Sowas kommt halt raus, wenn man - wie du - legalistisch
argumentiert.
„Legalistisch“ argumentiert habe nicht ich, sondern Werner. Du fügst dem von mir genannten Beispiel der Garantieerklärung lediglich weitere hinzu, die die Unhaltbarkeit seines Argumentes unterstreichen. Werner sei empfohlen, sich einmal Art. 33 - 38 der UN-Charta anzuschauen, offensichtlich hat er da völlig abwegige Vorstellungen.
Tja, nun war das Gebiet, um das es ging, aber nun mal unter
europäischer Oberhoheit
Ganz zufällig ja. Ein echter Glücksfall, insbesondere für die Briten, denen das geostrategisch so gut in den Kram passte. Briten und Franzosen sollten das Gebiet - so die offizielle Sprachregelung - treuhänderisch verwalten. Wobei „treuhänderisch“ ja wohl ‚im Interesse der dort ansässigen Bevölkerung‘ impliziert. Genau dies haben weder Franzosen noch Briten getan. Vielmehr haben sie, als sich die Unmöglichkeit einer dauerhaften Aufrechterhaltung der „Treuhänderschaft“ zeigte, ersatzweise die Gründung abhängiger Klientelstaaten betrieben. Frankreich mit dem Libanon, GB mit Transjordanien (die durch die Saudis abgehalfterten treuen Haschemiten mussten ja außerdem mit einem neuen Königreich versorgt werden) und Israel. Syrien beglückte man auch gleich noch mit einem haschemitischen König, den man dort so wenig wie den in Jordanien haben wollte.
und die Teilung wurde nach UN-Satzung
mehrheitlich beschlossen, auch wenn es den Arabern am zum
Akzeptieren des Ergebnisses erforderlichen
Demokratieverständnins fehlt(e).
Ja, das mit dem Demokratieverständnis der Araber ist so eine Sache. ‚Demokratie‘ hat in deren Augen die merkwürdige Eigenart, immer nur zu Gunsten derjenigen zu funktionieren, die ihnen diese Demokratie verkaufen wollen. Wenn das mal nicht mehr der Fall ist, dann findet schnell ein „demokratischer Wechsel“ statt - etwa von Mossadegh zu Reza Pahlewi. Nicht zufällig haben sich große Teile der Bevölkerung in den arabischen Staaten von westlichen politischen Modellen enttäuscht abgewandt und suchen ihr Heil in islamistischen Staatstheorien.
Also - wie war das mit nun der Demokratie bei diesem Beschluss? Da hat also eine Mehrheit von europäischen und amerikanischen Staaten „demokratisch“ bestimmt, dass das Selbstbestimmungsrecht der einheimischen Bevölkerung eines vorderasiatischen ‚Treuhandgebietes‘ einen Dreck wert ist; dass die europäischen Kolonialherren - Entschuldigung: Treuhänder - die erst noch 1936-39 einen Aufstand der Palästinenser in ihrer Kolonie ihrem Mandatsgebiet blutig niedergeschlagen hatten zwar endlich abziehen würden, dass die derart in die Unabhängigkeit Entlassenen aber dafür auf ihrem Territorium einen Staat von erst kürzlich aus Europa und Amerika Eingewanderten zu dulden hätten. Wobei die Verteilung des Landes alles andere als fair war. Die Küstenebene mit ihren Zitrusplantagen, etwa zur Hälfte in arabischem Besitz, wurde Israel zugesprochen. Der palastinensische Staat wurde von Syrien abgeschnitten, ebenso vom roten Meer - den Hafen Eilat bekamen die Zionisten zugesprochen. Der einzige Mittelmeerhafen - Jaffa - war eine kleine Exklave ohne Hinterland.
Vielleicht wäre der Begriff „demokratisch“ hier angebrachter, wenn man das Volk, den ‚demos‘, der da angeblich herrschen (‚kratein‘) soll, befragt hätte. Wie sah es denn gerade in diesem Fall mit der demokratischen Legitimation der 33 Staaten aus, die in der UNO über die Zukunft Palästinas entschieden haben? Hatte irgendein von dieser Entscheidung unmittelbar Betroffener dabei etwas zu melden? Den Vorschlag, ein Referendum abzuhalten, lehnte die UN aus gutem Grund ab - das Ergebnis war vorhersehbar und so von der Mehrheit nicht gewünscht.
Die 54 Delegierten in der UNSCOP, die die Resolution vorbereiteten, hatten ja zur Beginn ihrer Tätigkeit erst einmal darüber abgestimmt, ob die UN überhaupt berechtigt sei, über Palästina zu entscheiden. Während 21 dafür waren, waren 20 dagegen, 13 enthielten sich. Das nenne ich ein ernstzunehmendes Minderheitsvotum - man hat es in den Wind geschlagen. Genauso hat man in den Wind geschlagen, dass die UN laut Charta lediglich Empfehlungen ausprechen darf - und mit Sicherheit keine Grenzen ziehen und keine Staatsterritorien verteilen. In den Wind geschlagen hat man außerdem Art. 1 Nr. 2 der UN-Charta, wonach „freundschaftliche, auf der Achtung vor dem Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker beruhende Beziehungen“ zu entwickeln sind.
Fakt ist: ein zionistischer Staat war im Mandatsgebiet auf demokratische Weise nicht durchzusetzen. Deswegen gab es kein Referendum, sondern USA und UdSSR missbrauchten die UN, um in schöner Einigkeit Palästina einen solchen Staat zu oktroyieren - gegen den Willen von zwei Dritteln der Bevölkerung. Sehr demokratisch, in der Tat.
Massaker an Juden in Palästina gab es leider lange vor Deir
Jassin, so etwa in Hebron 1929.
Das ist zweifellos richtig. In Hebron gab es 133 tote Juden - und 116 tote Palästinenser. Nach dem August 1929 finde ich allerdings bis zum Tiberias-Pogrom am 02.10.1938 (19 jüdische Todesopfer) neun Jahre lang nur Terroranschläge der Irgun mit palästinensischen Todesopfern, insgesamt 21. Nicht gerechnet ist dabei der Aufstand 1936-39, wo die zionistischen Paramilitärs und Terroristen vom britischen Militär ausgebildet und bewaffnet wurden - etwa 5.000 tote Palästinenser, 415 tote Juden (und ein par hundert tote britische Soldaten.)
Neu an Deir Jassin war die Größenordnung und die Einbindung in eine übergeordnete militärische und politische Strategie. Deswegen haben die Täter selbst für Publizität gesorgt - sie war wichtiger Teil dieser Strategie. Haben Presse und Vertretern des Roten Kreuzes die Leichen gezeigt, Überlebende offen durch die Straßen von Jerusalem geführt, wo sie zum Teil gesteinigt wurden, 53 überlebende Waisenkinder am Jaffator Jerusalems ausgesetzt …
Daher waren auch die Folgen hier andere: diese Aktion und andere, weniger bekannte, sorgten dafür, dass schon vor dem Auslaufen des Mandats und der Staatsgründung Israels am 14.05.1948 sowie dem Angriff der Arabischen Liga am 15.05.1948 zwischen 250.000 und 300.000 Palästinenser auf der Flucht bzw. vertrieben waren. Natürlich nur wegen „diffuser Ängste“ …
Das wird sehr gerne vergessen, wenn die Gründung des Staates Israel in westlichen Medien dargestellt wird - da wird dann so getan, als sei die Arabische Liga ohne jeden vernünftigen Grund am 15.05.1948 über das neu gegründete Israel hergefallen. So war es ja auch bei Kitty und Hardey hier zu lesen - Ergebnis jahrzehntelanger Pro-Israel-Propaganda hierzulande vor allem durch die Springer-Presse.
Und wie es in Palästina
aussah, bevor die einwandernden tatkräftigen Juden das von den
Arabern zur Brache heruntergewirtschaftete Land wieder urbar
machten und sich spätestens damit auch wieder ein Recht auf
dessen Besitz verschafften, das wusste schon Mark Twain 1880
zu berichten.
Ja - das ist natürlich ein Argument. Zieht immer. Man schaue sich mal die verlotterten Zustände in Afrika an, bevor der weiße Mann kam, um da endlich mal Ordnung zu schaffen. Oder die gottlosen nacktärschigen Wilden in Amerika, bevor die weiße Rasse ihnen die Zivilisation geschenkt hat. Wirklich unhaltbare Zustände. Die klassische Rechtfertigung aller Kolonialisten: die können mit ihrem Land eh nix Gescheites anfangen, also ist es in Ordnung, es ihnen wegzunehmen. Schließlich werden sie dafür mit westlichen Werten bezahlt. Und statt uns dafür zu lieben wussten die undankbaren Kaffern das genau so wenig zu schätzen wie die undankbaren arabischen Ziegenhirten. The white man’s burden …
Freundliche Grüße,
Ralf