Ist Atheism/Agnostizism. nur für 'Intellektuelle'?

Hallo und Guten Tag,

mein Eindruck ist, dass Atheismus (oder auch nur Agnostizismus) bei Nicht-Intellektuellen (Landwirten, Verkäuferinnen, Arbeitern, Handwerkern usw.) kaum oder gar nicht vorkommt, sondern wenn, dann eher bei „Intellektuellen“ und „Kopfmenschen“. Ist das so? Wenn das so ist, ist das mit (wohlgemerkt:unter anderem) ein Grund für den Konflikt, den z.B. sowohl Kommunisten - die ja von Intellektuellen wie Marx entworfen und von anderen Intellektuellen wie Lenin versucht wurde umzusetzen - als auch für den Groll, den man seinerzeit den „68er-Studenten“ entgegenbrachte?
War das schon so bei der französischen Revolution, die zwar ideologisch nicht atheistisch im modernen Sinne aber doch scharf anti-religiös ausgerichtet war und ja von Intellektuellen wie Voltaire vorbereitet und von Intellektuellen wie Robbespierre in die Tat umgesetzt wurde? Hat schon Goethe mit seiner berühmten „Gretchenfrage“, die er das Gretchen dem Faust stellen lässt: „Sag’, wie hältst du’s mit der Religion? Mir scheint, du hältst nicht viel davon.“ diesen Konflikt zwischen den „einfach-frommen“ Menschen und den „verkopften Intellektuellen“ vorausgeahnt?

Vielen Dank im Voraus für Antworten und Meinungsäußerungen,

Jasper.

Breite Bevölkerung eher inhomogen
Hallo Jasper,

dazu müsstest Du die Begriffe

Atheismus
Agnostizismus

wohl präzisieren oder gar einschränken. Irgend eine Form von Gleichgültigkeit oder auch bewusster Abwendung von „eingeübten“ Religionsnormen begegnet praktisch allen Menschen phasenweise, allerdings ist das Ausformulieren einer Lehre Sache von Gebildeten, das gilt für die Theologie ebenso wie für einen ausformulierten Atheismus oder Agnostizismus.

Du würdest der Sache also gerechter, wenn Du sagen würdest: Unglaube bei der breiten Bevölkerung entspricht den Lehren von Atheismus und Agnostizismus, Glaube entspricht den Lehren der Religionen.

Insofern als Du dann Atheismus/Agnostizismus nicht mit der Lehre, sondern eher mit der Religion in Wettstreit setzt, ist dann mit diesen Begriffen auch so etwas wie eine (Anti-, Ersatz-)Religion gemeint, jedoch ist das Problem bei der breiten Bevölkerung dann, dass diese nicht so sehr Religiosität von Nichtreligiosität unterscheidet, sondern gewöhnlich beides vermischt, typischer Anwendungsfall: „Ich kann doch in den Wald, muss doch nicht in die Kirche“ (bisweilen 0815-Fall von ansatzweisem Agnostizismus, bisweilen aber auch einer ansatzweisen selbständigen Spiritualität, je nach Kontext).

Gruss
Mike

Hallo,

das wurde mir gerade im PB in einem anderen Kontext „hingeschmissen“:
http://www.sueddeutsche.de/wissen/157/504370/text/

Gruß
Elke

Hallo,

mein Eindruck ist, dass Atheismus (oder auch nur Agnostizismus) bei Nicht-Intellektuellen (Landwirten, Verkäuferinnen, Arbeitern, Handwerkern usw.) kaum oder gar nicht vorkommt, sondern wenn, dann eher bei „Intellektuellen“ und „Kopfmenschen“. Ist das so?

Nein, das ist nicht so. In der Arbeiterbewegung der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts gab es eine breite atheistische Strömung unter Arbeitern und kleinen Handwerkern. Und heute noch gibt es in einigen Ländern Gegenden, in denen der Atheismus bei den von dir angesprochenen Berufsgruppen weit verbreitet ist, z.B. im Südwesten Frankreichs. Da findet man heute noch Dörfer mit zwei Bistrots, einem für die gottlosen Linken und einem für die Gläubigen.

Gruß
Rainer

Hallo auch,

Ich glaube du verwechselst die philosophische Position des Agnostikers/Atheisten (was nicht dasselbe ist) mit der politischen (!) Gegnerschaft zur Kirche und anderen (politisch aktiven) Religionen. So eine Gegnerschaft kann links aber auch liberal motiviert sein. Das sind zwei paar Schuhe. Man kann das eine ohne das andere sein.

Grüße Bellawa.

Hallo,

mein Eindruck ist, dass Atheismus (oder auch nur
Agnostizismus) bei Nicht-Intellektuellen (Landwirten,
Verkäuferinnen, Arbeitern, Handwerkern usw.) kaum oder gar
nicht vorkommt, sondern wenn, dann eher bei „Intellektuellen“
und „Kopfmenschen“.

mein Einduck ist,daß Atheismus eher bei „Möchte-Gern-Intellektuellen“
vorkommt.(kann mich natürlich täuschen)

den z.B. sowohl Kommunisten - die ja von Intellektuellen wie
Marx entworfen und von anderen Intellektuellen wie Lenin
versucht wurde umzusetzen - als auch für den Groll, den man
seinerzeit den „68er-Studenten“ entgegenbrachte?

Genau, dies sind die Intellektuellen schlecht hin.
Die „Nicht-Intellektuellen“ wie Pascal, Kant, Newton und Einstein
und tausende andere Wissenschaftler welche keine Atheisten waren
kann man ja vergessen.
Also nur diese

Intellektuellen wie Voltaire vorbereitet und von
Intellektuellen wie Robbespierre

und der darf auch nicht fehlen.

Hat schon Goethe

Und wo stehst Du ?

Vielen Dank im Voraus für Antworten und Meinungsäußerungen,

Wirklich ? Bist Du für meine Antwort dankbar ?
Gruß VIKTOR

Hallo Mike,

Du würdest der Sache also gerechter, wenn Du sagen würdest:
Unglaube bei der breiten Bevölkerung entspricht den Lehren von
Atheismus und Agnostizismus, Glaube entspricht den Lehren der
Religionen.

Dazu müsste es aber eine Lehre vom Atheismus bzw. Agnostizismus geben. Was will man denn lehren, außer einer simplen Aussage „Gott gibt es nicht“ oder „Ich glaube nicht, dass es so etwas wie einen Gott gibt“?
Es macht nicht sonderlich viel Sinn um Etwas für einen Atheisten nicht existenten irgendeine Lehre drumherumzubauen.
Ich habe schon viele Artikel von Dir gelesen und bin der Meinung (bitte dies jetzt nicht böse oder persönlich nehmen), dass du einen so starken Glauben hast, dass Du dir nicht wirklich vorstellen kannst, das es Menschen gibt, die ohne alles, an das du glaubst, leben können.

Daher kann ich nicht nachvollziehen, dass du Menschen, die nicht an Gott glauben, unterstellst, sie täten dies, weil sie irgendeiner Lehre anheimgefallen sind.
Es gibt Menschen, die sich mit ihrem freien Willen, aus welchen Gründen auch immer, gegen irgendeinen Glauben (einen religiösen Glauben) entschieden haben und keinen Ersatz benötigen.

Du wirst jetzt hierauf sicher wieder eine gewohnt philosophische Antwort bringen, mit der man im Prinzip alle Aussagen relativieren kann und du meinen Einwand so erscheinen läßt, als wären alle „Ungläubige“ (was für ein blödes Wort, ein Atheist würde dich nie so nennen) auf dem falschen Weg. Das wäre noch die harmlosere Variante. In einigen Antworten schwingt auch hin und wieder Herabwertendes mit, wenn man anders denkt.

Gruß

Michael

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Hallo Viktor,

Hat schon Goethe

Und wo stehst Du ?

Vielen Dank im Voraus für Antworten und Meinungsäußerungen,

Wirklich ? Bist Du für meine Antwort dankbar ?

Ist es dir eigentlich auch möglich, einfach mal auf eine Frage zu antworten, ohne gleich Suggestivfragen gegen den Poster zu schreiben?
Wen interessiert wo er steht, oder ob er dir für deine Antwort dankbar ist? So einen Quatsch liest man wirklich nur hier im Religionsforum… wobei das natürlich tief blicken lässt.

Gruß VIKTOR

Kopfschüttelnde Grüße

Michael

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Hallo!

mein Eindruck ist, dass Atheismus (oder auch nur
Agnostizismus) bei Nicht-Intellektuellen (Landwirten,
Verkäuferinnen, Arbeitern, Handwerkern usw.) kaum oder gar
nicht vorkommt, sondern wenn, dann eher bei „Intellektuellen“
und „Kopfmenschen“. Ist das so?

Gut, das zeigen ja viele Befragungen, dass das Bildungsniveau dabei eine wichtige Rolle spielt. Z.B. auch hier (S. 76, ich kanns nicht besser verlinken):

http://books.google.de/books?id=Ha4DcvkqJNYC&pg=PA78…

Interessant an dieser Quelle ist aber, dass sie zeigt, dass dies nicht absolut zu verstehen ist - gemäß dem Klischee, dass die Gläubigen halt eher die Dummen wären, und die wirklich Intellegenten sich davon freimachen würden usw., sondern, dass in einem sozio-kulturell eher ‚atheistischen‘ Umfeld (hier Frankreich, Rainers Hinweis unten auf die traditionelle Arbeiterschaft), das Bildungsniveau dann auch schnell seine Erklärungskraft verliert.

Hinter dem ganzen steht eben die allgemeine Tatsache, dass „Intellektuelle“ insgesamt eine größere Distanz zu den Normen und Deutungsmustern ihrer Gesellschaft haben als der sprichwörtliche Handwerker. Davon lässt sich ableiten, dass in sehr „theistischen“ Gesellschaften der Atheismus stark mit dem Bildungsniveau korreliert, in eher „atheistischen“ Gesellschaften nicht mehr bzw. sogar invers korreliert.

Wenn das so ist, ist das mit
(wohlgemerkt:unter anderem) ein Grund für den Konflikt,
den z.B. sowohl Kommunisten - die ja von Intellektuellen wie
Marx entworfen und von anderen Intellektuellen wie Lenin
versucht wurde umzusetzen - als auch für den Groll, den man
seinerzeit den „68er-Studenten“ entgegenbrachte?

Ich denke, das müsste man umfassender diskutieren, so auf den Glauben zugespitzt hat das wenig Sinn. Zumal die Position des Intellektuellen und dessen Stellvertreterfunktion für die Arbeiterschaft als revolutionäres Subjekt in diesem Zusammenhängen des orthodoxen Marxismus und der 68er ja bekanntlich überaus komplex ist.

_ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _

Es kann Dir hier in der Tat geantwortet werden…
Hallo Michael,

Dazu müsste es aber eine Lehre vom Atheismus bzw. Agnostizismus geben

Darunter verstehe ich (als Nicht-Atheist und Nicht-Agnostiker) vor allem Argumente, die Lehren widerlegen. Sie können aber durchaus ihrerseits zu Lehren zusammengefasst werden. Das wertet sie keineswegs ab. Es nimmt sie nur etwas ernster, als gewisse Vertreter es gerne hätten. Aber ich behaupte nicht, dass ich um jedes Wort eines Katholiken froh bin, wenn es sehr ernst genommen wird. Es geht mir lediglich um die Diskussion des Ursprungspostings, in welcher die christliche Sicht nicht per definitionem irrelevant ist.

Was will man denn lehren, außer einer simplen Aussage „Gott gibt es
nicht“ oder „Ich glaube nicht, dass es so etwas wie einen Gott gibt“

Das mag ein Grundtenor oder Grundsatz sein, der eben gerade zu gewissen Zusammenfassungen berechtigt. Ansonsten die Begriffe „Atheismus“ und auch „Agnostizismus“ sich auf jede Art von Zweifel ausdehnen könnten (vgl. zum Beispiel die Strömungen des sogenannten „Mönchsatheismus“) und in der Kirche so sehr beheimatet wären, dass sie nichts mit Kampf gegen Kirchen, Kirchlichkeit oder Vermischung von Kirche und Staat zu tun hätten - was den Begriffen wenigstens aus historischer und soziologischer Sicht nahezu die ganze Relevanz nehmen müsste, die sie sonst haben.

dass Du dir nicht wirklich vorstellen kannst, das es Menschen gibt,
die ohne alles, an das du glaubst, leben können

Das klingt nicht nur nach einem persönlichen Absprechen von Kompetenz (worauf ich nichts weiter zu sagen habe, Du willst ja nicht „persönlich“ sein…), sondern ist gar nicht der Fall. Ich kenne (im realen Leben) so viele, die damit leben, dass dies durchaus ein Dauerthema ist - schon ganz abgesehen von w.w.w. und www.

Daher kann ich nicht nachvollziehen, dass du Menschen, die nicht an
Gott glauben, unterstellst, sie täten dies, weil sie irgendeiner
Lehre anheimgefallen sind

Ich unterscheide von Menschen, die keine Lehre vertreten (im Sinne des Ursprungspostings: die eher Ungebildeten, wobei ich den Fokus auf die religiös Ungebildeten richte, seien sie im übrigen gebildet oder nicht) und solchen, die auf Lehren antworten und damit sehr wohl Begründungen, Argumente, Lehren und sogar Systeme vertreten - und je schneller sie dies merken, desto besser. (Das gehört für mich zur Definition besonders der Atheisten, etwas weniger der Agnostiker).

Ohne

Ersatz

geht wenigstens der fingierte Dialog mit Gläubigen nicht mehr weiter. D. h. derjenige, der den Glauben ablehnt, kann sich noch so vornehm zurückziehen und die Tür zumachen, er hat nicht den gleichen Bildungsstand in Bezug auf religiöse (und damit auch antireligiöse) Dinge. Wer den Dialog verweigert, ist und bleibt er. Das ist bei Agnostikern nur deswegen zeitweise etwas schwächer, weil der Begriff jung ist. Wahrscheinlich müssen sie aber bald einen neuen erfinden, wenn sie als neutral gelten wollen, was die Begriffsgeschichte des „Atheisten“ zeigt, der historisch als Negation von Religiosität und Kirchlichkeit dasteht, ob der Atheist das will oder nicht.

Das

Herabwertende

ist wenigstens im Forendiskurs von Vorneherein auszuschliessen, aber noch mehr auszudiskutieren; persönlich habe ich es auch nicht gesucht. Du behauptest es - lass das oder belege es nachvollziehbar.

Gruss
Mike

Hallo,

Ist es dir eigentlich auch möglich, einfach mal auf eine Frage
zu antworten, ohne gleich Suggestivfragen gegen den Poster zu
schreiben?

welche Frage ?
Die in der Überschrift ?
Der „Poster“ hat hier nur darüber referiert wie ungebildet
Menschen sind welche an Gott (oder Religion) glauben und dafür
sogar eine Art „Beweisführung“ eingeleitet wobei auch Marx, Lenin und
Goethe herhalten mußten.
Dies ist haarsträubender Blödsinn.
Daß er dafür von Dir Unterstützung erhält ist nicht verwunderlich.

Kopfschüttelnde Grüße

Genau, gleichfalls.
Gruß VIKTOR

@Viktor:Fühlst du dich ‚auf den Schlips getreten‘?
Hallo Viktor,

ich wollte dir nicht zunahe treten.

Aber es ist doch nun mal so, der Konflikt, um Gott oder Nicht-Gott läuft in erster Linie zwischen Intellektuellen und Nicht-Intellektuellen, manchmal auch zwischen Intellektuellen untereinander, aber eigentlich nie zwischen Nicht-Intellektuellen untereinander.

Es gibt doch den Witz aus der ehemaligen Sowjetunion, wo eine alte Kolchosebäurin zu Gott betet, er möge für eine gute Ernte sorgen. Der Parteifunktionär aus der Stadt sagt daraufhin zu ihr: „Wie oft soll ich dir noch erklären, es gibt keinen Gott.“ „Ich weiss“, sagt daraufin die alte Bäurin, „wenn es aber, was Gott verhüten möge, es doch einen Gott gibt?“

Die christliche Sekte der Amish-People, die überwiegend in Amerika beheimatet ist, lehnt Bildung über das achte Schujahr hinaus u.a. deshalb ab, weil ihrer Auffassung nach Bildung jeder Art, auch höhere Mathematik z.B., Menschen „hochmütig“ werden lasse. Wo ja auch was dran ist. Wessen Schuldbildung nur aus Lesen, Schreiben und einfachem Rechnen besteht und wer danach nur körperlich arbeitet und höchstens mal in der Bibel (oder, in anderen Kulturen: in der Tora oder im Koran) liest, der wird wohl nie auf die Idee kommen, an der Existenz Gottes bzw. an seinem jeweiligen heiligen Buch zu zweifeln.

Über Kants „Gottesbeweis“ sagte Heinrich Heine:

_(…)

Nach der Tragödie kommt die Farce. Immanuel Kant hat bis hier den unerbittlichen Philosophen traziert, er hat den Himmel gestürmt, er hat die ganze Besatzung über die Klinge springen lassen, der Oberherr der Welt schwimmt unbewiesen in seinem Blute, es gibt jetzt keine Allbarmherzigkeit mehr, keine Vatergüte, keine jenseitige Belohnung für diesseitige Enthaltsamkeit, die Unsterblichkeit der Seele liegt in ihren letzten Zügen - das röchelt, das stöhnt - und der alte Lampe (Kants Diener) steht dabei mit seinem Regenschirm unterm Arm, als betrübter Zuschauer, und Angstschweiß und Tränen rinnen ihm vom Gesicht. Da erbarmt sich Immanuel Kant und zeigt, daß er nicht bloß ein großer Philosoph, sondern auch ein guter Mensch ist, und er überlegt, und halb gutmütig und halb ironisch spricht er: „der alte Lampe muß einen Gott haben, sonst kann der arme Mensch nicht glücklich sein - der Mensch soll aber auf der Welt glücklich sein - das sagt die praktische vernunft - meinetwegen - so mag auch die praktische Vernunft die Existenz Gottes verbürgen“. In Folge dieses Arguments unterscheidet Kant zwischen der theoretischen Vernunft und der praktischen Vernunft, und mit dieser, wie mit einem Zauberstäbchen, belebte er wieder den Leichnam des Deismus, den die theoretische Vernunft getötet.

(…)_

http://www.gegenstandpunkt.com/mszarx/phil/kant/gott…

D.h. Kants alter, langjähriger Diener Lampe repräsentiert hier die „einfachen, nicht-intellektuellen Menschen“, die ohne den Glauben an Gott nicht leben können.

Zur Gretchenfrage steht bei Wikipedia:

_(…)

Goethe stellt an dieser Stelle mit Gretchen und Faust zwei Entwürfe einander gegenüber: Zum einen das Mädchen aus einfachen traditionsbestimmten Verhältnissen, das den Glauben an Gott und kirchliche Religiosität als Zentrum auch des eigenen Selbstverständnisses übernommen hat; zum anderen der gelehrte Heinrich Faust, der im Sinne neuzeitlicher Subjektivität auch die überlieferte Religion in Frage stellt, und argumentiert, er könne die gleichen Gefühle für das Gute, Schöne und Anständige haben wie Gretchen. Diese Werte müssten aber nicht unbedingt von der Kanzel gepredigt werden, um beherzigt zu werden.

(…)_

http://de.wikipedia.org/wiki/Gretchenfrage

Hier ist es, wie gesagt, das Gretchen, welches die „einfachen, nicht-intellektuellen Menschen“ verkörpert.

Das heisst nicht, dass es nicht auch Intellektuelle gibt, die gläubig sind, der hochgebildete Joseph Ratzinger, besser bekannt als der gegenwärtige Papst Benedikt XVI., gilt ja durchaus als ein besonders „intellektueller Papst“, mehr noch als sein Vorgänger Johannes Paul II. Auch andere Intellektuelle wie Heiner Geissler oder Eugen Drewermann sind ja bekanntlich gottgläubig - wenn auch nicht unbedingt immer kirchengläubig.

Meine Frage aber war, ob es dennoch nicht so ist, dass explizit atheistische oder agnostische Weltanschauungen wenn, dann eher Intellektuelle haben und Nicht-Intellektuelle weniger.

Ich sage nicht unbedingt, dass es so ist, ich frage, ob mein Eindruck richtig ist. Ich lasse mich ja gerne eines Besseren belehren.

Jasper.

Gruß Jasper.

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Ich glaube du verwechselst die philosophische Position des
Agnostikers/Atheisten (was nicht dasselbe ist) mit der
politischen (!) Gegnerschaft zur Kirche und anderen (politisch
aktiven) Religionen. So eine Gegnerschaft kann links aber auch
liberal motiviert sein. Das sind zwei paar Schuhe. Man kann
das eine ohne das andere sein.

Hallo Bellawa,

nein ich hier meine ausdrücklich nicht die „Ich lehne die Kirche ab, aber an Gott glaube ich schon.“-Position, sondern wirklich eine atheistische oder bzw. agnostische Weltanschauung. Das habe ich aber, denke ich, auch in meiner Eingangsfrage deutlich gemacht.

Gruß Jasper.

Hallo Jasper,

eigentlich nie zwischen Nicht-Intellektuellen

Manchmal schon, nur folgen dann nicht lange Diskussionen, sondern der eine sagt „ich halt so bzw. nicht so“ und der andere „ich halt anders bzw. nicht anders“ und fertig. Je länger sie diskutieren wollen, desto mehr müssen sie sich weiterbilden und sind dann wenigstens in diesem Fach schon mal „gebildet“.

Dass Nichtintellektuelle dazu erzogen sind, vieles unbefragt zu akzeptieren und also auch Traditionen eher folgsam anzunehmen, besonders wenn diese nicht nur den Kopf ansprechen, und noch mehr wenn diese das Gefühl in angenehmer/lebbarer Weise ansprechen, liegt an sich auf der Hand. Demgegenüber haben Intellektuelle vielerorts eine Erziehung, die sie davon abhält, Autoritäten zu akzeptieren, die Folge ist, dass die Intellektuellen mehr fragen, und das ist ja auch mit ein Ziel ihrer Bildung.

Gruss
Mike

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Hallo,

nein ich hier meine ausdrücklich nicht die „Ich
lehne die Kirche ab, aber an Gott glaube ich
schon.“
-Position, sondern wirklich eine atheistische oder
bzw. agnostische Weltanschauung. Das habe ich aber, denke ich,
auch in meiner Eingangsfrage deutlich gemacht.

Ja, das kann ich auch für weite Teile Ostdeutschlands (ehemalige DDR)
bestätigen. Unabhängig davon, warum und unter welchen Umständen sich
Atheismus als vorherrschende nicht religöse Weltsicht durchgesetzt hat,
ist es bei weitem nicht so, dass Atheismus bevorzugt bei Intellektuellen
verbreitet war und ist, sondern tatsächlich über die gesamte Breite der
Bevölkerung.
Eher war es so das Intellektuelle sich eher auch bewusst zu Religösität
bekannten.

Ein schönes Gegenbeispiel ist Polen, wo auch Kommunisten sich voll zu
ihrer Religion bekannten. In der DDR wurde darüber auch des öfteren
gespöttelt, dass die poln. Kommunisten nach der Parteiversammlung in
die Kirche gehen. Linke Orientierung und Kirche schließen sich also
auch nicht aus.
Gruß Uwi

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Hallo Uwi,

nein ich hier meine ausdrücklich nicht die „Ich
lehne die Kirche ab, aber an Gott glaube ich
schon.“
-Position, sondern wirklich eine atheistische oder
bzw. agnostische Weltanschauung. Das habe ich aber, denke ich,
auch in meiner Eingangsfrage deutlich gemacht.

Ja, das kann ich auch für weite Teile Ostdeutschlands
(ehemalige DDR)
bestätigen. Unabhängig davon, warum und unter welchen
Umständen sich
Atheismus als vorherrschende nicht religöse Weltsicht
durchgesetzt hat,
ist es bei weitem nicht so, dass Atheismus bevorzugt bei
Intellektuellen
verbreitet war und ist, sondern tatsächlich über die gesamte
Breite der
Bevölkerung.

es ist tatsächlich so, daß Atheismus oder Religiosität (was nicht
unbedingt „Gottgläubigkeit“ bedeuten muß) in ihrer Verbreitung meist
eine Angelegenheit der Anerziehung sind.
Bildung (ist nicht unbedingt gleich zu setzen mit Studium) ergibt sich
aus der Fähigkeit oder dem Willen Dinge qualifiziert (auch logisch)
zu hinterfragen.
Wer sich also Atheismus angelernt hat durch Studium (dies mit
Bildung verwechselt)hat noch lange nicht Erkenntnis unbedingt durch
Hinterfragung erlangt.
Die meisten großen Denker jedenfalls, welche wirklich
"hinterfragten"sind für sich nicht zum Ergebnis Ich = Atheist gelangt.

Eher war es so das Intellektuelle sich eher auch bewusst zu
Religösität
bekannten.

Was aber auch nichts belegt als Gegenhaltung zum Fragesteller.
(hat Du auch nicht so als „Gegenbeweis“ gemeint)
Für mich ist es einfach Unfug, einen Zusammenhang von „Bildung“ oder Intellektualität zu Atheismus oder dem Gegenteil herstellen zu wollen.
Es gibt da „Verdichtungen“ von Übereinstimmungen in beiden Richtungen.
Wer sich da eine Verdichtung herauspickt und für seine Position
beweisend deklariert, gehört mit Sicherheit nicht zu den echten
Intellektuellen eher zu den Dummschwätzern.
Gruß VIKTOR

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Hallo auch,

nur eine kurze Anmerkung.

nein ich hier meine ausdrücklich nicht die „Ich
lehne die Kirche ab, aber an Gott glaube ich
schon.“
-Position

Das ist auch nicht das, was ich gemeint habe. Sowas ist ja meistens ja auch nichts anderes als eine religiöse Weltanschauung, nur eben eine, die die Amtskirche ablehnt.

Viel interessanter finde ich die umgekehrte Einstellung: Ich bin zwar unreligiös, akzeptiere aber die Kirche als gesellschaftliche Institution. Das findest du sehr sehr, selten, obwohl es eigentlich eine sehr realistische und rationale Einstellung ist. (Ist allerdings nicht die meine).

sondern wirklich eine atheistische oder
bzw. agnostische Weltanschauung.

Wieviele Menschen gibt es, die tatsächlich aufgrund philosophischer Überlegungen Agnostiker/Atheisten sind? Mir sind keine bekannt, außer sie beschäftigten sich ausdrücklich mit Philosophie.

Eine atheistische oder agnostische Einstellung ist im Normalfall immer eine politische.

Grüße Bellawa.

Zum Gruße,

Eine atheistische oder agnostische Einstellung ist im
Normalfall immer eine politische.

Das mag so sein.
Ich selbst bin auch Atheist, jedoch aus anderen als politischen Gründen, die hier aber nichts zur Sache tun.
Beim Lesen in diesem Unterforum sehe ich meine damalige Entscheidung übrigens regelmäßig bestätigt.
Das geht natürlich nicht gegen dich.

Gruß TL

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Hallo Bellawa,

im Normalfall immer eine politische

sind nicht die meisten religiösen Überzeugungen auch politisch?

Man könnte aber fragen, ob die atheistischen und agnostischen eher politisch motiviert sind, die religiösen eher anderweitig (etwa spirituell, metaphysisch, kulturell usw.) motiviert sind.

Gruss
Mike

Hallo,

Man könnte aber fragen, ob die atheistischen und agnostischen
eher politisch motiviert sind, die religiösen eher anderweitig
(etwa spirituell, metaphysisch, kulturell usw.) motiviert
sind.

Natürlich nicht. Da gilt das gleiche: Religion wird fast immer in einem politischen und sozialen Kontext erfahren. Ausnahmen sind einzelne Esoteriker vielleicht, die sich auf einem spirituellem Egotrip befinden.

Grüße Bellawa.