Dein Anliegen in Ehren, Irmtraut,
aaaaber …
Aber - würde eine gewisse Achtung auch vor dem Glauben oder vor der Überzeugung anderer Menschen und ganzer Gruppen oder Glaubensgemeinschaften nicht doch vielleicht den Stil von Auseinandersetzungen sehr verbessern?
Den Stil vielleicht, aber nicht die Sache. Dieses pussyfooting um die Religion und die Religionen ist der Grund, dass diese einfältigen Lehren und Behauptungen, die seit mehr als tausend Jahren von machtgeilen Funktionären dazu benutzt werden, andere Menschen unglücklich, elend und klein zu machen, immer noch nicht ganz verschwunden sind.
Das Judentum ist zum Glück zur Randerscheinung geworden, das Christentum lebelt in einer Lightversion* vor sich hin - und da mögen Woityla und Ratze noch so viel Presseaufmerksamkeit bekommen -, nur der Islam ist - aufgrund der Umstände der Länder, in der er gelebt wird - immer noch kraftvoll und statt die heilsamen Lehren des Humanismus** anzunehmen, wendet er sich rückwärts und nimmt die brutale Gestalt an, die ihn schon zu Mohammeds und seiner Nachfolger Zeiten auszeichneten.
*Das war nicht immer so:
Die tausend Jahre, in denen das Christentum in Europa allein tonangebend war, zählen nicht von ungefähr zu den rückschrittlichsten Epochen unserer Geschichte – sowohl auf technischem wie auf ethischem Gebiet. Es bedurfte schon der Renaissance, einer Zeit, in der die alten heidnischen Texte wieder entdeckt wurden, damit in Europa zaghaft wieder erste Schritte in Richtung eines offeneren, humaneren Weltbildes gegangen werden konnten. aus: Michael Schmidt-Salomon, Manifest des evolutionären Humanismus.
**Auch das war nicht immer so
Durch die verhältnismäßig frühe Integration des Erbes der klassischen Antike (etwa. 8. bis .l0. Jahrhundert) war die muslimische Kultur zeitweise der christlichen in jeglicher Hinsicht (intellektuell, technisch, ethisch) überlegen. Sie brachte scharenweise Aufklärer, Skeptiker, Rationalisten und Freidenker hervor, darunter Ausnahme-Gelehrte wie der in der Nähe Teherans geborene Arzt und Philosoph Al- Razi (865-925), der als einer der bedeutendsten Mediziner aller Zeiten gilt. …
Al-Razis unzeitgemäßer, weil konsequent rational-empirischer Zugang zu den Fragestellungen der Naturwissenschaft schlug sich auch in seiner praktischen Philosophie nieder. Er vertrat die Auffassung, dass die Menschen von Natur aus gleich seien, mit Vernunft begabt und fähig, in Gemeinschaften zu leben – auch ohne den Terror „heiliger Gesetze“. Al-Razi vertraute auf eine Forderung der Vernunft, von der er sich weitere Fortschritte in der Wissenschaft erhoffte.
Den religiösen Propheten hingegen warf er vor, Lügen zu verbreiten und die Massen zu verdummen. Ihre Wunder beruhten auf Täuschungen oder seien bloß Schwindeleien.
Schon Al-Razi war klar, dass weder die Bibel noch die Torah noch der Koran (!) die Wahrheit berichteten. In Letzterem sah er nichts weiter als ein „befremdendes Gemenge von absurden und unzusammenhangenden Fabeln“.
Die Religionen, kritisierte Al-Razi, seien Hauptverursacher der blutigen Konflikte, die die Menschheit verheert hatten, ihre heiligen Schriften seien wertlos und hatten insgesamt mehr Schaden als Nutzen angerichtet, „während die Schriften der alten Weisen, wie des Platon, des Aristoteles, des Euklid und des Hippokrates, der Menschheit einen viel größeren Dienst erwiesen haben“.
Es ist eine Tragödie weltgeschichtlichen Ausmaßes, dass die muslimisch geprägten Länder an die frühe Aufklärungsbewegung, die verbunden ist mit den Namen Al-Razi, Al-Farabi, Ibn Badjja, oder Al-Ma’arri, nicht anknüpfen konnten, sondern stattdessen immer wieder von We1len der Re-Islamisierung heimgesucht wurden. Wie anders sähe die Welt heute aus, wenn sich diese Aufklärer muslimischer Herkunft starker hatten durchsetzen können! aus dem oben genannten Buch
Daher kann man über den Islam noch nicht so flapsig reden wie über das Christentum, das längst zu seiner eigenen Karikatur geworden ist.
Und um einzelne Menschen geht es hier nicht. Es kann sogar bewundernswerte Kannibalen geben. Und ich kann doch nicht wegen dieses einen bewundernswerten Kannibalen die Menschenfresserei gutheißen.
Und die Religionen haben schon mehr Menschen gefressen als die Kannibalen.
Gruß Fritz
Und jetzt schau mal, wie lange der Artikel hier steht und wie schnell hier die Achtung vor den religiösen Gefühlen zur Löschung oder Bearbeitung führt.