Intoleranz

Ist Intoleranz moralisch grundsätzlich schlecht?

Wenn Toleranz als „zu jeder Zeit verbindliche Verhaltensweise im umfassenden Sinn gegenüber sich selbst und Dritten“ übersetzen ließe, fragt sich, ob Intoleranz nur das Gegenteil davon ist.

Wie verhält es sich denn mit der Haltung des „Ich finde das nicht gut.“?

Es dürfte jedem zugestanden sein, das zu sagen. Von daher dürfte Intoleranz mit Toleranz grundsätzlich gleichbedeutend sein, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Dies steht nicht im Widerspruch zu Akzeptanz, zu Respekt (insbesondere die Menschenrechte) und zu Solidarität.

Rechtsverletzungen wären demnach nicht Ausdruck von Intoleranz sondern von Missachtungen oder Despektierlichkeiten. Von daher dürfe Intoleranz keine stoisch und primitive Verhaltensweise sein. Es ist vielmehr eine notwendige Option, um sich gegenüber Destruktivem argumentativ, also in umfassender Weise, abgrenzen zu können.

Ist Intoleranz moralisch grundsätzlich schlecht?

Hallo, Guvo,
ich würde diese Frage zunächst bejahen.
Grund: Als generelle Geisteshaltung ist Intoleranz einengend, isolierend und verhindert Weiterentwicklung.

Hingegen erlaubt Toleranz als Grundhaltung die Überprüfung des eigenen Standpunktes anhand abweichender Meinungen.

Aber - Toleranz kann niemals grenzenlos sein (Salopp gesagt: Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein).

Gruß
Eckard

Ist Intoleranz moralisch grundsätzlich schlecht?

natürlich nicht. Denn Toleranz ist ein offener, an sich wertneutraler Begriff, der von unterschiedlichsten Parteien in ganz unterschiedlicher Weise moralisch ausgefüllt wird. Wer würde etwa Zero-Tolerance-Politik gegenüber neonazistischen Übergriffen als moralisch schlecht bezeichnen? Allerhöchstens Neonazis.

Hallo Andre,

Toleranz scheint weder offen noch wertneutral zu sein. Eckard sagt ganz richtig, dass wer nach allen Seiten hin offen ist, selbst nicht ganz dicht sein kann. Jedoch halte ich dessen übrige Auslegung wiederum für völlig unverbindlich.

Teleologisch gesehen liegt in tolerantem wie in nicht tolerantem Verhalten: Verbindlichkeit - sich und anderen gegenüber - zu jeder Zeit und im umfassenden, d.h. räumlichen Sinn.

Toleranz/Inteloranz ist letztlich das Prinzip, sich und andere zu behandeln und zu schützen „wie ein rohes Ei“.

Indian

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

1 Like

Hallo Eckard ,

produktive Toleranz ist positiv .

Negativ und unfruchtbar ist sentimentale Toleranz , die zu
allem Ja und Amen sagt , oder sagen zu müssen meint.
Das ist dann ganz einfach nur gefährliche Dummheit .

Gruß

Merkur

Hi Guvo,

Ist Intoleranz moralisch grundsätzlich schlecht?

im Prinzip ja, aber…

Toleranz hat auch moralische Grenzen und zwar dort, wo meine Moral verletzt wird.
Ich kann und will es nicht zulassen, daß Braunärsche Ausländer zum Freiwild erklären
Ich kann und will es nicht zulassen, daß Kinder vergewaltigt werden.
Ich kann und will es nicht zulassen, daß Frauen von ihren Männern geschlagen werden
Ich kann und will es nicht zulassen, daß Andersdenkende verfolgt werden
Ich kann und will es nicht zulassen, daß Menschen ob ihrer Abstammung/Hautfarbe/Religion verfolgt werden
Ich kann und will es nicht zulassen, daß …

Bin ich jetzt intolerant?!

Gandalf

Ist Intoleranz moralisch grundsätzlich schlecht?

Hallo, Guvo,
ich würde diese Frage zunächst bejahen.
Grund: Als generelle Geisteshaltung ist Intoleranz einengend,
isolierend und verhindert Weiterentwicklung.

Hingegen erlaubt Toleranz als Grundhaltung die Überprüfung des
eigenen Standpunktes anhand abweichender Meinungen.

Aber - Toleranz kann niemals grenzenlos sein (Salopp gesagt:
Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein).

100% ack

Livia

intolerant = kompromisslos

Kompromisse verbieten sich in einigen Bereichen, wobei mir nur 2 einfallen:

  • Kriminalität (in allen Facetten),
  • Liebe/Partnerschaft (darüber lässt sich allerdings streiten).

Hi Guvo,

Ist Intoleranz moralisch grundsätzlich schlecht?

im Prinzip ja, aber…

Toleranz hat auch moralische Grenzen und zwar dort, wo meine
Moral verletzt wird.
Ich kann und will es nicht zulassen, daß Braunärsche Ausländer
zum Freiwild erklären
Ich kann und will es nicht zulassen, daß Kinder vergewaltigt
werden.
Ich kann und will es nicht zulassen, daß Frauen von ihren
Männern geschlagen werden
Ich kann und will es nicht zulassen, daß Andersdenkende
verfolgt werden
Ich kann und will es nicht zulassen, daß Menschen ob ihrer
Abstammung/Hautfarbe/Religion verfolgt werden
Ich kann und will es nicht zulassen, daß …

Das wendet sich aber GEGEN INTOLERANZ. Da wäre Toleranz etwas unpassend :smile:

Gruß
Frank

Tach,

Meines Erachtens sollte man tolerieren, dass Leute eine Meinung haben. Die Meinung selber muss man nicht vertreten. Ist ein Unterschied, der zu selten beachtet wird - witzigerweise im Namen der Toleranz.

Ich kann und will es nicht zulassen, daß Braunärsche Ausländer
zum Freiwild erklären
Ich kann und will es nicht zulassen, daß Andersdenkende
verfolgt werden

Das z.B. verträgt sich nicht.

Bin ich jetzt intolerant?!

Jup :smile:
Daniel

Ich kann und will es nicht zulassen, daß Braunärsche Ausländer
zum Freiwild erklären
Ich kann und will es nicht zulassen, daß Andersdenkende
verfolgt werden

Das z.B. verträgt sich nicht.

O doch. 1 leitet sich nämlich aus 2 ab.

Livia

intolerant = kompromisslos

Hallo Leute,
wir tolerieren keine Kannibalen. Kannibalen müssen aber Menschen tolerieren, die kein Menschenfleisch essen. Wir nennen Kannibalen Menschenfresser, als ob Menschenfleisch minderwertiger wäre als Tierfleisch. Soldaten begehen Völkermord, nur weil bestimmte Völker Kannibalen sind.
Was ist Recht, was Unrecht?
Franz

Hallo,

Ist Intoleranz moralisch grundsätzlich schlecht?

Aus Sicht eines durchweg auf Toleranz bedachten Menschen sicher :wink:. „Grundsätzlich moralisch schlecht“ ist (fast) nichts, es findet sich schon der passende Moralbegriff der dieses etwas legitimiert. Intoleranz scheint mir zumindest unadäquat, wenn sie ohne Notwendigkeit und rationale Begründbarkeit besteht. Wenn ein guter Grund vorliegt, ist Intoleranz eine sinnvolle Option.

Wie verhält es sich denn mit der Haltung des „Ich finde das nicht gut.“?

Das beißt sich nicht mit Toleranz. Man muß etwas nicht positiv oder gar nicht bewerten, um es zu tolerieren, sondern es lediglich nicht aktiv bekämpfen.

Von daher dürfe Intoleranz keine stoisch und primitive Verhaltensweise
sein. Es ist vielmehr eine notwendige Option, um sich
gegenüber Destruktivem argumentativ, also in umfassender
Weise, abgrenzen zu können.

Ja, das deckt sich mit meinem Verständnis.

Gruss
Enno

Hi Guvo!

Ist Intoleranz moralisch grundsätzlich schlecht?

Ja, moralisch gesehen ist Intoleranz grundsätzlich schlecht!
I., bedeutet Unduldsamkeit, Andersdenkende oder Andersgläubige nicht zu dulden. Es ist eine Frage der Ethik, keine der aktuellen Situation in der wir leben! Es bedingt(!) eine moralische Welt! Das ist der Haken an der Frage! In einer Welt, die sich einen Dreck um ethische Fragen stellt, wie z.B. Nazis, ist es unmöglich nach solchen Regeln zu leben. Das funktioniert nur auf einer Basis der Gegenseitigkeit.
Wenn man die Beiträge hier liest geht einen das Herz auf! :smile:
Betrachtet man dagegen, nehmen wir das aktuelle Beispiel Osama Bin Laden, der behauptet: Die USA sind die Inkarnation des Bösen, man kann sich nicht mit ihnen verständigen, man kann sie nur bekämpfen/töten! Wie sollte man da tolerant sein? Solche Ansichten drängen einen an den Abgrund. Nicht einmal ein Jesus Christus könnte das, der würde zwar zum Mätyrer und die Rache seinem Vater überlassen, aber tolerieren könnte er eine solche Einstellung auch nicht.
Eine moralische oder ethische Frage bedingt halt einfach auch die Prämisse einer ethischen Gesellschaft. Wenn zwei Vereine gegeneinander einen sportlichen Wettkampf austragen, dann funktioniert das moralisch, d.h. sportlich nur, wenn sich beide Seiten dran halten. Ggf. eben durch einen neutralen Schiedsrichter geleitet. Eine moralische Frage kannst du nicht in eine unmoralische Gesellschaft hineinprojizieren.

Wie verhält es sich denn mit der Haltung des „Ich finde das
nicht gut.“?

In einer moralischen Gesellschaft, würde man dieses „ich finde das nicht gut“, mit dem konstruktiven „so finde ich das besser“, weiterführen. Der tolerante Gegenüber sähe seinen Vorteil, vorausgesetzt er wäre da!

Es dürfte jedem zugestanden sein, das zu sagen. Von daher
dürfte Intoleranz mit Toleranz grundsätzlich gleichbedeutend
sein, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Dies steht nicht im
Widerspruch zu Akzeptanz, zu Respekt (insbesondere die
Menschenrechte) und zu Solidarität.

Das gefällt mir gut und zeigt einen Weg aus einer intoleranten in eine tolerante Gesellschaft.

Rechtsverletzungen wären demnach nicht Ausdruck von Intoleranz
sondern von Missachtungen oder Despektierlichkeiten. Von daher
dürfe Intoleranz keine stoisch und primitive Verhaltensweise
sein. Es ist vielmehr eine notwendige Option, um sich
gegenüber Destruktivem argumentativ, also in umfassender
Weise, abgrenzen zu können.

Sinngemäß kann ich dem zustimmen, nur wirst du mit den Begriffsdefinitionen Schwierigkeiten kriegen. Ein altes Problem!
Um es nochmal auf den Punkt zu bringen. Das Problem besteht darin, die
Gesellschaft in diesem Fall die Menschheit auf einen Nenner zu bringen!

Husserl hat dieses Problem, auf die Philosophie übertragen einmal so beantwortet:
„Weltanschauungen können streiten, Wissenschaft kann entscheiden und ihre Entscheidung trägt den Stempel der Ewigkeit.“
Er suchte das Heil in der wissenschaftlichen Philosophie. Die „Wahrheit“ ist hier Schiedsrichter und die Wissenschaft hält die Regeln! Man braucht halt etwas absolutes!

Viele Grüße
Junktor

Hallo,

„Braunärsche“ = Andersdenkende

Auf die Idee scheint nie jemand zu kommen…
Wie gesagt, das schließt nicht aus, dass es sich dabei auch um „Falschdenkende“ handeln kann.

So seh ich das:
Toleranz sollte Moralübergreifend begriffen werden bzw. sich nicht der aktuellen Moral unterordnen lassen…
Objektive und neutrale Sicht statt ideologisch und politisch gefärbte sind doch bei der Bewertung ausschlaggebend. Abstrahieren hilft dabei.

Gruss, Daniel

Kleines Zitat

„Im Namen der Toleranz müßten wir dann das Recht in Anspruch nehmen, die Intoleranz nicht zu dulden“

  • Sir Karl Popper

Ist es intollerant gegen Intolleranz vorzugehen? Die Begriffe drehen sich etwas im Kreis, deswegen kann keiner der beiden generell „gut“ oder „schlecht“ sein. Tolleranz ist immer situationsbedingt.

Duden: Tolleranz = Entgegenkommen, Dulden

Wenn ich alles dulde bin ich ignorant?

Gruß,

Hannes

Duden: Tolleranz = Entgegenkommen, Dulden

Hallo Hannes,
wenn Du schon Popper korrekt zitierst, warum dann nicht auch den Duden?

lat. tollere - erheben / tolerare - erdulden

Unter ‚Tolleranz‘ kann man also bestenfalls eine ‚Erhebung‘ verstehen, aber keine ‚Duldsamkeit‘ :wink:. Wenn es denn schon ein Fremdwort sein muss …

Freundliche Grüße,
Ralf

http://www.kellergoethe.de/sammelsurium03.htm

Hannes, das glaube ich Dir nicht !

Duden: To ll eranz = Entgegenkommen, Dulden

SCNR
Eckard

Hast Recht
Hallo,

Hallo Hannes,
wenn Du schon Popper korrekt zitierst, warum dann nicht auch
den Duden?

Das frage ich mich auch…

Natürlich ist mir ein Rechtschreibefehler unterlaufen, das richtige Zitat ist:

„Toleranz (…) Entgegenkommen; Duldung; Duldsamkeit;“

Ich verbeuge mich vor allen, die diesen entscheidenden Fehler entdeckt haben :smile:

Gruß,

Hannes

Hallo,

Natürlich ist mir ein Rechtschreibefehler unterlaufen, das
richtige Zitat ist:

„Toleranz (…) Entgegenkommen; Duldung; Duldsamkeit;“

Ich verbeuge mich vor allen, die diesen entscheidenden Fehler
entdeckt haben :smile:

Schreibt man das „Neudeutsch“ jetzt nicht mit Doppel „ll“ ? Jedenfalls liest man das hier neuerdings öfter so geschrieben.
Auch ich bin, wie sagte das Aust so schön: "Ein staatlich verordneter Legastheniker! Du bist also in bester Gesellschaft, lieber Hannes!

Gruß
Junktor