Ist das Christentum antisemitisch?

Hallo,

in dem Artikel
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,542…

Was haltet Ihr davon?

Ist es antisemitisch, wenn man als Katholik Juden davon überzeugen will, dass Jesus nicht nur irgendein Rabbi sondern der Messias ist?

Nick

Hi

Antisemitisch? Denke ich nicht. Er fordert ja nicht zur Verfolgung auf oder degradiert sie ins nicht-menschliche. Aber da kann man streiten und dass Juden selbst es extremer sehen ist auch verständlich.

Hochgradig taktlos formuliert?
Absolut.
Warum eigentlich nur die Juden? Wenn er um Erleuchtung bittet, dann doch bitte auch für Muslime, Buddhisten, Hindus, Daoististen, Umbandisten, Shintoisten… … … usw. usf.

Mittlerweile wird es ja fast zur Gewohnheit, dass der Papst mit einem schlecht formulierten Spruch für Furore sorgt. Ob das immer noch Zufall oder nur Absicht ist… manchmal frage mich schon ob das nicht eine Art von „oh übrigens finde ich… äh, passt euch nicht? War mir nur so rausgerutscht…“

Also, zur Ausgangsfrage: Ich denke nicht, dass es antisemitisch ist, einen Juden überzeugen zu wollen (!) Jesus sei der Messias. Ich halte es nur für ziemlich dumm und taktlos und auch ziemlich kurzsichtig, denn wenn jemand nur überlegen müsste um zu sagen: Achja klar, Jesus ist der Messias, auf den habe ich die ganze Zeit gewartet! Wäre er wahrscheinlich nicht Jude…

Ist ja nur meine Meinung.

lg
Kate

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Moin,

das ist ein weites Feld.
Ich möchte nur ein paar Gesichtspunkte - bei weitem nicht alle! - nennen:

Es ist unbestritten, dass Jesus Jude war.
Es ist unbestritten, dass die Christen (So ganz am Anfang wird man sie noch nicht Christen nennen dürfen) diesen Jesus als Herrn und Erlöser bekennen.
Es ist unbestritten, dass sie sich hier u.a. jüdischer Vorstellungen und Terminologie bedienen: Der Christus ist der Messias.
Es ist unbestritten, dass ein Großteil der damals lebenden Juden Jesus nicht als diesen Messias anerkannt haben.

Weiterhin ist nicht zu bestreiten, dass Paulus seine gesamte Missionstätigkeit als einen riesenhaften Umweg betrachtet hat, sein Volk, die Juden, zum Glauben an diesen Christus zu bringen. Das gesamte 11. Kapitel des Römerbriefs handelt davon.

Wenn Christus der Herr der Welt und das Heil für alle Menschen ist, dann kann die Mission nicht auf die „armen Heiden“ beschränkt bleiben, sondern muss sich auch an Israel wenden.
(Ich vermute, dass manche sich jetzt versucht fühlen, über Sinn und Unsinn, Berechtigung und Erfolg von christlicher Mission zu schreiben. Tut das bitte anderswo; hier geht es um etwas anderes

Diese Israel-Mission ist in der evangelischen Kirche in Deutschland seit dem Dritten Reich höchst umstritten; viele meinen, gerade dioe Deutschen hätten kein Recht, in Israel und an Israel Mission zu betreiben. Dem stehen dien fundamentalistischen und freikirchlichen Kreise entgegen, die solche Israel-Mission mit Macht betreiben wollen.

Aber unbestritten ist wiederum, dass die Verheißung Gottes an Israel nicht hinfällig geworden und zurückgenommen worden ist. Israel bleibt, um einen Ausdruck von Friedrich Heer zu gebrauchen „Gottes erste Liebe“.

Ich halte die Bitte, Israel möge erleuchtet werden, auf diesem Hintergrund für legitim. Ich kann darin nichts Antisemitisches oder Judenfeindliches entdecken, wenn… ja wenn die übrigen Verlautbarungen der Kirche(n) und der Bischöfe von dem Respekt, der Achtung und der Liebe (ja: auch Liebe) durchdrungen und getragen sind, die das Volk Jesu verdient.
Ich erinnere mich an die Reise der deutschen katholischen Bischöfe nach Israel und einiger höchst anfechtbarer und taktloser Aussagen zum Palästinenserproblem. Wer so von Israel redet, nach meinem Verständnis das Recht vertan, um die Erleuchtung Israels zu beten. Der sitzt nur auf einem hohen Ross - und da kann man verdammt tief fallen!

Gruß - Rolf

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Hallo,

ich stimme Dir zu, was den Antisemismus betrifft.

Die Mission Juden zu Jesus zu bekehren, halte ich für überflüssig. Die Thora ist nunmal die Grundlage der Juden. Was würde ein Christ sagen, Fremde wollten dem Christentum Jesus nehmen wollen?

Gruss
H.

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Hallo Nick,

wenn ich das hier lese:
„Lasst uns beten für die Juden. Dass unser Gott und Herr ihre Herzen erleuchte, damit sie Jesus Christus erkennen, den Heiland aller Menschen.“
ist das nicht antisemitisch sondern einfach nur dummarogant.
Herr laß Hirn regnen, damit dieses arrogante Pack endlich erleuchtet wird und erkennt, wie daneben das ist.

Gandalf

Hallo Nick,

Was haltet Ihr davon?

Sagen wir es mal so: Zumindest gibt es diese unsägliche Fürbitte offenbar nur am Karfreitag. Aber selbst einmal im Jahr ist meiner Meinung nach noch zuviel.

Warum sollen die Juden „Jesus Christus erkennen“? Dann wären sie ja keine Juden mehr, sondern im Prinzip Christen, die früher mal Juden waren. Oder „messianische Juden“ (engl.: „messianic Jews“), unter dem Begriff kannst du ja mal googeln.

Wenn da also für die „Erleuchtung“ der Juden gebetet wird, heisst das im Prinzip: „So wie sie sind, wollen wir die Juden nicht haben. Wir wollen dass sie glauben, dass Jesus der Messias ist, genau wie wir.“

Und das macht doch keinen Sinn. Es liegt ja in der Natur der Sache, dass jemand, der einen anderen Glauben hat, eben nicht das Gleiche glaubt wie man selber. Toleranz bedeutet meiner Meinung nach, dass man das akzeptieren kann, ohne ständig zu versuchen, den anderen von seinem eigenen Glauben zu überzeugen.

Ist es antisemitisch, wenn man als Katholik Juden davon
überzeugen will, dass Jesus nicht nur irgendein Rabbi sondern
der Messias ist?

Na ja, antisemitisch jetzt vielleicht nicht gerade, aber es ist respektlos, weil man die Entscheidung des anderen, eben nicht daran zu glauben, das Jesus mehr ist als ein normaler Mensch, nicht respektiert.

Wie würde es dir gefallen, wenn man irgendeine Entscheidung, die du getroffen hast, einfach nicht akzeptiert?

Schöne Grüße

Petra

Moin,

wie Gandalf sagte: Dummarogant! Aber das war ja schon mit „Dominus Jesus“ so: Es gibt nur einen wahren Glauben, alle anderen sind falsch!

Antisemitisch? Manche unterscheiden noch zu „antijudaistisch“. Schon Luther - der ja Katholik war! - hatte gehofft, dass die Juden Jesus als Messias anerkennen. Als sie das ablehnten, hat er seine bekannten Hetzschriften „wider die Juden“ verfasst, hat darin auf das Übelste gehetzt, gelogen usw. Gehen wir mal davon aus, dass Benedikt das nicht macht.

Fazit: Der Antijudaismus zieht sich durch die christliche Geschichte wie ein roter Faden. Schon die frühen Kirchenheiligen - Augustinus, Chrysostomos usw. - haben auf das Übelste auf die Juden geschimpft (die dann allerdings auch auf die Christen), Judenverfolgung und -abschlachtung während der Kreuzzüge, Luther siehe oben, Judenprogrome in ganz Europa bis ins 19. Jhdt., die Unterstützung mancher Kreise der katholischen Kirche für die Nazis (Kardinal Faulhaber) … manche lernen halt nie aus.

Traurige Grüße
Laika

Hallo,

schon die Evangelien, vor allem das des Johannes, zeigen eindeutig antijüdische Züge.

Schon dass der Verräter explizit Judas heißt, zeigt das.

Gruß Fritz

Hallo,

schon die Evangelien, vor allem das des Johannes, zeigen
eindeutig antijüdische Züge.
Schon dass der Verräter explizit Judas heißt, zeigt das.

Na und?
Rabbi Homolka in dem Interview seine sicher nicht nur private Meinung:
Gott hat uns Juden zum „Licht unter den Völkern“ berufen, wir haben also sicher nicht die Erleuchtung
durch die katholische Kirche nötig.

Fritz, willst du da ernsthaft Partei ergreifen?

Nescio

Fritz, willst du da ernsthaft Partei ergreifen?

Wieso Partei ergreifen?

Ich weise sachlich auf einen nachprüfbaren Sachverhalt hin.

Dazu kann jeder denken und sagen und Partei ergreifen, wie und was er mag.

Gruß Fritz

Mal langsam mit den jungen Pferden. Judas war einer der häufigsten Namen in dieser Zeit. Wenn es also einen Verräter gab, ist die mathematische Wahrscheinlichkeit, dass der Judas hieß viel höher als beispielsweise Abimelech. Da würde ich noch nicht auf expliziten Antisemitismus zielen.

Gruß
Peter B.

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Nur ergänzend, eda gibt es einen Unterschied zwischen Christentum und katholischer Kirche. Ich bin weder Teil des Einen noch des anderen, aber mit katholischer ´Kirche verwechselt zu werden wäre mir deutlich peinlicher als mit Christ im Allgemeinen verwechselt zu werden.
Ansonsten sollte man aber ruhig auch festhalten, dass ja jede Religion glaubt alleine richtig zu sein und deshalb automatisch konträr zu anderen Religionen steht.

Gruß
Peter B.

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Mal langsam mit den jungen Pferden.

Ich sehe hier keine jungen Pferde!

Judas war einer der häufigsten Namen in dieser Zeit.

Du hättest „einer der häufigsten jüdischen Namen“ schreiben sollen; und damit hättest du bestätigt, dass dies ein typisch jüdischer Name ist.

Und diesen allertypischsten jüdischen Namen trägt just der Verräter!

You see?

Gruß Fritz

Hi

Du hättest „einer der häufigsten jüdischen Namen“ schreiben
sollen; und damit hättest du bestätigt, dass dies ein typisch
jüdischer Name ist.

Und diesen allertypischsten jüdischen Namen trägt just der
Verräter!

You see?

HÄ? No I see not.
Da alle Beteiligten (sprich Jesus + Jünger) Juden waren, ist es logisch dass der Name jüdisch ist.
Hätte der Verräter Jesus, Petrus oder Simon (bzw. die Hebräische Entsprechung, mit der ich mich nicht so auskenne) geheißen, wie andere Aposteln, hätte dein Argument fast ebenso gezogen.

Aber nur fast, weil es viel bestimmender gewesen wäre, einen raren, bedeutungskräftigen jüdischen Namen zu nehmen.

OH! Unter Juden ein Verräter mit einem JÜDISCHEN, häufigen Namen! Ne wer hätte das gedacht, antisemitismus?

Ne, ich fürcht nicht…

lg
Kate

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Judas: Verräter oder ‚Retter‘?
Bei der Gelegenheit: Judas ist ja immer der Verräter, daraus hat man den Juden einen Strick gedreht, das ist wohl unbestreitbar.

Müsste man sie aber nicht als „Retter“ bezeichnen: Ohne Judas keine Kreuzigung, ohne Kreuzigung keine Erlösung … Im Übrigen meine ich gelesen zu haben, dass die Kreuzigung Gottes Plan und Werk war, die Juden also bestenfalls Gottes Werkzeuge.

Oder sehe, verstehe ich da was falsch?

Ostergrüße
Laika

Müsste man sie aber nicht als „Retter“ bezeichnen: Ohne Judas keine Kreuzigung, ohne Kreuzigung keine Erlösung …

So kann man es auch sehen, liebe Laika!

Dazu: Walter Jens, Der Fall Judas.
http://www.theater-hof.com/cgi/spielplan/stuecke.pl?..

Es gibt noch andere Autoren, die das so sehen. Da wird selbst der Teufel heilig gesprochen, weil ohne ihn diese wunderbare Heilsklapperatismus gar nicht möglich gewesen wäre.
Ohne Teufel keine Sünde, ohne Sünde keine Erlösung!

Im Übrigen meine ich gelesen zu haben, dass die Kreuzigung Gottes Plan und Werk war, die Juden also bestenfalls Gottes Werkzeuge.

Noja, am End ist an allem Elend der Welt Gott schuld. Ist schon eine dubiose Wesenheit, dieser Gott.
Dazu haben Deschner oder Salomon und Buggle schon reichlich geschrieben.

Froschstern!

Gritz

Hallo,

Übrigen meine ich gelesen zu haben, dass die Kreuzigung Gottes
Plan und Werk war, die Juden also bestenfalls Gottes
Werkzeuge.

Warum eigentlich immer die Juden? Soviel ich weiß, waren es noch immer die Römer, die Jesus (und ein paar tausend andere Leute) gekreuzigt haben.

Und übrigens finde ich es sehr interessant, dass Jesus selber zwar offenbar wusste, wer ihn verraten würde, aber trotzdem mit Judas zusammen zu Abend aß und ihn auch nicht vor den anderen bloßstellte. Als er davon spricht, dass er sterben wird, weil ihn jemand verraten wird, fragen ihn die Jünger doch alle, „Herr, bin ich es?“. Und Jesus antwortet, dass ihn derjenige verraten wird, der jetzt in diesem Moment mit ihm gemeinsam in die Schüssel greift. Judas wusste wohl, wo er seine Hand gerade hatte … aber die anderen nicht. Das ist einfach so ein Detail, auf das man nicht achtet. Von daher denke ich, dass die anderen erst mal einen Moment überlegen mussten, wie Jesus das meint, und bis sie dann hingeschaut haben, hatte Judas seine Hand sicher längst erschrocken zurückgezogen.

Eine bemerkenswerte Szene, wie ich finde.

Schöne Grüße

Petra

BS"D

Ist es antisemitisch, wenn man als Katholik Juden davon
überzeugen will, dass Jesus nicht nur irgendein Rabbi sondern
der Messias ist?

Nein, aber das hat W. Homolka in dem Artikel nicht behauptet. Wie kommst du also dazu seine Anmerkungen so zu überspitzen, dass es mit seinen Aussagen schon nichts mehr zu tun hat?

BS"d

You see?

Ne, ich sehe auch nichts Fritz. Was soll man denn daran sehen? Doch nur das Jesus als Jude unter Juden lebte und darum alle, auch die Verräter jüdische Namen trugen. Auch Jesus trug einen jüdische Namen. Der fleischgewordene Gott der Christen trug einen jüdischen Namen, war beschnitten und hielt sich an die jüdische Halache. You see?

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Müsste man sie aber nicht als „Retter“ bezeichnen: Ohne Judas keine Kreuzigung, ohne Kreuzigung keine Erlösung …

So kann man es auch sehen, liebe Laika!

Meine Frage war ein bisschen ironisch, kopfschüttelnd gemeint ob der Folgen, die sich aus „Judas Verrat“ ergaben. Kopfschüttelnd, dass denkende Menschen diesen simplen Widerspruch nicht sehen. Aber da was mit Logik zu machen, funktioniert eben nicht …

Dazu: Walter Jens, Der Fall Judas.
http://www.theater-hof.com/cgi/spielplan/stuecke.pl?..

Ja, fand ich sehr gut, habe es vor diversen Jahren im Fertnsehen gesehen.

Im Übrigen meine ich gelesen zu haben, dass die Kreuzigung Gottes Plan und Werk war, die Juden also bestenfalls Gottes Werkzeuge.

Noja, am End ist an allem Elend der Welt Gott schuld. Ist
schon eine dubiose Wesenheit, dieser Gott.

Natürlich, er hat alles gemacht, nur nicht das was der böse Mensch mit seinem „freien Willen“ macht. Ach - was soll’s.

Froschstern!
Ebenfalls!