Ist Borderline cool?

Hallo!

Kommt es mir nur so vor, oder ist Borderline auf einmal „cool“?
Vor allem bei den 14-18jährigen… Irgendwie scheint es jeder zu wollen, außer die, die’s wirklich haben.

Woran liegt das? Romantisierung des Stereotyps? Allgemeine Tendenz der „Jugend“ dazu, sich so darzustellen, als hätte man Schmerz&Leid erfunden? Haben zu viele Leute Filme gesehen, in denen entsprechende Cliché-Persönlichkeiten „ordentlich abgehen“?

Daß es inzwischen Menschen gibt, die Stalker sammeln wie andere Leute Briefmarken find ich ja irgendwo noch verständlich… die allgemeine Aufmerksamkeitsgeilheit steigt schließlich stetig an. Aber das…?

( Ich glaub man könnte 'ne Menge Geld verdienen, wenn man Borderline-Diagnosen über Ebay verkaufen würde *g* )

Hallo,

( Ich glaub man könnte 'ne Menge Geld verdienen, wenn man
Borderline-Diagnosen über Ebay verkaufen würde *g* )

Deine Anfrage, so wie Du sie hier niedergeschrieben hast, bezeichne ich als Unverschämtheit.
Ich weiß auch nicht was es da zu *g* gibt.
Nicht jeder der sich selbst verletzt und Aufmerksamkeit bekommen möchte, leidet zwangsläufig unter der Borderline- Störung. Es ist aber tatsächlich so, dass diese sehr komplexe Erkrankung, die auch sehr unterschiedliche Ursachen haben kann, in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Ein Teil der Borderline Störung kann beispielsweise auch Sucht sein. Menschen die zuviel arbeiten, zuviel Alkohol trinken, sich von einer Beziehung in die nächste stürzen, VERLETZEN sich auf diese Art und Weise. Es würde zu weit gehen, dass im Detail zu erörtern.

An dieser Stelle sollten wir uns auch wieder die Frage stellen, was in unserer Gesellschaft alles daneben läuft, dass solche Erkrankungen vermehrt auf dem Vormarsch sind. Häufig sind die Ursachen verbale und emotionale Misshandlungen, sexueller Missbrauch, Scheidung/Trennung der Eltern, chaotisches Elternhaus ohne Rollenzuteilung, vollkommen gestörtes Verhältnis zu den Eltern. Das alles wird in der KINDHEIT ERLEBT.
Es wäre also hilfreich danach zu fragen, was die Menschen so krank macht, die Kindern so etwas antun.

Mir scheint, dass Du eventuell Teeny- Streiche, die auf Schulhöfen praktiziert werden und die es immer gegeben hat, mit einer schwerwiegenden Erkrankung unter der die Betroffenen oft jahrelang sehr leiden, gleichsetzt. Darüber zu scherzen finde ich nicht schön.

Gruß
Frank

Seh ich anders.
Re-Hallo!

-Deine Anfrage, so wie Du sie hier niedergeschrieben hast,
-bezeichne ich als Unverschämtheit.

Das tut mir Leid, aber was solls. Entweder sind wir eben einfach völlig unterschiedlicher Meinung (solls ja geben) oder du hast meinen Beitrag anders verstanden, als er gemeint war.

Ich persönlich finde es eher unverschämt, daß massenweise Teenies durch die Gegend (und zum Psychologen) rennen, die so etwas wie Borderline vortäuschen oder ihm nacheifern. Die Sorte, die höchstens mal unter „fast eine leichte Depression“ o.ä. leiden.

Damit meine ich nicht die „Irrläufer“, die sonst nirgends unterkommen und dann (vorläufig) mit der Diagnose Borderline rumlaufen sondern Leute, die sich z.B. zu dritt treffen um SVV zu praktizieren weil sie „davon gehört haben“ - einfach nur so. Ja, man kann auch „Mist machen“ ohne daß es einem wirklich schlecht geht.

Man könnte ja jetzt sagen: „Unter irgendwas müssen die doch leiden, sonst würden sie sich nicht so verhalten“. Naja, ich sag mal: Ein Kind das Fensterscheiben einwirft weil es sich langweilt leidet auch unter irgendwas, was aber allein trotzdem noch kein Grund ist, ihm ADHS zu diagnostizieren und es mit Neuroleptika vollzustopfen.

(OT: Und *g*-en sowie scherzen kann man meiner Meinung nach über alles und jeden. Ich finde das in vielen Fällen sogar angebracht - das senkt die allgemeine „Totschweig-Schwelle“ und bewahr auch den einen oder anderen mit der Zeit davor, an den Übeln dieser Welt oder sich selbst zu Grunde zu gehen. Aber über dieses Thema lässt sich wohl lange streiten, ohne jemals zu einer allgemeingültigen Antwort zu kommen.)

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Hi,

ich habe mit vielen Kindern zu tun, aber kann diesen Trend nicht ausmachen. Ich glaube auch nicht, dass 14-18jährige über Borderline wirklich informiert sind. Insbesondere bei einem 14jährigen wäre ich sehr überrascht, wenn er dazu noch glaubwürdig simuliert.

Den ebay-Scherz verstehe ich aber nicht. Bitte mal erklären.

Viele Grüße,

Hilmar

Hallo,

nun gut, ich reagiere da vielleicht ein wenig sensibel. Ich erlebe das nun seit gut zehn Jahren. Wöchentlich 2mal besuche ich Borderline-Sucht-Patienten in der Psychiatrie. Die überwiegende Mehrheit sehe ich Jahr für Jahr wieder. Die 14-18jährigen sind auch die Jugendlichen, die ich in der SH und Beratung kennenlerne. Die Tragik die hinter jeder persönlichen Geschichte steht, beeindruckt mich jedesmal ganz besonders, insofern stoßen mir PERSÖNLICH Scherze die in diese Richtung gehen besonders auf.
Entschuldigung, wenn ich da so heftig reagiere. Ich möchte Dich nicht angreifen.

Ich habe sehr, sehr viel Kontakt gerade zu dieser Altersgruppe und besuche im Rahmen von Suchtprävention auch die Schulen. Den von Dir geschilderten Trend kann ich nicht ausmachen.

Die Jugendlichen, die im Rahmen unserer Präventionsarbeit an den Schulen auch über diese Erkrankungen informiert werden, reagieren teilweise mit großer Betroffenheit und sind interessiert und ernsthaft bei dieser Thematik. Einen Trend, wie Du ihn ausmachst kann ich beim besten Willen nicht feststellen.

Nochmal, selbst wenn es so wäre, ist die Konzentration auf diesen Personenkreis in Form einer Anklage (so habe ich es beim Lesen empfunden) vollkommen fehl am Platz. Anzuklagen wären sicherlich andere (siehe erste Antwort)

Jedes Kind, egal mit welchen Motiven es eine Beratungsstelle, oder einen Psychologen aufsucht, ist in seinem Handeln und Verhalten und in dem was es sagt, ernst zu nehmen. Selbst wenn es eine Krankheit vortäuscht, hat es einen WICHTIGEN BEWEGGRUND für sein Handeln der unter allen Umständen ernst genommen werden muss.

Ich habe in meiner Kindheit Mutproben gemacht, die ich heute als Erwachsener als LEBENSGEFÄHRLICH einstufen würde. Massenhaft haben das auch meine Kumpels getan- nun kann man darüber streiten, ob das eine Modeerscheinung war oder nicht, in jedem Fall war es nicht „gesund“- aber die wenigsten Erwachsenen haben das jemals ernst genommen.
Das nur so zum nachdenken!

Gruß

Frank

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Hallo,

vielleicht liegt es daran, dass diese Jugendlichen tatsächlich glauben, eine Borderline-Persönlichkeitsstörung aufzuweisen. Einzelne Merkmale der Borderlinestörung sind in der Tat mit der gesamten Bandbreite an jugendtümlichem Verhalten oft sehr ähnlich.

Bei vielen mag es auch schlichtweg der Wunsch nach Aufmerksamkeit sein, wobei vielleicht auch dieser Wunsch schon auf gewisse Defizite hinweist.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo,

habe auch ein wenig Probleme mit der Art, wie du die Sache ansprichst.
Und ich kann Hillmars und Franks Einschätzung nur zustimmen, einen Trend sehe ich nicht, habe meinen focus aber auch mehr auf anderen Dingen.

Ich bin zudem der Meinung, dass jemand, der keinen fachlichen Zugang zu Menschen mit einer solchen Symptomatik hat, inbesondere in dieser speziellen Altersgruppe, nicht beurteilen kann, ob so ein Verhalten ein Zeichen einer psychischen Erkrankung oder nur „Spielerei“ ist.

Leute, die mit Jugendlichen arbeiten, nehmen alle Formen des selbstverletzenden Verhaltens sehr ernst, bzw. sind angehalten genau hinzugucken.
Da gibt es nichts herunterzuspielen oder verächtlich zu machen, es ist immer ein Appell und irgendetwas läuft da garantiert nicht glatt in der Entwicklung.
Ob da letztendlich eine bestimmte Diagnose hintersteckt, ist erstmal zweitrangig, in jedem Fall steckt ein Mensch(Kind)mit eventuell gravierenden Problemen dahinter.

Und wenn du mal eben so imstande bist bei Pubertierenden(oder überhaupt), eine „leichte“ Depression von einer schwerwiegenden Erkrankung mit hohem selbstschädigendem Charakter bis hin zu suizidalen Tendenzen abzugrenzen - Gratulation! -
dann weisst du aber sicher auch, dass psychische Störungen, inbesondere Frühstörungen wie borderline, aber auch andere, in bestimmten Lebensphasen(Stichwort Pubertät)verstärkt, oder überhaupt erstmalig deutlich, d.h. für das Umfeld sichtbar, auftreten.
In anderen Lebensabschnitten geraten sie dann manchmal, relativ gesehen, wieder in den Hintergrund.

Gerade die Pubertät ist ja, wie sich vielleicht die eine oder der andere noch erinnert, durch intensive Identitätssuche geprägt, auch „normale“ Jugenbdliche treten plötzlich in Gruppen auf, suchen sich Rituale, Gleichgesinnte.

Auch die, die in irgendeiner Form „anders“, oder in ihrer Entwicklung gestört/beeinträchtigt sind, tun das und erkennen sich an feinen Signalen, ohne sich dessen überhaupt bewusst sein zu müssen.
Kinder aus Suchtfamilien, Kinder mit Gewalterfahrungen, Kinder mit ähnlichem Familienhintergrund etc. finden zueinander, oft OHNE jemals ihre Situation thematisiert zu haben.

Ob sie sich dann Ettiketten wie punk, gruftie, bordie, junkie oder sonst was anheften, SIE wissen jedenfalls ganz genau, was sie verbindet und ziehen daraus ein beträchtliches Potenzial, um sich zu stabilisieren.
Und auch SVV hat nicht nur das destruktive Moment, das Außenstehende wahrnehmen, sondern wird sogar oft eher „konstruktiv“, d.h. zur Wiederherstellung der psychischen Stabilität/Funktionalität genutzt.
Also alles Überlebensstrategien und keine „Modeerscheinungen“.

Aber um das zu sehen, muss man schon etwas genauer hingucken.

Genervte Grüße
Anna

Hallo, du mit dem unauffälligen Fakenamen,

Langeweile ?

Ich persönlich finde es eher unverschämt, daß massenweise
Teenies durch die Gegend (und zum Psychologen) rennen, die so
etwas wie Borderline vortäuschen oder ihm nacheifern. Die
Sorte, die höchstens mal unter „fast eine leichte Depression“
o.ä. leiden.

Aha. Ich werde mich mal umhören, ob es bei Teenies gerade Mode ist, zum Psychologen zu rennen - bisher ist mir dies völlig entgangen.

Aber davon abgesehen halte ich es für absolut legitim, zu einer Fachkraft zu gehen, wenn man Probleme hat. Seltsam, dass du als Außenstehender sogar weißt, dass es sich nur um eine „fast leichte Depression“ handelt.

Geh doch anderswo spielen !

Gruß,

Inselchen (kopfschüttelnd, aber ganz sicher kein Borderliner)

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Nachtrag… (Disko-Runde)
Nochmal hallo!

Erstmal danke für eure Antworten, war einiges „Anregendes“ dabei - konnte auch vieles davon aufgreifen.

Für diejenigen, die es interessiert: Nach einer kleinen Online-Diskussionsrunde+Erfahrungsaustausch mit mehreren Betroffenen & Psychologen(+Studenten) zu diesem Thema haben sich (neben der Erkenntnis, daß wir alle unterschiedlicher Meinung sind) vor allem folgende (rein theoretischen) Gedanken/Hypothesen herausgebildet:

  • Die Tendenz zum „Borderline-Wahn“ (wir haben uns nach einigen anfänglichen Schwierigkeiten auf den völlig aus der Luft gegriffenen Begriff „Border-Hopping“ geeinigt) ist vor allem bei verschiedenen jugendlichen Subkulturen zu beobachten. Das führten wir weniger auf einen „schlechten Einfluss von Subkulturen“ zurück als viel mehr auf die Tatsache, daß jemand, der sich leicht mit BL identifiziert auch generell eine höhere Bereitschaft zeigt, sich zu einer Gruppe anzuschließen (selbst wenn diese nicht wirklich zu ihm passt - eine Studentin & „Anhängerin“ der Schwarzromantik/Emo - Szene klagte besonders ausgiebig über die Flut an „Neuzugängen“ in/um Berlin, die sich für BL halten ).
  • Die im Internet aktiven Betroffenen & Angehörigen kriegen es in letzter Zeit (naja, die habens schon vor Jahren gemerkt) verstärkt nicht nur mit „Touristen & Schaulustigen“ zu tun sondern auch mit allerlei Jugendlichen, die (der Meinung der Betroffenen nach) „Borderline“ nicht von „Pubertät“ unterscheiden können und… das wird von vielen in diesen Kreisen übrigens als überaus … ‚(ver)störend‘ empfunden, da sich die „Border-Hopper“ vielerorts unter „Menschen mit ernsthaften Problemen“ mischen.
  • Die von uns am wahrscheinlichsten Hypothese über den Ursprung des „Phänomens“ lautet schlicht: „Jeder erkennt sich darin irgendwie wieder, wenn er etwas darüber liest - findet es zudem auch irgendwie anziehend (einen gewissen „Magnetismus“ kann man ja den meisten „BL-Persönlichkeiten“ nun wirklich nicht absprechen)“ und zudem „Wenn man 10 BL-Patienten nimmt und Ihnen ein x-beliebiges Problem/Trauma/Gefühl präsentiert, ist bestimmt mindestens einer darunter, der solche Erfahrugen gemacht hat“ (ob letzteres stimmt sei dahingestellt).
  • Nichts wirklich neues, aber trotzdem relevant: Die „Jugend“ hat immer schwerwiegendere Probleme, ihre Identität zu finden und sucht deswegen immer… „kreativer“ (wir haben kollektiv und nicht ganz ernsthaft beschlossen: „Früher war alles besser, da haben sie uns einfach gesagt, wer wir sind!“).

Desweiteren sind wir dann zu dem Thema „wie ‚ernst‘ sind SVV & Co im Durchschnitt“ gekommen.

Über die Hälfte von uns (darunter fast alle Betroffenen) war (eher) der Meinung, daß nicht genug zwischen dem „Hobby SVV“ und den „tausend anderen Sorten“ unterschieden wird und „es oft viel zu ernst, selten nicht ernst genug“ genommen wird (=> ähnliches gabs dann noch zum Thema "Der Unterschied&Schnittmengen zwischen „Selbsmordgefährdeten“, „Menschen die Selbstmorddrohungen aussprechen“, „Menschen die Selbstmordversuche unternehmen“ und "Menschen die erfolgreich Selbstmord begehen - aber das ist ein anderes Thema).

( Einige empfanden es als persönliche Beleidigung und hackten eine ganze weile auf Vergleichen wie z.B. (Zitat/anonym)„Als ‚gewöhnlicher Gesellschafts-Trinker‘ spiel ich mich genausowenig bei den AA auf, wie ich auf die Idee kommen würde, 'nen Rollstuhl&Behindertenausweis zu verlangen weil ich zu faul zum laufen bin… um dann ein Jahr später auch noch bei den ‚Kollegen‘ zu prahlen, daß ich ja viel besser mit meinem ‚Problem‘ zurecht gekommen bin wie sie und zu sagen: guckt mal wie toll, ich kann wieder gehen!“ - herum. )

Der Rest (darunter ein Großteil der Psychologen) war der Meinung, daß dies alles nicht ernst genug genommen wird - wobei diese sich wieder in die beiden Lager: „Oft ist es zwar nicht wirklich ernst, aber da man zu schwer abgrenzen kann, welcher der ernste Fall ist, steckt man besser auch die 9 von 10, die nicht erst waren in den selben Hut“ und „Eigentlich ist das immer irgendwie ernst“.

Hoffe ich hab das einigermaßen ungefiltert wiedergegeben (man neigt ja dazu, Erinnerungen an Dinge & Meinungen, die einem nicht gefallen auszublenden *g* - aber so dissonant war’s ja auch schon wieder nicht). Ich sollte vielleicht noch dazu sagen: Wir haben nicht den Anspruch gestellt, persönliche von fachlicher Meinung zu trennen oder uns irgendwie um Dinge wie „Empirie“ und „Fundiertheit“ zu kümmern sondern haben einfach nur „drüber geredet“.

Meine persönliche Meinung hat sich dadurch übrigens eigentlich nicht geändert - aber ich bin beruhigt, weil es so scheint, als ob die Tendenz, die ich beobachte sich zum Glück nicht auf die Gesamt-Population bezieht sondern ich das nur in ‚konzentrierter Dosis‘ mitbekomme.

Ja, da lässt sich wirklich lange drüber diskutieren und man kommt vom Ästchen auf’s Stöckchen (oder war’s umgekehrt?).

Hallo Martys,

entweder einige in diesem Thread haben Dich ganz schön missverstanden, oder ich verstehe Dich miss :wink:

Ich bin mir nicht sicher, ob Deine Einschätzung zutrifft, aber ich versuche einfach mal ein paar Pro-Argumente aufzuführen.

Kommt es mir nur so vor, oder ist Borderline auf einmal
„cool“?

berichte doch mal von Deinen eigenen Beobachtungen!

Vor allem bei den 14-18jährigen… Irgendwie scheint es jeder
zu wollen, außer die, die’s wirklich haben.

erst mal ein Link, der Deinen Eindruck teilt:
http://www.planet-vig.de/blog/item.php?i=288

Klar düfte sein, dass der bloße Begriff „Borderline“ gut klingt und „coole“ Assoziationen weckt, ganz unabhängig von Inhalten.

Insofern eignet er sich eher als andere Diagnosen für eine Aneignung zu modischen Zwecken, gerade weil den meisten 14-18jährigen eben nicht klar ist, was dahintersteckt.

Um sein Anders-Sein, seine unglaubliche Individualität, zu betonen, kommt halt ein Satz wie „Ich bin Borderliner“ viel cooler rüber als „Ich habe eine Angststörung“, etc., auch und gerade dann wenn man nicht weiß worum es geht.

Dazu kommt, dass es scheinbar eine wirkliche „Borderline“-Ästhetik gibt:
http://borderline-angel.com/top.jpg
http://www.cs.helsinki.fi/u/sissonen/photos/borderli…
http://dontatro.bryce-alive.net/psychopics/borderlin…

Bilder dieser Art tauchen in Homepages von „Borderlinern“ unweigerlich auf.

Und auch in der Pop-Musik ist der Begriff gut vertreten, und zwar nicht nur bei „Szene-Künstlern“:
http://search.de.music.yahoo.com/search/?m=song&p=bo…

Soweit zur Konjunktur des Begriffs, ansonsten taucht „Borderline“ ja in den einschlägigen Foren immer in Begleitung von SVV, Bulimie, Anorexie auf;

dass gerade die letzteren beiden heute deutlich häufiger vorkommen als zu früheren Zeiten ist gut belegt;

„Praktiker und Praktikerinnen sprechen von epidemischer Zunahme“ der Bulimie unter Mädchen und jungen Frauen, so Bilden, „Feministische Perspektiven in der Sozialpsychologie am Beispiel der Bulimie“, in Keupp et al., „Zugänge zum Subjekt“ (1993)

Bilden zeigt in dem Aufsatz auch das Eingebettet-Sein der Essstörungen in gesellschaftliche Ideale von Schlankheit und Weiblichkeit, was sowohl im Bereich der Ätiologie dieser Störungen eine Rolle spielt, als auch hinsichtlich dessen, dass man sich mit diesen Störungen zumindest ein Stück weit identifizieren kann; welche junge Frau würde nicht lieber an Magersucht als an Fettsucht leiden?

Analog dazu könnte man auch SVV in eine Reihe mit Piercing, Tattoos, Branding, etc. stellen, und auch dort Schönheitsideale und Modeerscheinungen finden, so dass auch die SVV eine solche Identifikationsbasis besitzt.

Ähnlich scheint es auch für Borderline-PS solche Identifikationspunkte zu geben, bzw. die Möglichkeit der Aneignung von (feindseligen) Fremdzuschreibungen;
vgl. z.B. diese HP einer „Borderlinerin“:
http://www.pro-bordi.de/
in dem sich u.a. solche Sätze finden:
„Früher wurden Hexen wegen ihrer unheimlichen Fähigkeiten
auf dem Scheiterhaufen verbrannt, heute werden sie Borderlinerinnen genannt.“ (unbekannt)

Ich könnte mir also vorstellen, dass die BPS bis zu einem gewissen Maße eine „Coolness“ erlangt hat, wie dies zu anderen Zeiten ja andere Erkrankungen auch geschafft haben, so galt im 19. Jhdts. die Tuberkulose als Künstlerkrankheit, auch die Homosexualität war zu der Zeit als sie noch als Krankheit galt, auch in nicht-homosexuellen Boheme-Kreisen „in“, oder in den 60er und 70ern setzte man auf die Schizophrenie, um den gesellschaftlichen Ich-Zwängen ein Gegenmodell entgegen zu stellen …

Viele Grüße
Franz

Auch nochmal Hallo

Für diejenigen, die es interessiert: Nach einer kleinen
Online-Diskussionsrunde+Erfahrungsaustausch mit mehreren
Betroffenen & Psychologen(+Studenten) zu diesem Thema haben
sich (neben der Erkenntnis, daß wir alle unterschiedlicher
Meinung sind) vor allem folgende (rein theoretischen)
Gedanken/Hypothesen herausgebildet:

Ich werde das hier so sicher nicht stehen lassen.

Vielleicht bist Du auch mal so offen, wenn Ihr ja so offen diskutiert habt, uns teilhaben zu lassen: gibt es da einen Link?

Ich versichere Dir, auch wenn ich KEIN Professioneller Berater bin, so arbeite ich mit Psychologen und Prosfessionellen zusammen, die sich alle sehr gut mit der BPS auskennen und diese- da kannst Du Dir sicher sein- sind alle der selben Auffassung- da braucht man nicht zu diskutieren, sondern da gibt es DIAGNOSEN die sind EINDEUTIG. Betroffene, die wie in meinem Umfeld in Selbsthilfegruppen organisiert sind, stehen zu Ihrer Erkrankung und auch da gibt es KEINE UNTERSCHIEDLICHEN Auffassungen.

Das es „Hopper“ gibt habe ich weder von professioneller Seite noch sonst wo jemals gehört. Es gibt nur EINDEUTIGE Diagnosen. Entweder man hat diese Erkrankung oder nicht- dazwischen gibt es nichts. Es gibt dazwischen vielleicht ANDERE ERKRANKUNGEN. Menschen, die sich beispielsweise selbst verletzen, egal in welcher Form, sind nicht gesund.

Ich finde das jetzt schon ein wenig haarsträubend. Dein erstes Posting las sich für mich wie folgt:

Da BEOBACHTET jemand, der sich hier nicht zu erkennen gibt, wie Jugendliche sich selbst verletzen und DIAGNOSTIZIERT daraus eine leichte Depression- das an sich ist schon ein starkes Stück- was mich aber so ärgerlich macht ist, dass Du das Ganze auch noch als Anklage formuliert hast, so nach dem Motto: Haben die eigentlich nichts besseres zu tun? und nun präsentierst Du uns hier Ergebnisse einer Diskussion bei der Experten und Betroffene und Studenten ALLE UNTERSCHIEDLICHER MEINUNG WAREN??

Sollte ich jemals jemanden dabei erwischen, der Kids/Jugendliche dabei beaobachtet, wie diese sich sebst etwas antun- der bekommt es mit meiner Wenigkeit zu tun!

Kopfschüttel!

Frank

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Hallo, du mit dem unauffälligen Fakenamen,

& Hallo zurück!

Langeweile ?

Nein, jede Menge zu tun.

Aha. Ich werde mich mal umhören, ob es bei Teenies gerade Mode
ist, zum Psychologen zu rennen - bisher ist mir dies völlig
entgangen.

Das sollte zwar eigentlich ‚leicht‘ überspitzt sein - ich hab die dumme Angewohnheit, manchmal zu Stilmitteln zu greifen, obwohl eine objektive Schilderung weniger Lücken in der Argumentation hinterlassen würde (nenn mich ruhig Stil-Feteschist :smiley:) - aber Klasse, wenn du auf solche Tendenzen achtest.

Aber davon abgesehen halte ich es für absolut legitim, zu
einer Fachkraft zu gehen, wenn man Probleme hat.

Ich ebenfalls. Besser zu früh als zu spät.

Seltsam, dass
du als Außenstehender sogar weißt, dass es sich nur um eine
„fast leichte Depression“ handelt.

Das hat nichts mit Wissen zu tun, wenn man das Ganze „rekursiv“ anspricht. Wenn ich eine hypothetische Gruppe von „Menschen mit echten blonden Haaren“ definiere steht außer Frage, daß die Mitglieder dieser Gruppe echte Blonde Haare haben, sonst wären sie nicht in der Gruppe :wink:

Ob so eine Gruppe existiert und wie groß sie ist ist natürlich eine andere Frage, aber nach meinen Erfahrungen und denen, die andere mit mir teilen ist die Existenz der von mir „erzeugten“ Gruppe nicht zu verleugnen und ihre Größe nicht zu unterschätzen. Das ist zwar nicht unbedingt valide aber das beste, was mir an Informationen zur verfügung steht (wenn jemand Bessere oder Zusätzliche hat, bin ich dankbar, wenn er sie mit mir teilt).

Geh doch anderswo spielen !

Nein danke… du befindest dich meiner Meinung nach weder in der Position zu beurteilen, ob und welches Spiel ich spiele noch mir zu sagen, wo/in welcher Weise ich das praktizieren darf und wo nicht.

( Dafür sind hier, wenn ich das richtig verstanden habe, andere zuständig - und wenn die mir sagen, ich bin hier nicht erwünscht werd ich mich danach natürlich richten )

Ein simples „Ich finde deinen Beitrag hier nicht angemessen weil…“ wär also imho angebrachter gewesen, aber was solls - ich greif ja auch gern mal zu „kreativeren Ausdrucksweisen“, also will ich das Recht anderen nicht versagen!

Gruß,

Inselchen (kopfschüttelnd, aber ganz sicher kein Borderliner)

Gruß zurück,

Martys (grinsend aber sicher nicht verärgert oder boshaft)

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Hallo!

Vielleicht bist Du auch mal so offen, wenn Ihr ja so offen
diskutiert habt, uns teilhaben zu lassen: gibt es da einen
Link?

Wenn es dich interessiert und du willst, kann ich nachfragen, ob dir jemand ein Log per Email schickt.

Ich versichere Dir, auch wenn ich KEIN Professioneller Berater
bin, so arbeite ich mit Psychologen und Prosfessionellen
zusammen, die sich alle sehr gut mit der BPS auskennen und
diese- da kannst Du Dir sicher sein- sind alle der selben
Auffassung- da braucht man nicht zu diskutieren, sondern da
gibt es DIAGNOSEN die sind EINDEUTIG.

Da hab ich andere Erfahrungen gemacht… könntest du das etwas ausführen? Bin an dem Thema ziemlich interessiert und weiß lange noch nicht alles. Wie genau meinst du das?

Bis jetzt vertrat ich eigentlich den Standpunkt, daß gerade BPS-Diagnose etwas sehr „unsicheres“ sind und sowohl Leute die „onst nirgends untergekommen sind“ immer wieder die Diagnose erhalten (was nicht unbedingt schlecht ist, da die gängigen Vorgehensweisen bei BL auch in vielen anderen Fällen helfen) und auf der anderen Seite viele BLer mehrere andere Diagnosen hatte, bevor es „erkannt“ wurde.

Betroffene, die wie in
meinem Umfeld in Selbsthilfegruppen organisiert sind, stehen
zu Ihrer Erkrankung und auch da gibt es KEINE
UNTERSCHIEDLICHEN Auffassungen.

Die Betroffenen die ich kenne haben eigentlich fast alle völlig unterschiedliche Auffassungen. Vielleicht verstehen wir etwas unterschiedliches unter „Auffassungen“?

Das es „Hopper“ gibt habe ich weder von professioneller Seite
noch sonst wo jemals gehört. Es gibt nur EINDEUTIGE Diagnosen.
Entweder man hat diese Erkrankung oder nicht- dazwischen gibt
es nichts. Es gibt dazwischen vielleicht ANDERE ERKRANKUNGEN.
Menschen, die sich beispielsweise selbst verletzen, egal in
welcher Form, sind nicht gesund.

Hmh… da bin ich, wenn ich deinem roten Faden folgen konnte, schlich und einfach anderer Meinung (auch wenn ich nicht weiß, welche der Auffassungen näher an der Realität ist). Das trifft imho vielleicht auf Mumps und Masern zu, aber auf Borderline und „ähnliches“? Ist ja alles Multifaktoriell und strotzt nur so vor Grauzonen… das liegt allein schon in der komplementären Natur der „Wissenschaft“ an sich… aber egal, das würde zu weit vom eigentlichen Thema weg führen.

E… und Studenten ALLE UNTERSCHIEDLICHER
MEINUNG WAREN??

Naja, das haben viele Diskussionen so an sich. Ich dachte nur, vielleicht interessiert sich jemand für die „Hauptgedanken“, die dabei aufgekommen sind - wie gesagt, ohne einen Anspruch, es „wissenschaftlich“ oder „Fakten“ zu nennen.

Sollte ich jemals jemanden dabei erwischen, der
Kids/Jugendliche dabei beaobachtet, wie diese sich sebst etwas
antun- der bekommt es mit meiner Wenigkeit zu tun!

Da bin ich im Grunde genommen vollkommen deiner Meinung. Allerdings habe ich wahrscheinlich eine völlig andere Auffassung von „sich selbst etwas antun“ - also doch keine Übereinstimmung in dem Sinne.

ergänzend
Hallo Frank,

*Sternchengeb*.

sondern da
gibt es DIAGNOSEN die sind EINDEUTIG. Betroffene, die wie in
meinem Umfeld in Selbsthilfegruppen organisiert sind, stehen
zu Ihrer Erkrankung und auch da gibt es KEINE
UNTERSCHIEDLICHEN Auffassungen.

Das es „Hopper“ gibt habe ich weder von professioneller Seite
noch sonst wo jemals gehört. Es gibt nur EINDEUTIGE Diagnosen.
Entweder man hat diese Erkrankung oder nicht- dazwischen gibt
es nichts. Es gibt dazwischen vielleicht ANDERE ERKRANKUNGEN.
Menschen, die sich beispielsweise selbst verletzen, egal in
welcher Form, sind nicht gesund.

Eben, und daher sollte man sich bei der Auseinandersetzung mit irgendwelchen Krankheiten auf DIAGNOSTIZIERTE Fälle beschränken.

Ich denke, das ist bei vielen Erkrankungen, und besonders im psychischen Bereich, ein Problem: Von „Laienpsychologen“ werden mal eben „Diagnosen“ gestellt, diskutiert und kritisiert. Es gibt ja genug Populärliteratur, somit brauchen wir eigentlich gar keine Fachleute mehr, oder *grummel* ?

Viele Grüße,
Inselchen

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Hallo Inselchen

Eben, und daher sollte man sich bei der Auseinandersetzung mit
irgendwelchen Krankheiten auf DIAGNOSTIZIERTE Fälle
beschränken.

Ja, das ist der entscheidende Punkt. Wenn darüber diskutiert wird, was jemand vielleicht irgendwo beobachtet, aufgeschnappt hat und nichts konkretes als Beispiel parat hat, dann wird es schwierig einer Meinung zu sein. Diagnosen sind völlig ausgeschlossen.

Das ist ja auch das was mich ärgert. Das Posting war so verfasst, dass bei mir der Eindruck entstand: Da diagnostiziert jemand und klagt an und beobachtet und vermutet…

Der Mensch, der sich so verhält(z.B. Selbstverletzend) ist in seiner gesamten Erscheinung und Persönlichkeit zu sehen und wenn ich ihn dann als Arzt kennengelernt habe dann gibt es Diagnosen nach ICD und zwar ganz eindeutige. Und der nächste der kommt ist wieder ein ANDERER Mensch mit einer ANDEREN PERSÖNLICHKEIT und völlig neu kennenzulernen.

Gruppen aus der Ferne beaobachten und daraus schließen…das wird ganz schwierig- das ist doch logisch, dass da nichts zusammen kommt.

Viele Grüße,
Inselchen

Ich versichere Dir, auch wenn ich KEIN Professioneller Berater
bin, so arbeite ich mit Psychologen und Prosfessionellen
zusammen, die sich alle sehr gut mit der BPS auskennen und
diese- da kannst Du Dir sicher sein- sind alle der selben
Auffassung- da braucht man nicht zu diskutieren, sondern da
gibt es DIAGNOSEN die sind EINDEUTIG.

Da hab ich andere Erfahrungen gemacht… könntest du das etwas
ausführen? Bin an dem Thema ziemlich interessiert und weiß
lange noch nicht alles. Wie genau meinst du das?

Es gibt den ICD, nachdem der Patient ziemlich eindeutig zugeordnet werden kann.

Bis jetzt vertrat ich eigentlich den Standpunkt, daß gerade
BPS-Diagnose etwas sehr „unsicheres“ sind und sowohl Leute die
„onst nirgends untergekommen sind“ immer wieder die Diagnose
erhalten (was nicht unbedingt schlecht ist, da die gängigen
Vorgehensweisen bei BL auch in vielen anderen Fällen helfen)
und auf der anderen Seite viele BLer mehrere andere Diagnosen
hatte, bevor es „erkannt“ wurde.

Das deckt sich ausnahmsweise mit meinen Erfahrungen- Patienten berichten sehr oft davon. Steht z.B. der Alkohol oder Drogenkonsum als PRIMÄR- Erkrankung im Vordergrund, ist es für einen Arzt nicht einfach zu diagnostizieren, weil es eben „überlagert“ wird von einer Erkrankung auf die sich alles kontrolliert. Das ist aber nicht nur bei BPS, sondern bei vielen anderen Erkrankungen auch der Fall- hinzu kommt, dass der Betroffene oft über einen sehr langen Zeitraum nur immer Stückchen für Stückchen von sich preisgibt. Therapeuten und Psychologen können immer nur mit dem arbeiten, was Ihnen auch ANGEBOTEN wird!

Betroffene, die wie in
meinem Umfeld in Selbsthilfegruppen organisiert sind, stehen
zu Ihrer Erkrankung und auch da gibt es KEINE
UNTERSCHIEDLICHEN Auffassungen.

Die Betroffenen die ich kenne haben eigentlich fast alle
völlig unterschiedliche Auffassungen. Vielleicht verstehen wir
etwas unterschiedliches unter „Auffassungen“?

Wir können hier keine Allgemein- Diskussion führen. Meine Kenntnisse beschränken sich auf BPS/Sucht. Darüber kann ich diskutieren. Und innerhalb dieser Gruppe sind sich die Betroffenen weitestgehend einig, wie ihre Lebensgestaltung und der Umgang mit der Krankheit aussehen soll.
Du machst es Dir unnötig schwer, wenn Du versuchen möchtest Bliner allgemein zu sehen. Ich sehe IMMER NUR EINEN Menschen mit EINER Geschichte und mit diesem EINEN beschäftige ich mich und der nächste ist wieder vollkommen neu zu sehen- jeder ist ein Unicum.

Suchtkranke, aber auch BLiner haben oft eine Seelenverwandschaft- ohne Näheres über den anderen zu wissen, fühlt man sich auf einer Wellenlänge, man ahnt, dass der Andere ähnliches erlebt haben könnte- dies könnte in dem ein oder anderen Fall unter Jugendlichen auch der Fall sein. Das diese sich wiederum zusammen tun, um SV zu praktizieren, mag ja sein und von mir aus ist es dann auch „Cooler“

In erster Linie ist es für mich aber KRANK und in jedem Fall brauchen auch diese Menschen Hilfe, vom Zusehen oder Beobachten werden die garantiert nicht gesund.

Frank

mein -anderer- Eindruck
Hallo Frank,

nur kurz um einfach eine andere Sicht zu schildern:

Das ist ja auch das was mich ärgert. Das Posting war so
verfasst, dass bei mir der Eindruck entstand: Da
diagnostiziert jemand und klagt an und beobachtet und
vermutet…

Ich habe es anders gelesen:

  1. er hat ein gesellschaftliches Phänomen „Borderline ist cool?“ thematisiert, aber keineswegs einen bestimmten Menschen als „Borderline“ diagnostiziert …

  2. er hat dieses Phänomen in der Tat „angeklagt“, aber das läuft unter „Gesellschaftskritik“ und dabei sehe ich keinen Grund, sich zu ärgern …

  3. „vermutet“ hat er in der Tat („Kommt es mir nur so vor, oder ist …?“), aber er hat dies auch klar so gekennzeichnet (z.B. mittels der Fragform), und damit ist das Vermuten auch vollkommen legitim;
    man könnte sagen: er hat eine Forschungsfrage aufgestellt …

Ich will damit nicht sagen „Ich habe es ‚besser‘ gelesen“ (wahrscheinlich gibt es einfach konkurrierende Lesarten in diesem Text), aber wenn man sich über Martys Posting ärgert, dann hat das schon auch damit zu tun, dass man diese Dinge überlesen hat …

Der Mensch, der sich so verhält(z.B. Selbstverletzend) ist in
seiner gesamten Erscheinung und Persönlichkeit zu sehen und
wenn ich ihn dann als Arzt kennengelernt habe dann gibt es
Diagnosen nach ICD und zwar ganz eindeutige.

Was einmal sauber (im ICD) definiert ist, kann logischerweise auch sauber diagnostiziert werden;
jenseits der Definitionen aber gab und gibt es m.W. um die BPS durchaus Fachdiskussionen, z.B. die, ob man sie nicht stärker den komplexen PTBS zuordnen sollte, etc.

Diese zwei Ebenen gilt es also bei der Frage nach der „Eindeutigkeit“ auseinander zu halten.

Und die dritte Ebene, die bei Martys Frage m.E. ebenfalls klar enthalten ist, ist die Ebene der „Ränder“ der BPS, also der große Bereich der Selbsteinschätzungen, der Zuschreibungen, auch der „Ästhetik“ und der „Szenen“, etc.

Auf dieser dritten, a-klinischen Ebene ist absolut nichts mehr „eindeutig“, gleichwohl ist die Beobachtung dieser Ebene für die (Sozial)psychologie relevant.

Viele Grüße
Franz

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Spitze, Ben. Das war einmal mehr der differenzierteste Antwort-Beitrag zu M.s Fragestellung.
Ich bin so begeistert, dass ich fast vergesse, dass Kleingeister sich machmal an meiner Begeisterung und meinem Lob hier stören… :wink:
Es grüßt Dich
Branden

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Hallo Frank,

nur kurz um einfach eine andere Sicht zu schildern:

Das ist ja auch das was mich ärgert. Das Posting war so
verfasst, dass bei mir der Eindruck entstand: Da
diagnostiziert jemand und klagt an und beobachtet und
vermutet…

Ich habe es anders gelesen:

  1. er hat ein gesellschaftliches Phänomen „Borderline ist
    cool?“ thematisiert, aber keineswegs einen bestimmten Menschen
    als „Borderline“ diagnostiziert …

nein, viel schlimmer, er hat ALLGEMEIN dumm geschwätzt, hier noch mal der Wortlaut (ich kann lesen):

Ich persönlich finde es eher unverschämt, daß massenweise Teenies durch die Gegend (und zum Psychologen) rennen, die so etwas wie Borderline vortäuschen oder ihm nacheifern. Die Sorte, die höchstens mal unter „fast eine leichte Depression“ o.ä. leiden.

  1. er hat dieses Phänomen in der Tat „angeklagt“, aber das
    läuft unter „Gesellschaftskritik“ und dabei sehe ich keinen
    Grund, sich zu ärgern …

Ich ärgere mich. Das ist ein Gefühl das ich bekomme und dann habe. Das kann ich nicht bestimmen. Ich kann auch noch so oft sagen: Ärger geh weg- er macht es einfach nicht!
MICH HAT ES GEÄRGERT! und ich scheine nicht der Einzige zu sein.

  1. „vermutet“ hat er in der Tat („Kommt es mir nur so vor,
    oder ist …?“), aber er hat dies auch klar so gekennzeichnet
    (z.B. mittels der Fragform), und damit ist das Vermuten auch
    vollkommen legitim;
    man könnte sagen: er hat eine Forschungsfrage aufgestellt …

Dann stelle ich jetzt auch mal eine Forschungsfrage:
„Kommt es mir nur so vor, oder versucht hier jemand massenhaft Teenies etwas zu unterstellen?“

Ich will damit nicht sagen „Ich habe es ‚besser‘ gelesen“
(wahrscheinlich gibt es einfach konkurrierende Lesarten in
diesem Text), aber wenn man sich über Martys Posting ärgert,
dann hat das schon auch damit zu tun, dass man diese Dinge
überlesen hat …

Es ist alles eine Frage der SICHTWEISE.
Nein habe ich nicht- aber es kann natürlich angehen, dass es mich anders BERÜHRT, als Dich. Ich bin mir sicher wir lesen beide das Selbe.

Der Mensch, der sich so verhält(z.B. Selbstverletzend) ist in
seiner gesamten Erscheinung und Persönlichkeit zu sehen und
wenn ich ihn dann als Arzt kennengelernt habe dann gibt es
Diagnosen nach ICD und zwar ganz eindeutige.

Was einmal sauber (im ICD) definiert ist, kann logischerweise
auch sauber diagnostiziert werden;
jenseits der Definitionen aber gab und gibt es m.W. um die BPS
durchaus Fachdiskussionen, z.B. die, ob man sie nicht stärker
den komplexen PTBS zuordnen sollte, etc.

Es gibt ständig und in allen Bereichen Fragen und Diskussionen, würden wir aufhören, gäbe es keinen Fortschritt- für mich zählt, was HEUTE Gültigkeit hat- morgen können wir neu diskutieren- wo kämen wir sonst hin?

Diese zwei Ebenen gilt es also bei der Frage nach der
„Eindeutigkeit“ auseinander zu halten.

Ich halte mich ausschließlich an den Menschen den es betrifft. Jenseits der Definition MUSS immer Spielraum sein, für eine individuelle persönliche Betreuung. Das ist so selbstverständlich, dass ich das noch nicht mal für erwähnenswert halte. Ich wehre mich gegen solche Verallgemeinerungen wie sie hier versucht wurden „Massenhaft Teenies…“

Ansonsten gilt:
F60.3 Emotional instabile Persönlichkeitsstörung
F60.30 impulsiver Typus
F60.31 Borderline Typus

Und die dritte Ebene, die bei Martys Frage m.E. ebenfalls klar
enthalten ist, ist die Ebene der „Ränder“ der BPS, also der
große Bereich der Selbsteinschätzungen, der Zuschreibungen,
auch der „Ästhetik“ und der „Szenen“, etc.

Das was Marty BEOBACHTET hat, hast Du nun in diese Kategorie eingeordnet- wir sollten aufpassen, dass wir uns nicht zu weit entfernen!
Ich hatte bereits bei meiner ersten Antwort klar gestellt, dass nicht jeder, der sich selbst verletzt, zwangsläufig hier einzuordnen ist, Menschen die sich ähnlich verhalten haben andere Erkrankungen, hier von eine Szene oder gar von Hoppern zu sprechen, halte ich für sehr gewagt und allgemein Urteile dieser Art führen uns nicht weiter.
Wir sind uns sicher darin einig, dass das was er da nun beobachtet hat nicht gesund sein kann. Mein Eindruck war daraufhin, dass er das in abfälliger, ja sogar mit einem (*g*) versehen, sich lustig machenden Art getan hat.

Auf dieser dritten, a-klinischen Ebene ist absolut nichts mehr
„eindeutig“, gleichwohl ist die Beobachtung dieser Ebene für
die (Sozial)psychologie relevant.

Lieber Franz, wir können über alles diskutieren, aber mich hat geärgert WIE dieser Schrieb verfasst war- den einen eben mehr den anderen eben weniger und Dich wohl überhaupt nicht.

Viele Grüße

Frank

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Hallo Franz,

ich würde gerne auch noch mal zu Deinen Ausführungen Stellung nehmen.
Zunächst mal Danke für Deine Recherchen und der damit verbundenen Mühe.
Es scheint, wenn mann das liest :http://www.planet-vig.de/blog/item.php?i=288, dass der Trend, den marty ausmachen wollte, sich zumindest im Internet bestätigt.

Genau das war aber meine Aussage. Wir können nicht jeden zwangsläufig als Borderliner bezeichnen, der sich so verhält. Das manche auf den Zug aufspringen, um mehr Coolness zu erlangen, trifft vielleicht zu. Sie aber dann als eine Randgruppe, als Hopper, als Halb-Borderliner oder sonst was einzustufen- dagegen wehre ich mich und genau hier hilft der ICD- nämlich eben eindeutig zu sagen: hier liegt offensichtlich eine ANDERE Psychische Erkrankung vor- welche auch immer.

Ich erlebe gerade in der Psychiatrie und im Umfeld der BLin- Patienten Reaktionen wie: „Das ist ja alles gar nicht so schlimm, das macht doch heute jeder.“ Die Form von Martys Anfrage hier hat dies nochmal unterstrichen- Es entsteht der Eindruck, dass ein paar hirnlose, geistig-unreife Halbwüchsige „spielen“ „Das alles kann man ja nicht ernst nehmen“
Das hat auch meine Aufregung verursacht.

Hier schreien Jugendliche um Hilfe und weil Blut nun mal für die größte Aufmerksamkeit sorgt, muss eben geritzt werden, damit man die nötige Aufmerksamkeit bekommt. So wie Suchtkranke um Hilfe rufen, wenn sie konsumieren- es ist die Verzweiflungstat aus einer Situation keinen AUSWEG zu finden. Das ist BEÄNGSTIGEND. Noch BEÄNGSTIGENDER aber ist, dass versucht wird, diese Menschen in eine Kategorie der „nicht-ernst-zunehmenden SVletzer- die auf Borderliner machen“ einzuordnen. Das hat genau den Effekt, der eigentlich NICHT erreicht werden dürfte.

Die tatsächlich immer stärker anwachsende Zahl behandlungsbedürftiger Bliner wird durch solche Aussagen, wie sie marty, vielleicht ungewollt hier gemacht hat, leider in Frage gestellt.

Nehmen wir nur mal den Bereich Sucht: Ich selber bin in den 70er und 80er Jahren häufig als Patient in der Psychiatrie gewesen. Ganz vereinzelt ist mal jemand aufgefallen mit einer solchen Doppel-Diagnose. Wenn ich heute das selbe Krankenhaus besuche, die selben Stationen, dann ist festzustellen, dass beinahe jeder 5 Patient in der Altersgruppe 14-18 Jahre diese Diagnose hat. Das sind keine Patienten, die auf diesen Zug „aufhoppen“ Diese Entwicklung ist einfach so.

Fazit: Wir haben nicht nur eine stark anwachsende Anzahl an Menschen mit BPS, sondern jede Menge ernst zu nehmender Jugendlicher, die sich anscheinend sehr schwer damit tun, in unserer Gesellschaft klar zu kommen. Hier MUSS man sehr differenziert unterscheiden! Hier sind wir alle gefordert.

Pfingstgrüße von

Frank

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