Jahresurlaub 2020 und 2021 nach 78 Wochen Krankheit wann verfallen?

Guten Abend,

ich habe im Internet und auch hier gesucht und auch dazu etwas gefunden. Leider habe ich es wohl falsch verstanden …

Der Sachverhalt ist folgender: ich bin seit dem 28.05.2020 krankgeschrieben und meine Wiedereingliederung startet am 18.10.2021. Ich gehe von 6 Wochen aus, nach denen ich wieder Vollzeit arbeiten kann. Nun steht ja trotzdessen noch Urlaubsanspruch aus …

Verhält es sich nun so, das Urlaubanspruch aus 2020 verfallen ist, weil 15 Monate vorbei sind?
Der Anspruch aus diesem Jahr 2021 ist noch bis März 2022 gültig oder bis Mai 2022?

Vielen Dank für eure Hilfe.

Schönen Abend

Und eine Ausgleichszahlung für den Urlaub aus 2020 wurde Dir auch nicht angeboten?
Der Anspruch aus 2021 ist noch bis einschl.März 2022 gültig.

Das ist bis vor den Europäischen Gerichtshhof vgegangen.

Bisher galt die Regelung: Der Anspruch auf den bezahlten Jahresurlaub verfällt grundsätzlich zum Jahresende.

Nach EU-Recht dürfen Urlaubsansprüche jedoch nicht mehr automatisch verfallen, nur weil der Arbeitnehmer den Urlaub nicht beantragt hat. Denn der EuGH hat klargestellt, dass es in der Verantwortung des Arbeitgebers liegt, den Urlaub zu gewähren, und verpflichtet ihn zum Nachweis. (Aktenzeichen C-619/16 und C-684/16).

Der Jahresurlaub darf nur dann verfallen, wenn der Arbeitgeber nachweisen kann, dass er die betroffenen Arbeitnehmer angemessen über den bevorstehenden Verfall aufgeklärt hat und ihm die Möglichkeit gegeben hat, den Urlaub auch zu nehmen. Er muss den Mitarbeiter förmlich auffordern, den Urlaub zu nehmen. Und er muss ihm klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub verfallen wird, wenn er ihn nicht nimmt.

Nur wenn diese Bedingungen erfüllt sind, kann der Anspruch auf Urlaub oder Ausgleichszahlungen erlöschen, sofern er nicht genommen wurde.
ramses90

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Vielen Dank für die prompte und vorallem sehr ausführliche Antwort mit Nachweisen.

Nein, eine Ausgleichszahlung für den Urlaub 2020 wurde mir nicht angeboten. Aber gilt hier nicht auch " Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn … in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. …" Eine so lange Krankheit würde dies doch bestimmt rechtfertigen, bestimmt auch vor einem AG?

In 2021 sind es 30 Tage plus 5 Tage Zusatzurlaub wegen Schwerbehinderung (GdB 70).
Nun gut, dann werde ich vor Ende März den 2021er Urlaub beantragen.

Ich könnte mich ja theoretisch auch mal „doof stellen“, den 2020er Jahresurlaub beantragen und die Begründung abwarten. Es geht ja immerhin um 1 Monatsgehalt…
Aufgefordert wurde ich vom AG nicht, meinen Urlaub zu nehmen, weder 2020, noch jetzt in 2021 wurde darauf hingewiesen.

Beantragen? Aus dem Urlaub zurueck sein???

Nach meiner Meinung verfällt dein Urlaubanspruch für 2020 nach 15 Monaten gerechnet nach dem 31.12 2020 also zum 31.03. 2022.
Da du aber nach der Eingliederung arbeitsfähig ist muss du den Urlaub für 2020 danach einreichen.
Der Urlaub für 2021 verfällt nach meiner Meinung zu 31.12.2021 falls nichts anderes vereinbart wurde.
Es hört sich nun vieleicht komisch an, aber wenn du den Urlaub für 2021 nach der Eingliederung und danach den Urlaub für 2020 nimmst müsste es klappen.(Bin mir da aber nicht so sicher)

joro

Warum gibste dann Deinen Kommentar hier ab?
Das Forum heißt nicht umsonst wer-weiss-was! Und oben steht, neben den Links zum Urteil des EuGH ganz genau unter welchen Voraussetzungen der Urlaub überhaupt verfallen darf!
Und NEIN!, beide Urlaube verfallen nicht automatisch zum31.12. des jeweiligen Jahres!
Lies, und Du wirst schlauer!
ramses90

Nein, ist falsch.

https://www.meyer-koering.de/meldungen/3709/verfall-von-urlaubsanspruechen-bei-dauererkrankten-mitarbeitern

Zitat aus dem Link oben: „Ein Urlaubs­an­spruch aus dem Jahre 2017 verfällt bei einem dauer­er­krankten Arbeit­nehmer damit 15 Monate später, also am 31. März 2019. Dieser Verfall tritt nach bishe­riger Recht­spre­chung automa­tisch ein. Hinweise und/oder Beleh­rungen für den Arbeit­nehmer sind nicht erfor­derlich.“

Weil ich, nicht darauf hingewiesen wurde, das der Anspruch verfällt und selbst wenn ich darauf hingewiesen worden wäre, hätte ich ihn nicht antreten können, da AU bestand.

Und damit ich mich auch im rechtlichen Rahmen bewege, werde ich ihn so beantragen, das ich spätestens am 31.03.2022 den letzten Urlaubstag aus 2020 habe.
Nun ist nur die Frage, ob es wichtig und auch rechtlich richtig ist, den AG davon in Kenntniss zu setzen, das ich Beabsichtige, diesen Anspruch aus 2020 „dann-und-dann“ zu nehmen?
Wäre doch eigentlich egal, ablehnen kann er ihn ja sowieso nicht. Er muss es nur Zeitnah wissen, damit er planen kann.

Oder, wie seht ihr das?

Tippfehler?

Nö, wieso?

Weil es die 2020er Ansprüche sind, die bis März 2022 bestehen.

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Danke, kapiert, hast recht.
:cry:ramses90

… und die 2021er dann März 2023? Ich bin jetzt total durcheinander :crazy_face: :see_no_evil:

Also nicht zuerst die 2021er und dann bis 03/2022 die 2020er Ansprüche, sondern schön der Reihe nach … 2020 und dann 2021?

OHNE die umfassende Aufklärung des AG verfällt der Urlaubsansprucht nicht!
MIT der unfassenden Aufklärung des AG allerdings schon, das wäre dann der 31.3.21.
Der Arbeitnehmer der trotz der AG Aufklärung seinen Urlaub nicht beantragt wäre allerdings ziemlich dämlich und der AG sehr erfreut!
ramses90

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Einem dauerhaft erkrankten Mitarbeiter muss nicht erklärt werden, dass er gefälligst den Urlaub nehmen soll - denn das ist ja gar nicht möglich.

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Hätte ich jetzt auch gedacht. Und da nichts erklärt werden muss, gibt´s ja eigentlich auch keinen Stichtag :thinking:

Ich denke mein beschriebener Fall ist wohl ein ziemlicher Sonderfall.

Welcher § trifft auf meinen Fall zu? BUrlG §7.2?

Ich schätze mal, das mein AG sich damit sehr bis extrem schwer tut und dann bin ich gut beraten, wenn ich ihm den § nenne. Ich möchte ungern zum Arbeitsgericht gehen, das überschattet das Verhältniss dann immer so …

Ich möchte mich unbedingt nocheinmal bei allen kompetenten Usern hier sehr bedanken für ihre Mühe.

Danke :relaxed:

Vielleicht kann @Albarracin etwas dazu sagen? Der ist sozusagen „das Gericht“.

Hallo,

hatte eine Woche Netzabstinenz.

Leider sind alle bisherigen Antworten nicht wirklich zielführend, weil die notwendigen Fakten nicht geliefert und nicht nachgefragt wurden.
Also Marcus, dann liefere bitte mal, wenn Du eine fundierte Antwort haben willst:

Wieviel Urlaubsanspruch hattest Du 2020 bei wieviel regelmäßigen Arbeitstagen pro Woche?
Wieviel Urlaub hattest Du davon schon vor Deiner AU genommen?

Und alle, die hier schon was dazu geäußert haben, seien nochmal auf die „gespaltenen“ Verfallsfristen für gesetzlichen und übergesetzlichen Urlaub hingewiesen.

&tschüß
Wolfgang

Guten Morgen,

Danke für Deine Rückmeldung, Wolfgang.

Ich hatte 2020 regulären Anspruch von 28 Tagen plus 5 Tage (Schwerbehinderung), also 33 Tage.
Jedoch hatte ich vor der AU vom 16.03-20.03 5 Tage Resturlaub genommen aus 2019. Der Anspruch für 2020 sollte also unberührt sein. Die Grundlage ist eine 5-Tage-Woche.

Bin gespannt…

Viele Grüße,
Marcus

Hallo,

auf Grundlage einer 5-Tage-Woche hast Du also

  • 20 Tage gesetzlichen Urlaub
  • 5 Tage gesetzlichen Urlaub als schwerbehinderter Mensch
  • 8 Tage übergesetzlichen Urlaub

Resultiert der übergesetzliche Urlaub aus einem Tarifvertrag oder dem Arbeitsvertrag?
Du hast ja schon meiner ersten Antwort entnehmen können, daß es unterschiedliche Fristen gibt.
Unter der Voraussetzung, daß Du wirklich 2020 noch keinen Tag des Urlaubsanspruchs bis zu Deiner Erkrankung genommen hast, gilt für beide gesetzliche Urlaubsansprüche (20 +5) folgendes:
Gemäß der Rechtsprechung des EuGH, die der bundesdeutsche Gesetzgeber aus unerfindlichen Gründen bis heute nicht im BUrlG nachvollzogen hat, verfällt gesetzlicher Urlaub spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahrs.
Für das Urlaubsjahr 2020 begann also diese Verfallsfrist am 01.01.2021 und endet unwiderruflich am 31.03.2022 (!!!).
Für das Urlaubsjahr 2021 endet die Frist demzufolge am 31.03.2022.

Für übergesetzlichen Urlaub beträgt die Verfallsfrist nach Ende des Urlaubsjahrs nur 3 Monate gem. § 7 Abs. 3 BUrlG:
§ 7 BUrlG - Einzelnorm (gesetze-im-internet.de).
Sofern es keine für den AN günstigere Regelung durch Tarif- oder Arbeitsvertrag gibt, ist Dein übergesetzlicher Urlaub ( 8 Tage) aus 2020 am 31.03.2021 verfallen.
Der übergesetzliche Urlaub aus 2021 verfällt am 31.03.2022.

Du hast also bei hoffentlich erfolgreicher Beendigung der Wiedereingliederung einen Anspruch von 20 + 5 Tagen aus 2020 sowie 8 Tagen aus 2021, die am 31.03.2022 verfallen.
Weiterhin hast Du einen Anspruch von 20 + 5 Tagen aus 2021, die am 31.03.2023 verfallen.
Und ab dem 01.01.2022 kommt noch mal der komplette Anspruch für 2022 dazu.

Du solltest also mit Deinem Arbeitgeber umgehend - nicht erst nach Ende der Wiedereingliederung - darüber reden, wie der Anspruch abgebaut werden kann.

Bei so langer Krankheit bietet sich im Zusammenspiel mit (verständigen) Arbeitgebern oft an, nach Ende einer Wiedereingliederung den Urlaub nicht sofort komplett am Stück zu nehmen - und somit oft den Effekt der WE aufzuheben -, sondern zumindest den alten Urlaub für eine Art „unechtes“ Teilzeitmodell zu verwenden. Ich habe als Schwerbehindertenvertreter regelmäßig gute Erfahrungen damit gemacht, wenn der alte Urlaub zB dafür verwendet wird, eine faktische 3- oder 4-Tage-Woche über einen längeren Zeitraum zu vereinbaren. Da muß aber der AG mitspielen, denn das sollte gemeinsam schriftlich niedergelegt werden - in Deinem Fall ggfs. unter Mitwirkung des Integrationsamtes.

&tschüß
Wolfgang

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Resultiert der übergesetzliche Urlaub aus einem Tarifvertrag oder dem Arbeitsvertrag?

Ja, der entsprechend gültige Tarifvertrag ist der BAP und der MTV, ETV und ERTV von 2003

auf Grundlage einer 5-Tage-Woche hast Du also

20 Tage gesetzlichen Urlaub
5 Tage gesetzlichen Urlaub als schwerbehinderter Mensch
8 Tage übergesetzlichen Urlaub

Das galt für 2020, seit 2021 sind es 30 Tage plus 5 Tage Zusatzurlaub als Schwerbehinderter.

Für das Urlaubsjahr 2021 endet die Frist demzufolge am 31.03.2022.

Müsste es nicht der 31.03.2023 sein? Die 15-Monats-Frist sollte doch auch für 2021 gelten … :thinking:

Der übergesetzliche Urlaub aus 2021 verfällt am 31.03.2022.

Das wären dann die 10 Tage übergesetzlicher Anspruch? Die 25 (20 + 5) würden dann bis 31.03.2023 gelten?

Du solltest also mit Deinem Arbeitgeber umgehend - nicht erst nach Ende der Wiedereingliederung - darüber reden, wie der Anspruch abgebaut werden kann.

Das würde ich nur zuu gern tun, aber ich schätze mal, das es damit leider Probleme aufgrund von Uneinsichtigkeiten geben könnte. Das war in der Vergangenheit bereits 2 x der Fall, einmal ging es um eine falsch berechnete Urlaubsabgeltung, weil ich vor der AU in einer Rehamaßnahme war und der AG dachte es würde wie der Abbau von Stunden berechnet werden. Der andere Fall ging auf die Überstunden, wobei einfach ein paar verloren gingen. Und ich sie mühselig wieder „beweisen“ musste…

Ich werde versuchen ins Gespräch zu gehen.

…eine faktische 3- oder 4-Tage-Woche über einen längeren Zeitraum zu vereinbaren.

Ich hatte vergessen zu erwähnen, das ich bereits in einer 4 Tage-Woche arbeite, 9,75h/Tag

Da muß aber der AG mitspielen, denn das sollte gemeinsam schriftlich niedergelegt werden - in Deinem Fall ggfs. unter Mitwirkung des Integrationsamtes.

Ich dachte das Integrationsamt kommt nur mit ins Boot, wenn es um eine Kündigung des AG geht?

Ich möchte mich aber erstmal sehr für Deine sehr ausführliche Antwort bedanken.
Danke Wolfgang