Interpretation des Gedichtes: Klage

Ich muss mit einer Schulklasse die Interpretation des Gedichtes „Klage“ von Otto Ludwig bewerkstelligen. Dazu würde ich mir natürlich vorher gern einen Standpunkt bilden, leider bin ich grottenschlecht im Interpretieren lyrischer Texte. Mir fehlt der Zugang.

Hier der Text:

O Lindenbaum, du treuer,
Wie deine Blätter rauschen,
Du alter, ewig neuer,
Wie deine Blätter rauschen.
Ach, Linde, grüne Linde,
Wie schwankst du froh im Winde.
Ich war wie du, o Linde -
Sie - ach! ist wie der Wind!

So hat sie mir geschmeichelt,
Wie deine Blätter rauschen,
So hat sie mich gestreichelt,
Wie deine Blätter rauschen.
Ach, Linde, grüne Linde,
Wie schwankst du froh im Winde.
Ich war wie du, o Linde -
Sie - ach! ist wie der Wind!

Dann schmeichelte sie andern,
Wie deine Blätter rauschen;
Ja, Wind und Untreu wandern,
Wie deine Blätter rauschen.
Ach, Linde, grüne Linde,
Wie schwankst du froh im Winde;
Ich blieb wie du, o Linde -
Sie - ach! ist wie der Wind!

Ich wäre froh, wenn mir jemand konkrete Tipps, Ansätze oder Arbeitstechniken geben könnte.
Meistens fällt mir Interpretieren leichter, wenn in der Gruppe viele Standpunkte geäußert worden.

Außerdem wäre es gut, wenn jemand mein eingestaubtes Wissen zur formalen Erarbeitung des Textes auffrischen könnte - u.a. Form, Jambus (falls vorhanden) und Symbolik.

Danke im Vorraus,
ein deutlich verzweifelter Anti-Lyriker.

Tut mir leid, nicht mein Gebiet.
chingolo

Hallo misfit, Lyrik-Interpretation ist kein Zauberwerk.

Sie fangen es richtig an, indem Sie zunächst wie ein Forscher nur beschreiben (nicht deuten), was vor Ihnen liegt: Titel, Autor, drei Strophen mit je acht Versen im Reimschema ababcccc; Versfuß ist ein regelmäßiger 3-hebiger Jambus mit „weiblicher Kadenz“ (3. Hebung auf der vorletzten Silbe), die Ausnahme bildet jeweils der achte Vers jeder Strophe (männliche Kadenz, also 3. Hebung auf der letzten Silbe).
Strukturelle Auffälligkeiten: In allen drei Strophen sind jeweils die Verse zwei, vier, fünf, sechs, sieben und acht identisch - bei einer einzigen Variation: In der dritten Strophe ändert sich der siebte Vers von „Ich war wie du, o Linde -“ in „Ich blieb wie du, o Linde -“

Auffälligkeiten müssen Sie in Ihre Deutung unbedingt einbeziehen, sie sind kein Zufall. Sicher gilt, dass die vielen Wiederholungen das Klageliedhafte des Gedichts (die jammernde Litanei) unterstreichen und den Fokus des Interesses automatisch auf die Verse richtet, die variieren.

Im zweiten Teil Ihrer Interpretation (Sie können auch damit anfangen) fassen Sie knapp den Inhalt der Strophen zusammen: Das lyrische „Ich“ richtet sich in vertrauter Rede an einen Lindenbaum und klagt über eine offensichtlich untreue „sie“. Dabei setzt das „ich“ sich selbst mit der Linde und die „sie“ mit dem Wind gleich.

Und so weiter. Ich denke es ist nicht schwer, das zu Ende zu bringen.

Den dritten Teil Ihrer Interpretation beginnen Sie mit einer These zur Gesamtinterpretation, das ist hier wohl sowas wie: Das Gedicht stellt untreue Liebe als Spiel dar, zu dem zwei gehören - die nicht zu haltende „Windsbraut“ und der, der sich von ihr bewegen ließ, und nun alleine zurückbleibt (das ist das „blieb“ in Strophe III, Vers 7).

Um Ihre These zu belegen, reicht es normalerweise, wenn Sie Wortwahl und besondere Auffälligkeiten anführen. (Zum Beispiel könnte der rhythmische Abbruch (männliche Kadenz) im jeder achten Strophe die „Andersartigkeit“ der Frau unterstreichen.) Es kann zusätzlich sinnnvoll sein, etwas über den Autor Otto Ludwig und seine Biographie zu wissen (Wikipedia o. Ä.) und ein paar Überlegungen zu typischen Themen in der frühen Phase des „lyrischen Realismus“ (ab 1840) einfließen zu lassen. Sie finden Anregungen dazu ebenfalls, indem Sie den Begriff einfach googeln.

Die Interpretation schließt mit einem kurzen persönlichen Wort, das versöhnliche klingen darf.

So ginge ich vor. Viel Spaß dem Noch-nicht-Lyriker!

Guten Morgen,

ist nicht ganz mein Fachgebiet, da kann ich nicht weiterhelfen.
Bin aber sicher, im Internet gibt es Interpretationen zum gleichen
Gedicht.

Gruß

Caroline Jager

Hey,

einer solchen Anfrage kann man - oder jedenfalls ich - nicht wirklich abhelfen, weil einem alles fehlt, was man wissen muss: Bist Du Lehrer, Referendar, Lehramtsstudent im Praktikum? Welche Schulform? Welche Klassenstufe? Unterrichtsreihe oder „nur so“?

Und dann: willst Du wirklich auf diesem Weg einen Crashkurs in Gedichtanalyse haben? Wie soll das gehen? Hast du keine Ausbildung, Bücher, Anleitungen? Ich weiß echt nicht, was ich mit dieser Anfrage machen soll, obwohl ich immer gern helfe.

Gruß -
kolja

Ich muss mit einer Schulklasse die Interpretation des
Gedichtes „Klage“ von Otto Ludwig bewerkstelligen.