen emotionalen oder intellektuellen Bedeutungsinhalt.
Klar ist hier ein Unterschied zum Menschen da, der aber allein nicht den Schluss der kognitiven Höherstellung des Menschen zulässt. Das ist ja immer das Problem bei Intelligenzforschung, das man sich davor hüten muss, aus menschlichen Hirnstrukturen basierende, auf menschliche Bedürfnisse zugeschnittene menschliche Kognitionsleistungen zum Vorbild zu nehmen. Die Prinzipien des Erfassens der Umwelt, das sich ergebende Weltbild von Tieren und ihr kognitive Zugang zu diesen Inhalten kann komplett anders funktionieren als unseres, sie haben keinen Zugang zu unseren Denkprozessen und wir keinen zu ihren. Wichtig ist halt letztlich, ob ein Wesen innerhalb seines Weltabbildes fähig ist, sich durch angepasste Reaktionen auf Verännderungen seiner Umgebung flexibel einzustellen, um seine Bedürfnisse erfüllen/ überleben zu können. Somit ist eine Fliege, die hundertmal hintereinander gegen dieselbe Festerscheibe knallt, sicher schonmal nicht intelligent…
Und was das Erkennen von „Schönheit“ anbetrifft: Da hätte ich
mal gerne eine ganz klare Versuchsbeschreibung mit
Beispielbildern.
Darum gehts nicht, das hat für eine Taube wahrscheinlich dieselbe Bedeutung, wie für dich die topografische Feinstruktur eines windbewegten Laubwaldes von oben.
Mit reißerischen Bemerkungen (s. o.) ist der Sache nicht
gedient.
Jep, da stimmme ich zu, Asche auf mein Haupt.
(Das alles soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die
kognitiven Fähigkeiten von Vögeln lange Zeit weit unterschätzt
wurden).
Es wurden gerade Untersuchungen durchgeführt, wo nachgewiesen wurde, das Krähen beim Werkzeuggebrauch strategisch vorausplanen können. Stand ein Beitrag im SPON vor ein paar Tagen: Krähen waren ohne mehrfache Versuche fähig, ein Werkzeug dazu einzusetzen, um an ein Werkzeug zu gelangen, mit dem sie sich Futter beschaffen konnten. Sogar über drei Stufen konnten sie dabei vorausdenken. Das sind Leistungen, die man bis vor Kurzem noch nicht einmal Menschenaffen, sondern nur dem Menschen zugetraut hat!
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,6405…
Gruß, Jesse