Ist Jesus noch Jude oder nicht mehr?

Moin, moin Christian,

Du unterliegst, fürchte ich, in mindestens zweifacher Hinsicht einer - ja, wie soll ich es nennen? - Wahrnehmungsstörung, einem Trugschluß.

Erstens: Du nimmst das Judentum nur durch die Brille des Neuen Testaments wahr. Du setzt voraus, daß, was im NT steht, die historische wahrheit ist (Dazu komme ich unter zweitens). Weiterhin setzt Du voraus, daß, was im NT steht, das gesamte Spektrum des jüdischen Lebens zur Zeit Jesu abdeckt. Beide Voraussetzungen sind - ich drücke es jetzt mal freundlich aus: fragwürdig. Unfreundlich gesagt: sie sind falsch.

Zweitens: Daß es die gruppe der synoptischen Evangelien (Matthäus, Markus, Lukas) gibt, ist Dir klar. Das schreibe ich auch nur für die anderen. Matthäus und Lukas haben von Markus abgeschrieben (unfreundlich ausgedrückt), sind also bei den Nachrichten, die sie mit Markus gemeinsam haben, nicht glaubwürdiger als dieser.
Es ist immer wieder als Beispiel die Verschiedenheit von Zeugenaussagen zum gleichen Ereignis oder Hergang angeführt worden als Erklärung für die Verschiedenheit der Evangelien. Das ist natürlich Unsinn. Denn die Evangelisten haben ihre Evangelien nie - nie und nimmer nicht! - als historische Berichte konzipiert und geschrieben, sondern als Erbauungs- und Trostschriften für ihre jeweils eigene Gemeinde und (das wird bei Johannes ganz besonders deutlich, aber auch bei den Synoptikern kann man das nachweisen) als Streitschrift gegen andere, gegnerische, meist jüdische Gruppen. das bedeutet: auch die Berichte über die angeblichen Sabbatverletzungen Jesu sind „interessengeleitet“ (So nannten wir das damals 1968ff, und so nennt man es noch heute). Sie haben innerhalb des Evangeliums eine Funktion.

Drittens: Elimelech und Judith haben eine sehr viel tiefere und gründlichere Kenntnis des Talmuds als ich. Und wenn die beiden Dir sagen, daß Jesus gegenüber der Lehre der Rabbinen jener Zeit wirklich nichts Neues gebracht hat (bzw. daß dasNeue auf einer Postkarte Platz hat), dann darfst Du ihnen das glauben.
Nur ein Beispiel: es ist einfach nicht wahr, daß man am Sabbat nicht heilen oder andere lebenserhaltende Dinge tun durfte. Allerdings mußte ein Leben in Gefahr sein.
Ich könnte jetzt die Geschichte von der verdorrten Hand nehmen, die Jesus am Sabbat heilte. Du wirst zugeben, daß er das ebensogut auch am Tag nach dem Sabbat hätte tun können. Es bestand ja keine Lebensgefahr. Die könnte ich jetzt exegesieren und ihre Stellung und ihre Funktion im Evangelium erhellen. Dann aber säße ich morgen früh noch am PC, und das möchte ich denn doch nicht.

Alles in allem: Du ackerst auf zu schmaler Furche!

Gruß - Rolf

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BS"D

Das es möglich ist, ist mir bekannt (siehe progressive
Gemeinden). Aber wie verhält es sich in orthodoxen Kreisen?
Kann ich da problemlos konvertieren, so wie im Islam oder mit
einer relativ einfachen Taufe im Christentum? Wäre mir total
neu oder all das, was ich bisher darüber gelesen habem,
falsch.

Nu, es ist möglich und war seit jeher möglich und darum ging es. Das es (auch in progressiven Gemeinden dauert es in der Regel über ein Jahr) nicht leicht ist, ergibt sich aus der Sache. Wie schon wiederholt geschrieben, ist es nicht notwendig Jude zu werden, aber eben keine leichte Aufgabe. Es geht also eben darum, auf diese Aufgabe vorzubereiten und die Betreffenden in die Lage zu bringen, sich bewusst und in Kenntniss dessen, was es heisst, diese Entscheidung zu treffen. Da unterscheiden sich orthodoxe wie progressive Gemeinden nicht so gross, wie oft angenommen.

Es ist nicht anmaßend, sondern das war Jesus mehrfach und
zahlreich in den Evangelien anmahnt. Er war Jude, also muß er
anscheinend gewußt haben, daß es damals in den jüdischen
Gemeinden - diplomatisch gesagt - etwas zu beanstanden gab.
Das kann man als anmaßend empfinden, aber es sind immerhin die
Worte eines Juden…

Nu, das gibt es auch heute zu beanstanden, woraus aber eben nicht folgt, dass das Gesetz oder dergleichen unnötig ist, sondern eben nur nicht von allen eingehalten wird. Und sich darum zu kümmern sollte man schon den überlassen, welche dieses Gesetz angenommen haben. Hier gebe ich datafox völlig recht.

Gottes Wort „gehört“ niemandem und zugleich allen. Jedenfalls
ist das das christliche Verständnis. Denn sonst wäre ja die
Frohe Botschaft des Christentums exklusiv - und das ist sie
eben ganz und gar nicht.

Es ging hier darum, ob etwas Teil einer Lehre ist und die christliche Lehre ist eben kein Teil der jüdischen Lehre. Ja, das was später daraus gemacht wurde, widersprucht dieser sogar fundamental. Darum ging es und weniger darum, war sie verfasst hat.

Gruss,
Eli

Hallo Rolf,

das ist es, was ich immer wieder versuche zu benennen: das sich nicht darüber bewußt sein vieler Christen, daß sie die Texte durch die Brille des Neuen Testaments sehen und deshalb zu anderen Wahrnehmungen, Schlußfolgerungen und Positionen kommen (müssen) als Juden, die diese Texte durch die Brille der mündlichen Tradition des Judentums lesen - sofern eine gewisse jüdische Erziehung da ist, die man auch nicht mehr selbstveständlich voraussetzen kann.

Du unterliegst, fürchte ich, in mindestens zweifacher Hinsicht
einer - ja, wie soll ich es nennen? - Wahrnehmungsstörung,
einem Trugschluß.

Erstens: Du nimmst das Judentum nur durch die Brille des Neuen
Testaments wahr. Du setzt voraus, daß, was im NT steht, die
historische wahrheit ist (Dazu komme ich unter zweitens).

Ich habe den Eindruck, daß es nicht nur das ist, sondern dass Christian historische Wahrheit, Kerygma (Botschaft) und Dogma vermischt, und ich finde es ganz wichtig diese Kategorien trennscharf im Blick zu behalten, sonst springt man immer zwischen den unterschiedlichen Ebenen hin und her.

Weiterhin setzt Du voraus, daß, was im NT steht, das gesamte
Spektrum des jüdischen Lebens zur Zeit Jesu abdeckt. Beide
Voraussetzungen sind - ich drücke es jetzt mal freundlich aus:
fragwürdig. Unfreundlich gesagt: sie sind falsch.

Zweitens: Daß es die gruppe der synoptischen Evangelien
(Matthäus, Markus, Lukas) gibt, ist Dir klar. Das schreibe ich
auch nur für die anderen. Matthäus und Lukas haben von Markus
abgeschrieben (unfreundlich ausgedrückt), sind also bei den
Nachrichten, die sie mit Markus gemeinsam haben, nicht
glaubwürdiger als dieser.

Es ist immer wieder als Beispiel die Verschiedenheit von
Zeugenaussagen zum gleichen Ereignis oder Hergang angeführt
worden als Erklärung für die Verschiedenheit der Evangelien.
Das ist natürlich Unsinn. Denn die Evangelisten haben ihre
Evangelien nie - nie und nimmer nicht! - als historische
Berichte konzipiert und geschrieben, sondern als Erbauungs-
und Trostschriften für ihre jeweils eigene Gemeinde und (das
wird bei Johannes ganz besonders deutlich, aber auch bei den
Synoptikern kann man das nachweisen) als Streitschrift gegen
andere, gegnerische, meist jüdische Gruppen. das bedeutet:
auch die Berichte über die angeblichen Sabbatverletzungen Jesu
sind „interessengeleitet“ (So nannten wir das damals 1968ff,
und so nennt man es noch heute). Sie haben innerhalb des
Evangeliums eine Funktion.

Drittens: Elimelech und Iris haben eine sehr viel tiefere
und gründlichere Kenntnis des Talmuds als ich. Und wenn die
beiden Dir sagen, daß Jesus gegenüber der Lehre der Rabbinen
jener Zeit wirklich nichts Neues gebracht hat (bzw. daß
das Neue auf einer Postkarte Platz hat), dann darfst Du ihnen
das glauben.

Nur ein Beispiel: es ist einfach nicht wahr, daß man am Sabbat
nicht heilen oder andere lebenserhaltende Dinge tun durfte.

Allerdings mußte ein Leben in Gefahr sein.
Ich könnte jetzt die Geschichte von der verdorrten Hand
nehmen, die Jesus am Sabbat heilte. Du wirst zugeben, daß er
das ebensogut auch am Tag nach dem Sabbat hätte tun können. Es
bestand ja keine Lebensgefahr. Die könnte ich jetzt
exegesieren und ihre Stellung und ihre Funktion im Evangelium
erhellen. Dann aber säße ich morgen früh noch am PC, und das
möchte ich denn doch nicht.

Es wäre aber sicher interessant :wink:

Leider, lieber Rolf, darf man pro Artikel nur ein Sternlein aufgehen lassen und ich ließe so gerne mehrere über Dich herabregnen.

Ich werde übrigens im Rahmen des christlich-jüdischen Lehrhauses auf dem nächsten Kirchentag mit einem evangelischen Pfarrer einen Text in seinen unterschiedlichen christlichen und jüdischen Zugängen durch einen Bibliolog erschließen.

Viele Grüße

Iris

Ich habe den Eindruck, daß es nicht nur das ist, sondern dass
Christian historische Wahrheit, Kerygma (Botschaft) und Dogma
vermischt, und ich finde es ganz wichtig diese Kategorien
trennscharf im Blick zu behalten, sonst springt man immer
zwischen den unterschiedlichen Ebenen hin und her.

Das tun, leider, sehr viele Christen, liebe Iris. Aber Du mußt zugeben: es gehört auch ein gerüttelt Maß an Abstraktionsvermögen dazu, die beiden Ebenen auseinanderzuhalten.

Ich werde übrigens im Rahmen des christlich-jüdischen
Lehrhauses auf dem nächsten Kirchentag mit einem evangelischen
Pfarrer einen Text in seinen unterschiedlichen christlichen
und jüdischen Zugängen durch einen Bibliolog erschließen.

Ich hatte eigentlich nicht vor, zum Kirchentag zu fahren; doch angesichts dessen werde ich mir das wohl noch mal überlegen!

Herzliche Grüße - Rolf

Jesus wurde GETAUFT. Seinen Kopf unters Wasser gehalten …
gebetet…
Angeblich beim Johannes dem Taeufer (der Kerl dem der Kopf im
Gefaengnis abgehackt wurde und am Teller serviert wurde in
Herodes Haus). Von da an war er Christ und nicht mehr Jude.

einen größeren Unsinn habe ich noch nirgends gelesen.

Doch, ich schon!

Moin Harald, moin Rudi,

  1. ist nicht derjenige Christ, der etwas Wasser auf den Kopf
    bekommt, sondern der an die Auferstehung Jesu glaubt.

Allmählich solltet Ihr aus den zahlreichen Diskussionen und
ernsthaften historischen Abhandlungen hier im Brett gelernt
haben, daß vom Christentum erst viel später - also Ende des
1./Anfang des 2. Jhdts - die Rede sein kann.
Es gab - die Evangelien beweisen das - Gemeinden, die durchaus
und durch und surch jüdisch waren und dennoch an die
Auferstehung Jesu glaubten. Die waren Juden und keine
Christen.

Einverstanden - die meisten ersten Christen waren Hebraer et cetera. So heisst
das jetzt das Christianity eine Art juedischer Glaube ist?
Vergesse nicht „es glauben heisst es nicht wissen“.

  1. Die „Taufe“ des Johannes wurde erst nachträglich als
    „christliche Taufe“ deklariert.
    In Wahrheit handelte es sich um eine Mikwe, wie es bei jedem
    Juden üblich ist.

Eine Mikwe ist ein Ritualbad, ein Gebäude, das ein Becken mit
Wasser enthielt. Dort mußten verschiedene Renigungen
vorgenommen werden, z.B. nach der Menstruation, nach dem
Berühren eines Toten, bei bestimmten Hautkrankheiten. Damit
kann man die Taufe des Johannes nun wirklich nicht
vergleichen.

Zu vergleichen ist sie aber mit der Taufe der Essener. Auch
dort gab es ein solches Institut, und es ist
hochwahrscheinlich, daß Johannes diese Taufe von den Essenern
übernommen hat. Daß die Taufe des Johannes eine „christliche“
oder auch später für christlich erklärte sein solle, ist mir
allerdings neu.

*******
Wenn die Art der Taufe wie bei den Essener war, dann haben wir hier einen Link
das alle Apostel und Anhaenger such zu einer Nicht Juedischen Lehre bekannten.
Wie soll man denn sonnst die Lehre von Christus bezeichnen wenn nicht
CHRISTIANITY.
*******

Also Rudi, so sehr ich Dein Alter von 111 Jahren respektiere
und so groß die Gefahr gerade in diesem Brett ist, Wissen
durch Meinung zu ersetzen: es stimmt nicht, was Du schreibst.

Bin doch froh dass Ich in meinem hohen Alter mir noch Zugang in’s Internet
kaufte. Was Ich da alles lese - bloss weil Ich mich here eingemischt habe. Nur
fuer denn Fall dass Ich moeglicherweis eine Juedische Seele habe***

[Zitat und Link aufgrund AGB-Verstoss gelöscht Metapher MOD]

und Ich 900 Jahre alt werde wird mir noch vieles klar werden. Immerhin hab Ich
Eure Gedanken auf die Essener gebracht (welche von Rosenkreuzern als Jesus
Familie angefuehrt werden). Die Auferstehung Jesu! Jesus selber hat seine
Auferstehung vorhergesagt - er hat also von Seiner Auerstehung gewusst!! Nur
einen Moment war er am Zweifeln und rief am Kreuz „Vater warum hast Du mich
verlassen“. Hoffe der Ratzinger lest mit und lasst mir an Nagel vom Kreuz
anschauen.

Ciao, Rudi

Team: Begründung f. Bearbeitung geändert

Hallo Rudi,

dazu mögen sich andere äußern?

Bin doch froh dass Ich in meinem hohen Alter mir noch Zugang
in’s Internet kaufte. Was Ich da alles lese - bloss weil Ich
mich here eingemischt habe. Nur fuer denn Fall dass Ich
moeglicherweis eine Juedische Seele habe***

[Zitat und Link gelöscht. Siehe private Mitteilung. Metapher MOD]

***und Ich 900
Jahre alt werde wird mir noch vieles klar werden.

Das ist eine der widerlichsten antisemitischen Seiten

Gruss

Iris

[MOD] Zitat und Link gelöscht

siehe Mitteilung per Mail.

Metapher

Hallo

Aber wie verhält es sich in orthodoxen Kreisen?
Kann ich da problemlos konvertieren, so wie im Islam oder mit
einer relativ einfachen Taufe im Christentum?

Ja, es ist möglich, nein, einfach ist es nicht. Das Judentum ist keine missionarische Glaubensbewegung sondern ein Volk. Ein Beitritt verhält sie wie eine Einbürgerung. Eine Staatsangehörigkeit kriegt man auch nicht aufgedrückt, sondern man muß sich darum bemühen. Und da wie hier gibt es Hindernisse.

Es ist nicht anmaßend, sondern das war Jesus mehrfach und
zahlreich in den Evangelien anmahnt. Er war Jude, also muß er
anscheinend gewußt haben, daß es damals in den jüdischen
Gemeinden - diplomatisch gesagt - etwas zu beanstanden gab.
Das kann man als anmaßend empfinden, aber es sind immerhin die
Worte eines Juden…

Das Evangelium ist kein politisches, literarisches oder historisches Werk, sondern ein heiliger Text einer bestimmten Religion. Nur innerhalb dieser ergibt es einen Sinn. Natürlich kann jeder diesen Sinn erfassen, auch wenn er nicht daran glaubt (Religionswissenschaft etc.). Aber aus egal welcher Sicht hat es keine Relevanz für die jüdische Religion. Das müßtest du doch auch einsehen oder? Oder hat für dich die Aussage des Korans irgendeine Bedeutung?

Gottes Wort „gehört“ niemandem und zugleich allen. Jedenfalls
ist das das christliche Verständnis. Denn sonst wäre ja die
Frohe Botschaft des Christentums exklusiv - und das ist sie
eben ganz und gar nicht.

Weil es eine missionarische Religion ist. Aber nicht jeder will sich missionieren *lassen*. Was sagst du zu der Aussage, der Islam wäre die einzig wahre Religion, und ein Christ irrt solange bis er sie erkennt? Die kann man zwar hinnehmen und anhören, aber azeptieren würde ICH sie nicht :wink:

Gruß
d.

Hallo datafox,

Aber wie verhält es sich in orthodoxen Kreisen?
Kann ich da problemlos konvertieren, so wie im Islam oder mit
einer relativ einfachen Taufe im Christentum?

Ja, es ist möglich, nein, einfach ist es nicht. Das Judentum
ist keine missionarische Glaubensbewegung sondern ein Volk.
Ein Beitritt verhält sie wie eine Einbürgerung. Eine
Staatsangehörigkeit kriegt man auch nicht aufgedrückt, sondern
man muß sich darum bemühen. Und da wie hier gibt es
Hindernisse.

Dazu müsste man schon einen neuen Thread aufmachen, denn das ist ja einer der religionsgeschichtlich spannendsten Frage: Was ist mit „Volk“ gemeint in religiösen Kontexten (nicht zu vergessen, auch das Christentum bezeichnet sich selbst als Volk Gottes), wobei das ja gerade für das Judentum derart kompliziert ist, dass ich persönlich mich lieber raus halte.

Das Evangelium ist kein politisches, literarisches oder
historisches Werk, sondern ein heiliger Text einer bestimmten
Religion. Nur innerhalb dieser ergibt es einen Sinn. Natürlich
kann jeder diesen Sinn erfassen, auch wenn er nicht daran
glaubt (Religionswissenschaft etc.). Aber aus egal welcher
Sicht hat es keine Relevanz für die jüdische Religion. Das
müßtest du doch auch einsehen oder? Oder hat für dich die
Aussage des Korans irgendeine Bedeutung?

HIer habe ich dann meine Einwände. Wären die Evangelien (!) heilige TExte mit der Sinneinschränkung in einer bestimmten Religion, könnte auch kein Religionswissenschaftler sie verstehen.
Eine, wie ich meine, ungute Position, verteten auch gerne von rk Kirchenhistorikern, die zum Verständnis bspw Augustins dessen Glauben fordern.
Die Evangelien, alle 27 Schriften des Neuen Testaments sind selbstverständlich literarische WErke und nichts anderes. Die Geschichte des Christentums beweist, dass sie weitestgehend nie als Heilige Texte gesehen wurden in dem Sinne, dass sie wortwörtlich und bis zu ihrem Buchstabenbestand hin sakrosankt angesehen wurden.
Keiner der Texte wurde als heiliger Text, geschweige denn mit diesem Anspruch, geschrieben.
Eine wichtige methodische Frage ist, ob es überhaupt historische TExte gibt, wobei bei „historisch“ ja immer „Objektivität“ mitschwingt - für die gesamte Antike hat es sie nicht gegeben. Selbstverständlich gibt es historisierende TExte (im NT bspw das Lukas-Evangelium).

In der Beurteilung von TExten aus den Schriften des Juden- und Christentums schwingt dann immer ein dann doch immer etwas dümmlicher Vorwurf mit, es seien eben religiöse Texte, was zwar nicht falsch ist, aber man möge mir irgendeinen Text zeigen, der nicht aus einem gewissen Interesse heraus geschrieben ist.

Diese TExte aber mit unseren Kriterien wahrnehmen zu wollen, mag dann wiederum religiös Sinn ergeben und berechtigt sein (also: Das NT besitzt keinerlei religiöse Relevanz für das Judentum), ist und bleibt aber historisch falsch. Auch die TExte des ATs können uns nie ein authentisches BIld über das jeweils zeitgenössische Judentum geben, fragen wir historisch, so ist eben immer im Blick zu nehmen, ein wie kleiner Ausschnitt der Bevölkerung es nicht nur geschafft hat, entsprechende Texte zu schreiben, sondern wie wenig repräsentativ ihre TExte zumindest auf synchroner Ebene sind.

Insofern sind selbstverständlich weder Markus und Paulus repräsentativ für das zeitgenössische Judentum, aber sie bieten uns die Quellen, mit deren Hilfe wir eben auch danach fragen können.
Kein Religionshistoriker würde auf die ziemlich widersinnige Idee kommen, diese TExte auszublenden, indem er sie ideologisch als Texte einer anderen, zur Abfassungzeit dieser Texte zudem noch nicht existenten Religion erklärt.
Insbesondere der Missionsgedanke ist eben zu dieser Zeit auch ein durchaus jüdischer, wobei die hier ja oft als selbstverständlich angesehen Definition (Jude ist, wer Kind einer jüdischen Mutter ist) zwar gut alttestamentlich, aber zu dieser Zeit eher von Seiten des Römischen Staates (und zwar mit der BEtonung der „Religion der VÄter“) vertreten wurde, der es sogar für nötig befand, mithilfe von Senatsgesetzen gegen Übertritte vorzugehen. Ohne diesen Teil der jüdischen REligionsgeschichte ist mE der spätere Erfolg eines eher hellenistisch als jüdisch geprägten Christentums nicht denkbar, ein für die Geschichte beider Religionen wichtiger Aspekt.

Grüße
Taju

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Teile der
kanaanitischen Bevölkerung ausgerottet.

Von daher, wie gesagt, ein wenig Rosa-Brille in der
Wahrnehmung der Universalität des jüdischen Glaubens.

Die Universalität als Grundsatz ist nicht direkt in den Schriften enthalten. Das was man dort zu lesen bekommt, sind Stammeskriege und die Götter der verfeindeten Stämme. Ausrottung war völlig normal, und auch geboten, da alles vertilgt werden mußte, das einem anderen Gott gehörte. So verhielten sich nicht nur die Israeliten. Das war Kriegsrecht.

Die Idee von „einem Gott für alle“ inkl. die Ausarbeitung der noahidischen Gesetze ist jüngeren Datums. Man darf Judentum/jüdische Religion nicht mit der israelitischen Kultur durcheinanderbringen. Juden gab es damals noch nicht. Vor allem mit „Teile der Bevölkerung ausrotten“ und „Juden“ lassen sich tolle Spielchen spielen, die allesamt wissenschaftlich unlauter sind. (Hast du nicht gemacht - ich merke es nur an.)

Gruß
d.

Hallo Elimelech!

Das Volk Israel war exklusiv ausgewählt und gesegnet.

Woraus aber kein „„Premium–Zugang““ folgt. Dieses
widerspricht der jüdischen Lehre.

Ähhh, dann haben wir wohl einfach eine unterschiedliche Definition von Premium-Zugang. Premiumzugang heiß doch wohl soviel, dass man besonders leicht und besonders viel Zugang erhält.

In der bibel wurde nur das Volk Israel von Gott auserwählt, („Seine Väter geliebt und seine Nachkommen erwählt“) nur ihm wurden ausdrückliche, spezielle Versprechungen und Segnungen zu Teil.
Dabei hat Gott immer wieder direkt zugunsten Israels interveniert.
Von anderen Völkern hört man sowas im AT eher selten, um genau zu sein ich kenne keine Stelle wo Gott zugunsten anderer Völker interveniert.
Wo hatten also Nichtjuden praktisch einen gleichen Zugang zu Gott und seinen Segnungen? Vielleicht hätten theoretisch die Germanen einen vergleichbaren Segen wie Abraham oder Jakob erhalten können. Nur da es anscheinend kein einziges mal dazu kam, sieht das für mich doch irgendwie so aus als hätte Israel da im AT (verzeih wenn ich bei der mir geläufigeren Terminologie bleibe sonst geht es mir am ende noch mit Tora, Tanach und At durcheinander) einen uneinholbaren „Segensvorsprung“.

Zu seinem Wohl hat laut Bibel JHWH große Teile der
kanaanitischen Bevölkerung ausgerottet.

Ja? Ich sehe den Zusammenhang so nicht, noch kenne ich
entsprechende Stellen in der Bibel welche einen solchen
Zusammenhang herstellen. Hast du die Quellen hierfür?

Sorry, da war ich ungenau. In der Regel hat Gott nicht selbst gemetzelt. Er hat erst mal „Seinem Volk“ das Land, das bis dahin anderen Völkern gehörte, versprochen und dann bei der Eroberung immer wieder dafür gesorgt, dass die Israeliten gesiegt haben, z. B. bei Jericho.
Darum bleibt es dabei:

Da fällt es ein wenig schwer anzunehmen er sei um deren Wohl in
gleicher Weise besorgt gewesen.

Nu, wenn ich mir die Geschichte ansehen, dann war das Leben
der Juden nicht ohne Leid, weswegen deine Argumentation in
sich zusammenfällt, wenn du einen „„Premium–Zugang““ genau
daran festmachen willst.

Daran hab ich das nicht festgemacht. Wo habe ich das angedeutet? Weswegen meine Argumentation davon unberührt bleibt.

Ansonsten kann ich die Gesichte von Jona dagegenhalten, wo er
einen Jude zu den Nichtjuden schickt, damit diese Tschuwe tun.
Nicht um deren Wohl besorgt? Anscheinend doch.

Oder auch Sukkes. Dort wurden über sieben Tage Opfer im Tempel
dargebracht, damit es im nächsten Jahr ein gesegnetes Volk
gibt. Welches? Das Jüdische? Nein, erst einmal werden durch
die Juden hier alle anderen Völker gesegnet und erst am Ende
auch das eigene. Keine Sorge?

Ich hab ja nicht behauptet, dass Gott alle anderen Menschen egal wären, darum kann ich die Beispiele in meine Unterstützung der These eines „Premiumzuganges“ im AT zwanglos integrieren.

Spricht Gott in der Bibel deiner Meinung nach andere Völker überhaupt in vergleichbarer Weise an?
Kümmert er sich um alle Völker gleich viel?
Führt er alle geknechteten Völker in Freiheit und gibt ihnen Land (hilft ihnen bei der Zwangsräumung)?
Garantiert Gott allen Völkern reiche Nachkommenschaft und Fortbestehen?
Nein, natürlich nicht. Alle ausgerotteten Völker der Geschichte legen davon Zeugnis ab.
Natürlich haben sich die Israeliten durch ihre Hinwendung zu Gott sich seinen Segen auch „verdient“, aber gibt Gott denn überhaupt allen Völker direkte Anweisungen zu gottgefälligem und damit segensreichem Leben?

Natürlich kann das daran liegen, dass die Bibel eben der Bericht der erfolgreichen Geschichte Israels mit Gott ist und die aus menschlicher Unzulänglichkeit und Glaubensschwäche vielleicht gescheiterten Versuche Gottes mit den Azteken und Friesen sind eben nicht berichtet worden - wegen Fehlschlag. Das ist aber pure Spekulation. Faktisch folgt aus dem alttestamentarischen Berichten die Behauptung eines besonders engen Verhältnises Israels zu Gott und einer besonders reichen Segnung durch Gott, die auch über Jahrtausende exklusiv geblieben ist.

Gruß
Werner

Hallo,
ich spreche hier auch ausdrücklich nur über das Szenario, dass uns die biblischen Texte malen.
Das es historisch nicht so ablief davon gehe ich aus, das ist aber auch keine theologische Frage.
Was damals faktisch geschah ist nur indirekt von belang für die Frage welches Verhältnis von Gott zu Mensch und Israel im Besonderen in der Bibel dargestellt wird.
Wichiger könnte das werden bei der Suche nach dem Warum dieser Darstellung. Aber da sind wir nicht - oder ?

Gruß
Werner