Internetdurchsuchung

Hallo,

habe ich irgendwas zum Thema Terrorbekämpfung geschrieben oder
gesagt?

Mir geht der Wahnsinn in die Richtung auch deutlich zu weit.
Aber davon trennen muss man das grundsätzliche Problem, dass
Polizeiarbeit und Ermittlungsmethoden mit dem mithalten können
müssen, was sich technisch in der Welt tut. Wenn es morgen
jemandem gelingt, IP over Abwasserrohr zu implementieren, dann
muss ich eben die technischen und rechtlichen Grundlagen dafür
schaffen, illegale Dinge die hierüber abgewickelt werden,
aufspüren zu können.

Nun, das sehe ich nicht unbedingt so. Es sollte zu jedem Zeitpunkt das rechtstaatlich absolut wichtige Prinzip der Verhältnismäßigkeit gelten. Wenn einer(!) tatsächlich in der Lage sein sollte, diese absurde Idee mit dem Abwasserrohr umzusetzen und dabei auch 5 oder 50 Personen geschädigt hat, dann muss man deswegen sicherlich keine Milliarden verschwenden und auch nicht die Rechte von 83 Millionen Bundesbürgern beschneiden. Und genau das ist eines der Probleme: Das bewusste und wiederholte Mißachten des Verhältnismäßigkeitsprinzips.

Dabei geht es mir nämlich garnicht um die Milliarden, wobei das allein schon schlimm genug ist. Es geht mir um die unwiederbringliche Beschneidung oder sogar Entfernung unserer grundverbürgten Rechte, und das mit einer nahezu schmerzfreien Salamitaktik. Immer ein bisschen mehr…aber irgendwann muss einfach Schluss sein. Und in meinen Augen ist das Maß eben voll.

Eine 100%-Sicherheit gibt es nunmal nicht und da hilft auch nicht die Einführung von immer schärferen Einschränkungen. Auch Bankraub konnte man bis heute nicht verhindern, ja, selbst ein Halteverbot vor der Bank hilft da nicht.

Wenn neue Maßnahmen eingeführt werden, dann sollten das wohl überlegte und vor allem wohl dosierte Maßnahmen sein, und kein blinder und populistischer Aktionismus, welcher auf der aktuellen medialen Welle mitsurft.

Bisher gab es bei uns keinen Terroranschlag, welcher so motiviert war, wie uns dies die „Sicherheitsexperten“ weis machen wollen. Die zwei „Kofferbomber“ beispielsweise waren aus „profiterroristischer“ Sicht Dilettanten und haben die Tat angeblich aus Wut und Ärger über die Mohammed-Karikaturen durchgeführt. Glücklicherweise sind die Bomben nicht gezündet.

Aber selbst Überwachungskameras haben den versuchten Anschlag nicht verhindert. Lediglich zur Aufklärung konnten diese beitragen. Aber waren diese denn bereits vorher verdächtig? Hätte vorab eine Onlinedurchsuchung oder die Auswertung der vorrätig gespeicherten Handydaten etwas gebracht? Womöglich nicht, außer vielleicht die Klärung der näheren Umstände nach dem Anschlag. Die sind aber bei jedem Anschlag anders.

Außerdem, ganz speziell die befürchteten „Profi-Selbstmord-Attentäter“ werden sich von einer Überwachungskamera sicherlich genausowenig abschrecken lassen - aus nachvollziehbaren Gründen.

Weitere Einschränkungen erfordern eben nur ein gewisses Maß an Cleverness, um die Lücken im System zu finden. Ein Beispiel? In Passagiermaschinen darf bekanntlich kein spitzer Gegenstand mitgenommen werden, schließlich hat bereits ein Teppichmesser zur Entführung der 9/11-Flugzeuge ausgereicht. Wissen Sie, wie viele Bauteile sich im Innern einer Flugzeugkabine befinden, welche sich mit wenigen Handgriffen in äusserst effektive Stichwaffen umfunktionieren lassen? Es bedarf nur einer gewissen Portion Kreativität.

Wenn der Terror also wirklich kommen will, dann kommt er auch. Massive Grundrechteinschränkungen helfen dann genauso wenig wie die lächerlichen Flugverbotszonen über dem Reichstag und den AKWs.

Und präzise das lässt mich auch daran zweifeln, was denn der genaue Hintergrund der getroffenen Maßnahmen wirklich ist. Erinnern Sie sich noch an Wolfgangs Vorgänger? Otto war maßgeblich an der Einführung des biometrischen Reisepasses beteiligt…haben Sie schon einmal nachgeschaut, was er heute tut?

Ganz gleich ob drohender Überwachungsstaat oder doch nur Lobbyismus…so oder so akzeptiere ich diese halsbrecherischen Maßnahmen nicht.

Stillstand ist nunmal Rückschritt, und
das vollkommen naive Verlangen, Ermittlungsbehörden sollten
doch bitte auf den Niveau von anno tobac hängen bleiben,
während sich die Welt drumherum weiterentwickelt, und sich
Kriminelle jegliche neue Entwicklung gleich zu Nutze machen,
ist einfach albern.

Darum geht es überhaupt nicht und das sollten Sie eigentlich auch wissen.

Über Details und Rahmenbedingungen mag man streiten, über die
grundsätzliche Notwendigkeit mit der Zeit gehen zu müssen ganz
sicher nicht. Und die genau so wenig, wie ich den
Bedrohungsszenarien folgen will, die hinter jeder Hausecke
einen Terroristen sehen, will ich den Bedrohungsszenarine
folgen, die von gläsernen Bürgern, Totalüberwachung, …
sprechen.

Da bin ich bei Ihnen. Allerdings muss man den Anfängen wehren und genau hinschauen, ob sich die Geschichte nicht wiederholt…Oder glauben Sie ernsthaft, dass die Menschen 1933 naiv waren? Sie waren nicht vorsichtig und haben nicht auf die Signale geachtet. Wir sollten daher aus der Geschichte lernen.

Denn, wenn bereits Christdemokraten - und die Betonung lege ich auf „Christ“ - in der Lage sind, die gezielte Tötung von Terroristen zu fordern, dann frage ich mich, wozu die radikalen Parteien in der Lage sind, die inzwischen aus reiner Politikverdrossenheit und Frustwahl immer mehr an Bedeutung gewinnen.

Wir reden hier ja nicht von diesem oder von nächstem Jahr…wir reden hier von 10 oder 15 Jahren. Würden Sie Ihre Hand dafür ins Feuer legen, dass wir zu jeder Zeit rechtstaatlich bleiben, wenn wir bereits heute mit den Konservativen Hand in Hand mit den Sozialdemokraten stückweise Abschied nehmen vom Rechtstaat?

WIR müssen dafür sorgen, dass Grundlagen, die heute festgelegt werden, in Zukunft nicht missbraucht werden können. Ich werde hier jetzt keinen Vergleich zu den Nazis ziehen, aber beobachten Sie mal die Zeit von 1933 bis Kriegsanfang ganz genau. Viele Dinge die zu diesem Zeitpunkt und auch schon zuvor in zunächst gutgemeinter Absicht eingeführt wurden, sind massiv missbraucht worden.

Der umstrittene Einsatz von IMSI-Catchern wurde
letztes Jahr gerade 10 mal beantragt, bei
Online-Durchsuchungen gehen seriöse Schätzungen für die
nächsten Jahre von ähnlichen Größenordnungen aus. Für größere
Zahlen ist der Aufwand auch viel zu groß. Also bleiben wir auf
dem Teppich.

Diese Zahl mag offiziell sein. Da aber bereits heimliche Onlinedurchsuchungen vom Verfassungsschutz und BND aufgrund einer Dienstanweisung und ohne bestehende Gesetzesgrundlage bereits seit 2005 mehrfach und wiederholt durchgeführt worden sind, gebe ich auf diese und andere offizielle Zahlen garnichts. Denn wenn „die“ das tun wollen, dann machen „die“ das offensichtlich auch - Grundgesetz hin oder her.

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Hallo,

Deine Aussagen klingen sehr nach Paranoia.
Mit Deinen Aussagen erklärst Du, dass Du der Bundesrepublik
Deutschland den Status des Rechtsstaates absprichst.

Nein, ich spreche ihr diesen Status keineswegs ab. Aber ich habe Sorge dass scheibchenweise Grundrechte eingeschränkt und kassiert werden, die bislang unangreifbar waren.
Es reicht mir nicht davon auszugehen dass schon niemand Schindluder treiben wird und anzunehmen dass mir nichts passieren kann weil ich nichts zu verstecken habe.

Was im Augenblick stattfindet sind Weichenstellungen, mit denen wir später leben werden und die dann nicht mehr hinterfragt werden können. Wenn ein deutscher Politiker öffentlich darüber nachdenkt ob vorsorgliche Tötungen möglich seien widerspricht das nicht nur jedem rechtsstaatlichen Verständnis, sondern ist ein Vorgang, der in der Bundesrepublik bisher undenkbar war.

Da muß irgendwo eine Grenze gesetzt werden damit es eben nicht zu der Möglichkeit von Mißbrauch kommt. Ich habe nirgendwo behauptet dass stasimäßiges Ausspionieren stattfindet weil wir ein Überwachungssstaat sind, aber je weicher die Gesetze werden um so mehr wird möglich.
Es gibt gute Gründe warum Überwachungsmaßnahmen bislang sehr restriktiv behandelt wurde - und das sollte so bleiben.

Es geht niemandem darum der Staatsanwaltschaft und ihren Hilfsbeamten die Möglichkeit zu moderner Strafverfolgung zu nehmen. Aber die Instrumente dafür sind da, die müssen einfach so angepaßt werden dass sie im Einzelfall auch den Umgang mit moderner Kommunikationstechnik rechtlich abdecken. Dazu bedarf es aber keiner erweiterten Befugnisse oder des Vorrausdenkens von ungeheuerlichen neuen Ideen.

Gruß,

MecFleih

IT-Kundige können
sich relativ einfach gegen den Trojaner schützen.

Jetzt würde mich als „IT-Kundigen“ mal sehr interessieren, wie man sich deiner Meinung nach „einfach“ gegen den Bundestrojaner schützen kann.

(für den Trojaner sind Plattenverschlüsselungen kein Problem).

Das ist meiner Meinung nach auch etwas falsch ausgedrückt. Hängt an einem PC mit Bundestrojaner eine verschlüsselte Platte die nicht gemountet ist und deren Entschlüsselungs-Key nicht bekannt ist, wird diese auch kein Bundestrojaner entschlüsseln können.

Prinzipiell sollte man sich den Bundestrojaner nicht wie die üblichen Trojaner vorstellen und denken der wird über www.bundestag.de verteilt. Es handelt sich dabei eher um ein ausgefeiltes System, das für jede Zielperson/Zielsystem individuell erstellt wird.

Der Clou an diesem Millionen-Projekt wird sicherlich sein, dass bisher unbekannte Sicherheitslücken gekauft oder gefunden und dann ausgenutzt werden. Es soll ja schließlich nicht jeder ständig damit überwacht werden, und dann sind 10T€ sicherlich schon mal für ein Exploit drin.

Hallo.

Jetzt würde mich als „IT-Kundigen“ mal sehr interessieren, wie
man sich deiner Meinung nach „einfach“ gegen den
Bundestrojaner schützen kann.

Dafür muss man noch nicht mal „IT-Kundiger“ sein: http://www.computerhilfen.de/news/?p=853

mfg M.L.

Die Qualität dieses Artikels ist doch ziemlich arm. Ich zitiere „es werde den Sicherheitsbehörden in der Regel nicht gelingen die Software über E-Mails oder Datenströme […] einzuschleusen“ (http://www.computerhilfen.de/news/?p=853, nach Gercke). Das ist schließlich auch nicht das Ziel, viele Experten auch vom CCC (nein ich werde mir jetzt nicht die Arbeit machen zu zitieren), sind sich einig, dass die Software a) per direktem Zugriff auf den Rechner oder b) per unbekannten Sicherheitslücken eingeschleust wird.

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Moien

IT-Kundige können
sich relativ einfach gegen den Trojaner schützen.

Jetzt würde mich als „IT-Kundigen“ mal sehr interessieren, wie
man sich deiner Meinung nach „einfach“ gegen den
Bundestrojaner schützen kann.

Das Ding muss irgendwie auf den Rechner drauf kommen. Wieso sollte man das erlauben, wieso sollte jemand das Risiko eingehen so einen „wichtigen“ Rechner an das Internet zu hängen ?

Das gleiche Spiel nochmal beim zurückmelden der Daten… Wieso kein geschlossenes BBS ?

Und wieso das Risiko einer Platte eingehen ? Eine Knoppix-CD jedesmal neu zu finden und schnell genug zu infizieren wäre schon recht komplex.

Prinzipiell sollte man sich den Bundestrojaner nicht wie die
üblichen Trojaner vorstellen und denken der wird über
www.bundestag.de verteilt. Es handelt sich dabei eher um ein
ausgefeiltes System, das für jede Zielperson/Zielsystem
individuell erstellt wird.

Das war schon klar, das wird ein Rootkit erster Klasse. Aber auch das muss erstmal auf den Rechner drauf kommen und sich in einer potenziel sehr gut überwachten Umgebung verstecken. Man könnte natürlich ein Laptop z.B. beim verreisten mit dem Flugzeug abpassen und infizieren. Aber das nütz nix wenn der andere über eine CD startet und MD5/SHA der Platte vorher und nachher überprüft.

Der Clou an diesem Millionen-Projekt wird sicherlich sein,
dass bisher unbekannte Sicherheitslücken gekauft oder gefunden
und dann ausgenutzt werden. Es soll ja schließlich nicht jeder
ständig damit überwacht werden, und dann sind 10T€ sicherlich
schon mal für ein Exploit drin.

Das macht man eh schon länger so. Die DARPA kauft regelmässig ein… zu welchen Zwecken auch immer.

cu

Hallo,

und danke für diesen Artikel.
… und ein Sternchen dafür.

Ich hoffe, er regt doch den einen oder anderen nochmal zum Überdenken seiner Meinung pro Überwachungsstaat an.

Gruß
Frank

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]